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  • 21.11.2017 · IWW-Abrufnummer 197785

    Arbeitsgericht Siegburg: Urteil vom 25.08.2017 – 3 Ca 1305/17

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Arbeitsgericht Siegburg

    3 Ca 1305/17

    Tenor:
    1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis des Klägers zur Beklagten nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29.12.2016 aufgelöst wird.
    2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
    3. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.
    4. Der Streitwert beträgt 7.934,00 €.
    1

    Tatbestand:

    2

    Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen, verhaltensbedingten Kündigung.

    3

    Der 1964 geborene, verheiratete und mindestens seinen 3 Kindern unterhaltspflichtige Kläger ist seit dem 01.08.1991 im Betrieb der Beklagten als
    KFZ-Mechaniker bei einem durchschnittlichen monatlichen Bruttoeinkommen von 2.645,00 € beschäftigt.

    4

    Die Beklagte beschäftigt in ihrem Betrieb mehr als 10 Arbeitnehmer.

    5

    Die Beklagte erteilte dem Kläger am 02.07.2010, am 06.02.2015 sowie am 26.01.2016 Abmahnungen wegen nicht ordnungsgemäßer Durchführung der ihm übertragenen Arbeiten.

    6

    Ende November 2016 erkannte der Kläger bei einem verdeckten Werkstatttest durch die XXXXX vier von sechs Mängeln, zwei hingegen nicht. Ebenfalls im November 2016 stellte der Kläger bei einem Auftrag zur Durchführung anstehender Servicearbeiten jedenfalls das CBS-Infosystem nicht zurück.

    7

    Mit Schreiben vom 29.12.2016, dem Kläger am selben Tage zugegangen, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger zum 31.07.2017.

    8

    Mit am 06.01.2017 beim Arbeitsgericht eingegangenem und der Beklagten am 12.01.2017 zugestelltem Schriftsatz vom 06.01.2017 hat der Kläger gegen die Kündigung Kündigungsschutzklage erhoben.

    9

    Er ist der Auffassung, dass die Kündigung unverhältnismäßig und damit nicht sozial gerechtfertigt i.S.d. § 1 Abs. 2 KSchG sei. Die Abmahnungen stellten sich als zumindest im Wesentlichen unbegründet dar mit der Folge, dass davon auszugehen sei, dass die Kündigung des Klägers unberechtigter Weise erfolgt sei. Er ist der Auffassung, dass selbst wenn er tatsächlich die ihm vorgeworfenen Fehler begangen habe, diese Verfehlungen nicht so schwerwiegend seien, dass diese eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigten.

    10

    Der Kläger beantragt,

    11

    12

    1. festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis zur Beklagten nicht durch die Kündigung der Beklagten vom 29.12.2016 aufgelöst wird;

    13

    14

    2. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31.07.2017 hinaus fortbesteht und auch nicht durch andere
    Beendigungsgründe aufgelöst wird.

    15

    Die Beklagte beantragt,

    16

    die Klage abzuweisen.

    17

    Sie ist der Ansicht, dass die Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen nach § 1 Abs. 2 KSchG sozial gerechtfertigt sei. Sie behauptet diesbezüglich, dass der Kläger im November 2016 entgegen seines Auftrages die dem Kunden zugesicherten Servicearbeiten nicht durchgeführt habe. Er habe sich in einer Anhörung am 28.12.2016 dahin eingelassen, dass er die Durchführung der Arbeiten einem Auszubildenden überlassen habe. Er habe jedoch zumindest kontrollieren müssen, ob der Auszubildende die Arbeiten überhaupt durchgeführt und ordnungsgemäß durchgeführt habe. Ihr sei hierdurch ein Imageschaden entstanden.

    18

    Die Beklagte ist der Auffassung, dass die Kündigung nach dem Prognoseprinzip gerechtfertigt sei, weil für die Annahme, dass der Kläger bei einer weiteren Abmahnung sein Arbeitsverhalten und seine Arbeitsleistungen verbessert hätte, jede Grundlage fehle. Die ordentliche Kündigung sei verhältnismäßig, da der Beklagten ein milderes Mittel nicht zur Verfügung stehe.

    19

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des zwischen den Parteien streitigen Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsprotokolle verwiesen.

    20

    Entscheidungsgründe:

    21

    A.

    22

    Mit Ausnahme des allgemeinen Feststellungsantrages ist die Klage zulässig und begründet.

    23

    I.

