Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Einsparmöglichkeiten durch Digitalisierung

    Green-IT betrachtet den gesamten Lebenszyklus von Hard- und Software

    von Ursula Katthöfer, Wissenschaftsjournalistin, Bonn (textwiese.com)

    | Der Digitalisierung werden oft hohe Klimaschutzpotenziale zugeschrieben. Doch die Datenmengen wachsen und mit ihnen der Ressourcenverbrauch von Hard- und Software. Daher sind Einsparpotenziale durch die Digitalisierung differenziert zu betrachten. Unternehmen, die digitale und nachhaltige Transformation gemeinsam denken, können sich auf Green IT stützen. |

    1. Energieverbrauch durch Digitalisierung wächst

    „Deutschland wird im globalen Wettbewerb nur mit einer klaren Ausrichtung an den Zukunftsthemen der Digitalisierung bestehen können.“, so der Bundesverband der Deutschen Industrie e. V. (BDI, www.iww.de/s12099). Die digitale Transformation hat Unternehmen und ihre Geschäftsmodelle bereits deutlich verändert. Konsumenten erleben dies täglich, sei es beim Online-Shopping, im Gesundheitswesen oder am digitalen Schlüssel, um das Auto zu starten. Das ist der Anfang. Einheitliche Standards für Internet-Plattformen, eine zunehmend digitalisierte Verwaltung, der Ausbau der Glasfasernetze, Cloud Computing, autonomes Fahren und nicht zuletzt Künstliche Intelligenz lassen die Datenmengen wachsen. Sie zu verwalten und zu speichern, kostet Energie. Preiswerte Energie ist für große Tech-Konzerne wie Amazon, Google und Microsoft existenziell.

     

    Auch der Strombedarf der deutschen Rechenzentren ist dem Verband Bitcom zufolge von 11 Mrd. kWh im Jahr 2012 auf 18 Mrd. kWh im Jahr 2022 gestiegen (www.iww.de/s12100). Diese Menge entspreche 0,55 % des gesamten Energieverbrauchs in Deutschland. Noch stärker als der Energieverbrauch stieg die Rechenleistung der Zentren. Ihre Effizienz hat sich nach Angaben von Bitcom im gleichen Zeitraum versechsfacht.

     

     

    2. Energieeffiziente Rechenzentren verkleinern den Carbon Footprint ihrer Kunden

    Angesichts ihres Energieverbrauchs müssen Rechenzentren sich fragen, wie sie nachhaltig und klimafreundlich werden wollen. Steigende Stromkosten dürften ein Treiber sein, um Hard- und Software effizienter zu machen. Je energieeffizienter und nachhaltiger die Rechenzentren, desto kleiner der ökologische Fußabdruck ihrer Kunden. Digitalisierte Prozesse in Industrie und Verwaltung, Virtual Reality, Cloud-Computing und Video-Konferenzen verursachen einzeln betrachtet weniger CO2-Emissionen, wenn Rechenzentren in innovative Technologie investieren. Hersteller von Hardware arbeiten daran, ihre Produkte energieeffizienter zu machen ‒ nicht ganz freiwillig. Die EU-Ökodesign-Richtlinie sowie Energielabel-Verordnungen schreiben eine verbesserte Energie- und Ressourceneffizienz vor (www.iww.de/s12101).

     

    Doch die wachsende Anzahl digitaler Nutzungen kann den CO2-Einspareffekt zunichtemachen. Dann entsteht der sogenannte Rebound-Effekt (www.iww.de/s8449):

     

    • Einerseits führt die steigende Effizienz zu weniger Ressourcenverbrauch und damit zu weniger Kosten.
    • Andererseits werden Produkte und Dienstleistungen dadurch erschwinglicher und häufiger nachgefragt, sodass die ursprüngliche Einsparung aufgezehrt und teils sogar übertroffen wird.

     

    Im vergangenen Jahrhundert waren die Glühlampe und das Auto beste Beispiele für diesen Effekt.

