20.01.2022 · IWW-Abrufnummer 227030
Landesarbeitsgericht Köln: Urteil vom 02.11.2021 – 4 Sa 290/21
Das Lesen einer offensichtlich an einen anderen Adressaten gerichtete Email sowie das Kopieren und die Weitergabe des Emailanhangs (privater Chatverlauf) an Dritte kann im Einzelfall eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigen, auch wenn eine Zugriffsberechtigung auf das Emailkonto für dienstliche Tätigkeiten vorliegt.
Tenor:
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 22.04.2021, Az. 8 Ca 3432/20 abgeändert und die Klage abgewiesen.
2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
T a t b e s t a n d
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Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer außerordentlichen fristlosen Kündigung.
3
Die Beklagte ist Teil des Kirchenkreises J . Der Kirchenkreis J wird durch seinen Superintendenten, Herrn S , vertreten. Herr S war Vorgesetzter des Pfarrers der Beklagten, Herrn C . Der Kirchenkreis J ist Teil der Evangelischen Kirche im R .
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Die Klägerin, geboren am 1966, verheiratet, war bei der Beklagten seit November 1997, zuletzt als Küsterin und in der Verwaltung unter anderem mit der Buchhaltung zu einem Bruttomonatsverdienst in Höhe von 2.350,00 EUR beschäftigt. Auf das Arbeitsverhältnis findet der BAT-KT Anwendung. Gemäß § 33 Abs. 3 BAT-KT in Verbindung mit § 55 Abs. 1, § 53 Abs. 4 BAT-KF in der bis zum 30.06.2007 geltenden Fassung ist das Arbeitsverhältnis seitens der Beklagten nur noch aus einem in der Person oder in dem Verhalten der Klägerin liegenden wichtigen Grund kündbar. Für die Tätigkeit in der Verwaltung war die Klägerin berechtigt, auf das Emailkonto der Kirchengemeinde zuzugreifen.
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Im Jahr 2019 gewährte die Beklagte Frau A Kirchenasyl. Nach Behauptung der Beklagten reiste Frau A mit einem Studentenvisum über F nach Deutschland ein und stammt aus dem I . Herr C und Frau A hatten im Jahr 2019 eine Beziehung, deren Art zwischen den Parteien im Streit steht.
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Anfang Oktober 2019 unternahm Frau A , die an psychischen Problemen litt, einen Suizidversuch.
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Anfang November 2019 übersandte Herr S an Herrn C eine Email an Emailadresse der Kirchengemeinde. In dieser Email erklärte Herr S , dass sich Frau A im Kirchenasyl in Wu befinde. Zudem soll nach Behauptung der Klägerin in der Email Herr C auf das gegen ihn laufende Ermittlungsverfahren wegen eines möglicherweise strafrechtlich relevanten Fehlverhaltens in Umgang mit Frau A hingewiesen worden sein.
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Mitte November 2019 griff die Klägerin auf das Emailkonto der Beklagten zu, las diese Email und druckte sie aus.
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Des Weiteren öffnete die Klägerin im Emailkonto der Beklagten eine Email mit der Bezeichnung „Chatverlauf Ca “ (Name für Frau A ), kopierte die Datei mit dem angehängten Chatverlauf auf einem USB-Stick. Nach circa einer Woche ließ die Klägerin Frau W den USB-Stick mit dem Chatverlauf zukommen. Frau W war zu diesem Zeitpunkt Gemeindemitglied und gestaltete Gottesdienste mit. Später übergab die Klägerin den Chatverlauf an die Staatsanwaltschaft.
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Am 19.11.2019 fand eine Sitzung des Presbyteriums der Beklagten statt, an dem die Klägerin teilnahm. Herr S und Herr C , der beurlaubt war, nahmen nicht an der Sitzung teil. Wegen der Einzelheiten der Sitzung wird auf die Abschrift des Protokolls (Bl.122 der Akte) Bezug genommen.
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Am 02.12.2019 fand eine weitere Sitzung des Presbyteriums der Beklagten statt, an dem die Klägerin teilnahm. Herr S und Herr C , der beurlaubt war, nahmen wiederum nicht an der Sitzung teil. In dieser Sitzung wurde das Thema „Probleme mit der Sicherheit unseres Email Verkehrs“ thematisiert. Das Protokoll hierzu lautet auszugsweise: „Es hat illegale Zugriffe auf das Email-Account der Kirchengemeinde gegeben. Das Presbyterium beschließt einstimmig, bei Rechtsanwalt K eine Rechtsberatung in Anspruch zu nehmen, um so schnell wie möglich eine Anzeige zu erstatten.“ Wegen der weiteren Einzelheiten der Sitzung wird auf die Abschrift des Protokolls (Bl.130 der Akte) Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 19.08.2020 erklärte die Staatsanwaltschaft Aachen, dass das seit November 2019 laufende strafrechtliche Ermittlungsverfahren gegen Herrn C gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden sei.
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Die Beurlaubung von Herrn C wurde im September 2020 aufgehoben.
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Mit Schreiben vom 15.09.2020 wandte sich Herr C an das Presbyterium der Beklagten und wies darauf hin, dass die Klägerin eine „Whatsapp-Chatkommunikation“ auf einen USB-Stick kopiert und der Polizei übergeben hätte. Auch ein weiterer „Datenklau“ könne in diesem Zusammenhang stehen. Wegen der Einzelheiten wird auf die Abschrift des Schreibens (Bl.21 der Akte) Bezug genommen.
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Mit Schreiben vom 23.09.2020 hörte die Beklagte die bei ihr bestehende Mitarbeitervertretung zu der beabsichtigten fristlosen Kündigung der Klägerin an. Wegen der Einzelheiten der Anhörung wird auf deren Abschrift (Bl.22 der Akte) Bezug genommen. Am selben Tag erklärte die Mitarbeitervertretung, dass sie der beabsichtigten Kündigung zustimme.
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Mit Schreiben vom 24.09.2020 kündigte die Beklagte, vertreten durch den stellvertretenden Vorsitzenden des Presbyteriums und den Finanzkirchmeister, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund fristlos.
