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· Fachbeitrag · Patientenführung

Man muss auch „Nein“ sagen können: Die Kunst des richtigen Ablehnens sichert den Praxiserfolg

von Dr. med. dent. Markus Th. Firla, Hasbergen

| In unserer heutigen Gesellschaft fordern Patienten eine enorme Servicebereitschaft ihrer Zahnarztpraxis - getreu dem Motto „Der Kunde ist König“. Da könnte eine Absage an ihr Anliegen geradezu als Affront gewertet werden. Auf der anderen Seite befällt dieses ungute Gefühl beim „Nein“-Sagen aber auch nahezu alle, die als Dienstleister im Gesundheitswesen täglich bemüht sind, beinahe alles möglich zu machen und jede Herausforderung zu meistern. Das muss jedoch nicht sein. |

 

© luna (Fotolia.com)

„Nein“ sagen heißt nicht, sich zu verweigern!

Ein „Nein“ darf man nicht einfach als eine Weigerung der betreffenden Person werten, sondern vielmehr wird eine eindeutige Position bezogen. Es kann sowohl der Selbstbehauptung eines Einzelnen oder auch dem Schutz einer „höheren Sache“ - wie zum Beispiel dem Funktionieren des Praxisteams oder der Integrität einer zahnmedizinischen Leistungserbringung - dienen. Die folgenden Beispiele können als Anregung dienen, wie das „Nein“-Sagen ernsthaft und dennoch nicht brüskierend ablaufen kann.

 

„Nein“ zu Mitarbeitern und Kollegen

Wird von einer Kollegin abends zum wiederholten Mal die Frage an Sie herangetragen, ob Sie bei der Behandlung eines Schmerzpatienten länger bleiben können, dann ist die folgende Entgegnung nicht unkooperativ und unkollegial, sondern eröffnet sogar eine Lösung für das grundsätzliche Problem.

 

  • Beispiel

„Nein, heute Abend kann ich auf keinen Fall länger bleiben. Ich möchte außerdem für derartige Überstunden schnell eine Regelung finden, damit für alle klar ist, wann wer einzuspringen hat.“

 

© styleuneed (Fotolia.com)

„Nein“ zu Patienten

In etwas unangenehmen Fällen sind keine kreativen Ausreden oder Entschuldigungen vonnöten, um das erforderliche „Nein“ zu kaschieren. Eine direkte und verständliche Aussage ist meistens die bessere Lösung.

 

  • Beispiel

„Nein, Herr Meyer, dieser Zahn ist beim besten Willen und bei Anwendung aller zahnmedizinischen Möglichkeiten, die ich Ihnen im Detail geschildert habe, nicht zu erhalten, da er bis weit unter den Zahnfleischrand kariös zerstört ist.“

 

Es ist im Bedarfsfall auch erlaubt, eine Absage klar und unmissverständlich in einem freundlichen Gesprächston vorzutragen.

 

  • Beispiel

„Nein, Frau Müller, eine Ratenzahlung per Überweisung an uns ist dieses Mal leider nicht mehr möglich, da Sie bei der Bezahlung Ihrer letzten Rechnung trotz unseres Entgegenkommens und aller Hilfestellungen monatelang mit den Raten in Verzug waren.“

 

„Nein“ zu sonstigen Bezugspersonen der Praxis

Auch gegenüber Einrichtungen und Organisationen sowie den dort arbeitenden Menschen, die in direktem Bezug zur Praxis stehen, kann es gelegentlich notwendig sein, ein klärendes, definierendes „Nein“ auszusprechen.

 

  • Beispiel

„Nein, ich bin von anderen Depots einen höheren Rabatt gewohnt. Deshalb kann ich Ihr Angebot so leider nicht akzeptieren!“

 

Dies kann nicht als schroffe Antwort gelten, wenn der Nachlass im Rahmen eines Großeinkaufs bei einem Händler im Vergleich zu anderen Anbietern deutlich zu wünschen übrig lässt. Ein klares wohlüberlegtes „Nein“, das sich dazu noch faktisch untermauern lässt, schwächt nicht Ihr professionelles Ansehen, sondern stärkt Ihren Ruf als ernstzunehmender Geschäftspartner.

