Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 31.07.2008 | Arbeitsrecht

    Kündigung wegen häufiger Krankheit – im Notfall durchaus möglich

    von Dr. Guido Mareck, Richter am Arbeitsgericht Iserlohn

    Physiotherapeut A hat einen 35-jährigen Mitarbeiter, der seit dem Jahr 2002 bei ihm beschäftigt ist. Vor drei Jahren begannen die krankheitsbedingten Ausfälle: 71 Tage im ersten Jahr, 130 Tage im zweiten und in diesem Jahr sind es bereits 110 Tage. Ein Ende der zahlreichen Atemwegsinfektionen und Darmerkrankungen ist nicht absehbar. A kommt verzweifelt zu dem Ergebnis, dass der Mitarbeiter die Praxis in den Ruin treiben wird, wenn er nicht bald etwas unternimmt. Was darf, kann und muss er tun, um eine Kündigung wegen häufiger Krankheit rechtssicher durchsetzen zu können? „Praxisführung professionell“ erläutert Ihnen im folgenden Beitrag die Anforderungen, die das Bundesarbeitsgericht (BAG) an einen Arbeitgeber stellt, der einem Mitarbeiter wegen häufiger Krankheit kündigen will (Urteil vom 12.7.2007, Az: 2 AZR 292/06, Abruf-Nr: 082330).  

    Kann überhaupt wegen Krankheit gekündigt werden?

    Grundsätzlich kann einem Arbeitnehmer wegen häufiger Krankheit gekündigt werden. Was der Arbeitgeber im Einzelnen dabei berücksichtigen muss, richtet sich nach der Größe der Praxis. In Betrieben mit fünf oder weniger Arbeitnehmern herrscht grundsätzlich Kündigungsfreiheit. Für Arbeitnehmer, deren Arbeitsverhältnis nach dem 31. Dezember 2003 begonnen hat, gilt diese Regelung allerdings auch in Betrieben mit bis zu zehn Arbeitnehmern.  

     

    Beispiel

    Sie beschäftigen neun Physiotherapeuten, die Sie alle erst im Jahr 2004 oder später eingestellt haben und einen, der bereits seit 1999 bei Ihnen ist. Sollten Sie nun wirtschaftliche Probleme bekommen, können Sie allen zehn Mitarbeitern problemlos kündigen. Den neun, die Sie erst 2004 und später eingestellt haben, weil hier die oben genannte Regelung gilt. Und dem Mitarbeiter, der bereits seit 1999 bei Ihnen arbeitet, weil Sie weniger als fünf Angestellte haben, für die die alte Regelung gilt. Denn bei der Feststellung der Beschäftigtenzahl werden die jüngeren Mitarbeiter nicht berücksichtigt, wenn insgesamt nicht mehr als zehn Arbeitnehmer in Ihrer Praxis arbeiten.  

     

    Ähnlich liegt der Fall, wenn Sie fünf Physiotherapeuten beschäftigen, die Sie alle in den 90er Jahren eingestellt haben und weitere fünf, die erst seit 2004 bei Ihnen arbeiten. In diesem Fall genießen die älteren Mitarbeiter keinen Kündigungsschutz, da ihre Anzahl die fünf nicht übersteigt. Den jüngeren können Sie kündigen, da nicht mehr als zehn Arbeitnehmer insgesamt beschäftigt sind.  

     

    In Betrieben mit mehr als zehn Arbeitnehmern muss nicht nach dem Zeitpunkt der Einstellung entschieden werden, hier sind die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) anwendbar. Teilzeitkräfte sind bis 20 Stunden pro Woche mit dem Faktor 0,5 und zwischen mehr als 20 bis zu 30 Wochenstunden mit 0,75 zu berücksichtigen.