· Mundhygiene
Nachhaltige Hilfsmittel zur Interdentalraumpflege ‒ ein wichtiger Aspekt bei Mundhygieneberatungen
von Beate Schulz-Brewing, Zahnmedizinische Fachassistentin, Kiel
| Der Begriff der Nachhaltigkeit ist bei vielen Patienten angekommen und hat Einzug in die Zahnarztpraxen gehalten. Er ist ein wichtiger zusätzlicher Aspekt bei den Mundhygieneberatungen. Zur Zahnbürste und zur Zahncreme gibt es schon etliche umweltschonende Varianten. Bei Hilfsmitteln für eine effektive Reinigung der Zahnzwischenräume ist das Angebot nachhaltiger Produkte zwar noch nicht so groß, aber es wächst ständig. Jedes Teammitglied, das Mundhygieneberatungen durchführt, sollte sich auch hier auskennen und Hinweise dazu geben können. |
Hilfsmittel nach individuellen Gegebenheiten aussuchen
Hilfsmittel zur Reinigung der Zahnzwischenräume müssen sehr individuell ausgewählt werden ‒ je nachdem, welche Vorerkrankungen bei jedem Einzelnen vorliegen und wie die anatomischen Bedingungen sind:
- Zahnseide oder Zahnband sind angezeigt, wenn die Interdentalräume von den Zahnfleischpapillen ausgefüllt sind und die Zähne sehr eng stehen. Zahnseide kann man geschickt zwischen den Fingern aufspannen. Dies gelingt nicht jedem und oft kommen zur Erleichterung Zahnseidenhalter, Flossetten oder Zahnpicks zum Einsatz, die größtenteils aus Neukunststoff hergestellt werden.
- Sollten die Zwischenräume größer und das Zahnfleisch schon abgebaut sein, kommen Interdentalraumreiniger oder Zahnhölzer zum Einsatz. Hier gibt es sehr viele unterschiedliche Varianten in den Sortimenten, häufig Einwegprodukte, deren Griffe, Borsten und Spitzen aus Kunststoffen hergestellt werden.
Die Prophylaxe-Assistentin sollte ihre Empfehlungen auch auf nachhaltige Alternativen ausweiten und auch Hinweise zur Abfallbeseitigung geben können. Möglicherweise wird der Patient dann eine umweltschonende Alternative auswählen. Es folgen Hinweise zu fünf Typen von Interdentalraumreinigern, zu denen es auch nachhaltige Alternativen gibt.
1. Alternative Zahnseiden
Zahnseiden gibt es als Naturprodukte aus reiner Seide mit Bienenwachsbeschichtung (Völmel). Diese Seiden laufen gut in den Zahnzwischenraum. Bei Unebenheiten fasern sie auf ‒ was ja erwünscht ist, um überstehende Füllungsränder und Unebenheiten zu entdecken. Verpackt sind sie in Glasflakons, die nachfüllbar und daher lange verwertbar sind. Klein und handlich sind sie immer gut mitzuführen. Die Spulen lassen sich auch in dafür vorgesehene Halter aus recyceltem Plastik einspannen, was wiederum überflüssigen Kunststoffmüll vermeidet.
Wer sich jedoch ein veganes Produkt wünscht, liegt hier falsch. So verhält es sich auch bei der Zahnseide von Yawec, die in einem herkömmlichen Zahnseidenspender verkauft wird, der allerdings biologisch abbaubar ist. Kaufen kann man diese Zahnseiden in Bio- und „Unverpackt“-Läden, aber auch dm und Rossmann sowie andere Discounter haben ähnlich nachhaltige Produkte. Es empfiehlt sich, die entsprechenden Regale regelmäßig beim Einkaufen zu inspizieren, um über die Angebote und Neuheiten informiert zu sein.
PRAXISTIPP | Sollte für den Patienten keines der alternativen Produkte passend sein, können Sie ihn darauf hinweisen, dass auch wiederbefüllbare Zahnseidenhalter (z. B. von Butler) ressourcensparend sind. Damit verbinden können Sie den Hinweis, dass Zahnseidenspender sowie Reste in den Wertstoffmüll gehören, nicht aber in den Restmüll. |
2. Flosser
Sogenannte „Flosser“ sind kleine Zahnseidenbögen, die mit reißfester Seide und einem ergonomischen Handformgriff ausgestattet sind. Sie liegen gut in der Hand und sind auch von Kindern zu handhaben. Es gibt viele Billigprodukte dieser Art, aber herausragend in der Funktionalität waren m. E. schon immer die Flossetten der schwedischen Firma „TePe“.
