· Arbeitsrecht
Fristlose Kündigung wegen Vorlage eines gefälschten SARS-CoV-2-Testnachweises
von RA, FA MedR und ArbR Benedikt Büchling, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund
| Die Vorlage eines gefälschten SARS-CoV-2-Testnachweises stellt einen Pflichtverstoß i. S. v. § 626 Abs. 1 BGB dar, der den Arbeitgeber „an sich“ zum Ausspruch einer außerordentlichen Kündigung berechtigt. In Anbetracht der besonderen gesundheitlichen Gefahren handelt es sich um eine erhebliche Verletzung der aus dem Arbeitsvertrag gemäß § 241 Abs. 2 BGB folgenden Nebenpflichten. Durch die (versuchte) Täuschung des Arbeitgebers, negativ auf das SARS-CoV-2-Virus getestet worden zu sein, hat der Arbeitnehmer das in ihn gesetzte und für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört. Dies entschied das Arbeitsgericht Mannheim (ArbG) mit Urteil vom 15.06.2022 (Az. 2 Ca 25/22). |
Der Fall
Ein nicht gegen das COVID-19-Virus geimpfter Arbeitnehmer legte mehrere Zertifikate über negative SARS-CoV-2-Testergebnisse einer Teststelle vor. Diesen Zertifikaten war kein QR-Code beigefügt. Am Dienstag, dem 18.01.2022 legte er ein Zertifikat vor, wonach er in einem anderen Testzentrum negativ auf das SARS-CoV-2-Virus getestet worden sei. Als Zeitpunkt der Testdurchführung war darin allerdings der 19.01.2022 ausgewiesen. Der Arbeitgeber kündigte das Arbeitsverhältnis in der Folge außerordentlich fristlos aus wichtigem Grund. Mit der Kündigungsschutzklage des Arbeitnehmers hatte sich nun das ArbG zu beschäftigen.
Die Entscheidung
Das ArbG hielt die außerordentliche fristlose Kündigung für gerechtfertigt. Gemäß §§ 618, 241 BGB sei der Arbeitgeber zu Schutzmaßnahmen gegenüber seinen Arbeitnehmern verpflichtet. Zur Umsetzung dieser Fürsorgepflicht kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Direktionsrechts nach § 106 Gewerbeordnung die Durchführung von Tests zur Feststellung einer Infektion mit dem SARS-CoV-2-Virus anordnen. Eine solche Anordnung sei vom Weisungsrecht des Arbeitgebers gedeckt. Die Vorlage eines gefälschten Testzertifikats, um die in § 28b Abs. 1 Satz 1 IfSG geregelte Nachweispflicht zu umgehen, sei „an sich“ geeignet, eine fristlose Kündigung zu rechtfertigen. Gerade in Anbetracht der besonderen gesundheitlichen Gefahren handele es sich um eine erhebliche arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung. Durch die (versuchte) Täuschung des Arbeitgebers, negativ auf das SARS-CoV-2-Virus getestet worden zu sein, habe der Arbeitnehmer das in ihn gesetzte und für die Fortführung des Arbeitsverhältnisses erforderliche Vertrauen zerstört.
MERKE | Auch die Vorlage einer Kopie eines gefälschten Impfausweises ‒ in der Absicht über die Erfüllung der Nachweispflicht aus § 28b Abs. 1 IfSG zu täuschen ‒ ist als arbeitsvertragliche Nebenpflichtverletzung „an sich“ geeignet, eine außerordentliche fristlose Kündigung zu rechtfertigen (ArbG Köln, 23.03.2022, Az. 18 Ca 6830/21, PP 08/2022, Seite 6; ArbG Bielefeld, 04.03.2022, Az. 1 Ca 2208/21; ArbG Düsseldorf, 18.02.2022, Az. 11 Ca 5388/21). |