· Fachbeitrag · Cloud Computing - Teil 2
Cloud-Angebote für Physiotherapeuten
von Alexandra Buba M.A., freie Wirtschaftsjournalistin, Fuchsmühl
| In PP 11/2014, Seite 13 hat PP die grundsätzlichen Vor- und Nachteile des Cloud Computing dargestellt. Im Folgenden werden Produkte verschiedener Anbieter genauer präsentiert. |
Vor dem Kauf klären: Was will ich in der Cloud?
Bevor Sie aus reiner Neigung zur Technologie den Einstieg in die Cloud planen, sollten sie sich des Zwecks dieser Maßnahme sicher sein. Warum soll überhaupt in der Cloud gearbeitet werden? Wenn Sie diese Frage geklärt haben, sollten Sie sich nicht nur auf die Beratung eines Anbieters verlassen, sondern mehrere Anbieter vergleichen. Denn es existieren nicht nur Lösungen, die sich im Baukasten von einem Anbieter kombinieren lassen, sondern meistens funktioniert auch die Kombination zweier verschiedener Anbieter.
Der Markt für Therapeutensoftware spaltet sich ebenso in zwei polare Richtungen wie der Gesamtmarkt. So gibt es Unternehmen, die ausschließlich cloudbasierte Lösungen anbieten, aber auch solche, die diese Entwicklung für problematisch halten und sie ihren Kunden daher nicht anbieten.
Theorg und medo.check
Marktführer Theorg setzt mit seinen knapp 15.000 Kunden auf ein Baukastensystem, bei dem der Therapeut (lokal) installierte Module bucht und die Cloud als Zusatzservice mit Extrakosten dazukaufen kann. Das ist durchaus unüblich - branchenübergreifend verlangen Anbieter für Cloudlösungen im Schnitt etwa ein Drittel weniger als für die konventionellen Lizenzen. Bei der Sovdwear GmbH, dem Hersteller von Theorg, liegen nicht nur sämtliche Daten, sondern auch alle Programme auf den unternehmenseigenen Servern.
Auch künftig will das Unternehmen beide Schienen verfolgen, die lokale wie die internetbasierte, wie Manfred Schabka, Vertriebsteamleiter bei Theorg sagt. Beides werde von den Kunden nachgefragt, demzufolge werde auch beides angeboten. Ähnlich verfährt medo.check. Auch hier erhalten Kunden seit zwei Jahren den Cloud Service für alle Versionen als Zusatzleistung. Die Physiotherapeuten vermieden jedoch mit Blick auf ihre sensiblen Daten häufig die Online-Lösung.
Ridler
Den Kunden mit dieser Problematik allein lassen will der seit 27 Jahren am Markt agierende Anbieter Ridler Datentechnik nicht. Seit Einführung der SQL-Lösung vor zwei Jahren kann der Anwender zwar selbst entscheiden, ob die Datenbank mit den Patientendaten im Web oder lokal liegt. „Wir raten aber jedem davon ab, diese sensiblen Daten im Web zu hosten und empfehlen, den SQL-Server auf dem eigenen Rechner zu betreiben. Dies ist sicherer und spart Kosten“, sagt Matthias Ridler.
Soll von außen auf die Daten zugegriffen werden, so ist dafür keine Cloudlösung erforderlich. Dies könne sicherer und kostengünstiger via VPN (Virtual-Private-Network) erfolgen. Wer Android Tablets oder iPads verwenden wolle, der könne dies im Terminal-Modus nutzen. Windows Tablets können als vollwertige Clients im Behandlungsraum eingesetzt werden.
Thor Dynamics
Andere Anbieter bieten ihre Lösungen ebenfalls bewusst nicht in der Cloud an. „Gerade im Hinblick auf die letzten Datenskandale sind wir der Meinung, dass diese Art von sensiblen Patientendaten - die Daten werden bisweilen auch unverschlüsselt in der Cloud abgelegt - nicht nach extern gegeben werden sollten“, sagt Thorsten Jugert, Geschäftsführer der Thor Dynamics GmbH in Börnsen, die die Branchenlösung MedHQ herstellt.
Unter Beachtung der Datenschutzvorschriften muss die Heilmittelerbringerpraxis von jedem Patienten eine Einwilligung bezüglich der Datenhaltung in einer Cloud einholen. „Dieses passiert jedoch in der Regel nicht. Wir haben bei der Beobachtung des Marktes ebenso festgestellt, dass die Anbieter solcher Lösungen diesbezüglich ihre Kunden meist nicht aufklären und so der Rechtsverfolgung aussetzen“, so Jugert. „Es ist unsere Überzeugung, dass Cloud-Lösungen für Heilmittelerbringerpraxen nicht sinnvoll sind, derzeit aber von anderen Anbietern als das ‚Allheilmittel‘ verkauft werden. Wir werden zum Wohle unserer Kunden hier nicht auf diesen Zug aufspringen.“
Amparex
Andere sehen das ganz anders: So ist etwa Amparex ein rein cloudbasiertes Baukastensystem für Hörgeräteakustiker, Optiker und seit jüngstem auch Therapeuten. Der Nutzer benötigt dabei nur noch eine Internetanbindung sowie einen PC. Mit Datenhaltung, Backups oder Updates hat er nichts mehr zu tun. Für einen vergleichsweise günstigen Preis erhält der Therapeut Module wie den Terminplaner inklusive Abgleich mit dem Handy, Rezeptabrechnung, den automatischen Abgleich der gültigen Verträge mit den Krankenkassen, Barkasse oder das Mahnwesen.
