· Fachbeitrag · Datenschutz
BVerwG stoppt Videoüberwachung in der Praxis
von RA Dr. Tim Oehler, Wallenhorst, www.rechtsanwalt-oehler.de
| Viele kleinere Physiopraxen haben keine Rezeptionskraft bzw. halten die Rezeption nur in Teilzeit besetzt. Zum Schutz vor dem Betreten der Praxis durch Unbefugte, unerlaubter Einsichtnahme in Patientenakten oder gar Diebstählen während der Behandlung scheint in diesen Fällen eine Videoüberwachung des Eingangsbereichs sinnvoll. Einer Zahnärztin hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) eine solche jedoch untersagt (BVerwG, Urteil vom 27.03.2019, Az. 6 C 2.18, online unter dejure.org ). Das Gericht hat damit das Urteil der Vorinstanz bestätigt ( PP 08/2017, Seite 16 ). |
Aktueller Fall: Videokamera zeichnete große Bereiche auf
Eine Zahnärztin hatte im Eingangsbereich ihrer Praxis eine Videokamera installiert, da die Eingangstür ungehindert geöffnet werden kann und der Empfang nicht mit Personal besetzt ist. Die Kamera erfasste den Flur vor dem Anmeldetresen bis zur Eingangstür, einen großen Teil des Anmeldetresens, den Mitarbeiterbereich dahinter sowie Stühle im Wartezimmerbereich. Sie konnte die Bilder in Echtzeit auf Monitore in den Behandlungszimmern übertragen und Videoströme speichern. Die Datenschutzbehörde ordnete an, die Ausrichtung der Videokamera auf den Mitarbeiterbereich hinter dem Tresen zu beschränken. Dagegen klagte die Zahnärztin erfolglos.
Entscheidung: „Gefühlte“ Anhaltspunkte reichen nicht
Nach dem BVerwG berechtige § 6b Bundesdatenschutzgesetz alter Fassung (BDSG a. F.) zur Videoüberwachung, wenn diese zur Wahrnehmung berechtigter Interessen für konkret festgelegte Zwecke erforderlich ist und keine Anhaltspunkte bestehen, dass schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Die Richter sprachen der Zahnärztin insofern ein berechtigtes Interesse ab. Denn erstens fehlten konkrete Anhaltspunkte dafür, dass Personen die Zahnarztpraxis betreten könnten, um dort Straftaten (wie Diebstähle oder Sachbeschädigungen) durchzuführen. Zweitens gebe es keinen Nachweis dafür, Patienten nach einer Behandlung aus medizinischen Gründen im Wartezimmer für etwaige Notfallsituationen über eine Videoüberwachung betreuen zu können. Drittens sei das Argument, durch den Einsatz einer Videokamera Personalkosten einzusparen, eine bloße pauschale Behauptung ohne nachkalkulierbare Angaben.
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