    24

    Dem mit dem Kündigungsschutzantrag verbundenen allgemeinen Feststellungsantrag fehlt es an dem nach § 46 Abs. 2 ArbGG iVm. § 256 Abs. 1 ZPO erforderlichen Feststellungsinteresse. Ohne Vortrag von Tatsachen, aus denen sich die objektive Gefahr weiterer Auflösungstatbestände und möglicher Folgekündigungen ergäbe, besteht kein Feststellungsinteresse für einen allgemeinen, auf den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gerichteten Feststellungsantrag (BAG v. 7.12.1995 - 2 AZR 772/94; ErfK/Kiel, 10. Aufl., § 4 KSchG Rz. 36 ff.). Der Kläger hat keine eine solche Gefahr nahe legenden Umstände vorgetragen.

    25

    II.

    26

    Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die Kündigung der Beklagten vom 29.12.2016 nicht beendet worden.

    27

    1.

    28

    Der Kläger genießt nach der Größe des Betriebes der Beklagten und der Dauer seiner Betriebszugehörigkeit den Schutz des KSchG gem. § 23
    sowie § 1 KSchG. Er hat seine Kündigungsschutzklage fristgemäß gemäß § 4 Satz 1 KSchG erhoben.

    29

    2.

    30

    Die Kündigung ist unwirksam, weil sie sozial ungerechtfertigt ist (§ 1 Abs. 1 KSchG). Insbesondere ist sie nicht i.S.v. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG durch Gründe im Verhalten des Klägers bedingt.

    31

    a.

    32

    Nach vorheriger Abmahnung kann eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht mit der geschuldeten Qualität oder Quantität erfüllt (vgl. BAG vom 17.01.20108 – 2 AZR 536/06 – juris).

    33

    Ob eine Leistung als Schlechtleistung anzusehen ist, beurteilt sich nach den vertraglichen Vereinbarungen der Parteien. Ist die Arbeitsleitung im Vertrag der Menge und der Qualität nach nicht oder nicht näher beschrieben, so richtet sich der Inhalt des Leistungsversprechens zum einen nach dem vom Arbeitgeber durch Ausübung des Direktionsrechts festzulegenden Arbeitsinhalt und zum anderen nach dem persönlichen, subjektiven Leistungsvermögen des Arbeitnehmers. Der Arbeitnehmer muss tun, was er soll, und zwar so gut, wie er kann. Die Leistungspflicht ist nicht starr, sondern dynamisch und orientiert sich an der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers. Ein objektiver Maßstab ist nicht anzusetzen. Dem Arbeitnehmer ist es allerdings nicht gestattet, das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung einseitig nach freiem Belieben zu bestimmen. Er muss vielmehr unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeiten (vergl. BAG vom 17.01.2008 – a.a.O.).

    34

    Darlegungs- und beweisbelastet für das Vorliegen von Leistungsmängel sowie für eine zuvor erfolgte Abmahnung ist nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG der Arbeitgeber. Die einzelnen Leistungsmängel hat er dabei so konkret wie möglich zu bezeichnen, und zwar unter Aufzeigung der jeweiligen Pflichtwidrigkeiten sowie unter Darlegung der einzelnen Fehler. Durch pauschale Werturteile über die von einem Arbeitnehmer erbrachte Arbeitsleistung genügt der Arbeitgeber der ihm obliegenden Darlegungslast grundsätzlich nicht. Zu einem schlüssigen Vortrag gehört vielmehr die Darlegung, worin das Versagen des Arbeitnehmers im Einzelnen besteht, welche Minder-, Fehl- oder Schlechtleistungen ihm zur Last zu legen sind und welche Mängel in der fachlichen oder persönlichen Qualifikation vorliegen (vgl. BAG vom 15.08.1984 – 7 AZR 228/81 – juris).

    35

    Dabei ist auch der herangezogene Vergleichsmaßstab substantiiert vorzutragen. Das Gericht muss in die Lage versetzt werden, selbständig feststellen zu können, ob bzw. dass eine nicht mehr zu tolerierende Fehlerquote vorliegt. Die lediglich allgemeine Beschreibung fehlerhafter Arbeitsleistungen genügt diesen prozessualen Anforderungen nicht. Es ist daher zunächst Sache des Arbeitgebers, zu den Leistungsmängeln das vorzutragen, was er wissen kann. Kennt der Arbeitgeber aber lediglich die objektiv messbaren Arbeitsergebnisse, so genügt er seiner Darlegungslast, wenn er Tatsachen vorträgt, aus denen ersichtlich ist, dass die Leistungen des betreffenden Arbeitnehmers deutlich hinter denen vergleichbarer Arbeitnehmer zurückbleiben, also die Durchschnittsleistung erheblich unterschreiten. Da der Vergleich durchschnittlicher Fehlerquoten für sich noch keinen hinreichenden Aufschluss darüber gibt, ob durch die fehlerhafte Arbeit des gekündigten Arbeitnehmers das Verhältnis von Leistung und Gegenleistung stark beeinträchtigt ist, muss der Arbeitgeber hier weitere Umstände darlegen (vgl. BAG vom 17.01.2008 – a.a.O.).