 

„Nein“ zu sich selbst

„Nein“ sagen zu können heißt anderen Grenzen setzen, womit letztendlich die eigene Position definiert wird. Diese Haltung und Handlungsweise muss aber auch enthalten, sich selbst ein „Nein“ entgegenzuhalten, wo es sinnvoll ist.

 

  • Beispiel

„Nein, in der nächsten Woche mache ich nicht noch einmal nicht so viele Überstunden. Ich fühle deutlich, dass ich einfach mehr Zeit zum ‚Abschalten‘ brauche.“

 

Dies ist keine Arbeitsverweigerung, sondern die begründete Absicht, die Balance zwischen Beruf und Privatleben im Gleichgewicht zu halten. Man könnte es auch als eine die Arbeitskraft erhaltende Maßnahme bezeichnen.

Die drei goldenen Regeln des „Nein“-Sagens

Die Entscheidung, ein „Nein“ auszusprechen, liegt ganz bei Ihnen. Es gibt jedoch Regeln, die Sie bei der Umsetzung der einmal getroffenen Entscheidung unterstützen.

 

1. Die passende Situation und der richtige Zeitpunkt

Auch wenn das intuitive Bauchgefühl, die Berufserfahrung und alle sonstigen Vernunftsgründe ein klares und sofortiges „Nein“ fordern: Gewisse zeitliche und situative Gegebenheiten können dagegen sprechen. Hier ist es erlaubt, eine Verzögerungstaktik zu ergreifen, um einen passenderen Zeitpunkt für das „Nein“ zu finden. Ein derartiges Hinauszögern sei Ihnen auch zugestanden, wenn Sie mehr Zeit brauchen, um für sich selbst herauszufinden, ob Sie wirklich „Nein“ sagen wollen. „Ich muss erst darüber nachdenken“ oder „Ich muss dazu erst weitere Informationen einholen“ sind bei wichtigen Entscheidungen keine hohlen Ausflüchte, sondern verschaffen Ihnen die notwendige Ruhe zum Nachdenken.

 

2. Das „Nein“ direkt zu Anfang aussprechen

Wollen und können Sie „Nein“ sagen, dann sprechen Sie das Wort gleich zu Anfang Ihrer Antwort aus. Es ist einfacher, bei einem „Nein“ zu bleiben, wenn es das erste Wort ist, das über Ihre Lippen kommt. Formulieren Sie freundlich, knapp und direkt - zum Beispiel: „Nein, es tut mir leid, unter diesen gesundheitlichen Gegebenheiten kann ich Sie nicht behandeln.“ Oder: „Nein, diese Behandlungsmaßnahmen können wir ohne Vorbehandlung bei Ihnen so nicht durchführen.“ Sie brauchen sich nicht zu entschuldigen, um Ihre Position zu untermauern. Nennen Sie in verständlichen Worten sämtliche Gründe, die Ihr Gegenüber Ihre fürsorgliche Ablehnung verstehen lassen.

 

3. Mit Körpersprache die Bedeutung des „Nein“ unterstreichen

Sprechen Sie mit fester und ruhiger Stimme. Schauen Sie Ihrem Gegenüber in die Augen, wenn Sie „Nein“ sagen. Schütteln Sie den Kopf dabei. Denken Sie immer daran, dass es völlig in Ordnung ist, „Nein“ zu sagen, wenn dies die Antwort ist, die Sie geben wollen oder müssen. Denn dann klingt Ihre Antwort ehrlich und authentisch und wird von Ihrem Gesprächspartner auch eher akzeptiert.

Quelle: Ausgabe 03 / 2013 | Seite 2 | ID 37914460