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  • · Fachbeitrag · Cloud Computing - Teil 1

    Sollten Physiotherapeuten in die Cloud gehen?

    von Alexandra Buba M.A., freie Wirtschaftsjournalistin, Fuchsmühl

    | Beim Cloud Computing liegen die gespeicherten Daten - und oft auch die Software der Nutzer - in einer Datenwolke. Physikalisch sind sie auf irgendeinem Server an irgendeinem Ort in der Welt gespeichert, ohne dass es groß darauf ankäme, wo das ist. Das klingt nicht nur visionär, sondern auch einigermaßen unsicher, spielt doch für Physiotherapeuten der Schutz ihrer sensiblen Patientendaten eine besondere Rolle. |

    Cloud Computing für private Zwecke

    Statt auf der Festplatte des eigenen Computers lagern deutsche Verbraucher ihre Daten zunehmend bei Online-Speicherdiensten, wie der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (BITKOM) e.V. herausfand. Mehr als jeder vierte Internetnutzer verwendet Dienste wie Dropbox, Google Drive oder Microsoft OneDrive. Dies entspricht 15 Mio. Bundesbürgern.

     

    Die Online-Speicher werden fast ausschließlich für private Zwecke genutzt. 90 Prozent der Anwender sind Privatnutzer. Sie füllen ihren Speicherplatz im Internet vor allem mit Bildern und Dokumenten. Zwei von drei Privatnutzern von Cloud-Speichern legen dort Fotos ab. Immerhin 9 Prozent bewahren sogar Rechnungen im Netz auf.

    Cloud Computing in Unternehmen

    Auch bei Unternehmen setzt sich die Datenwolke mehr und mehr durch. Hier kommen professionelle, kommerzielle Lösungen zum Einsatz. So hat der Cloud-Monitor 2014 von BITKOM und dem Prüfungs- und Beratungsunternehmen KPMG ergeben, dass das Interesse an Cloud-Computing weiter gestiegen ist. 40 Prozent der Unternehmen setzen aktuell Cloud-Dienste ein. Für 31 Prozent ist Cloud-Computing hingegen kein Thema.

     

    Wer auf die Branchen schaut, stellt fest, dass vor allem Unternehmen aus der Informations- und Kommunikationstechnologie auf die Lösungen aus dem Internet setzen - fast zwei Drittel von ihnen nutzen die Technologie. Danach rangieren die Finanzdienstleister mit einem Anteil von 56 Prozent auf dem zweiten Platz. Es folgen die Wirtschaftszweige Verkehr und Logistik und Automobilbau, bei denen noch jeweils fast die Hälfte der Unternehmen in der Cloud sind. In sonstigen Branchen ist es dagegen im Schnitt nur ein gutes Drittel.

    Therapeuten halten sich zurück

    Die Situation bei den Therapeuten ist empirisch nicht so gut erfasst, da sie in derartigen Umfragen nicht als eigener Wirtschaftszweig erfasst werden. Der Marktführer im Bereich Therapeutensoftware, die Sovdwaer GmbH mit ihrem Programm Theorg, gibt keine Zahlen heraus und verrät nur, dass „es ein kleinerer Teil unserer Kunden ist, der die Cloud nutzt.“ Matthias Ridler, Gründer und Inhaber von Ridler Datentechnik in Rosenheim, der nach eigenen Angaben zweitgrößte Anbieter am Markt, sagt: „Keiner unserer Kunden hat seine Datenbank im Internet liegen.“

     

    Die eigenen Daten gehören auf den eigenen PC oder Server, so ist wohl die Meinung der überwiegenden Mehrheit. Neben der Gefahr der noch stärkeren Abhängigkeit von einzelnen großen IT-Unternehmen spielen Sicherheitserwägungen die zentrale Rolle. Beim Cloud-Monitor 2014 gaben 67 Prozent der Befragten, die sich gegen Onlinelösungen entscheiden, an, sie fürchteten den unberechtigten Zugriff auf ihre Daten in der Cloud, auf weitere 16 Prozent traf das zumindest eher zu. Immerhin 35 Prozent sind unsicher hinsichtlich der Rechtslage, 34 Prozent fürchten den Datenverlust. Die stets propagierten Vorteile der erhöhten Flexibilität und effizienteren Arbeitsweise rangieren untergeordnet.

    Server sollte in Deutschland stehen

    Dementsprechend sind auch die Anforderungen, die Nutzer an Cloudanbieter stellen: Für 77 Prozent der Befragten ist es ein Muss, dass der Hauptsitz des Anbieters in Deutschland ist, 76 Prozent verlangen Rechenzentren ausschließlich in Deutschland. Ebenso wichtig ist die Integrationsfähigkeit der Lösungen. Weniger wichtig - für nur vier Prozent ein Muss - ist die Kompatibilität der Lösungen verschiedener Cloudprovider. Das ist erstaunlich, denn eines der Hauptargumente gegen den Einsatz von Onlinelösungen ist neben den Sicherheitsbedenken selbstverständlich die Abhängigkeit von einzelnen Anbietern, die den gesamten Datensatz des Unternehmens in Händen halten. Jeder, der sich für eine Cloudlösung entscheidet, müsste darauf bestehen, nicht dauerhaft an einen einzelnen Anbieter gebunden zu sein. Daran denken aber die meisten offenbar nicht.

