01.06.2003 | Abschreibung von Praxisinventar
Bei Lücken in den AfA-Tabellen dürfen Physiotherapeuten "kreativ interpretieren"
von Rechtanwalt Manfred Weigt, Sandhausen
Wenn Sie neues Praxisinventar erwerben, das Sie länger als ein Jahr in der Praxis nutzen, können Sie die Ausgaben dafür nicht sofort in voller Höhe als Betriebsausgaben steuermindernd geltend machen. Die Anschaffungskosten müssen auf eine vorgeschriebene Nutzungsdauer verteilt werden. Maßgeblich dafür sind die AfA-Tabellen (Absetzung für Abnutzung).
Neben allgemeinen Wirtschaftsgütern (Auto, Computer) gibt es spezielle Branchen-Tabellen - so auch für das Gesundheitswesen. Diese Tabelle gilt auch für "sonstige selbstständige Tätigkeiten im Gesundheitswesen" - also auch für Physiotherapeuten. Hinweis: Einen AfA-Rechner finden Sie im Online-Service unter der Rubrik "Rechentools ".
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Hinweis: Wollen Sie Ihre Gewinne niedrig halten, ist die degressive Abschreibung (höhere Abschreibebeträge) die bessere Variante. Die Frage, wie Sie mit beiden Varianten die für Sie optimale Steuergestaltung erreichen, ist Gegenstand eines Beitrags in der November-Ausgabe. Mehr zu diesem Thema lesen Sie in der Ausgabe 07/2003, Seite 12 .
Als Physiotherapeut brauchen Sie - entsprechend den Rahmenverträgen mit den Krankenkassen - eine bestimmte Grundausstattung in Ihrer Praxis. So müssen zum Beispiel eine Sprossenwand oder eine entsprechende Anzahl von Behandlungsbänken vorhanden sein. Allerdings fehlen diese Gegenstände in der Branchentabelle. Dort sind nur Positionen wie Betten, Elektrotherapiegeräte, Gymnastikgeräte, Untersuchungstische oder Ultraschallgeräte aufgeführt.
Eine physiotherapeutische Behandlungsbank oder ein Schlingenkäfig, Einrichtungsgegenstände, die in jeder Klinik, jeder Rehaeinrichtung und auch jeder Physiotherapeutenpraxis vorhanden sind bzw. sein müssen, sucht man in dieser Branchentabelle vergebens. Das bedeutet, dass hier eine Lücke besteht, die Sie kreativ ausfüllen können. Denn auch die Steuerbeamten haben keine anderen Unterlagen als diese Tabelle. Daher sollten Sie diesen Gestaltungsspielraum für sich mit guten Argumenten nutzen.
Nachfolgend eine Reihe von Argumenten für unterschiedliche Abschreibevarianten am Beispiel einer Behandlungsbank, die technisch jeweils unterschiedlich ausgestattet ist:
Auf einer einfachen Behandlungsbank liegen die Patienten - das ist so ähnlich wie in einem Bett. Dort werden die Patienten hauptsächlich massiert. Die Patienten müssen sich dort kaum bewegen. Nutzungsdauer analog der Betten: 15 Jahre. |
Die Patienten müssen sich auf der Behandlungsbank häufig bewegen - Bobath/Voita-Therapie. Daher wird Nutzungsdauer analog eines Untersuchungstisches angesetzt: 10 Jahre. |
Eine hochmoderne elektronische Behandlungsbank wurde angeschafft. Die Patienten müssen bei der Therapie nur wenig selbst tun. Nutzungsdauer analog der Elektrotherapiegeräte: 8 Jahre. |
Eine hochmoderne elektronische Behandlungsbank wurde angeschafft. Die Patienten müssen sich bei der Therapie selbst aktiv bewegen. Die sensible Technik ist sehr störanfällig. Daher wird eine Nutzungsdauer analog eines Ultraschallgeräts angesetzt: 5 Jahre. |
Die Argumentation hängt immer von Ihrer persönlichen Behandlungsart ab und auch vom guten Willen der Finanzverwaltung. Aus der Erfahrung heraus dürfte aber eine Nutzungsdauer von 8 Jahren bei einer durchschnittlich ausgestatteten Behandlungsbank von der Finanzverwaltung akzeptiert werden.
Bei Kosten von angenommen 2.500 Euro für die Behandlungsbank würde demnach die lineare Jahresabschreibung 312,50 Euro betragen, die degressive Abschreibung im ersten Jahr 500 Euro.
Wollen Sie die Anschaffung erst in 2004 vornehmen, aber noch im Jahr 2003 die Anschaffung steuermindernd geltend machen, können Sie unter dem Posten Betriebsausgaben einen Punkt Ansparabschreibung bilden und bis maximal 40 Prozent der voraussichtlichen Anschaffungskosten schon als Betriebsausgabe ansetzen. Im Fall der Behandlungsbank wären das immerhin maximal 1.000 Euro. Bei einem Steuersatz von 35 Prozent entspricht das einer Ersparnis von 350 Euro.
Mehr zu diesem Thema lesen Sie in der Ausgabe 05/2003, Seite 9 .