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Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, dass die außerordentliche fristlose Kündigung unwirksam sei. Die Klägerin hat behauptet, dass ihr Ehemann in zeitlicher Nähe zum Suizidversuch mehrere Gespräche mit Frau A geführt habe. Wegen der schlechten Deutschkenntnisse von Frau A habe Frau W aus dem Französischen übersetzt. Während der Gespräche mit Frau W habe Frau A davon berichtet, dass Herr C sie bedrängt habe. Frau A habe von einem Kinobesuch berichtet, während dessen Herr C ihr mehrfach an den Innenschenkel gegriffen habe, obwohl sie ihm deutlich gemacht habe, dass sie das nicht wolle. Sie sei letztlich auf die Toilette geflüchtet. An diesem Abend sei man gemeinsam im Auto gefahren. Frau A sei gar nicht berechtigt gewesen, ins Kino zu gehen. Herr C habe dies gewusst und ausgenutzt. Frau A habe Frau W zwei Liebesbriefe vorgelegt, die die amourösen Absichten von Herrn C bestätigten. Zudem soll Frau A berichtet haben, dass Herr C Schreiben des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge zurückgehalten hätte und diese nur als Gegenleistung für ihre Einwilligung in sexuelle Handlungen herausgeben wollte. Frau W habe sich nicht an die Beklagten wenden wollen, weil es um Herrn C ging. Sie habe sich an eine andere Kirchengemeinde gewendet, deren Mitglieder aber auch nicht gewusst hätten, wie Frau A in der Situation zu helfen sei. Sodann habe sich Frau W anonym an die Landeskirche gewendet. Hierüber sei die Klägerin informiert gewesen. Seitens der Landeskirche sei Strafanzeige gegen Herrn C gestellt worden. Für ihre Tätigkeit habe die Klägerin auf das Emailkonto der Kirchengemeinde zugreifen dürfen. Bei der Suche nach einer Rechnung habe sie zufällig die Email von Herrn S an Herrn C gesehen. Im Hinblick auf die Vorgeschichte habe sie die Email sowie den Chatverlauf zwischen Herrn C und Frau A als Beweismittel für das Ermittlungsverfahren sichern wollen. Frau A habe nicht mehr über die Chatverlauf verfügt. Die Klägerin habe befürchtet, dass Herr C Beweismittel verschwinden lassen würde. Nach einer Woche habe sie sich entschlossen, den gesicherten Chatverlauf Frau W zukommen zu lassen. Ausschlaggebend hierfür sei die Sitzung des Presbyteriums gewesen, in der eine Strafanzeige gegen Unbekannt ins Auge gefasst worden sei, um Herrn C zu entlasten. Später habe sie den Chatverlauf der Staatsanwaltschaft übergeben. Die Klägerin hat die Meinung vertreten, mit der Weitergabe der Dateien ihrer staatsbürgerlichen Pflicht und der Verpflichtung als Gemeindemitglied nachgekommen zu sein. Aufgrund der besonderen Umstände seien „formalistische Dienstwege“ nicht einzuhalten gewesen. Das Motiv der Handlungen sei gewesen, Frau A zu schützen und ihr eine andere Unterbringung zu ermöglichen.
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Die Klägerin hat beantragt,
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festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis durch die Kündigung der Beklagten vom 24.09.2020 nicht aufgelöst worden ist.
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Die Beklagte hat beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass die außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt sei. Die Beklagte hat behauptet, dass die Klägerin in offensichtlicher Schädigungsabsicht private Chatverläufe an Dritte weitergegeben habe. Die Klägerin sei nicht zufällig auf die Emails gestoßen, sondern habe danach gesucht. Dies gelte insbesondere bezüglich der Chatverläufe. Die Klägerin habe sich als Anwältin von Frau A aufgespielt. Zu dem Zeitpunkt, als die Klägerin die Daten kopiert habe, sei Herr C wegen anderer Umstände beurlaubt gewesen. Deswegen habe sich die Klägerin an das Presbyterium, dessen stellvertretenden Vorsitzenden oder an das Landeskirchenamt in D wenden können. Stattdessen habe sich die Klägerin an eine Dritte, Frau W , gewendet. Durch dieses Verhalten sei jegliches Vertrauen zerstört. Im Gemeindebüro arbeiteten nur zwei weitere Personen und eine Tätigkeit der Klägerin sei dort ohne Vertrauensverhältnis nicht möglich. Keinesfalls könne die Klägerin sich auf die Wahrnehmung staatsbürgerlicher Pflichten oder auf berechtigte Interessen berufen. Sie habe schwerwiegend gegen ihre Verschwiegenheitspflicht bezüglich dienstlicher Vorgänge verstoßen.
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Mit Urteil vom 22.04.2021 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben. Ein „an sich“ geeigneter Grund, der den Ausspruch einer außerordentlichen fristlosen Kündigung rechtfertige, sei gegeben. Die rechtswidrige Datenverarbeitung der Klägerin im Arbeitsverhältnis, die mit Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts von Arbeitskollegen einhergeht, begründe dies. Die Klägerin habe ihre arbeitsvertraglichen Kompetenzen sowie die Schutz- und Rücksichtnahmepflichten bei der ihr anvertrauten Nutzung des Dienstcomputers überschritten, als sie erkennbar private Daten von Herrn C öffnete, die umfangreichen privaten Chatverläufe zwischen ihm und Frau A zur Kenntnis nahm und sodann kopierte. Den Dienstcomputer habe die Klägerin nur insoweit nutzen dürfen, als dies im Rahmen ihrer arbeitsvertraglichen Erfüllung erforderlich gewesen sei. Die Klägerin habe gegen die Verpflichtungen aus § 26 BDSG verstoßen und das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Herrn C verletzt. Durch die Weitergabe der rechtswidrig erlangten Daten sowohl an Frau W als auch an die Staatsanwaltschaft Aachen habe die Klägerin den vorherigen Verstoß gegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Herrn C vertieft. Selbst bei angemessener Berücksichtigung der der Klägerin damals bekannten Informationen und bei der aus ihrer Sicht sehr schwierigen Lage von Frau A habe die Klägerin im Ergebnis nicht den rechtlich richtigen Weg gewählt, um Frau A zu unterstützen. Dies habe die Klägerin auch erkennen können. Trotzdem wäre bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes und in Abwägung des Bestandsinteresses der Klägerin mit dem Beendigungsinteresse der Beklagten eine Abmahnung eine angemessene Reaktion auf das Fehlverhalten der Klägerin gewesen. Die außerordentliche fristlose Kündigung sei nicht verhältnismäßig. Es dürfe nicht außer Acht gelassen werden, wie sich der Sachverhalt aus der damaligen, subjektiven Sicht der Klägerin darstellt habe. Die Klägerin sei davon überzeugt gewesen, dass Herr C Frau A in einer ohnehin verzweifelten Situation massiv bedrängt und sich strafbar gemacht habe. Frau A habe einen zweiten Suizidversuch angedeutet und die Klägerin sei davon ausgegangen, dass Herr C Frau A durch das Zurückhalten von Korrespondenz mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zu sexuellen Handlungen nötigen wollte. Es hätten keine Anhaltspunkte dafür bestanden, dass die Klägerin Herrn C schädigen wollte. Vielmehr habe die Klägerin Frau A helfen wollen. Die Schwere des Verstoßes der Klägerin werde dadurch relativiert, dass sie mit ihren Handlungen grundsätzlich zu billigenden Ziele - nämlich die Unterstützung bei der Aufklärung einer angenommenen Straftat und den Schutz vor Frau A vor weiteren Übergriffen - verfolgte und lediglich den rechtlich falschen Weg wählte. Aufgrund der Email von Herrn S an Herrn C habe die Klägerin aus ihrer subjektiven Sicht kein Vertrauen in Abhilfemaßnahmen durch Herrn S oder des Presbyteriums gehabt. Zudem sei nicht ersichtlich, dass der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Herrn C besonders gravierend gewesen sei. Der Inhalt des Chatverlaufs sei nicht vorgetragen worden. Insofern könne nicht unterstellt werden, dass es dabei um intime Vorgänge ging und nicht um gegebenenfalls eher belanglose private Kommunikation. Weiterhin habe die Klägerin die Daten an eine Vertraute von Frau A weitergeben und nicht willkürlich an Dritte. Ferner sei der vorherige rund 23-jährige störungsfreie Bestand des Arbeitsverhältnisses zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen. Schließlich sei zu berücksichtigen, dass die außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung des Arbeitgebers keine Sanktion für Fehlverhalten der Arbeitnehmerin in der Vergangenheit, sondern stets zukunftsgerichtet sei. Objektive Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin eine Abmahnung missachtet hätte, dass sie generelle Schwierigkeiten damit hätte, sorgsam mit personenbezogenen Daten umzugehen und dass es sich nicht um ein einmaliges Fehlverhalten handelte, bestünden nicht.