    36

    Anhand der tatsächlichen Fehlerzahl, der Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung des betreffenden Arbeitnehmers hat der Arbeitgeber bei vorgeworfener qualitativer Minderleistung näher darzulegen, dass die längerfristige deutliche Überschreitung der durchschnittlichen Fehlerquote nach den Gesamtumständen darauf hinweist, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine vertraglichen Pflichten verletzt (vgl. BAG vom 17.01.2008 – a.a.O.; LAG Köln vom 07.08.2009 – 4 Sa 1394/08 – juris). In diesem Zusammenhang muss der Arbeitgeber die Vergleichsgruppe transparent, d.h. nachvollziehbar darlegen. Die dabei einbezogenen Mitarbeiter müssen hinsichtlich ihrer Qualifikation, Berufserfahrung und hinsichtlich der Bedingungen, unter denen sie ihre Arbeit erbringen, vergleichbar sein. Schließlich kann ein längerfristiges Überschreiten der durchschnittlichen Fehlerquote nur dann angenommen werden, wenn der Arbeitgeber seinen Angaben einen längeren Referenzzeitraum nachvollziehbar zu Grunde legt.

    37

    b.

    38

    Die Beklagte ist nach diesen Maßstäben ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Es kann dahinstehen, ob der Kläger tatsächlich im November 2016 den Fahrzeugcheck nicht durchgeführt bzw. die Arbeiten des Auszubildenden nicht kontrolliert hat sowie auch, ob die Beklagte den Kläger mit Abmahnungen vom 06.02.2015 sowie vom 26.01.2016 zu Recht abgemahnt hat.

    39

    Die Beklagte hat zwar konkret vorgetragen, welche Leistungsmängel sie dem Kläger vorwirft, nämlich zwei noch nicht abgemahnte Fehlleistungen im November 2016. Sie hat jedoch weder die Leistungen des Klägers über einen längeren Zeitraum dargelegt, noch etwas zur Fehlerquote vergleichbarer Arbeitnehmer vorgetragen. Auf Nachfrage teilte sie lediglich pauschal mit, dass auch andere Arbeitnehmer vergleichbare Fehler machen und dafür ermahnt oder abgemahnt würden.

    40

    Es hätte aber an der Beklagten gelegen, zunächst konkret hinsichtlich durchschnittlicher Fehlerquoten mit dem Kläger vergleichbarer Arbeitnehmer darzulegen. Ebenso hätte es an der Beklagten gelegen, darzulegen, dass der Kläger diese durchschnittlichen Fehlerquoten längerfristig deutlich überschreitet sowie aufgrund welcher weiteren Umstände dies darauf hinweist, dass er vorwerfbar seine vertraglichen Pflichten verletzt.

    41

    B.

    42

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

    43

    Die Streitwertfestsetzung hat ihre gesetzliche Grundlage in den §§ 61 Abs. 1, 46 Abs. 2 ArbGG in Verbindung mit § 42 Abs. 2 Satz 1 GKG.

    44

    RECHTSMITTELBELEHRUNG
    45
    Gegen dieses Urteil kann von der beklagten Partei Berufung eingelegt werden. Für die klagende Partei ist gegen dieses Urteil kein Rechtsmittel gegeben.
    46
    Die Berufung muss innerhalb einer Notfrist* von einem Monat schriftlich oder in elektronischer Form beim
    47
    Landesarbeitsgericht Köln
    48
    Blumenthalstraße 33
    49
    50670 Köln
    50
    Fax: 0221-7740 356
    51
    eingegangen sein.
    52
    Die elektronische Form wird durch ein qualifiziert signiertes elektronisches Dokument gewahrt, das nach Maßgabe der Verordnung des Justizministeriums über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Arbeitsgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO ArbG) vom 2. Mai 2013 in der jeweils geltenden Fassung in die elektronische Poststelle zu übermitteln ist. Nähere Hinweise zum elektronischen Rechtsverkehr finden Sie auf der Internetseite www.egvp.de.
    53
    Die Notfrist beginnt mit der Zustellung des in vollständiger Form abgefassten Urteils, spätestens mit Ablauf von fünf Monaten nach dessen Verkündung.
    54
    Die Berufungsschrift muss von einem Bevollmächtigten unterzeichnet sein. Als Bevollmächtigte sind nur zugelassen:
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    1. Rechtsanwälte,
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    2. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,
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    3. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in Nummer 2 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.
    59
    Eine Partei, die als Bevollmächtigte zugelassen ist, kann sich selbst vertreten.
    60
    * Eine Notfrist ist unabänderlich und kann nicht verlängert werden.