     

    Heute dämpft das gemeinnützige Borderstep Institut, das nachhaltiges Wirtschaften analysiert, die Erwartung, dass die Digitalisierung deutlich zum Klimaschutz betragen wird. In der Studie „Klimaschutz durch digitale Transformation: Realistische Perspektive oder Mythos“, gefördert durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung, heißt es: „Von einer eigendynamischen Erschließung von Klimaschutzpotenzialen durch die Digitalisierung kann nicht ausgegangen werden. Vielmehr ist die Festlegung von Leitplanken für eine Ausrichtung der Digitalisierung an Zielen des Klimaschutzes unvermeidlich.“

    3. Energieeinsparpotenziale durch Videokonferenzen und Homeoffice

    Den Wissenschaftlern des Borderstep Instituts zufolge ist eine „entschlossene Politik“ für mehr Klimaschutz bei der Digitalisierung notwendig. Für diese Entschlossenheit braucht es jedoch starken Druck, wie die Coronapandemie zeigte: Obwohl die Telefon- und Videokonferenztechnik sich von 2000 bis 2019 verbesserte, wurde sie bis zur Pandemie selten genutzt. Das Dienstreiseaufkommen stieg Borderstep zufolge im genannten Zeitraum an. Erst durch die Lockdowns von 2020 und 2021 wurde das geschäftliche Reisen, das zum Teil zum Selbstzweck geworden sei, durch neue, digitale Formate aufgebrochen. Unternehmen nahmen wahr, dass Videokonferenzen ihnen Zeit und Geld sparen. Die Studie „Klimaschutzpotenziale der Nutzung von Videokonferenzen und Homeoffice“ (www.iww.de/s12102) kommt zu dem Schluss, dass die Zahl der zukünftigen Dienstreisen im Vergleich zur Zeit vor Corona dank digitaler Kommunikationsmittel um ein Drittel zurückgehen wird: „Die erwartete Reduktion der Treibhausgasemissionen als Folge von Geschäftsreisen kann auf ca. 3 Mio. t CO2-äq abgeschätzt werden.“

     

    Weniger deutlich sei die Einsparung durch das Home-Office, da es nicht zu einem deutlich veränderten Mobilitätsverhalten führe: „Mit der Fahrt zur Arbeit wird es verbunden, die Kinder in die Schule zu bringen, einzukaufen oder bei den pflegebedürftigen Eltern vorbeizuschauen.“ Beim Home-Office falle die Fahrt zur Arbeit weg, doch oft blieben die anderen Wege.

    4. Die Ziele der Green IT

    Prozesse mithilfe der Digitalisierung zu optimieren und gleichzeitig umwelt- und klimafreundlich zu wirtschaften, erfordert von den Unternehmen ein durchdachtes Umweltmanagement. Investitionen in neue technische Geräte müssen auf ihren CO2-Einspareffekt überprüft, Mitarbeitende zu einem ressourcenschonenden Umgang geschult werden. Für diesen bewussten Umgang mit IT-Systemen steht der Begriff Green IT. Dazu gehören laut Bundesumweltministerium „umweltverträgliche Produkte und Dienstleistungen der Informations- und Kommunikationstechnik (IKT) sowie der Nutzung von IKT zur Umweltschonung“ (www.iww.de/s12103).

     

    Mit Ökostrom und nachhaltiger Entsorgung ist es nicht getan. Green IT betrachtet den gesamten Lebenszyklus eines Produktes inklusive seiner Auswirkungen auf Klima und Umwelt.

     

    • Ziele der Green IT
    • Rohstoffe außerhalb von Konfliktgebieten wie z. B. dem Kongo gewinnen
    • Die Arbeitnehmerrechte in den Produktionsstätten einhalten und Löhne oberhalb des Existenzminimums zahlen
    • In hochwertige Ware investieren, um lange Laufzeiten zu haben und dementsprechend wenig Elektroschrott zu produzieren
    • Energieverbrauch während der Nutzung optimieren, z. B. durch reduzierte Bildschirmhelligkeit, das Schließen von nicht benötigten Programmen und das Vermeiden des Stand-by-Modus
    • Second Life Cycle ermöglichen, also die Geräte nach Nutzungsende z. B. an wohltätige Organisationen weitergeben
    • Geräte fachgerecht entsorgen, damit sie recycelt werden können

     

    Merke | Jedes Gerät trägt einen ökologischen Rucksack. Für Produktion und Nutzung eines wenige Gramm schweren Smartphones werden etwa 75 kg an Ressourcen verbraucht. Um einen PC herzustellen, sind 20.000 l Wasser notwendig, z. B. für den Abbau von Metallen wie Kupfer und Lithium (www.iww.de/s12104).

