· Fachbeitrag · Steuerplanung
Steuerliche Folgen einer grenzüberschreitenden Sitzverlegung
von VRiFG a.D. Prof. Dr. Kay-Michael Wilke, Karlsruhe
| Die grenzüberschreitende Verlegung des Sitzes einer Kapitalgesellschaft mit gleichzeitigem Rechtsformwechsel gehört zu den Mitteln, um strategische Ziele zu verfolgen, insbesondere um in den Genuss von Standortvorteile ‒ auch steuerrechtlicher Art ‒ zu gelangen (vgl. Wilke PIStB 18, 97 ). Damit in diesem Bereich innerhalb der EU einheitliche Standards gelten, ist die Umwandlungsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2121 vom 27.11.19) erlassen worden. Der EuGH hatte in seinem Urteil vom 10.11.22 (C-414/21) Gelegenheit, zu einem Aspekt dieses Bereichs Stellung zu nehmen. |
Sachverhalt
VP Capital, eine in Luxemburg gegründete Gesellschaft mit Sitz in Luxemburg, verbuchte Teilwertabschreibungen auf verschiedene Beteiligungen, die sie an anderen Gesellschaften hielt. Sie zog diese Wertminderungen von ihren Steuerergebnissen in Luxemburg ab, was zu einer Erhöhung ihrer vortragsfähigen Verluste führte. Aufgrund ihrer defizitären Lage konnte VP Capital diese vortragsfähigen Verluste in Luxemburg nicht geltend machen. Im Mai 09 verlegte VP Capital ihren Sitz nach Belgien und wurde in eine Gesellschaft belgischen Rechts umgewandelt.
Nach der Verlegung nahm VP Capital einen Teil der Wertminderungen zurück (Wertaufholung). Sie berief sich auf die belgische Befreiungsregelung für Rücknahmen von Wertminderungen auf Aktien oder Gesellschaftsanteile. Allerdings ist nach belgischem Steuerrecht für diejenigen Gesellschaften, die ihren Sitz nach Belgien verlegt haben, vorgeschrieben, dass derartige Wertaufholungen ‒ sofern sie Teilwertabschreibungen betreffen, die im Wegzugsstaat vorgenommen wurden ‒ auf einem gesonderten Passivkonto verbucht werden, was VP Capital nicht getan hatte. Deswegen vertrat die belgische Finanzverwaltung die Auffassung, dass die Wertaufholung steuerpflichtig sei.
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