· Arbeitsrecht
Neues Urteil zur Frage: Wann besteht Anspruch auf Dank und gute Wünsche im Arbeitszeugnis?
| Ein Arbeitnehmer, dem ein einwandfreies Verhalten und leicht überdurchschnittliche Leistungen attestiert werden, hat einen Anspruch auf den Ausspruch von Dank und guten Wünschen für die Zukunft im Arbeitszeugnis, soweit dem keine berechtigte Interessen des Arbeitgebers entgegenstehen. Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf gab daher der Klage eines Arbeitnehmers in Teilen statt ( Urteil vom 12.01.2021, Az. 3 Sa 800/20 ). Da das LAG bei der Dankesformel von der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) abweicht, wurde die Revision zugelassen. |
Gekündigter Mitarbeiter will Formulierungsalternativen im „wohlwollenden qualifizierten Arbeitszeugnis“ durchsetzen
Einem Personaldisponenten wurde nach drei Jahren Betriebszugehörigkeit gekündigt. Dagegen wehrte er sich. Schließlich endete das Arbeitsverhältnis durch einen gerichtlichen Vergleich. Dieser verpflichtete u. a. den Arbeitgeber, dem Mitarbeiter ein qualifiziertes wohlwollendes Arbeitszeugnis auszustellen.Das Arbeitszeugnis beschrieb die Aufgaben des Arbeitnehmers und beurteilte die Leistung durchgängig im oberen befriedigenden Bereich. Es enthielt am Ende der Leistungsbeurteilung folgenden Satz: „Zusammenfassend bestätigen wir Herrn K., dass er die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigte.“ Das Zeugnis endet mit den Worten „Herr K. scheidet mit dem heutigen Tage aus unserem Unternehmen aus.“. Eine Bedauerns- oder Dankesformel fehlte ebenso wie die guten Wünsche für die Zukunft.
Der Mitarbeiter klagte und beantragte, den vorletzten Absatz wie folgt zu ändern: „Herr K. hat die ihm übertragenen Aufgaben zu unserer vollen Zufriedenheit erledigt“. Zu ergänzen sei: „Mit dem Weggang von Herrn K. verlieren wir einen stets guten Leistungsträger, was wir sehr bedauern.“ Und weiter: „Wir wünschen Herrn K. für seinen weiteren Berufs- und Lebensweg alles Gute und weiterhin Erfolg.“ Hilfsweise beantragte er, das Zeugnis um einen Schlusssatz mit folgendem Text zu ergänzen und das geänderte Zeugnis neu zu erteilen: „Wir danken Herrn K. für die geleistete Arbeit und wünschen ihm für die weitere berufliche und private Zukunft weiterhin alles Gute und viel Erfolg.“
Anspruch auf Dank, nicht aber auf Ausdruck des Bedauerns
Das LAG Düsseldorf hielt den Hilfsantrag auf Ausspruch von Dank für die geleistete Arbeit verbunden mit guten Wünschen für die berufliche und private Zukunft für begründet. Anerkannter Grundsatz bei der Zeugniserteilung sei die sog. Wohlwollensverpflichtung des Arbeitgebers. Diese ergebe sich aus dem bei der Erteilung eines qualifizierten Zeugnisses zu beachtenden Rücksichtnahmegebot des § 241 Abs. 2 BGB. Der Arbeitnehmer habe einen Anspruch, dass ihm eine in sich widerspruchsfreie und dem beruflichen Fortkommen förderliche Bescheinigung von Tätigkeit, Führung und Leistung im bisherigen Arbeitsverhältnis verschafft werde. Dies bilde eine wesentliche Unterlage für Bewerbungen und damit zur Förderung des beruflichen Fortkommens. Enthalte das Arbeitszeugnis in einem Bereich wie der Schlussformulierung eine Lücke, die diesen Leistungserfolg wesentlich beeinträchtige, könne sich aus der Rücksichtnahmepflicht des § 241 Abs. 2 BGB durchaus eine Anspruchsgrundlage ergeben, diese Lücke entsprechend zu schließen.
Bzgl. der Leistungsbeurteilung konnte sich der Kläger nicht durchsetzen. Das Gericht sah darin keine Abwertung. Ebenso verneinte es einen Anspruch auf Ausdruck eines ‒ tatsächlich nicht vorhandenen ‒ Bedauerns über das Ausscheiden. Dies gelte erst recht für die Formulierung des Bedauerns über den Verlust eines „stets guten Leistungsträgers“. Ein Zeugnis solle das berufliche Fortkommen des Arbeitnehmers nicht unnötig erschweren, es könne aber nur im Rahmen der Wahrheit wohlwollend sein.
Dankesformel ab leicht überdurchschnittlicher Leistung Pflicht
Aus dem LAG-Urteil ist nicht herzuleiten, dass Arbeitgeber stets verpflichtet sind, ein „wohlwollendes qualifiziertes Arbeitszeugnis“ mit Dank und guten Wünschen für den Ausscheidenden abzuschließen ‒ so betont es das LAG auch in seinem ersten Leitsatz zum Urteil. Wenn dem Arbeitnehmer aber ein einwandfreies Verhalten und leicht überdurchschnittliche Leistungen bescheinigt werden, so sieht das LAG ‒ abweichend von der BAG-Rechtsprechung ‒ einen Anspruch auf Dank und gute Wünsche.
Dies begründet das LAG vor allem damit, dass solche Schlussformeln in Zeugnissen üblich seien. „Kundigen Zeugnislesern“ sei die BAG-Rechtsprechung zum fehlenden Rechtsanspruch auf die Dankesformel bekannt. Ein qualifiziertes Arbeitszeugnis mit einer durchschnittlichen oder sogar überdurchschnittlichen Leistungs- und Führungsbeurteilung, das weder Dank für die geleistete Arbeit noch gute Wünsche für die Zukunft enthalte, würde den Leser zu negativen Rückschlüssen veranlassen. Dies würde die positive Aussagekraft des Zeugnisses grundlegend infrage stellen.
LAG München: Kein Anspruch auf persönliche Schlussformel
Ein ähnliches Urteil fällte das LAG München. Demnach hat eine Mitarbeiterin, die nur mit „gut“ bewertet wurde, keinen Anspruch auf Äußerung von Bedauern über ihr Ausscheiden oder von guten privaten Wünschen. Das Gericht folgte im Gegensatz zum o. g. Urteil des LAG Düsseldorf vollumfänglich der ständigen BAG-Rechtsprechung, wonach kein Anspruch auf eine persönliche Schlussformel bestehe (Urteil vom 15.07.2021, Az. 3 Sa 188/21).
FAZIT | Beim Erstellen eines „wohlwollenden Arbeitszeugnisses“ müssen Sie als Arbeitsgeber sich nicht verbiegen. Als Bewerbungsunterlage des Arbeitnehmers sowie als Grundlage für die Personalentscheidung künftiger Arbeitgeber muss das Zeugnis vor allem inhaltlich wahr und zugleich von „verständigem Wohlwollen gegenüber dem Arbeitnehmer getragen sein“. Bei Schlechtleistung kann aber selbst nach dem o. g. Urteil des LAG Düsseldorf auf die Dankesformel verzichtet werden, auf „Bedauern“ erst recht. ‒ Zur Kündigung von Arbeitsverhältnissen sowie zur Erstellung von Arbeitszeugnissen siehe das Themenspezial in PP 08/2021, Seite 14. |