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Gegen das ihr am 29.04.2021 zugestellte Urteil hat die Beklagte am 12.05.2021 Berufung eingelegt und diese am 15.06.2021 begründet.
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Die Beklagte verfolgt den ursprünglichen Antrag weiter. Sie wiederholt ihren erstinstanzlichen Vortrag im Wesentlichen. Die Klägerin habe massiv gegen ihre arbeitsvertraglichen Schutz- und Rücksichtnahmepflichten verstoßen und insbesondere die Persönlichkeitsrechte von Herrn C verletzt. Sie behauptet, dass die Klägerin in keiner Weise berechtigt gewesen sei, den Dienstcomputer der Gemeinde zu durchsuchen. Insoweit sei der Klägerin kein Glauben zu schenken, dass sie zufällig auf den Chatverlauf gestoßen sei. Das Kopieren und die Weitergabe an Frau W hätten den Verstoß erheblich intensiviert. Es sei nicht klar gewesen, ob Frau W den Chatverlauf an die Staatsanwaltschaft oder das Landeskirchenamt weitergebe. Der Inhalt des Chatverlauf, entstanden während der Liaison zwischen Herrn C und Frau A , sei nicht, wie im arbeitsgerichtlichen Urteil festgestellt, „belanglose private Kommunikation“. Es sei eine persönliche und emotionale Kommunikation, die Außenstehende absolut nichts angehe. Die Beklagte behauptet, dass dieser Chatverlauf der Staatsanwaltschaft Aachen seitens Herrn C zur Verfügung gestellt worden sei. Die Klägerin hätte nach Sichtung des Chatverlaufs weder objektiv noch subjektiv irgendeine Veranlassung gehabt, Beweise zu sichern. Das Ermittlungsverfahren gegen Herrn C sei schon anhängig gewesen. Nach der Anzeige von Frau W bei dem Landeskirchenamt D habe dies - entsprechend der kirchenrechtlichen Vorschriften - die Staatsanwaltschaft informiert. Es sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin während ihres Urlaubs auf das Emailkonto zugegriffen, eine Email ausgedruckt und eine Kopie des Chatverlaufs erstellt habe. Auch wenn es das Arbeitsgericht nicht benannt habe, ginge es nach Meinung der Beklagten um den Problemkreis des sog. „Whistle-Blowing“. Die Voraussetzungen nach der EU-Richtlinie lägen nicht vor. Ferner sei zu berücksichtigen, dass Frau A eine erwachsene Frau sei, die über einen höheren Bildungsstatus verfüge. Es sei ihre freie Entscheidung gewesen, sich auf eine Beziehung mit Herrn C einzulassen. Niemand könne ernsthaft annehmen, dass Herr C sie „bedrängt“ habe, über Monate hinweg intensiven Schriftwechsel zu führen und privaten Kontakt zu pflegen. Die Beklagte behauptet, dass Frau A im Rahmen der Zeugenvernehmung im Strafverfahren ausdrücklich erklärt habe, nicht von Herrn C sexuell belästigt worden zu sein. Sie habe auch keinen Strafantrag gestellt. Im Asylverfahren sei Frau A anwaltlich vertreten worden. Die Problematik im Asylverfahren habe sich daraus ergeben, dass Frau A mit einem Studentenvisum über F in die Bundesrepublik Deutschland eingereist sei. Aufgrund des Dublin-Abkommens habe die Abschiebung nach F gedroht. Frau A habe versucht auf Herrn C einzuwirken, um das Kirchenasylverfahren zu verkürzen. Frau A habe im Gemeindebüro gegenüber Frau Cl - einer Mitarbeiterin - ihr Leid geklagt, da sich das Prozedere im Rahmen des Kirchenasylverfahrens nicht wie gewünscht dargestellt habe. Zudem habe es auch innerhalb der Familie der Schwester, die in Al wohnt, Meinungsverschiedenheiten über das Asylverfahren gegeben. Die Beklagte ist der Meinung, dass es auch aus der subjektiven Sicht der Klägerin keinen Anlass gegeben habe, Frau A vor etwas zu beschützen. Aus der Email von Herrn S habe die Klägerin entnommen, dass Frau A bereits im Kirchenasyl in Wu gewesen sei und sich nicht mehr in Al aufgehalten habe. „Übergriffe“ von Herrn C seien nicht möglich gewesen. Im Stadtgebiet Wu gebe es einen Kirchenkreis mit 18 Ortsgemeinden. Herr C habe nicht gewusst, in welcher Ortsgemeinde sich Frau A aufhalte. Außerdem behauptet die Beklagte, dass der Klägerin bekannt gewesen sei, dass die Beziehung zwischen Herrn C und Frau A im Juli 2019 beendet worden sei. Es habe nur noch im Oktober 2019 eine persönliche Begegnung nach dem Suizidversuch gegeben. Auf Bitten der Schwester habe Herr C einen Rettungswagen gerufen. Die Beklagte behauptet, dass die Klägerin mehrere Möglichkeiten gehabt hätte, den „offiziellen Dienstweg“ zu beschreiten. Herr S sei Superintendent des Kirchenkreises J und im November 2019 kommissarischer Vorsitzender des Presbyteriums der Beklagten gewesen. Dieser habe allerdings nicht an allen Sitzungen des Presbyteriums teilgenommen, weshalb in Abwesenheit von Herrn S über den Chatverlauf hätte informiert werden können. Die Klägerin habe von den laufenden Ermittlungsverfahren Kenntnis gehabt. Daher sei nicht erklärbar, was sie mit der Weitergabe des Chatverlaufs habe erreichen wollen. Sie habe die Kopie des Chatverlaufs an die Staatsanwaltschaft oder das Landeskirchenamt weitergeben können. Weiter behauptet die Beklagte, dass Herr C keine Post des Bundesamts für Migration zurückgehalten habe. Die Schriftwechsel würden fast ausschließlich per Email erfolgen. Für die Schriftwechsel sei Frau Cl und nicht Herr C zuständig gewesen. Eingehende Emails seien auf Wunsch ausgedruckt worden. Frau Cl habe Frau A über eine Email informiert. Als Frau A ein bis zwei Wochen später einen Emailausdruck wünschte, habe Frau Cl die Email nicht sofort gefunden und erst nach einer Weile die Email ausgedruckt. Nach Auffassung der Beklagten, hat das Arbeitsgericht nicht ausreichend gewürdigt, dass die Klägerin wegen ihrer Tätigkeit als Küsterin und Buchhalterin in den Organisationsablauf der Kirchengemeinde eng eingebunden ist. Eine enge und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der Klägerin sei nicht mehr möglich.