Nun gibt es die praktischen Helfer auch aus Biokunststoff als “TePe GOOD“. Sie sind zu 85 Prozent CO2-neutral und sie bestehen aus nachwachsenden Rohstoffen (Zuckerrohr und Holzfasern). Zumindest in Schweden werden sie mit grüner Energie hergestellt. Wie ihre Vorgänger sind sie hygienisch und funktional. Jetzt besteht sogar das Verpackungsmaterial aus dem Grundstoff Zucker. Es handelt sich um Mehrfachprodukte. Damit sie nicht als Einzelteile im Müll oder gar daneben herumliegen, sollte man alle verbrauchten Flosser sammeln und nicht einzeln im Hausmüll verschwinden lassen.
3. Zahnhölzer
Zahnhölzer waren schon immer aktuell, sind preiswert und erfreuen sich größter Beliebtheit. Sie bestehen meist aus hygienischem imprägnierten Birkenholz und sind dadurch umweltverträglich und biologisch abbaubar. Leider werden sie nicht immer in Pappverpackungen angeboten, sondern auch in Kunststoffblistern an Ständern. Diese Verpackungsart mag für den Anbieter praktisch sein, stellt aber wiederum ein zusätzliches Müllproblem dar. Zahnhölzer sind bei vielen Patienten beliebt und auch durchaus empfehlenswert ‒ vorausgesetzt, man verwechselt Zahnhölzer nicht mit Zahnstochern, die spitz und splitterig sind.
PRAXISTIPP | Das ideale Zahnholz hat Dreiecksform und der Gebrauch sollte immer geschult werden. Sie werden vor Benutzung etwas aufgeweicht, die flache Basis muss immer zum Zahnfleisch zeigen. Es wird nicht gestochert, sondern auf und ab bewegt. Sehr gut geeignet sind m. E. die Zahnhölzer der Schweizer Firma „Paro“. Sie sind sehr fein gearbeitet und werden in Pappverpackungen verkauft. |
4. Interdentalraumbürsten Hydrophil
Nachhaltige Zwischenraumbürsten gibt es auch, besonders von der Firma Hydrophil. Leider gibt es sie noch nicht in der großen Variabilität und Vielfalt, wie sie benötigt würden. Angeboten werden sie in verschiedenen Größen (1‒4), jeweils in Sechserpackungen. Der 5 cm lange Griff aus Bambusholz liegt gut in der Hand, die zylindrisch angeordneten Borsten lassen sich reizlos im Zwischenraum bewegen und reinigen gründlich. Den Draht kann man abknicken ‒ so werden auch entlegene Zwischenraumbereiche erreicht. Der Borstendraht ist abspülbar und leicht zu reinigen, was die Lebensdauer erhöht. Eine Desinfektion der Ansätze erreicht man mit einer CHX-Mundspülung, z. B. mit Meridol Med 0,2 Prozent.
Allerdings ist der Preis mit fast 6,00 Euro doppelt so hoch wie der von herkömmlichen Produkten. So werden doch viele Patienten auf die bewährten ursprünglichen Reiniger zurückgreifen. Entsorgt werden sie wie Bambuszahnbürsten. Der Griff ist kompostierbar und gehört in den Biomüll, den Kopf mit Draht und Borsten sollte man entfernen und in den Recyclingmüll geben.
5. Einbüschelbürsten
Ein sehr gutes Hilfsmittel bei freiliegenden Zahnhälsen, Brücken und Brackets stellen Einbüschel- oder Solobürsten dar. Sie arbeiten punktgenau und reinigen auch unzugängliche Bereiche mit kreisenden Bewegungen sehr gründlich. Hier bietet die Firma SWAK eine sehr gute nachhaltige vegane Variante an. Für dieses System gibt es sogar Wechselköpfe aus Wurzelholz, die stabilen Griffe sind aus Zuckermasse gefertigt. Die kleinen Rundköpfe arbeiten wie Präzisionswerkzeuge, mit denen man allen Problemstellen wie Implantate, Kronen, Brücken, Teleskope sowie Brackets zu Leibe rücken kann. Nach Gebrauch gehören sie in den Biomüll.
Die Mischung macht´s
Die Zahngesundheit unserer Patienten steht immer Mittelpunkt. Leider gibt es noch nicht so viele plastikfreie Alternativen zur Zahnzwischenraumreinigung, wie es wünschenswert wäre. Ihr Angebot wird aber steigen, vielfältiger und preisgünstiger werden, je mehr Nachfrage es gibt.
Man sollte nicht dogmatisch nur auf Bioprodukten bestehen, sondern ausprobieren, lesen und studieren. Am besten, Sie testen mit dem Patienten gemeinsam aus, was für ihn nützlich und praktikabel ist. Es gilt, jeweils die geeignete Mischung von Zahnzwischenraumreinigern zu finden.
FAZIT | Durch umweltfreundliche plastikfreie Verpackungen kann man viel Umweltmüll sparen. Immer sollten Patienten und Sie als ihre Mundhygieneberater auf hohe Qualität setzen. Billigprodukte werden zu schnell verbraucht und erzeugen relativ viel Müll. Im Sinne der Nachhaltigkeit führen viele kleine Schritte und kritisches Hinterfragen weiter zum Ziel einer möglichst plastikfreien Umwelt. |