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  • 01.12.2004 | Der Physiotherapeut als Steuerzahler (Teil 1)

    Für welche Einnahmen müssen Physiotherapeuten Umsatzsteuer zahlen?

    Als Physiotherapeut müssen Sie sich häufig mit Fragen der Umsatzsteuer auseinander setzen. Gerade auf Grund der neuen Rechtsprechung, nach der sogar für Freie Mitarbeiter hinsichtlich der Bereitstellung von Räumen und Organisation Steuern abzuführen sind, hat das Thema in der Praxisführung für viele eine neue Qualität bekommen. "Praxisführung professionell" zeigt daher in diesem Beitrag die für Physiotherapeuten wichtigsten Grundlagen der Umsatzsteuer auf.

    Das Prinzip der Umsatzsteuer

    Die Umsatzsteuer ist eine Allphasensteuer, weil sie auf jeder Wirtschaftsstufe (Urerzeugung, Weiterverarbeitung, Großhandel, Einzelhandel oder Dienstleister) erfasst wird. Dazu gehört auch der so genannte Eigenverbrauch, die Entnahme eines Unternehmers von Waren und Leistungen für seine privaten Zwecke.

    Von der an das Finanzamt zu zahlenden Umsatzsteuer kann der Unternehmer die Vorsteuer abziehen. Unter Vorsteuer sind dabei die Umsatzsteuerbeträge zu verstehen, die ihm von anderen Unternehmern in Rechnung gestellt werden.

    Endgültig mit Umsatzsteuer belastet wird also nur der Endverbraucher. Das ist zum einen jeder "private" Käufer, zum anderen sind es aber auch Unternehmer, soweit sie durch das Gesetz von der Umsatzsteuer befreit worden sind und deshalb ein Vorsteuerabzug bei ihnen entfällt. Es gilt also der Grundsatz: Wer keine steuerpflichtigen Umsätze versteuert, hat auch keinen Vorsteuerabzug. Mehr darüber im zweiten Teil 2 in der Januar-Ausgabe.

    Heilberufe sind im Grundsatz von der Umsatzsteuer befreit

    Wie bei allen Ärzten und Zahnärzten sind auch die Einnahmen aus der Tätigkeit als Physiotherapeut, Krankengymnast etc. im Grundsatz von der Umsatzsteuer befreit. Das ist bei jedem selbstständigen Physiotherapeuten der Fall - gleichgültig, ob er in seiner Einzelpraxis, einer Gemeinschaftspraxis oder Praxisgemeinschaft tätig ist.

    Zur Ausübung der Heilkunde gehört jede Leistung eines Physiotherapeuten, die der Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden beim Menschen dient. Dabei ist eine ärztliche Verordnung nicht in jedem Fall erforderlich.

    Heilbehandlungen liegen jedoch nicht vor, soweit es sich um Wohlfühl- oder Entspannungsbehandlungen handelt. Der Krankengymnast ist daher mit den Einnahmen umsatzsteuerfrei, soweit er als Heilmasseur tätig wird, nicht aber wenn er lediglich kosmetische oder Schönheits-Massagen durchführt.

    Nebeneinnahmen sind nicht immer begünstigt

    Umsatzsteuerfrei ist nicht nur das eigentliche Honorar, sondern auch die notwendige Nebenleistung im Zusammenhang mit der Tätigkeit als Physiotherapeut, Krankengymnast usw. - wie beispielsweise Wegegelder.

    Umsatzsteuerpflichtig sind dagegen nach einer aktuellen Verfügung der Oberfinanzdirektion München (Az: S 2246-37 St 41/42) Einnahmen aus Präventivmaßnahmen wie dem Medizinischen Gerätetraining (MGT) - selbst wenn eine ärztliche Verordnung vorliegt -, der Verkauf von Produkten oder Leistungen aus dem Trainings-, Fitness- bzw. Wellness-Bereich (siehe Ausgabe 10, Seite 6 ).

    Auch die von der Tätigkeit Ihrer Freien Mitarbeiter einbehaltenen Anteile aus deren Honoraren unterliegen seit neuestem der Umsatzsteuer (Ausgabe 11/2004, Seite 3 ).

    Ebenfalls nicht begünstigt ist die Vortragstätigkeit, auch wenn der Vortrag vor Physiotherapeuten im Rahmen einer Fortbildungsveranstaltung gehalten wird, oder die schriftstellerische Tätigkeit - selbst wenn es sich dabei um Artikel für Fachzeitschriften handelt. Einziger Vorteil bei dieser Nebentätigkeit: Der Steuersatz beträgt für schriftstellerische Honorare nur 7 Prozent und nicht wie bei allen anderen Nebeneinnahmen 16 Prozent.

    Umsätze aus dem Betrieb einer Sauna werden grundsätzlich nicht als steuerbegünstigte Einnahmen angesehen; es sei denn, sie gehören als Vorbereitung oder Nachbehandlung zu einer Heil-Massage.

    Auch für Hilfsgeschäfte kann Umsatzsteuer anfallen

    Zu Hilfsgeschäften zählen Umsätze, die nicht in die eigentliche berufliche Tätigkeit eines Physiotherapeuten gehören, die aber dennoch zwangsläufig dann und wann in einer Praxis anfallen. Beispiele dafür sind

  • der Verkauf gebrauchter Behandlungsbänke,
  • die Inzahlunggabe alter EDV-Anlagen beim Erwerb neuer EDV-Technik oder
  • die Veräußerung eines überwiegend beruflich genutzten Pkw.