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Die Beklagte beantragt,
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das Urteil des Arbeitsgerichts Aachen vom 22.04.2021, Az. 8 Ca 3432/20, abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin beantragt,
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die Berufung zurückzuweisen.
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Sie ist der Auffassung, dass eine außerordentliche fristlose Kündigung insbesondere gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen würde. Durch ihr Handeln habe die Klägerin die Situation von Frau A stärken und sie schützen wollen. Die Klägerin behauptet, dass zwischen Herrn C und Frau A nie ein Liebesverhältnis bestanden habe. Frau A habe in Gesprächen behauptet, dass sie sexuelle Avancen von Herrn C abwehren konnte. Am 30.10.2019 habe Frau A gegenüber Frau W erklärt, dass Herr C ihr gegenüber sexuell übergriffig geworden wäre. Am 04.11.2019 habe Frau A die Vorwürfe gegenüber Frau D vom Landeskirchenamt im Beisein von Pfarrer G und am Abend gegenüber der Klägerin und ihrem Ehemann wiederholt. Nachdem die Klägerin durch Zufall den Chatverlauf zwischen Herrn C und Frau A gesehen habe, hätte sie Beweise sichern wollen. Frau A habe wegen eines Handywechsels keinen Zugriff mehr auf den Chatverlauf mit Herrn C gehabt. Die Zwangssituation der Klägerin sei dadurch verschärft worden, dass Herr C über den Aufenthalt im Kirchenasyl in Wu informiert worden ist. Es sei nicht ansatzweise angemessen berücksichtigt worden, dass Herr C den ersten Zugriff auf die Post von Frau A hatte und Post als Druckmittel zurückgehalten habe. Als Kirchenasylantin habe Frau A die Meldeanschrift M str. - die Anschrift der Beklagten - angegeben. Zu überdenken sei das Urteil des Arbeitsgerichts bezüglich eines „an sich“ geeigneten Kündigungsgrundes. Die Kammer gehe davon aus, dass die Klägerin das Emailkonto durchforstet habe. Im Rahmen ihrer Tätigkeit habe die Klägerin auf das Emailkonto zugreifen dürfen. Bei der Suche nach einer Rechnung sei sie auf die Email mit dem Betreff „Al Pfarrer bedrängt im Kirchenasyl befindliche Frau sexuell“ gestoßen und habe diese dann geöffnet. Des Weiteren habe sie zwei Emails von Herrn Sch gesehen, in welchen die Klägerin erwähnt worden sei. In einer Email sei vorgeschlagen worden, die Suspendierung von Herrn C wegen Kindesmissbrauchs herunter zu spielen und von Frau We (der Klägerin) auf Weisung unrechtmäßig durchgeführte Taufen als Falschaussage darzustellen. Es habe eine weitere Email mit dem Betreff „Chatverlauf Ca “ (Frau A ) gegeben. Dieser Email sei eine Datei mit dem Chatverlauf angehängt gewesen. Das Emailkonto der Kirchengemeinde sei der Klägerin zugänglich gewesen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
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I. Die Berufung der Beklagten ist zulässig, weil sie statthaft (§ 64 Abs. 1 und 2 ArbGG) und frist- sowie formgerecht eingelegt und begründet worden ist (§§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).
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II. Die Berufung ist begründet. Das Arbeitsverhältnis der Parteien ist durch die außerordentliche fristlose Kündigung vom 24.09.2020 aufgelöst worden. Die Kündigung ist wirksam.
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1. Die Kündigung der Beklagten vom 24.09.2020 hat das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis aufgelöst, ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB für den Ausspruch der außerordentlichen Kündigung liegt vor, die Frist gemäß § 626 Abs. 2 BGB wurde gewahrt und die Mitarbeitervertretung vor Ausspruch der Kündigung ordnungsgemäß beteiligt.
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a. Ein wichtiger Grund im Sinne von § 626 Abs. 1 BGB liegt vor. Die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses ist der Beklagten unzumutbar.
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Nach § 626 Abs. 1 BGB kann das Arbeitsverhältnis von jedem Vertragsteil aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen vorliegen, auf Grund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann.
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Die erforderliche Überprüfung, ob ein gegebener Lebenssachverhalt einen wichtigen Grund in diesem Sinne darstellt, hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts in zwei Stufen zu erfolgen: Im Rahmen von § 626 Abs. 1 BGB ist zunächst zu prüfen, ob ein bestimmter Sachverhalt „an sich“, d.h. generell ohne Berücksichtigung der besonderen Einzelfallumstände geeignet ist, einen Kündigungsgrund zu bilden. Liegt ein solcher Sachverhalt vor, bedarf es der weiteren Prüfung, ob die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter Berücksichtigung der konkreten Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile zumutbar ist oder nicht (LAG Köln, Urteil vom 01. April 2021 - 8 Sa 798/20 - Rn. 42, juris).
