· Fachbeitrag · Arbeitsrecht
Erfassung der Arbeitszeit ‒ nun doch?
von RA Michael Röcken, Bonn, ra-roecken.de
| Im Mai 2019 hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) entschieden, dass Arbeitgeber die Arbeitszeit ihrer Mitarbeiter vollständig erfassen müssen. Die Umsetzung der Zeiterfassung hatte der EuGH indes den Mitgliedstaaten der EU übertragen (EuGH, Urteil vom 14.05.2019, Az. C 55/18; PP 06/2019, Seite 15 ). Während der Gesetzgeber die Folgen dieses Urteils noch immer nicht in Gesetzesform gegossen hat, hat sich nun ‒ soweit ersichtlich ‒ das erste Arbeitsgericht (AG) damit befasst (AG Emden, Urteil vom 20.02.2020, Az. 2 Ca 94/19 ). Das Urteil gilt auch für Physiotherapiepraxen. |
Sachverhalt
Geklagt hatte ein Bauarbeiter auf rückständigen Lohn. Seinen Unterlagen nach hatte er 195,05 Stunden gearbeitet, sodass der Arbeitgeber zu wenig Lohn gezahlt hatte. Der Arbeitgeber hingegen legte dem Gericht das sog. Bautagebuch vor, wonach der Arbeitnehmer nur 183 Stunden gearbeitet hatte. Das Gericht gab dem Arbeitnehmer Recht und verurteilte den Arbeitgeber zur Zahlung des rückständigen Lohns.
Entscheidungsgründe
Das Gericht stützte sein Urteil auf das o. g. EuGH-Urteil. Dieses lege die EU-Arbeitszeitrichtlinie im Lichte des Art. 31 Abs. 2 EU-Grundrechte-Charta (GRCh) aus. Die GRCh gelte unabhängig von den Anforderungen gemäß § 16 Abs. 2 Arbeitszeitgesetz an die Arbeitszeiterfassung. Daher sei der Arbeitgeber verpflichtet, ein „objektives, verlässliches und zugängliches“ System zur Erfassung der täglichen Arbeitszeit einzurichten. Das vorgelegte Bautagebuch solle nicht die geleistete Arbeitszeit erfassen, sondern nur den Bauablauf dokumentieren. Deshalb genüge es diesen Anforderungen nicht, denn:
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