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  • · Fachbeitrag · Studie

    Wie zukunftsfähig ist die Physiotherapie? Neun Entwicklungen aus Therapeutensicht

    | Wie blicken Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten in die Zukunft? Dieser Frage widmet sich eine zukunftspsychologische Erhebung, die die opta data Zukunfts-Stiftung und die Stiftung Gesundheit in Kooperation durchgeführt haben. Insgesamt 105 Physiotherapeutinnen und Physiotherapeuten (59 Frauen, 46 Männer, geboren zwischen 1956 und 1994) aus 14 Bundesländern nahmen an der Onlinebefragung teil. Die Ergebnisse (online unter iww.de/s11280 ) fasst PP in diesem Beitrag zusammen. |

    1. Berufsbedeutung: Die Physiotherapie wird ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung bleiben

    Die Befragten sind davon überzeugt, dass ihr Beruf auch ein wichtiger Teil der Gesundheitsversorgung bleiben wird. Dafür führen sie drei Gründe an:

     

    • 1) Da die Bevölkerung immer älter wird und die Bedeutung von Bewegung und Gesundheit steigt, wird auch physiotherapeutische Kompetenz immer stärker gefragt sein.
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    • 2) Vollakademisierung und Direktzugang ermöglichen es den Therapeuten, eine noch aktivere Rolle in der Patientenversorgung zu übernehmen.
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    • 3) Neue Technologien werden die Behandlungsqualität und die Arbeitsbedingungen für Therapeuten verbessern. Sie werden die menschliche Berührung und den persönlichen Einsatz der Behandelnden aber nie ersetzen.

    2. Ideales Berufsbild: Es besteht ein starker Wunsch nach Veränderung

    Die Antworten der Befragten zeigen einen starken Wunsch nach Veränderung und Weiterentwicklung: Die Forderungen umfassen eine bessere Vergütung und Anerkennung des Berufsstands, einen Abbau der Bürokratie sowie eine Vereinfachung der Abrechnungsprozesse, mehr Freiheit und Autonomie in der Therapiegestaltung sowie größere Flexibilität bei den Behandlungszeiten und -methoden. Sie wünschen sich auch, ganzheitliche Gesundheitskonzepte zu entwickeln und die Prävention stärker in den Fokus zu rücken. Dabei betonen sie die Bedeutung von interdisziplinärer Zusammenarbeit und dem Austausch mit anderen Gesundheitsberufen.

    3. Digitalisierung und KI: Die Zukunft wird durch Fortschritt und Menschlichkeit geprägt sein

    Die vielfältigen Visionen der Physiotherapeuten für die Zukunft ihres Berufsfelds strahlen Optimismus und Fortschritt aus. In ihren Antworten spiegelt sich ein überwiegend positives Bild wider, das von Innovation, Effizienzsteigerung und verbesserten Patientenversorgungsmöglichkeiten geprägt ist. Digitale Beratungsgespräche, automatisierte Therapievorschläge und innovative Technologien wie Virtual Reality werden als integraler Bestandteil einer modernen und zugänglichen Physiotherapie betrachtet. Trotz der fortschrittlichen Visionen bleibt die Menschlichkeit im Zentrum des Berufsbildes. Die persönliche Interaktion und der individuelle Kontakt zu den Patienten werden als unverzichtbare Elemente hervorgehoben, die auch in einer zunehmend digitalisierten Welt erhalten bleiben sollen.

    4. Belastungen: Therapeuten werden lernen, die eigenen Ressourcen effizienter zu nutzen

    Psychische Belastungen im Beruf werden deutlich ansteigen, etwa durch Stress, Zeitdruck, hohe Arbeitslast und die Herausforderungen im Umgang mit anspruchsvollen Patienten. Gleichzeitig werden eine bessere Selbstfürsorge, eine Veränderung der Arbeitsbedingungen oder eine verbesserte Zusammenarbeit mit anderen Gesundheitsberufen dabei helfen, diese Belastungen zu verringern. Auch die körperliche Belastung wird hoch bleiben, z. B. durch die Beanspruchung der Gelenke und die Gefahr von Überlastungssyndromen. Doch auch hier sind die Befragten der Auffassung, diese Belastungen meistern zu können ‒ sei es durch ergonomisches Arbeiten, regelmäßige Bewegung oder einen bewussten Umgang mit den eigenen körperlichen Grenzen.