    Ortsunabhängiges Arbeiten

    Selbstverständlich hat die Technik aber auch nicht von der Hand zu weisende Vorteile: Ganz zentral ist die Möglichkeit, ortsungebunden auf Daten und Applikationen zuzugreifen, etwa wenn man viel bei Hausbesuchen oder in Heimen behandelt. Dann ist es einfach komfortabel, schnell ein Rezept eingeben zu können. Auch die Frage der Sicherheit ist nicht so eindimensional zu Lasten der Cloud zu beantworten, wie häufig dargestellt. Denn natürlich sind die eigenen Daten auf fremden Servern Risiken ausgesetzt, aber auch das Inhouse-System in der Praxis kann über das Internet jederzeit angegriffen werden. Bei selbst betriebenen Systemen sind die Sicherheitsstandards ungleich niedriger als in einem professionellen Rechenzentrum.

    Haftungsfragen bedenken

    Umgekehrt gilt selbstverständlich, dass der Angriff auf eine einzelne Praxis nicht so attraktiv ist wie auf ein großes Rechenzentrum. Doch wenn dort Datenpannen passieren und Patientendaten in die falschen Hände gelangen, haftet zwar zunächst auch der Therapeut, kann aber in den meisten Fällen Rückgriff auf den Anbieter nehmen. Das sieht bei Datenproblemen in der eigenen Praxis schon ganz anders aus.

     

    Ähnlich verhält es sich mit der Archivierung der Daten. Professionelle Anbieter sichern ihre Systeme mehrfach ab - Datenverlust bei in Eigenregie betriebenen Lösungen ist dagegen keine Seltenheit.

     

    PRAXISHINWEIS | Wer wann wie für was verantwortlich ist und im Zweifel haftet, sollten Cloud-Interessierte in jedem Fall mit ihrem Anbieter im Vorfeld klären und vertraglich regeln. Selbiges gilt für den Fall des Anbieterwechsels. In welcher Form und innerhalb welcher Frist müssen dann die Daten herausgegeben beziehungsweise übertragen werden?

     

    Nicht alles in die Cloud

    Auch nicht unwichtig - und weit mehr als ein technisches Detail -, ist der Blick auf die Architektur der Programme, auf die via Internet zugegriffen werden soll. Eine konventionelle Architektur kann im Netzwerkbetrieb dazu führen, dass das Programm bei mehreren parallelen Zugriffen schnell langsam wird, unabhängig von der Internetverbindung.

     

    Daran schließt sich die nächste Frage an: Welche Dinge sollen überhaupt in die Cloud und welche nicht? Eventuell ist es für die eigene Praxisorganisation sinnvoll, einige Dinge in die Cloud auszulagern, um zum Beispiel mobil darauf zugreifen zu können und andere auf dem lokalen System in der Praxis zu belassen. Typisches Beispiel dafür ist der Terminkalender, der natürlich auf zum Beispiel dem iPad schöner zu führen ist, als auf Papier. Das nützt aber nur dann etwas, wenn die dort eingetragenen Daten mit den Systemen in der Praxis verknüpfbar sind. Andernfalls müssen die Dinge wieder händisch übertragen werden. Solche Lösungen lassen sich im Baukasten von einem Anbieter erhalten oder in der Kombination zweier verschiedener Anbieter - dazu mehr in Teil 2 dieses Beitrags, der in der Dezember- Ausgabe erscheint.

     

    • Ebenfalls möglich: Fremdhosting

    Eine weitere Variante der Cloudnutzung, die am Markt vorkommt, besteht darin, sich neben seinem Softwarelieferanten einen zusätzlichen Hosting-Dienstleister zu suchen. „Wir selbst bieten keine komplette Cloud-Lösung für unsere Software ‚praxxo‘ an. Wir haben jedoch Anwender, welche unser System über fremdgemietete Clouds betreiben. Die Erfahrungen sind recht positiv, nachteilig ist allerdings der Blackout bei Komplettausfall des Internets oder bei Einschränkungen der Übertragungsgeschwindigkeit“, erklärt Udo Kleinert, Inhaber von ukado Technologie+Software in Radeberg.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Cloud Computing - Teil 2: Cloud-Angebote für Physiotherapeuten (PP 12/2014)
    Quelle: Ausgabe 11 / 2014 | Seite 13 | ID 42895020