· Fachbeitrag · Leistungserbringung
Patient ist Analphabet, Krankenkasse erkennt Quittierung nicht an ‒ was tun?
beantwortet von RA Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner Nothweiler, baehrle-partner.de
| FRAGE: „Ich habe einen Patienten, der weder lesen noch schreiben kann, nach ärztlicher Verordnung behandelt. Der Patient hat jede Behandlungseinheit mit seiner Unterschrift, die aus einem Strich besteht, quittiert. Die zur Abrechnung eingereichte Verordnung kam jetzt von der Krankenkasse zurück mit dem Vermerk, die Unterschrift werde nicht anerkannt. Bei der Krankenkasse ist bekannt, dass der Patient Analphabet ist. Die Krankenkasse verlangt trotzdem die Unterschrift eines gesetzlichen Vertreters. Was kann ich tun?“ |
Antwort: Es gibt sie immer noch: Personen, die weder lesen noch schreiben können und doch mit beiden Beinen im Leben stehen und ihren Alltag bewältigen. Ihr Unvermögen beim Lesen und/oder Schreiben fällt oft nur auf, wenn es etwas zu unterschreiben gibt. Dass eine Person nicht lesen und/oder schreiben kann, bedeutet jedoch nicht, dass sie geschäftsunfähig ist und unter rechtliche Betreuung gestellt werden muss.
Grundsätzlich sind Analphabeten geschäftsfähig und können Verträge schließen. Eine gesetzliche Vertretung haben sie bis zur Volljährigkeit ‒ nämlich ihre Eltern. Danach ist eine gesetzliche Vertretung nur erforderlich, wenn die betreffende Person umfassend unter rechtliche Betreuung gestellt wurde. Hierfür müssen die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sein, d. h. die Person muss ‒ vereinfacht gesagt ‒ wegen Krankheit, Behinderung oder sonstiger triftiger Gründe außerstande sein, ihre rechtsgeschäftlichen Angelegenheiten bzw. ihr tägliches Leben selbst zu regeln. Nicht lesen und/oder schreiben zu können, gilt nicht als Behinderung, die eine rechtliche Betreuung rechtfertigt.
Daher kann die Krankenkasse nicht verlangen, dass die abgegebenen Behandlungen auf der Verordnung von einem gesetzlichen Vertreter quittiert werden, wenn der Patient Analphabet ist. Der Patient quittiert die erhaltenen Behandlungen mit den Zeichen, von denen er sagt, dass dies seine Unterschrift ist. Diese sollten jedoch ‒ wie ein geschriebener Namenszug ‒ ihre charakteristischen Merkmale haben, an denen der Analphabet jederzeit erkennen kann, dass es sich hierbei um seine Unterschrift handelt.
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