Aktuell läuft Amparex nach Herstellerangaben in 1.400 Geschäften und hat rund 4.000 tägliche Benutzer. Die Frage nach der Datensicherheit im Hinblick auf Verlust und die Verhinderung von Fremdzugriffen lässt sich für den Hersteller einfach beantworten: „Ersteres stellen wir durch tägliche Backups auf physisch getrennten Rechnern sicher. Das ist offensichtlich besser, als wenn eine Rezeptionskraft abends - manchmal - die Sicherungsdiskette einlegt“, erklärt Sylvester Meyknecht, Leiter des Bereichs „Therapeuten“ bei der Amparex GmbH. „Zu Zweitens sagen wir: ‚Was denken Sie denn, wo die Daten sicherer sind: im Betonkeller des Rechenzentrums oder unter dem Empfangstresen in der Praxis?“
Außerdem habe das Unternehmen zusätzliche Sicherungen eingebaut. So reiche es nicht, sich mit Benutzer/Passwort anzumelden, sondern der Benutzer benötige eine spezielle Lizenzdatei, die über Public/Private-Key verschlüsselt den Zugriff sichert. „Zudem protokollieren wir alle Zugriffe und werten diese Protokolle bei Verdacht aus“, so Meyknecht.
iPrax
Einen cloudbasierten Terminkalender und eine rein für mobile Endgeräte entwickelte Lösung bietet neuerdings iPrax für iPad und iPad mini. Das als App geschriebene Programm ist keine Browser- oder Remote-Desktop-Lösung, daher schneller im Betrieb und mit dem Offline-Zugriff auf alle Daten ausgestattet. Allerdings ist der Funktionsumfang noch eingeschränkt, Abrechnungen sind noch nicht direkt mit den Kassen möglich und auch eine Verbindung zum Computer in der Praxis gibt es nicht. Zukünftig soll aber ein Datenzugriff auch für den iMac möglich werden.
Pro und Contra Cloud
Die Diskussion über Cloud Computing wird kontrovers geführt. Die wichtigsten Argumente von Befürwortern und Gegnern im Überblick.
Pro | Contra | |
Sicherheit | Professionelle Rechenzentrumsanbieter bringen mehr Datensicherheit als die Praxis selbst gewährleisten kann. | Risiken bei Auslagerung der Daten sind unüberschaubar, Kompetenz des Dienstleisters in einer rechtlich unübersichtlichen Sphäre ist möglicherweise nicht gegeben, Integrität des Anbieters ist nicht überprüfbar, virtueller Vertragsgegenstand ist schwer kontrollierbar. |
Kosten | Kostenersparnis kann für IT-Aufwand gegenüber einer Inhouselösung bei 35 bis 55 Prozent liegen. | Die Kosten können auch höher sein - einige Anbieter verlangen zusätzliche Entgelte für die Nutzung der Clouddienste. |
Strategie | Zukunftsfähiges Verfahren, das innovative Geschäftsmodelle und flexibles Arbeiten unterstützt. | Abhängigkeit von Anbietern, Wechsel ist möglicherweise schwierig. |
Rechtssicher in der Cloud agieren - letzter Teil der Serie
Wer sich wirklich sicher ist, dass er in die Cloud will, sollte sich vorab genau mit den rechtlichen Voraussetzungen dieses Verfahrens auseinandersetzen. Wichtigster Punkt hier: der Datenschutz, aber auch die eigenen Rechte. Im letzten Teil unserer Serie erläutert PP daher die rechtlichen Rahmenbedingungen für die Nutzung der Cloud in der Therapiepraxis.
Weiterführende Hinweise
- Cloud Computing - Teil 1: Sollten Physiotherapeuten in die Cloud gehen? (PP 11/2014, Seite XX)
- Darf man Therapie- und Mitteilungsberichte per E-Mail senden? (PP 10/2013, Seite 12)
- Datenschutzgerechte Aufbewahrung und Vernichtung von Patientenakten (PP 07/2009, Seite 15)
- Weitersagen oder nicht? - Wenn Patienten den Arzt wechseln (PP 06/2013, Seite 3)
- Schlechte PC-Kenntnisse schaden der Praxis (PP 07/2009, Seite 18)
- Check-Up Praxis-Website (PP 01/2012, Seite 10)