· Gesprächsführung
Umgang mit „schwierigen“ Patienten
von Franco Tafuro und Dörte Kruse, TAFURO & TEAM, Hamburg, tafuro-und-team.de
| Sogenannte schwierige Patienten sind eine Herausforderung für jedes Praxisteam: Sie reden ununterbrochen, lehnen Untersuchungen oder Behandlungen kategorisch ab, stellen maßlose Forderungen, treten aggressiv auf oder stellen einzelne Teammitglieder vor anderen Patienten bloß. Dadurch stören sie den Praxisablauf und rauben Energie und Zeit. So natürlich der emotionale Widerstand gegen solche Patienten auch ist, so sehr führt er in eine Sackgasse. Der einzig professionelle Ausweg ist, empathisch und zugleich souverän auf den Patienten und sein Verhalten einzugehen. |
Erkennen des Patiententyps
Der Umgang mit „schwierigen“ Patienten wird Ihnen oft leichterfallen, wenn Sie mögliche Ursachen für bestimmte Verhaltensweisen des Patienten mitbedenken. Oft ist der Patient erst durch schlechte und enttäuschende Erfahrungen im Lauf seiner „Krankenkarriere“ in die Rolle des „schwierigen“ Patienten hineingewachsen. Besondere Belastungen wie etwa chronische Krankheiten oder der Aufenthalt auf einer Intensivstation sind dabei nicht zu unterschätzen.
Die psychotherapeutische Fachliteratur geht davon aus, dass fast alle Menschen unter bestimmten Voraussetzungen ähnlich reagieren. Das aktuelle Verhalten kann somit auf bestimmte Ursachen zurückgeführt werden. Nach Groves (siehe weiterführende Hinweise) gibt es vier Kategorien schwieriger Patiententypen, denen Sie jeweils mit einem spezifischen Ansatz der Kommunikation begegnen können.
Der „Abhängige“
Der „Abhängige“ bemüht sich vor allem als Vielredner um jede noch so kleine Aufmerksamkeit. Mögliche Ursachen sind lebensgeschichtlich bedingte Verlust- und Trennungsängste. Sie sollten diese Sorte von Patienten am Behandlungsprozess beteiligen und ihnen klar strukturierte transparente Behandlungspläne an die Hand geben. Durch geschlossene Fragen sollten Sie den Redefluss dieser Patienten in geordnete Bahnen lenken.
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Der „Forderer“
Der Forderer hat oft den Eindruck, dass das Praxisteam seine Erkrankung weniger ernst nimmt, als er selbst es tut. Dadurch, dass er etwa Rechnungen nicht bezahlt oder juristische Konsequenzen anspricht, versucht er, Druck auszuüben. Diesem Patienten fehlt meist ein klares Selbstwertgefühl. Sie können ihn daher bewusst und wiederholt auf die besondere Qualität der Therapie bzw. des Trainingsprogramms hinweisen, das besondere Krankheitsbild betonen, zudem die qualifizierte Behandlung oder auch moderne Ausstattung der Praxis herausstellen. Sprechen Sie diesen Patienten auch mit seinem Namen an. Halten Sie den Blickkontakt und zeigen Sie Mitgefühl für seine Krankheit.
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Der „Ablehner“
Der Ablehner besucht die Praxis paradoxerweise immer wieder mit neuen Symptomen und neuen Krankheiten. Hintergrund dieser Verhaltensweise ist eine starke innerliche Verbindung des Patienten zum Therapeuten. Sie tun gut daran, dem Patienten konsequent ihren Behandlungsplan aufzuzeigen. Bricht der Patient dann aus diesem Behandlungsplan (wieder) aus, so steht ein klärendes Gespräch an.
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„Herr Schmidt, um Ihre Rückenbeschwerden zu lindern, hatten wir vereinbart, dass Sie zusätzlich zu den Behandlungsterminen bei mir in der Praxis regelmäßig zu Hause Ihre krankengymnastischen Übungen machen. Wir sehen, dass Sie dies so nicht tun. Wir können Ihnen so nicht helfen. Entweder gehen wir nun den vereinbarten Weg konsequent und Sie halten unseren Therapieplan richtig ein, oder ‒ was dann für uns beide besser wäre ‒ Sie suchen sich einen anderen Physiotherapeuten, zu dem Sie das Vertrauen finden, das Therapiekonzept umzusetzen.“ |
Der „Selbstzerstörer“
„Selbstzerstörung“ als Verhaltensweise ist nicht nur in der psychotherapeutischen Praxis anzutreffen, sondern auch in der Physiopraxis. Dazu gehören im Wesentlichen die indirekten „Verletzungen“, die sich der Patient selbst zufügt, etwa durch Nichtbefolgen des vereinbarten Übungsprogramms oder durch Verhaltensweisen, die seine Erkrankung verschlimmern.
Selbstzerstörer haben meist nicht mehr ihre Heilung als Ziel vor Augen. Sie haben sich entweder mit ihrem Leiden abgefunden oder glauben nicht mehr an eine Besserung. In der Selbstzerstörung sehen sie den für sie einzig möglichen Weg der Selbstbehauptung. Und auch hier bedarf es des klärenden Gesprächs mit dem Physiotherapeuten. Das Aufzeigen der Konsequenzen für ihn selbst ist dabei oft der einzige „Wachmacher“ für den Patienten. Klar ist hierbei: Selbstzerstörern hilft oft nur psychotherapeutische Unterstützung.
So kommunizieren Sie erfolgreich
Wichtig ist generell, eine professionelle Grundhaltung gegenüber dem Patienten und der Situation einzunehmen. Dabei ist entscheidend, dass Sie sich mit Ihren Mitarbeitern inhaltlich abstimmen und sich auch der nonverbalen Kommunikation bewusst sind.
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1. Wahren Sie die emotionale Distanz.
2. Nehmen Sie den Druck weg.
3. Handeln Sie nach dem EWE-Prinzip. Ein professioneller Umgang mit schwierigen Patienten sollte sich nach dem EWE-Prinzip richten: Empathie, Wertschätzung und Echtheit (lesen Sie dazu den Beitrag in PP 09/2012, Seite 8).
4. Bieten Sie gegebenenfalls einen Orts- oder Praxiswechsel an.
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