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Dabei hat eine Bewertung des Einzelfalls unter Beachtung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes zu erfolgen. Die Umstände, anhand derer zu beurteilen ist, ob dem Arbeitgeber die Weiterbeschäftigung zumindest bis zum Ende der Frist für eine ordentliche Kündigung zumutbar war oder nicht, lassen sich dabei nicht abschließend festlegen. Zu berücksichtigen sind regelmäßig das Gewicht und die Auswirkungen einer Vertragspflichtverletzung, der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers, eine mögliche Wiederholungsgefahr sowie die Dauer des Arbeitsverhältnisses und dessen störungsfreier Verlauf. Eine außerordentliche Kündigung kommt nur in Betracht, wenn es keinen angemessenen Weg gibt, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen, weil dem Arbeitgeber sämtliche milderen Reaktionsmöglichkeiten unzumutbar sind. Sie scheidet aus, wenn es ein „schonenderes" Gestaltungsmittel - etwa Abmahnung, Versetzung, ordentliche Kündigung - gibt, das ebenfalls geeignet ist, den mit einer außerordentlichen Kündigung verfolgten Zweck - nicht die Sanktion des pflichtwidrigen Verhaltens, sondern die Vermeidung des Risikos künftiger Störungen des Arbeitsverhältnisses - zu erreichen. Der Grad des Verschuldens des Arbeitnehmers ist im Rahmen der Interessenabwägung insbesondere hinsichtlich einer möglichen Wiederholungsgefahr von Bedeutung. Je höher er ist, desto größer ist diese (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13.12.2018 - 2 AZR 370/18 - Rn. 29, juris).
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Beruht die Vertragspflichtverletzung auf einem steuerbaren Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann. Ordentliche und außerordentliche Kündigungen wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits ex ante erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach einer Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (st. Rspr., vgl. etwa BAG 13.12.2018 - 2 AZR 370/18 - Rn. 30, juris).
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Darlegungs- und beweispflichtig für alle Umstände, die einen wichtigen Grund ausmachen, ist derjenige, der die fristlose Kündigung ausgesprochen hat (LAG Köln, Urteil vom 01. April 2021 - 8 Sa 798/20 - Rn. 45, juris).
42
b. Nach diesen Grundsätzen liegt ein wichtiger Grund für die ausgesprochene außerordentliche fristlose Kündigung vor.
43
aa. Wie das Arbeitsgericht im Ergebnis zutreffend festgestellt hat, liegt ein „an sich“ geeigneter Grund vor, der eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt. Die Klägerin hat rechtswidrig Emails geöffnet, die offensichtlich nicht für sie bestimmt gewesen sind, hat diese gelesen, eine Email ausgedruckt und den Anhang einer Email, der offensichtlich nicht für sie bestimmt, sondern eine private Datei gewesen ist, kopiert und die Kopie an Dritte auf einem USB-Stick weitergegeben.
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(1). Wie das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt hat, kann die rechtswidrige Datenverarbeitung des Arbeitnehmers im Arbeitsverhältnis, die mit Verletzungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts etwa von Arbeitskollegen einhergeht, dazu geeignet sein, bei entsprechender Schwere des Verstoßes „an sich“ einen wichtigen Grund für den Ausspruch einer Kündigung auszumachen, auch wenn die in Rede stehenden Daten nicht dem Schutzbereich des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen unterliegen. Es wird insoweit auf die in den Entscheidungsgründen des arbeitsgerichtlichen Urteils zitierte Rechtsprechung und die geltenden Grundsätze Bezug genommen.
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Die Klägerin ist im Rahmen ihrer Tätigkeit berechtigt gewesen, auf das Emailkonto der Beklagten zuzugreifen und Emails mit dem Bezug zu ihren buchhalterischen Aufgaben zu öffnen, zu lesen und weiter zu bearbeiten. Den nachvollziehbaren Vortrag der Klägerin als wahr unterstellt, hat sie diese Aufgaben auch während ihres Urlaubs ausgeübt. Daher kann es dahinstehen, ob die Klägerin während ihres Urlaubs auf das Emailkonto zugegriffen hat. Hierzu wäre sie - entsprechend ihres Vortrags - berechtigt gewesen. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, war die Berechtigung auf den zur Erfüllung der arbeitsvertraglichen Aufgaben notwendigen Umfang beschränkt. Dies ergibt sich aus den arbeitsvertraglichen Nebenpflichten gemäß § 241 BGB und aus § 26 Abs. 1 BDSG. Soweit die Klägerin an Herrn C adressierte Emails und seine privaten Emailanhänge geöffnet hat, hat sie das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Herrn C , hier in Form des Rechts auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme (BVerfG 27.02.2008 - 1 BvR 370/07, Rn. 167 ff.), verletzt. Die Klägerin hat im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärt, dass sie aufgrund des ersten Satzes der von Herrn S an Herrn C adressierten Email neugierig geworden sei und bei weiterem Lesen gedacht habe, „ach du meine Güte, was ist da schon wieder los, was hat Herr S geschrieben.“ Der Klägerin ist bewusst gewesen, dass die Email weder für sie bestimmt gewesen ist noch diese von ihr für den Kassenschluss gelesen werden musste. Auch beim Lesen der Email mit der Bezeichnung „Chatverlauf Ca “ ist für sie und jeden offensichtlich gewesen, dass diese nicht an die Klägerin adressiert worden ist und diese weder für die Buchhaltung noch eine andere arbeitsvertraglich geschuldete Leistung der Klägerin relevant gewesen ist.
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Es kann für die rechtliche Bewertung dahinstehen, ob die Klägerin das Emailkonto der Beklagten oder den Dienstcomputer - wie das Arbeitsgericht festgestellt hat - durchsucht hat oder zufällig auf die Emails im Postfach gestoßen ist. Der Klägerin ist zuzustimmen, dass sie in ihrem erstinstanzlichen und zweitinstanzlichen Vortrag stets darauf hingewiesen hat, zufällig auf die Emails während der Erfüllung ihrer arbeitsvertraglichen Verpflichtung gestoßen zu sein. Allerdings begründen bereits das Öffnen und Lesen der Emails den Pflichtenverstoß, völlig unabhängig davon, ob diese gezielt gesucht oder zufällig entdeckt wurden. Selbst wenn das Arbeitsgericht den Vortrag der Parteien fehlerhaft festgestellt haben sollte, ändert sich die Bewertung nicht. Die Klägerin hat Emails geöffnet und gelesen, wozu sie nicht berechtigt gewesen ist.
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Zudem hat die Klägerin nach eigenem Vortrag die Email von Herrn S an Herrn C ausgedruckt und den Anhang der Email „Chatverlauf Ca “ kopiert. Hierdurch hat sie weitere Pflichtenverstöße begangen.
