· Fachbeitrag · Europäische Lieferkettenrichtlinie kommt
Einigung zur CSDDD konfrontiert Unternehmen mit neuen Umsetzungspflichten
von Dr. Dietmar Janzen, Partner bei HLB Schumacher GmbH, Münster
| Nach längerem Widerstand einiger Mitgliedstaaten haben das EU-Parlament und der EU-Rat im Frühjahr einem Kompromissvorschlag zur Europäischen Lieferkettenrichtlinie, der Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), zugestimmt. Unternehmen bestimmter Größenordnung werden zur Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards entlang ihrer globalen Wertschöpfungskette verpflichtet. Die gute Nachricht ist, dass damit die vorläufige Einigung aus 2023 entschärft wurde. |
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1. Zeitplan und Ausblick
Am 5.7.24 wurde die CSDDD im Amtsblatt der EU veröffentlicht. Sie trat am 25.7.24 in Kraft. Nach der Veröffentlichung muss Deutschland die CSDDD bis zum 26.7.26 in nationales Recht umsetzen. Damit verbunden werden auch Änderungen im Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) erfolgen.
Unternehmen sind verpflichtet, frühestens für ab dem 1.1.28 beginnende Geschäftsjahre jährlich einen Bericht über die Beachtung ihrer Sorgfaltspflichten zu veröffentlichen (Art. 16 Abs. 1 CSDDD). Für Unternehmen bedeutet dies nun eine gewisse Planungssicherheit. Sie können und sollten sich bereits jetzt auf die CSDDD vorbereiten.
Beachten Sie | Unternehmen, die einen Nachhaltigkeitsbericht erstellen müssen, brauchen zusätzlich keinen CSDDD-Bericht veröffentlichen.
2. Inkrafttreten und Übergangsfristen
Nach der Zustimmung des EU-Parlaments am 24.4.24 hat auch der EU-Rat am 24.5.24 die CSDDD verabschiedet. Für die Umsetzung gelten folgende Zeitfenster:
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Bis 26.7.26 | EU-Staaten müssen die CSDDD spätestens in nationales Recht umsetzen, in Deutschland durch Anpassung des LkSG |
Ab 26.7.27 | Die CSDDD gilt für Unternehmen mit
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Ab 26.7.28 | Die CSDDD gilt für Unternehmen mit
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Ab 26.7.29 | Die CSDDD gilt für Unternehmen mit
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3. Ziele der CSDDD
Die Richtlinie soll nachhaltiges und verantwortungsvolles unternehmerisches Handeln fördern sowie Menschenrechts- und Umweltaspekte in der Geschäftstätigkeit und der Unternehmensführung von Unternehmen verankern. Mit ihr soll sichergestellt werden, dass Unternehmen die tatsächlichen und potenziell negativen Auswirkungen ihres Handelns, auch in ihren Wertschöpfungsketten innerhalb und außerhalb Europas, angehen.
Die europäische Lieferkettenrichtlinie weist teils deutlich strengere Regelungen auf als das deutsche LkSG, dazu zählen z. B.:
- Ausdehnung der Sorgfaltspflichten, auch auf nachgelagerte Geschäftspartner in der Wertschöpfungskette („downstream“),
- Einführung einer zivilrechtlichen Haftung bei Verletzung von Sorgfaltspflichten,
- Erweiterung der Liste der Schutzgüter.
4. Die vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette
Die CSDDD verwendet den Begriff „chain of activities“ (vor- und nachgelagerte Wertschöpfungskette/Lieferkette). Die chain of activities umfasst zum einen die Tätigkeiten der vorgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit der Herstellung von Waren oder der Erbringung von Dienstleistungen, einschließlich Planung, Gewinnung, Beschaffung, Herstellung, Transport, Lagerung und Lieferung von Rohstoffen, Produkten oder Teilen der Produkte sowie der Entwicklung des Produkts oder der Dienstleistung.
Zum anderen gehören zur „chain of activities“ die Tätigkeiten der nachgelagerten Geschäftspartner eines Unternehmens im Zusammenhang mit dem Vertrieb, der Beförderung und der Lagerung des Produkts, wenn die Geschäftspartner diese Tätigkeiten für das Unternehmen oder im Namen des Unternehmens durchführen.
