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  • · Fachbeitrag · Arbeitsrecht

    Kündigungsschutz von Schwangeren gilt auch vor Arbeitsantritt

    von RA Michael Röcken, Bonn, ra-roecken.de

    | Der arbeitsrechtliche Schutz von Schwangeren ist weitgehend. Dementsprechend sieht § 17 Mutterschutzgesetz (MuSchG; PP 02/2018, Seite 12 ) einen umfassenden Kündigungsschutz für werdende Mütter vor. Nur aufgrund einer behördlichen Genehmigung kann die Kündigung ausnahmsweise für zulässig erklärt werden. Dass der Kündigungsschutz auch vor dem eigentlichen Arbeitsantritt liegen kann, hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) klargestellt ( Urteil vom 27.02.2020, Az. 2 AZR 498/19 ). |

     

    Sachverhalt

    Arbeitgeber und Arbeitnehmerin hatten im Dezember 2017 einen Arbeitsvertrag geschlossen. Das Beschäftigungsverhältnis sollte zum 01.02.2018 beginnen. Mitte Januar 2018 informierte die Arbeitnehmerin den Arbeitgeber über ihre Schwangerschaft. Ihr Arzt habe ihr mit sofortiger Wirkung ein komplettes Beschäftigungsverbot attestiert. Daraufhin kündigte der Arbeitgeber direkt den Arbeitsvertrag. Die Kündigungsschutzklage der werdenden Mutter war durch alle Instanzen erfolgreich ‒ zuletzt vor dem BAG.

     

    Entscheidungsgründe

    Wie auch die Vorinstanzen stützte das BAG sein Urteil auf § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 MuSchG. Demnach ist die Kündigung gegenüber einer Schwangeren unzulässig, wenn dem Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Kündigung die Schwangerschaft bekannt ist oder wenn sie ihm innerhalb von zwei Wochen nach Zugang der Kündigung mitgeteilt worden ist. Damit bestehe ein gesetzliches Verbot i. S. d. § 134 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Eine Kündigung, die gegen ein solches Verbot verstoße, sei daher nichtig.

     

    Bereits mit Abschluss des Arbeitsvertrags bestehe ein Arbeitsverhältnis. Auch in dem Fall, dass die Tätigkeit erst später aufgenommen werden soll, würden bereits mit dem Vertragsabschluss wechselseitige Verpflichtungen begründet. Der Arbeitnehmer verpflichte sich, die vereinbarte Tätigkeit ab dem vereinbarten Zeitpunkt zu erbringen und der Arbeitgeber verpflichte sich, ihn ab diesem Zeitpunkt zu beschäftigen und vertragsgemäß zu vergüten. Nebenpflichten, wie die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen des Arbeitnehmers, entstünden bereits mit dem Vertragsschluss. Für das Kündigungsverbot sei die Aufnahme der vereinbarten Tätigkeit nicht erforderlich.

     

    FAZIT | Der Kündigungsschutz für schwangere Frauen genießt zu Recht einen sehr hohen Stellenwert. Das gilt auch in Kleinbetrieben mit weniger als zehn Arbeitnehmern, zu denen die meisten Physiotherapiepraxen zählen dürften. Wenn Sie eine Kündigung gegenüber einer Schwangeren aussprechen wollen, müssen Sie immer (!) eine Genehmigung bei der zuständigen Aufsichtsbehörde einholen. Ansonsten werden Sie vor Gericht Schiffbruch erleiden. Die in den jeweiligen Bundesländern zuständigen Behörden finden Sie online unter iww.de/s3716.

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2020 | Seite 16 | ID 46625293