    Diese als "Hilfsgeschäfte" bezeichneten Umsätze fallen nicht unter die Befreiungsvorschrift, weil keine Umsätze aus der physiotherapeutischen Tätigkeit vorliegen. Dennoch können auch diese Einnahmen umsatzsteuerfrei bleiben. Das setzt allerdings voraus, dass die veräußerten Gegenstände ausschließlich oder zumindest fast ausschließlich für die umsatzsteuerfreie Tätigkeit verwendet wurden.

    Aus Vereinfachungsgründen lässt die Finanzverwaltung einen steuerfreien Verkauf zu, wenn das veräußerte Wirtschaftsgut vorher mindestens zu 95 Prozent für die umsatzsteuerfreie Tätigkeit verwendet worden ist und (anteilige) Vorsteuern beim Kauf nicht berücksichtigt wurden.

    Werden jedoch Altgeräte aus dem umsatzsteuerpflichtigen Trainings- oder Fitness-Wellness-Bereich veräußert, fällt in jedem Fall Umsatzsteuer mit einen Steuersatz von 16 Prozent an.

    Nur für steuerpflichtige Leistungen Umsatzsteuer ausweisen!

    Wenn Sie für einen anderen Unternehmer umsatzsteuerpflichtige Leistungen ausführen (zum Beispiel für Firmen oder Fitnessmassagen für einen Sport-Verein), sind Sie verpflichtet, eine Rechnung auszustellen. In dieser Rechnung muss der Steuersatz und der Steuerbetrag offen ausgewiesen sein (siehe Beitrag zu neuen Rechnungsangaben, Ausgabe 1/2004, Seite 3 ).

    Beispiel

    Physiotherapeut Meier ist für den örtlichen Fußball-Verein Wacker 07 tätig, mit dem er ein Pauschal-Honorar von monatlich 500 Euro vereinbart hat. Das Honorar muss Meier der Umsatzsteuer unterwerfen, weil es sich um reine Fitnessmaßnahmen handelt. Er ist verpflichtet, dem Verein eine Rechnung zu schreiben:

    Rechnung Nr.  181/04

    Für die für Wacker 07 im Juli 2004 erbrachten Fitness-Massagen und Betreuung der 1. Herrenmannschaft erlaube ich mir vereinbarungsgemäß zu berechnen:

    Monatspauschale 500,00 Euro
    zuzüglich 16 Prozent Umsatzsteuer 80,00 Euro
    Rechnung insgesamt 580,00 Euro

    Weist der Physiotherapeut in einer Rechnung beispielsweise für eine Krankenkasse Umsatzsteuer für umsatzsteuerfreie Leistungen aus, so muss er die ausgewiesenen Steuern auch tatsächlich an das Finanzamt abführen. Dabei ist ohne Bedeutung, dass die Krankenkasse oder ein Patient die irrtümlich ausgewiesene Umsatzsteuer gar nicht als Vorsteuer absetzen kann.

    So profitieren Sie von der "Kleinunternehmer-Regelung"

    Physiotherapeuten werden häufig umsatzsteuerpflichtige Einnahmen erzielen, wenn auch mitunter nur in geringem Umfang. Bei der Umsatzsteuer ist deshalb der so genannte Kleinunternehmer von allen umsatzsteuerlichen Pflichten freigestellt worden.

    Kleinunternehmer ist jeder Unternehmer, dessen steuerpflichtige Umsätze einschließlich der darauf entfallenden Umsatzsteuer

  • im Vorjahr 17.500 Euro nicht überstiegen haben und
  • im laufenden Jahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen werden.

    Nur wenn beide Voraussetzungen erfüllt sind, kann auch ein Physiotherapeut die Kleinunternehmer-Regelung für sich in Anspruch nehmen.

    Außerordentliche Umsätze aus dem Verkauf von Anlagevermögen (zum Beispiel des gebrauchten Praxis-Pkw) werden bei der Ermittlung dieser Umsatzgrenzen nicht berücksichtigt.

    Beispiel

    Physiotherapeut Meier hat in den zurückliegenden Jahren folgende Umsätze erarbeitet:

      2001 2002 2003
    Honorare aus Heilbehandlungen 54.800 Euro 68.700 Euro 81.400 Euro
    Pauschal-Honorar Fußball-Verein 6.000 Euro 6.000 Euro 6.000 Euro
    Einnahmen Fitness-Bereich 2.000 Euro 8.000 Euro 14.000 Euro
    Vorträge Kneipp-Verein -- 1.000 Euro 1.500 Euro
    Verkauf Praxis-Pkw - 5.000 Euro -
           
    Kleinunternehmer-Umsatz 8.000 Euro 15.000 Euro 21.500 Euro

    In allen drei Jahren kann der Physiotherapeut die Kleinunternehmer-Regelung für sich in Anspruch nehmen, da der steuerpflichtige Vorjahresumsatz die Grenze von 17.500 Euro nicht übersteigt. Die steuerfreien Umsätze aus der Heilbehandlung und der außerordentliche Umsatz aus dem Pkw-Verkauf werden nicht einbezogen.

    Ab 2004 kann Meier die Kleinunternehmer-Regelung jedoch nicht mehr anwenden, weil die steuerpflichtigen Umsätze im Jahr 2003 mehr als 17.500 Euro betragen haben.

    Fazit: So lange Ihre steuerpflichtigen Umsätze unter 17.500 Euro pro Jahr bleiben, müssen Sie keine Umsatzsteuer ausweisen (Klein-unternehmer-Regelung). Beachten Sie dabei: Wenn Sie steuerpflichtige Umsätze als Kleinunternehmer nicht versteuern, so dürfen Sie diese nicht ausweisen. Sobald die Steuer auf der Rechnung steht, müssen Sie diese auch abführen.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2004 | Seite 10 | ID 99390