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Allein das Lesen der Emails, die offensichtlich an einen anderen Empfänger adressiert sind und eindeutig privaten Inhalt haben, mag möglicherweise als solches nicht „an sich“ geeignet sein, einen wichtigen Grund darzustellen. Dies mag insbesondere vor dem Hintergrund des eingeräumten Zugriffsrechts gelten. Allerdings hat die Klägerin durch das Ausdrucken und das Kopierern ihre Berechtigung erheblich überschritten. Aus Versehen mag sie den ersten Satz der Email von Herrn S an Herr C gelesen haben, das Öffnen, den Druckbefehl und das Kopieren zu veranlassen, ist bewusst erfolgt. Für den Pflichtverstoß ist es unerheblich, ob die Kopie aus dem Emailkonto oder aus einem Ordner des Dienstcomputers erfolgt ist. Der Vortrag der Parteien spricht dafür, dass die Kopie des Emailanhangs aus dem Emailprogramm erstellt worden ist. Die Pflichtverstöße der Klägerin liegen in dem Ausdruck der Email und der Erstellung der Kopie des Anhangs „Chatverlauf Ca “.
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Ein Umstand, der „an sich“ die Pflichtverstöße rechtfertigen und so den wichtigen Grund ausschließen würde, liegt nicht vor. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt. Einen solchen Grund hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Soweit die Klägerin im erstinstanzlichen Vortrag ihre staatsbürgerliche Pflicht und ihre Verpflichtung als Mitglied der Kirchengemeinde anführt, hat sie offengelassen, welche gesetzliche Rechtfertigung nach ihrer Auffassung in Betracht gekommen sein soll. Soweit ein rechtfertigender Notstand gemäß § 34 StGB angedeutet werden sollte, ist zu berücksichtigen, dass durch das Lesen, das Ausdrucken und das Kopieren keine gegenwärtige Gefahr für ein Rechtsgut abgewendet worden ist. Soweit die Klägerin befürchtet hatte, dass Herr C den Chatverlauf löschen könnte, ist offen, was diese Annahme und eine mögliche gegenwärtige Gefahr begründet hat. Zudem ist offen, welches Rechtsgut betroffen sein sollte. Nach ihrem Vortrag hatte Frau A wegen eines Handywechsels keinen Zugriff mehr auf den Chatverlauf. Allein der Wechsel eines Handys löscht allerdings die Chatnachrichten nicht. Eine andere Möglichkeit, die vermeintliche Gefahr - Löschen des Chatverlaufs - durch Herrn C abzuwenden, wäre gewesen, mit Frau A die Wiederherstellung in ihrem Konto zu versuchen. Anhaltspunkte dafür, dass der Chatverlauf einseitig von Herrn C gelöscht werden konnte, hat die Klägerin nicht dargelegt. Nachrichten werden auf Sender und Empfängerseite vorgehalten. Welche rechtliche Verpflichtung als Mitglied der Kirchengemeinde das Lesen, das Ausdrucken und das Kopieren des Emailanhangs gerechtfertigt haben soll, ließ die Klägerin offen.
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(2). Durch die Weitergabe der rechtswidrig erlangten Daten an Frau W hat die Klägerin den vorherigen Verstoß gegen die arbeitsvertragliche Schutz- und Rücksichtnahmepflicht vertieft, das allgemeine Persönlichkeitsrecht von Herrn C und Frau A verletzt und einen weiteren Verstoß durch eine rechtswidrige Datenverarbeitung - nämlich durch das Verbreiten - begangen.
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Die Klägerin hat die Daten - den Chatverlauf - an Frau W weitergeben. Frau W ist nach Vortrag der Klägerin eine Vertraute von Frau A und Kirchengemeindemitglied gewesen. Sie hat keine verantwortliche Position in der Kirchengemeinde inne. Zum Zeitpunkt der Weitergabe ist der Klägerin nach eigenem Vortrag bekannt gewesen, dass das Landeskirchenamt bereits ermittelt. Die Klägerin hat zweitinstanzlich vorgetragen, Frau A habe am 04.11.2019 den Vorwurf der sexuellen Avancen beim Landeskirchenamt wiederholt. Es wäre naheliegend gewesen, die Ermittlungen des Landeskirchenamtes zu unterstützen. Dies gilt insbesondere für die Klägerin, die mit den Ansprechpartnern der Kirche vertraut ist. Zudem hat die Klägerin die Daten nach eigenem Vortrag erst nach einer Woche weitergegeben. Dies verdeutlicht, dass sie sich durchaus Zeit genommen hat, um den nächsten Schritt zu überdenken. Dass die Klägerin den Chatverlauf nach eigenem Vortag der Staatsanwaltschaft in der Folgezeit weitergegeben hat, ist für den von der Kammer berücksichtigten Pflichtenverstoß nicht von Bedeutung.
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Ein „an sich“ geeigneter Grund, der eine außerordentliche fristlose Kündigung rechtfertigt, liegt vor.
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bb. Die Beklagte hat in diesem Fall bei Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und nach Maßgabe des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes keine Abmahnung oder ordentliche Kündigung aussprechen müssen. Die durchzuführende Interessenabwägung geht zu Lasten der Klägerin aus.
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(1). Im Rahmen der Abwägung ist zugunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass ihr Arbeitsverhältnis mit der Beklagten 23 Jahre störungsfrei bestanden hat. Zudem verkennt die Kammer nicht, dass die Klägerin eine Zwangssituation empfunden hat. Nach ihrem Vortrag hat sich auf Grundlage der Aussage von Frau A die Situation so dargestellt, dass Herr C Frau A sexuell bedrängt und genötigt habe und sich ein weiterer Selbstmordversuch angedeutet haben könnte. Die Klägerin hat nach ihrem Vortrag durch ihr Handeln die Situation von Frau A stärken, die Gefahr eines weiteren Selbstmordversuchs abwenden und die Zeugin schützen, sowie Beweise sichern wollen. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass durch die pflichtwidrigen Handlungen der Klägerin (das Lesen der Emails, das Ausdrucken einer Email, das Kopieren des Chatverlaufs und die Weitergabe des Chatverlaufs) ein Teil der von ihr angegebenen Ziele gar nicht erreicht werden konnte.
55
Durch das Lesen der Emails hat die Klägerin keines ihrer Ziele erreicht; sie hat weder die Situation von Frau A gestärkt, noch die vermeintliche Gefahr eines weiteren Suizidversuchs gebannt. Auch eine Unterstützung von Frau A folgt daraus nicht unmittelbar. Einzig das Kopieren des Chatsverlaufs hätte, bei Mitteilung an Frau A , diese stärken und ihr die Sorge vor dem Verlust des Chatverlaufs nehmen können. Denn nach Vortrag der Klägerin hatte Frau A keinen Zugriff auf den Chatverlauf. Allerdings hat die Klägerin weder eine Information an Frau A oder eine Übergabe einer Kopie an Frau A behauptet.