Die Sorgfaltspflichten der CSDDD beziehen sich somit insbesondere auf die eigene Geschäftstätigkeit, auf Tochtergesellschaften, direkte und indirekte Lieferanten sowie die Nutzung und Entsorgung des Produkts.
5. Pflicht zur Sorgfaltsprüfung
Unternehmen werden verpflichtet, eine risikobasierte, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltsprüfung durchzuführen, indem sie folgende Maßnahmen umsetzen:
- Ermittlung von tatsächlichen oder etwaigen negativen Auswirkungen auf Menschenrechte und Umwelt, um dann geeignete Maßnahmen zu ergreifen, um diese zu verhindern, abzuschwächen und zu beheben
- Integration der Sorgfaltspflichten in die Unternehmenspolitik und allgemeine Managementsysteme
Unternehmen im Anwendungsbereich der CSDDD sind verpflichtet, in einem Übergangs- bzw. Transformationsplan (jährlich aktualisiert) darzulegen, wie sie ihren Beitrag zu den Emissionsreduktionszielen und dem 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens leisten wollen.
6. Wirksamkeitskontrollen und Berichtspflicht
Die EU-Richtlinie zwingt Unternehmen dazu, die Wirksamkeit ihrer Nachhaltigkeitspolitik und der eingesetzten Maßnahmen zu kontrollieren. Dafür soll eine regelmäßige Bewertung der eigenen Tätigkeiten und Maßnahmen und die der Geschäftspartner stattfinden − mindestens alle 12 Monate sowie anlassbezogen bei signifikanten Änderungen.
Beachten Sie | Die Öffentlichkeit muss in einem jährlich zu veröffentlichenden Bericht darüber informiert werden.
Unternehmen müssen also Due-Diligence-Prozesse einrichten, um Nachhaltigkeitsrisiken zu bewerten. Diese könnten sein:
- Erweiterung der vorhandenen Compliance-Organisation, insbesondere Einrichtung und Aufrechterhaltung eines Melde- und Beschwerdeverfahrens
- Durchführung einer Risikoanalyse
- Maßnahmen zur Prävention (z. B. Überprüfungen von Lieferanten, Änderungen der Verträge mit Lieferanten, Verhaltenskodex für Lieferanten, Schulungen)
7. Geldbußen und zivilrechtliche Haftung
Die Richtlinie sieht umsatzbezogene Geldbußen vor. Die Höhe der Geldbuße sowie die Zuständigkeit der nationalen Behörde muss von den Mitgliedstaaten geregelt werden. Die vorgesehenen Sanktionen sollen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein. So sollen verhängte Sanktionen stets veröffentlicht werden. Sofern Geldbußen verhängt werden, sollen diese im Höchstmaß mindestens 5 % des weltweiten Nettoumsatzes betragen.
Eine schuldhafte Verletzung der Sorgfaltspflichten und ein daraus entstehender Schaden kann sogar zu einer zivilrechtlichen Haftung der Unternehmen führen. Die Haftung ist ausgeschlossen, wenn ausschließlich andere Geschäftspartner in der „chain of activities“ den Schaden verursacht haben. Die Verjährungsfrist für derartige Ansprüche soll nicht kürzer als fünf Jahre sein.
FAZIT | Die CSDDD zwingt Unternehmen erneut dazu, sich mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinanderzusetzen. Es bedarf einer genauen Analyse, welche Anforderungen sich für betroffene Unternehmen ergeben. Deutsche Unternehmen, die die Schwellenwerte der CSDDD erreichen werden, sollten sich möglichst zeitnah um die Umsetzung kümmern, da die Pflichten im Vergleich zum LkSG erheblich erweitert wurden.
Mit einem strukturierten Prozess und frühzeitig eingeleiteten kleinen Schritten können Unternehmen das komplexe Thema angehen und steuern. Ob die CSDDD tatsächlich zu einer Verbesserung des Schutzes von Menschenrechten und Umwelt führen wird, bleibt abzuwarten. |
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