· Fachbeitrag · Beihilfe
Geplante Erhöhung des Beihilfesatzes: Das wären die Folgen für Physiotherapeuten
von Physiotherapeut/Sportwissenschaftler M. A. Thomas Colshorn, Bremen
| Die Höhe der Beihilfesätze ist ein immer wiederkehrendes Thema unter Physiotherapeuten. Insbesondere die Tatsache, dass die Sätze lange Zeit unverändert blieben, sorgte regelmäßig für Diskussionen ‒ vor allem mit Patienten. Nun allerdings ist Bewegung in die Sache gekommen: Laut einem Gesetzentwurf sollen die Beihilfesätze für Bundesbeamte rückwirkend zum 01.12.2017 und zum 01.01.2019 in zwei Schritten angehoben werden. Dieser Beitrag erläutert mögliche Folgen für Physiotherapeuten. |
Was ist die Beihilfe?
Die Beihilfe ist ein besonderes Konstrukt der Absicherung für Beamte im Krankheitsfall. Deren Dienstherr (Bund oder Länder) übernimmt anteilig die Kosten einer Behandlung. Dies wird als Beihilfe bezeichnet. Kosten, die nicht von der Beihilfe übernommen werden, muss der Beihilfeberechtigte selbst tragen (zum Sonderstatus von Beihilfepatienten siehe PP 05/2017, Seite 6).
Es existiert keine bundesweit einheitliche Regelung. Stattdessen gelten eigene Länderregelungen (Beihilfeverordnungen), die z. T. deutlich von der Bundesbeihilfeverordnung abweichen. I. d. R. erhalten aktive Beamte 50 Prozent der medizinischen Kosten von der Beihilfe erstattet, für Pensionäre ist es meist deutlich mehr (70 bis 80 Prozent).
MERKE | Die Beihilfe ist nicht im Sinne einer vollständigen Kostenübernahme gedacht, sondern eine „Hilfe“ im Sinne eines Zuschusses. Die Kosten sollen für den Versicherungsnehmer lediglich reduziert werden. Den Rest kann sich der Beihilfeberechtigte von seiner meist privaten Krankenversicherung erstatten lassen. |
Diese Veränderungen sind absehbar
Kritik entzündete sich hauptsächlich an der langanhaltenden Stagnation der Beihilfesätze für physiotherapeutische Leistungen, die seit mehr als 15 Jahren unverändert sind. Ein aktueller Gesetzentwurf sieht nun eine zweistufige Anhebung für Bundesbeamte um insgesamt 32 Prozent vor:
- In der ersten Stufe, die rückwirkend zum 01.12.2017 gelten soll, werden die Sätze demnach um 20 Prozent erhöht.
- Die zweite Stufe soll dann zum 01.01.2019 mit einer weiteren Erhöhung um zehn Prozent in Kraft treten.
Konkret heißt das: Statt dem derzeitigen Satz von 19,50 Euro für eine krankengymnastische Einzelbehandlung werden dann in der ersten Stufe 23,40 Euro und in der zweiten Stufe 25,74 Euro erstattet. Konkret beschlossen werden soll dies im ersten Halbjahr 2018. Ein genaues Datum steht noch nicht fest.
Die Bedeutung in der Praxis
Der Entwurf wird in der physiotherapeutischen Gemeinde durchaus kritisch gesehen. Das hat gleich mehrere Gründe.
Beschränkung auf Bundesbeamte
Die oben angesprochenen Punkte gelten zunächst nur für Bundesbeamte und damit nur für einen kleinen Teil (knapp 19 Prozent )der Beihilfeberechtigten. Immerhin plant das Bundesland Rheinland-Pfalz offenbar eine gleichartige Regelung für Landesbeamte. Inwieweit dem weitere Länder folgen, ist derzeit nicht absehbar. Offensichtlich herrscht hier noch Diskussionsbedarf.
Minutenpreis der Behandlung sinkt von 97,5 Cent auf 85,8 Cent
Die Anhebung der Sätze geht mit der Empfehlung einer verlängerten Behandlungsdauer einher: Demnach wird als neuer Richtwert eine 30-minütige Behandlungsdauer vorgegeben. In den meisten Praxen allerdings sind nach wie vor 20 Minuten Standard ‒ nicht zuletzt aus finanziellen Erwägungen heraus. Unter dem Strich ergibt diese Neuregelung eine Verschlechterung: Lag der Minutenpreis für die Behandlung vorher bei 97,5 Cent, verringert er sich nach den neuen Empfehlungen auf 85,8 Cent.
MERKE | Viele Therapeuten monieren, dass bei dieser Rechnung Einzelpositionen sogar unterhalb der Vergütung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) liegen. Die meisten Praxen werden sich daher vermutlich weiter an einer Behandlungsdauer von 20 Minuten orientieren, um wirtschaftlich arbeiten zu können. |
Beihilfesätze keine rechtsverbindliche Preisvorgabe für Physiotherapeuten
Inwieweit die Beihilfesätze überhaupt relevant sind, ist grundsätzlich fraglich. Die Sätze sind nicht bindend ‒ weder für Physiotherapeuten noch für andere Heilmittelerbringer. Anders als bei der GKV gehen Sie als Therapeut einen Behandlungsvertrag mit dem Patienten direkt ein ‒ und nicht mit dessen Versicherung. Was der Patient anschließend erstattet bekommt, ist damit nicht Ihre Sache und auch nicht verhandelbar (PP 05/2017, Seite 6). Stattdessen zählt nur, was Sie und Ihr Patient im Behandlungsvertrag vereinbart haben. Sie sind damit weder an die Beihilfesätze noch an die Richtwerte der Behandlungsdauer gebunden. In einer Informationsschrift des Bundesverwaltungsamts heißt es dazu: „Die beihilfefähigen Höchstbeträge sind für die Beihilfestelle bindend, nicht jedoch für die Heilbehandlerinnen und Heilbehandler.“
FAZIT | Die gestiegenen Lebenshaltungs- und Betriebskosten stehen in keinem Verhältnis zu den jahrelang unveränderten Beihilfesätzen. Daher ist der Eigenanteil in den vergangenen Jahren ebenfalls vermehrt angewachsen. Auch die geplante Erhöhung bedeutet für Physiopraxen keinen Gewinn, sodass sich dieser Trend fortsetzen wird. Glücklicherweise sind die Beihilfesätze keine gesetzliche Vorgabe im Sinne eines Festpreismodells. Daher können Sie als Physiotherapeut in Ihrer Preisgestaltung relativ frei verfügen ‒ also auch weit höhere Sätze verlangen, als in der Beihilfeverordnung vorgesehen. Um Missverständnissen oder gar Streitigkeiten mit dem Patienten um das liebe Geld vorzubeugen, ist eine klare Kommunikation bei Abschluss des Behandlungsvertrags oberstes Gebot. |