56
Der Ausdruck der Email von Herrn S an Herrn C hat den Zweck der Klägerin, Frau A vor Herrn C zu schützen, nicht erfüllen können. Unterstellt, dass Herr C Frau A h nachstellen wollte und nach Wu fahren würde, um sie dort (A ) aufzusuchen, hätte die Klägerin die Kirchengemeinde in Wu oder Frau A darüber informieren müssen, dass Herr C den Aufenthaltsort von Frau A kennt. Dann hätte man dort geeignete Maßnahmen ergreifen können, um ein Zusammentreffen der beiden zu verhindern. Wofür der Ausdruck der Email unter Berücksichtigung der vorgetragenen Ziele erforderlich gewesen sein soll, erschließt sich der Kammer nicht.
57
Beim Kopieren des Chatverlaufs stellt sich in technischer Hinsicht die Frage, inwieweit es der vermeintlichen Beweissicherung des Chatverlaufs bedurfte. Ein Chatverlauf beinhaltet, dass sowohl Versender als auch Empfänger der Nachrichten beide die Nachrichten in ihrem jeweiligen Chataccount verwalten können. Allein der Wechsel eines Handys führt nicht zum Verlust des Chatverlaufs.
58
Unabhängig von der Frage, ob eine Sicherung im technischen Sinne überhaupt erforderlich gewesen ist, ist der Klägerin zum Zeitpunkt des Kopierens bewusst gewesen, dass sie gerade Daten kopiert, die nicht für sie bestimmt sind. Bezogen auf ihre vorgetragenen Ziele hätte die Klägerin Frau A von der Kopie berichten und ihr diese übergeben müssen.
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Was die Weitergabe der kopierten Daten an Frau W bewirken sollte, hat die Klägerin für die Kammer nicht nachvollziehbar erklärt. Die Weitergabe an Frau W lässt sich durch keines der Ziele der Klägerin rechtfertigen. Damit hat die Klägerin einen besonders gravierenden Verstoß gegen die Schutz- und Rücksichtnahmepflichten sowie gegen den Datenschutz begangen und sowohl das Persönlichkeitsrecht von Herrn C als auch dasjenige von Frau A erheblich verletzt. Nach dem Vortrag der Klägerin hat Frau A ihr Einverständnis zum Kopieren und zur Weitergabe des Chatverlaufs nicht erklärt. Durch die Weitergabe an Frau W r hat die Klägerin, auch für sie erkennbar, keines ihrer Ziele erreicht. Frau W ist Gemeindemitglied und nach Behauptung der Klägerin eine Vertraute von Frau A gewesen. Die Weitergabe als solches hat weder zu einer Stärkung von Frau A geführt noch die Gefahr eines weiteren Suizidversuches verhindern können.
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Sie hat auch nicht der Beweissicherung gedient. Beim Einwurf des USB-Sticks in den Briefkasten von Frau W ist deren weiteres Vorgehen offen gewesen. Denn nach dem Vortrag der Klägerin war die Übergabe an Frau W nicht abgesprochen, sondern ist anonym erfolgt. Es wäre denkbar gewesen, dass Frau W den USB-Stick weder an Frau A , noch das Landeskirchenamt, noch die Staatsanwaltschaft weitergibt.
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Die Klägerin hat zumindest eine Kopie der „gesicherten Beweise“ abgegeben. Erstinstanzlich hat die Klägerin vorgetragen, dass sie in der Folgezeit den Chatverlauf der Staatsanwaltschaft vorgelegt hat. Sie muss also den Chatverlauf entweder zwei Mal kopiert haben - sofort auf zwei USB-Sticks oder später eine Kopie von der Kopie - oder den USB-Stick von Frau W zur Vorlage bei der Staatsanwaltschaft zurückbekommen haben. Hätte sie nur eine Kopie erstellt und Frau W den USB-Stick verloren oder vernichtet, hätte der Chatverlauf nicht an die Staatsanwaltschaft weitergegeben werden können. Damit wäre das Beweismittel verloren.
62
Zudem hat Frau W die Ermittlungen gegen Herrn C nicht geleitet. Soweit das Ziel der Klägerin die Aufklärung oder Beweissicherung einer angenommenen Straftat gewesen sein sollte, ist Frau W die falsche Adressatin gewesen. Zur Aufklärung oder Beweissicherung hätte die Klägerin den USB-Stick nicht Frau W , sondern der Staatsanwaltschaft zukommen lassen müssen. Die Kammer berücksichtigt lediglich den Pflichtenverstoß, der in die Weitergabe an Frau W zu sehen ist und nicht die vorgetragene Weitergabe an die Staatsanwaltschaft.
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Das Ziel der Aufklärung oder Beweissicherung hätte mit einer Weitergabe an das Landeskirchenamt erreicht werden können. Unterstellt, die anderen Mitglieder des Presbyteriums wären entsprechend der Meinung der Klägerin keine vertrauenswürdigen Ansprechpartner gewesen, so hätte sie die Möglichkeit gehabt, den USB-Stick mit dem Chatverlauf dem Landeskirchenamt zukommen zu lassen. Nach ihrem eigenen Vortrag war ihr bekannt, dass das Landeskirchenamt ein Verfahren gegen Herrn C geführt hat. Das Landeskirchenamt hätte den USB-Stick für die weitere Aufklärung nutzen können. Dies hat die Klägerin durch ihr Verhalten nicht ermöglicht.
64
Auch im Hinblick auf den von der Klägerin vorgetragenen Vorwurf, dass, nach Aussage von Frau A , Herr C ihre Korrespondenz mit dem Bundesamt für Migrationsflüchtlinge zurückgehalten und für die Übergabe sexuelle Handlungen verlangt habe, hat das Lesen, Kopieren und Weitergeben diesem Umstand nicht abgeholfen. Der Vorwurf steht zwischen den Parteien im Streit. Dem Vorwurf, dass Korrespondenz mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge zurückgehalten wird, hätte die Klägerin aufklären können. Die Klägerin hätte ihre Kollegin im Gemeindebüro nach der Korrespondenz befragen oder diese suchen können. Soweit Korrespondenz - wie von der Beklagten behauptet - per Email erfolgt, hätte die Klägerin zur Linderung der Situation von Frau A ihre Zugriffsberechtigung auf das Emailkonto der Beklagten nutzen und nach Emailkorrespondenz mit dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge, die für Frau A bestimmt gewesen ist, suchen können. Damit hätte die Klägerin die aus ihrer Sicht gegebene verzweifelte Situation von Frau A lindern können, indem sie die Korrespondenz weiterleitet oder den Verbleib aufklärt. Hätte sich nach der Aufklärung ergeben, dass die Übergabe von Korrespondenz nicht erfolgt ist, hätte die Klägerin den Vorwurf dem Landeskirchenamt erklären können. Außerdem ist zum Zeitpunkt der Pflichtenverstöße Frau A nicht mit im Kirchenasyl bei der Beklagten, sondern in Wu gewesen. Entsprechend wird die Meldeadresse geändert worden sein.