     

    5. Klimafreundlich per Smartphone telefonieren

    Die Ansprüche der Green IT zu erfüllen, setzt den Willen voraus, das eigene Verhalten zu überdenken. Der Kauf neuer Geräte ist eine gute Gelegenheit, auf Nachhaltigkeit umzuschwenken. Allerdings ist der Markt für faire und umweltfreundliche Produkte überschaubar. Das Fairphone 5 der niederländischen Firma Fairphone (https://www.fairphone.com/nl) ist modular aufgebaut. Besitzer können Ersatzteile kaufen und selbst einbauen. Das Lithium stammt aus Recycling. Hergestellt werden die Geräte in China, wo das Unternehmen nach eigenen Angaben auf faire Arbeitsbedingungen achtet. In Europa zu fertigen, habe einen höheren CO2-Fußabdruck, weil die Komponenten einzeln aus Asien transportiert werden müssten. Der Garantie-Dienstleister Wertgarantie hat ein Handy-Nachhaltigkeits-Ranking erstellt (www.iww.de/s12105). Hinter dem Fairphone an Platz 1 landet überraschend Apple an Platz 2. Gründe sind erneuerbare Energien in der Lieferkette sowie Apples Vorhaben, bald nur noch recycelte Rohstoffe zu verwenden.

     

    Doch nicht nur das Gerät, auch der Handytarif kann klimafreundlich sein. Der Mobilfunkanbieter WEtell aus Freiburg (https://www.wetell.de) bietet klimaneutrale Handytarife an, die allerdings deutlich über denen des konventionellen Wettbewerbs liegen. Denn es kostet Geld, CO2 zu vermeiden und unvermeidbare Emissionen in Form von Pflanzenkohle an die Natur zurückzugeben.

     

    PRAXISTIPP | Der Versandhändler memo (https://www.memo.de ) hat sich auf ökologische und sozialverträgliche Produkte spezialisiert. Er bietet auch für Geschäftskunden IT-Produkte an, die mit unterschiedlichen Umweltzeichen ausgestattet sind.

     

    6. Refurbishing spart CO2 und Wasser

    Am nachhaltigsten sind die Smartphones, Tablets, Laptops und PCs, die nicht neu gekauft, sondern wiederaufbereitet werden. Refurbished Hardware spart CO2 und Wasser. Der Markt ist in den vergangenen Jahren gewachsen, das Angebot ist groß. Bei Fragen zu Bestellung, Lieferung, Reklamation und Garantie sind die Onlinehändler Ansprechpartner. Ähnlich wie beim Kauf eines Neugeräts ist eine gute Beratung sinnvoll. Denn einerseits kann beispielsweise der refurbished PC in der Regel die üblichen Büro-Anforderungen zu Textverarbeitung und Tabellenkalkulation leisten. Seine Festplatte ist generalüberholt, das Betriebssystem aktualisiert. Andererseits reichen Grafikkarte und Arbeitsspeicher oft nicht für anspruchsvolle Grafik-Programme oder sogar Game-Design. Dann müsste der PC aufgerüstet werden. Ob das noch wirtschaftlich ist oder sich doch der Kauf neuer Hard- und Software anbietet, ist zu entscheiden.

     

    Die Stiftung Warentest verglich im März 2023 insgesamt neun Onlineshops, die refurbished Smartphones verkaufen (www.iww.de/s12106). Sie kam zu dem Schluss, dass sechs von neun Shops gut sind.

    7. Aufräumen mit dem Digital Clean-Up

    Auch für Daten gilt, dass diejenigen am wenigsten Ressourcen verbrauchen, die nicht existieren. Ungenutzte Apps, überflüssige Chat-Verläufe, doppelt gespeicherte Dokumente, nie gelesene Newsletter, irrelevante Mails, unscharfe Fotos und Videos, inaktuelle Infos auf der Homepage ‒ all das kostet Strom. Um die eigene IT aufzuräumen, bietet sich ein Digital Clean-Up an. Auch das ist ein Beitrag zu Green IT und Klimaschutz.

    Quelle: ID 50265728