28.02.2008 | Leserforum
Bestimmte Anzahl an Mitarbeitern führt nicht automatisch zu Gewerbesteuerpflicht
Frage: „Ich habe seit fünf Jahren eine Gemeinschaftspraxis für Physiotherapie. Wir beschäftigen 17 Mitarbeiter. Bei der Erstbehandlung des Rezeptes ist entweder mein Kollege oder ich anwesend. Wie in den meisten Praxen üblich, organisieren wir den Praxisablauf anhand von Wochenplänen, die mit den Mitarbeitern abgesprochen werden. In unserer Praxis finden regelmäßig Fallkonferenzen mit den einzelnen behandelnden Therapeuten statt, bei denen bestimmte Krankheitsbilder und Behandlungsmethoden bezogen auf den einzelnen Patienten besprochen werden. Die erste Behandlung führe ich grundsätzlich selbst in Anwesenheit eines angestellten Therapeuten durch, der dann die Behandlung nach Anweisung und in Absprache bis zur vorletzten Behandlung übernimmt. Bei dieser vorletzten Behandlung sprechen entweder mein Kollege oder ich mit dem Patienten und erkundigen uns, was getan wurde und ob die Behandlung erfolgreich war. Falls gewünscht führen wir als Praxisinhaber die Behandlung durch. Treten Schwierigkeiten bei der Behandlung einzelner Patienten auf, so werden wir als Praxisinhaber unmittelbar nach der Behandlung, oder wenn möglich schon während der Behandlung, informiert. Dann greifen wir direkt ein bzw. führen die Behandlung selbst fort. Die Behandlungsberichte werden von den behandelnden Therapeuten selbstständig erstellt. Bei den regelmäßigen Fallkonferenzen gehen wir diese mit den Therapeuten durch und geben Sie erst danach an den behandelnden Arzt weiter. Aufgrund unserer Größe und Ausstattung bieten wir auch KG-Gerät an. Da die Geräte sowieso vorhanden sind, bieten wir als Selbstzahlerleistungen auch das medizinische Gerätetraining an. Sind wir schon gewerbesteuerpflichtig, weil wir 17 Angestellte haben?“
Antwort: Allein die Anzahl der Angestellten bedeutet für Sie nicht, dass sie automatisch gewerbesteuerpflichtig werden.
Die Regelungen des Einkommensteuergesetzes (EStG)
Als Gemeinschaftspraxis erzielen Sie steuerrechtlich betrachtet Einkünfte aus selbstständiger Arbeit und in Ihrem Fall aus freiberuflicher Tätigkeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG). Charakteristisch für diese freiberufliche Tätigkeit ist die persönliche Arbeitsleistung des Berufsträgers und nicht die Erbringung einer „Betriebsleistung“. Der Bundesfinanzhof (BFH) drückt es in der Rechtsprechung in der Regel so aus, dass die abgegebene Leistung den „Stempel der Persönlichkeit des Berufsträgers“ tragen muss (Urteil vom 20.12.2000, Az: XI R 8/00, Abruf-Nr: 010491). Daran fehlt es, wenn Sie als Praxisinhaber sowohl die Anamnese als auch den größten Teil der anfallenden Behandlungen von Mitarbeitern selbstständig durchführen lassen. Da in Ihrem Fall der größte Teil der Behandlungen von Ihren angestellten Mitarbeitern durchgeführt wird, ist es erforderlich, dass Sie leitend und eigenverantwortlich tätig werden (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG).
Leitende Tätigkeit
Sie sind dann leitend tätig, wenn Sie regelmäßige Behandlungsanweisungen geben. Da Sie grundsätzlich die erste Behandlung in Anwesenheit des nachbehandelnden Mitarbeiters durchführen und mit ihm die nachfolgende Behandlung absprechen und immer alle Behandlungen in Plänen abstimmen sowie dazu Fallkonferenzen abhalten, ist in Ihrem Fall eine leitende Tätigkeit gegeben.
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