65
Welchen Inhalt der Chatverlauf hat, kann dahinstehen. Entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts, die sich die Klägerin zu Eigen gemacht hat, ist die Bewertung des Chatverlaufs als intimer Vorgang oder belanglose private Kommunikation aus Sicht der Kammer nicht erheblich. Die Klägerin hat durch das Kopieren und Weitergeben des Chatverlaufes die private Kommunikation zwischen zwei Personen - Frau A und Herr C - vervielfältigt und verbreitet. Es kommt nicht darauf an, ob die Kammer die jeweiligen Nachrichten aus ihrer Sicht als intim oder als belanglos bewertet. Erheblich ist, dass die vertrauliche Kommunikation der beiden Teilnehmer, die der Chatverlauf zwischen Frau C und Frau A darstellt, die Privatsphäre und damit die grundrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechte betrifft. Auch die Argumentation, dass die Weitergabe nicht willkürlich an Dritte oder an einen unüberschaubaren Empfängerkreis erfolgt ist, überzeugt nicht. In Bezug auf Herrn C handelt es sich bei der Empfängerin um eine Dritte. In Bezug auf Frau A verkennt die Kammer nicht, dass es sich bei Frau W um eine Vertraute von ihr gehandelt hat. Ob dieses Vertrauen auch das Teilen von einem privaten Chatverlauf umfasst, ist offen. Dennoch ist es für die Klägerin zum Zeitpunkt der Übergabe - Einwurf des USB-Sticks in den Briefkasten von Frau W - vollkommen offen gewesen, wie diese mit den privaten Daten von Frau A und Herrn C umgehen wird. Es wäre möglich gewesen, dass Frau W die Daten an das Landeskirchenamt oder an die Staatsanwaltschaft weitergibt. Allerdings wäre es auch denkbar gewesen, dass Frau W die Daten an die Presse weitergibt. Der Chatverlauf hätte Teil eines Artikels über die Kirche werden können, auch online mit Zugriff auf den gesamten Chatverlauf. Auch wenn dies aus Sicht der Klägerin nicht sehr wahrscheinlich gewesen sein mag, wäre es möglich gewesen. Mit der Weitergabe des USB-Sticks hat die Klägerin die Kontrolle über die Verbreitung der von ihr rechtswidrig erlangten schützenswerten Daten, die vertrauliche Kommunikation, abgegeben.
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Für die Klägerin ist erkennbar gewesen, dass die Beklagte auch einmalig das Lesen, Ausdrucken, das Kopieren der Daten und deren Weitergabe nicht billigen würde. Hierfür spricht insbesondere, dass sich die Klägerin dem Presbyterium nicht offenbart hat. Für die Klägerin ist erkennbar gewesen, dass die Beklagte ihr den Zugriff auf das Emailkonto nur im Hinblick auf ihre arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung - die Buchführung - eingeräumt hat. Es ist für die Klägerin erkennbar gewesen, dass eine Weitergabe privater Daten an Dritte, möglicherweise mit Ausnahme der Staatsanwaltschaft oder des Landeskirchenamtes, für die Beklagte als Arbeitgeberin nicht hinnehmbar ist.
67
Die Kammer verkennt nicht, dass mit dem Ausspruch einer Kündigung nicht ein Fehlverhalten in der Vergangenheit sanktioniert, sondern weitere Verstöße in der Zukunft vermieden werden sollen. Entgegen der Auffassung der Klägerin ist es auch in Zukunft möglich, dass es zu vergleichbaren Fällen kommt. Auf Grundlage einer einseitigen Sachverhaltsschilderung mag sich bei der Klägerin subjektiv erneut eine Drucksituation ergeben, die sie dazu bewegt, ihre arbeitsvertraglich geschuldeten Nebenpflichten und Datenschutzrechte zu verletzten, um mit ihrem Verhalten ihrer vermeintlichen Pflicht als Staatsbürgerin und als Mitglied der Kirchengemeinde nachzukommen. Eine Gestaltung der arbeitsvertraglich geschuldeten Tätigkeit der Klägerin bei der Beklagten, die keiner Vertrauensbasis und keiner Zugriffsberechtigung auf Daten bedarf, ist nicht ersichtlich.
68
b. Die Beklagte hat die gesetzliche Frist zur Erklärung der Kündigung gewahrt.
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Nach § 626 Abs. 2 S. 1 BGB kann der Ausspruch der Kündigung nur innerhalb von zwei Wochen erfolgen. Die Frist beginnt nach § 626 Abs. 2 S. 2 BGB mit dem Zeitpunkt, in dem der Kündigungsberechtigte von den für die Kündigung maßgebenden Tatsachen Kenntnis erlangt.
70
Mit Schreiben vom 15.09.2020 hat Herr C das Presbyterium der Beklagten über mögliche Pflichtverletzungen der Klägerin informiert. Mit Schreiben vom 24.09.2020 hat die Beklagte die außerordentliche fristlose Kündigung erklärt.
71
2. Die Mitarbeitervertretung ist ordnungsgemäß beteiligt worden.
72
Mit der Klageschrift hat die Klägerin die ordnungsgemäße Anhörung des „Betriebsrats“ bestritten. Mit Schriftsatz vom 29.10.2020 hat die Beklagte eine Abschrift der entsprechenden Anhörung der Mitarbeitervertretung beigebracht. Hierzu hat die Klägerin nicht mehr vorgetragen.
73
Nach der Vorlage der Abschrift der Anhörung der Mitarbeitervertretung hätte die Klägerin konkret beanstanden müssen, in welchen Punkten sie die Anhörung der Mitarbeitervertretung für fehlerhaft hält. Ein solcher Vortrag fehlt.
74
III. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtstreits zu tragen, § 91 Abs. 1 ZPO.
75
IV. Es bestand kein Grund im Sinne des § 72 Abs. 2 ArbGG, die Revision zum Bundesarbeitsgericht zuzulassen.
Vorschriften§ 626 BGB