    5. Eigenschaften und Fähigkeiten: Resilienz, Empathie und Selbstfürsorge werden an Bedeutung gewinnen

    Angesichts der wachsenden Herausforderungen im Gesundheitswesen wird Resilienz eine Schlüsselqualität werden. Sie ermöglicht es den Therapeuten, sich den Herausforderungen anzupassen und auch unter Druck handlungsfähig zu bleiben. Diese Fähigkeit zur Anpassungsfähigkeit und Flexibilität ist entscheidend, um den ständigen Veränderungen im Gesundheitswesen erfolgreich zu begegnen. Empathie und Selbstfürsorge stehen im Zentrum des therapeutischen Ansatzes vieler Physiotherapeuten. Die Fähigkeit, sich in die Lage ihrer Patienten zu versetzen und gleichzeitig für das eigene Wohlbefinden zu sorgen, ist ein wesentlicher Bestandteil einer ganzheitlichen Behandlung. Die Befragten sind überwiegend motiviert, Menschen zu helfen und einen positiven Beitrag zur Gesundheit und zum Wohlbefinden der Gesellschaft zu leisten.

    6. Berufsattraktivität: Die meisten Befragten sind realistisch

    Zur Berufsattraktivität hat die Mehrheit der Befragten eine eher realistische Perspektive: Zwar seien sich Gesundheitspolitiker darüber einig, dass die Anerkennung und die Arbeitsbedingungen in der Physiotherapie verbessert werden müssen (siehe 2.) Gleichzeitig bestehen zentrale Herausforderungen weiter: niedrige Bezahlung, physische und psychische Belastung sowie begrenzte Karrieremöglichkeiten. Gleichzeitig sehen viele Befragte auch Chancen für eine positive Entwicklung des Berufsfelds: Die verstärkte Zusammenarbeit mit anderen medizinischen Berufen, die Weiterentwicklung der Ausbildung und eine verbesserte Technologieintegration werden das Berufsbild attraktiver machen.

    7. Zusammenarbeit: Flache Hierarchien und gegenseitige Unterstützung werden wichtiger

    Der interdisziplinäre Austausch und die Zusammenarbeit werden immer wichtiger werden. Dabei wird die Bedeutung von flachen Hierarchien, Respekt und gegenseitiger Unterstützung betont. Die Vision einer Arbeitsumgebung, in der jeder Mitarbeiter als gleichwertiges Mitglied des Teams betrachtet wird, gewinnt an Bedeutung. Es herrscht ein Wunsch nach einem Miteinander auf Augenhöhe, das auf gegenseitiger Wertschätzung und gemeinsamem Erfolg basiert. Die Digitalisierung wird als Chance gesehen, die Kommunikation zu verbessern und den Zugang zu Informationen zu erleichtern. Zugleich gilt es, Technologie und Menschlichkeit so abzustimmen, dass die Bedürfnisse der Patienten nicht vernachlässigt werden.

    8. Moderne Führung: Der autonome Mensch soll im Mittelpunkt stehen

    Der Mensch wird künftig im Mittelpunkt der modernen Arbeitskultur stehen. Führungstile werden persönlicher und individueller werden müssen. Mitarbeiter wollen beruflich und persönlich gefördert werden. Benötigt wird eine Arbeitsumgebung, die auf Vertrauen, Respekt und Transparenz, flachen Hierarchien und teamorientierten Strukturen basiert; die Kooperation und kollegiale Unterstützung fördern. Moderne Führung wird als partnerschaftliche Unterstützung gesehen, die es jedem Teammitglied ermöglicht, Kompetenzen optimal einzusetzen und weiterzuentwickeln. Die Digitalisierung dient dabei auch als Mittel zur Förderung der Autonomie und Selbstverwaltung der Mitarbeiter. Durch den Einsatz digitaler Technologien können Therapeuten und andere medizinische Fachkräfte effizienter arbeiten, sich besser organisieren und sich fortbilden, was zu einer verbesserten Patientenversorgung und Mitarbeiterzufriedenheit führt.

    9. Generationenübergreifende Kommunikation: Der ideale Therapeut kennt Stärken und Schwächen von Jung und Alt

    Die Antworten zur generationsübergreifenden Kommunikation in der Physiotherapie zeigen ein ausgewogenes Bild. Optimisten sehen eine Zukunft, in der die generationsübergreifende Kommunikation durch Offenheit, Verständnis und Zusammenarbeit geprägt ist. Andererseits gibt es Bedenken. Befürchtet werden mögliche Missverständnisse, Konflikte und einen Mangel an Zusammenarbeit aufgrund von Unterschieden in den Wertvorstellungen und Kommunikationsstilen zwischen den Generationen. Insgesamt zeigen die Antworten ein realistisches Bild, das die Notwendigkeit einer ausgewogenen Herangehensweise an die generationsübergreifende Kommunikation betont. Der ideale Physiotherapeut der Zukunft wird als jemand beschrieben, der sowohl die Stärken und Perspektiven verschiedener Generationen anerkennt als auch bereit ist, aktiv an der Förderung einer positiven und kooperativen Arbeitsumgebung mitzuwirken.

    Quelle: Ausgabe 08 / 2024 | Seite 3 | ID 50098172