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  • · Fachbeitrag · Rechtsprechung

    Osteopathie nur durch Ärzte oder Heilpraktiker?

    von Rechtsanwalt Ralph Jürgen Bährle, Bährle & Partner, Nothweiler

    | Osteopathie darf durch einen Therapeuten nur erbracht werden, wenn er eine Erlaubnis nach § 1 Heilpraktikergesetz (HeilPrG) besitzt. Dies gilt auch dann, wenn der Therapeut nur aufgrund einer ärztlichen Verordnung tätig wird (Oberlandesgericht Düsseldorf, Urteil vom 8.9.2015, Az. I-20 U 236/13). |

    Vorsicht! Einzelfallentscheidung!

    Das genannte Urteil hat für viel Unruhe unter Osteopathen und Therapeuten gesorgt. Doch Vorsicht! Die OLG-Richter ließen keine Revision zu, weil es sich um eine reine Einzelfallentscheidung handelt. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Aus dieser Entscheidung in allen Fällen geltende Grundsätze für osteopathische Behandlungen abzuleiten, ist daher nicht angemessen. Andere Richter könnten zu anderen Ergebnissen kommen, solange es keine höchstrichterliche Entscheidung oder gesetzliche Regelungen zur Osteopathie gibt.

     

    Im Kern betrifft das Urteil die Zulässigkeit von Werbemaßnahmen. Das OLG hatte über die Berufung eines Physiotherapeuten gegen das Urteil des Landgerichts zu entscheiden, das dem Therapeuten die Werbung mit osteopathischen Leistungen untersagt hatte. Das OLG hat die Berufung zurückgewiesen mit der Folge, dass der Therapeut nicht weiter mit osteopathischen Leistungen werben darf. Obwohl Auslöser des Rechtsstreits eine werberechtliche Abmahnung war, enthält das Urteil einige interessante Ausführungen zur Zulässigkeit von osteopathischen Leistungen von Therapeuten.

    Osteopathie setzt medizinische Kenntnisse voraus

    Dass Osteopathie nur von Therapeuten erbracht werden darf, die eine Erlaubnis nach § 1 HeilPrG besitzen, haben die Richter wie folgt begründet: Sie sind der Auffassung, dass die Ausübung der Osteopathie eine Tätigkeit zur Feststellung, Heilung oder Linderung von Krankheiten, Leiden oder Körperschäden bei Menschen darstellt. Die Richter gehen insofern davon aus, dass die Ausführung osteopathischer Behandlungsmethoden medizinische Fachkenntnisse voraussetzt und eine unsachgemäße Ausübung geeignet ist, gesundheitliche Schäden zu verursachen. Damit unterliegt die Ausübung osteopathischer Behandlungen im Grundsatz der Erlaubnispflicht gemäß § 1 Abs. 1 HeilPrG („Wer die Heilkunde, ohne als Arzt bestallt zu sein, ausüben will, bedarf dazu der Erlaubnis“). Denn eine die Osteopathie betreffende spezialgesetzliche Regelung besteht nicht.

     

    Und die Erlaubnis zur Ausübung der Physiotherapie nach § 1 Masseur- und Physiotherapeutengesetz (MPhG) reicht nach Ansicht der Richter nicht, um osteopathische Behandlungen vornehmen zu dürfen - auch dann nicht, wenn der Physiotherapeut die osteopathische Behandlung auf Rezept erbringt.

    OLG liefert Lösung des Problems gleich mit

    Alle Therapeuten mit abgeschlossener Osteopathie-Ausbildung, die nicht auch (sektorale) Heilpraktiker sind, müssen sich wegen dieses Urteils im Grunde keine Sorgen machen. Denn die OLG-Richter sagten auch noch, dass eine erfolgreich abgeschlossene Osteopathie-Ausbildung die Voraussetzung für die Erteilung einer Erlaubnis nach § 1 HeilPrG sein kann - gerade auch einer sektoralen HP-Erlaubnis. Die Richter zitierten in diesem Zusammenhang wörtlich aus dem Kriterienkatalog des Gesundheitsamts Düsseldorf vom 21. November 2012: „Die HP-Erlaubnis im Bereich der Physiotherapie kann nach Aktenlage (...) ohne Teilnahme an einer 60-stündigen Nachqualifikation erteilt werden (..., wenn) eine erfolgreich abgeschlossene Osteopathie-Weiterbildung gemäß der Verordnung einer Weiterbildungs- und Prüfungsordnung im Bereich der Osteopathie (…) oder eine andere gleichwertige Aus- und Weiterbildung im Bereich der Osteopathie vor(liegt)“. Nach Ansicht der Richter kann eine derartige Ausbildung die Voraussetzung für die Erteilung einer HP-Erlaubnis sein, diese aber nicht ersetzen. Es unterliegt somit der Entscheidung der Gesundheitsbehörden, ob die nachgewiesene Ausbildung ausreicht, um die (bei abstrakt-genereller Betrachtung) von osteopathischen Behandlungen ausgehende Gefahr zu vermeiden.

     

    MERKE | Die Richter ließen ausdrücklich offen, ob unter der geforderten HP-Erlaubnis zur Durchführung von osteopathischen Behandlungen eine volle oder eine sektorale HP-Erlaubnis zu verstehen ist. In den Urteilsgründen ist allgemein von einer „Erlaubnis nach § 1 Abs. 1 HeilPrG“ die Rede. Diese Gesetzesvorschrift ist auch die Rechtsgrundlage für die Erteilung einer sektoralen HP-Erlaubnis.

     

    Konsequenzen für die Praxis

    Aus der Urteilsbegründung des OLG-Urteils lässt sich nur ableiten, dass ein Physiotherapeut, der osteopathische Behandlungen anbieten will, über eine entsprechende osteopathische Ausbildung und eine Erlaubnis nach § 1 HeilPrG verfügen muss. Wird einem Therapeuten aufgrund eines entsprechenden Antrags eine sektorale HP-Erlaubnis aufgrund nachgewiesener Osteopathie-Ausbildung - gegebenenfalls sogar ohne weitere Kenntnisprüfung - erteilt, darf er ab Erteilung der HP-Erlaubnis osteopathische Behandlungen anbieten und durchführen. Ausnahme: Die HP-Erlaubnis nimmt osteopathische Behandlungen ausdrücklich wieder aus. Nichts anderes ergibt sich aus dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 11. März 2013 (Az. 3 B 64.12). Lesen Sie hierzu ausführlich PP 08/2015, Seite 4.

     

    FAZIT | Eine erfolgreich abgeschlossene mehrjährige Ausbildung zum Osteopathen kann die Erlangung einer sektoralen HP-Erlaubnis ohne zusätzliche Kenntnisüberprüfung erleichtern. Wird die (sektorale) HP-Erlaubnis erteilt, darf der Physiotherapeut, der Inhaber der HP-Erlaubnis ist, die osteopathischen Behandlungen erbringen und damit werben. Die Werbung sollte allerdings klar erkennen lassen, welcher Therapeut der Praxis im Besitz der HP-Erlaubnis ist und die osteopathischen Behandlungen erbringt, um nicht irreführend zu sein.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2015 | Seite 4 | ID 43653464