Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww

· Fachbeitrag · Digitale Zahnarztpraxis (Teil 2)

Digitalisierung der Dokumentation und Abrechnung: Mehr Zeit für den Behandlungsstuhl

von Caroline-Kristina Havers, Fachwirtin für zahnärztliches Praxismanagement sowie Marketing im Sozial- und Gesundheitswesen, Dortmund

| Der Aufwand der Dokumentation hat sich seit 1979 verachtfacht. Früher kamen auf acht Behandlungsstunden eine Verwaltungsstunde, gegenwärtig liegt der Umfang bei einem Verhältnis von eins zu eins. Die Digitalisierung der Dokumentation kann helfen, dieses Verhältnis zugunsten von Behandlungsstunden zu verbessern. |

Dokumentationspflichten laut Patientenrechtegesetz

Die Anforderungen an die Dokumentation sind hoch. Die letzte Verschärfung fand durch das im Februar 2013 in Kraft getretene Patientenrechtegesetz statt, das in das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) integriert wurde. Die Anforderungen zur Dokumentation der Behandlung sind in § 630f BGB formuliert:

 

  • § 630f BGB Dokumentation der Behandlung

„(1) Der Behandelnde ist verpflichtet, zum Zweck der Dokumentation in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung eine Patientenakte in Papierform oder elektronisch zu führen. Berichtigungen und Änderungen von Eintragungen in der Patientenakte sind nur zulässig, wenn neben dem ursprünglichen Inhalt erkennbar bleibt, wann sie vorgenommen worden sind. Dies ist auch für elektronisch geführte Patientenakten sicherzustellen.

 

(2) Der Behandelnde ist verpflichtet, in der Patientenakte sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen, insbesondere die Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen, Untersuchungsergebnisse, Befunde, Therapien und ihre Wirkungen, Eingriffe und ihre Wirkungen, Einwilligungen und Aufklärungen. Arztbriefe sind in die Patientenakte aufzunehmen.“

 

Konsequenzen für Digitalisierung der Dokumentation

Für die Digitalisierung der Abrechnung und Dokumentation bedeutet dies, dass

  • es gestattet ist, eine Patientenakte auch elektronisch zu führen,
  • die Dokumentation zeitnah erfolgen muss,
  • Änderungen nur unter bestimmten Umständen zulässig sind und
  • sämtliche aus fachlicher Sicht für die derzeitige und künftige Behandlung wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse aufzuzeichnen sind.

 

In der Zahnarztpraxis wird z. B. bei der Patientenannahme, der Aufklärung und Beratung, der Patientenbehandlung, der Leistungsabrechnung, bei der Hygiene und im Bereich der Medizinprodukte dokumentiert. Alle Bereiche, bei denen bisher noch mit Papier, Ordnern und platzraubenden Ablagesystemen gearbeitet wird, können digitalisiert werden. Voraussetzung dabei ist aber, dass mindestens so gründlich dokumentiert wird wie bisher auf dem Papier. So fordert es auch das Landgericht Köln in seinem Urteil vom 11.05.2010 (Az. 3 O 477/08, Abruf-Nr. 102943): „Für eine elektronische Dokumentation gelten die gleichen Anforderungen wie für die Dokumentation auf Papier.“ Die elektronische Dokumentation muss daher manipulationssicher und für den Fachmann verständlich sein, es muss Platz für Besonderheiten geben und darf nur wenig Nichtmedizinisches enthalten.

 

Dokumentation mit Qualitätsmanagement verzahnen

Eine Erleichterung bei der Dokumentation ist, dass Sie beispielsweise bei der Aufklärung auf Arbeitsanweisungen Ihres Qualitätsmanagements zurückgreifen können.

 

  • Beispiel

Wenn Sie einem Patienten davon abraten, weiterhin zu rauchen und ihn über die schädlichen Einflüsse des Nikotinkonsums und die Gesundheitsrisiken aufklären, können Sie dafür eine Arbeitsanweisung erstellen und auf diese in Ihrer elektronischen Karteikarte hinweisen (z. B. „Aufklärung erfolgt nach AA 1234“). Diese Art der Dokumentation ist rechtsgültig.

 

Auch die Mitarbeiterin in der Prophylaxe kann für ihre Sitzungen Arbeitsanweisungen erstellen und bei der Dokumentation auf diese hinweisen. So müssen Sie nicht immer wieder das Gleiche erneut notieren. Zu beachten ist aber, dass Besonderheiten separat aufgeschrieben werden müssen.

Vorteile der elektronischen Karteikarte

Die Nutzung einer elektronischen Karteikarte bedeutet auch, dass der Aufwand bei der Vorbereitung der Karteikarten entfällt. Wurde in der Vergangenheit dem Behandler mit Klebezetteln mitgeteilt, dass bei Zahn 25 eine „ViPr nach CP“, bei 38 eine „N nach X“ oder der „PSI“ fällig ist, kann das nun über die Praxissoftware im Zahnschema durch Farbbestimmung oder Symbol erkannt werden. Weitere Vorteile sind:

 

  • Der Befund muss nicht immer wieder erneut übertragen werden, da die Angaben der letzten 01 automatisch vorgeschlagen werden. Nur Änderungen müssen eingetragen werden.
  • Zeitsparend ist ebenfalls, dass durch einen Klick in die Zahnhistorie z. B. sofort festgestellt werden kann, wann die Krone angefertigt oder der Glasfaserstift gesetzt wurde. Das lästige Zurückblättern und Suchen in der Karteikarte entfällt.
  • Elektronische Karteikarten sind durch eine desinfizierbare Abdeckung oder die desinfizierbare Tastatur mit Maus hygienischer als die Karteikarte aus Papier!

 

Sehr hilfreich kann auch der Gebrauch von Leistungsketten sein. Dadurch kann der Zahnarzt selbst oder die Mitarbeiterin in der Assistenz bereits im Behandlungsraum am PC die erbrachte Behandlung eingeben. Dies bedeutet aber auch, dass nicht mehr nur die Mitarbeiterin der Verwaltung in der Abrechnung geschult werden sollte, sondern auch die Behandlungsassistenz und der Behandler selbst.

 

Leistungsketten haben den Vorteil, dass dem Nutzer vorgeschlagen wird, welche Leistungen zu dokumentieren und abzurechnen sind. Wenn verschiedene Materialien hinterlegt sind, werden auch diese angezeigt und können ausgewählt werden. Der Nachteil dabei ist aber, dass eine in der Abrechnung unerfahrene Mitarbeiterin nicht erkennen kann, ob eine Leistung fehlt. Sie verlässt sich auf die Vollständigkeit oder klickt jede der vorgeschlagenen Leistungen an.

 

  • Beispiel

Patient Müller hat eine Füllung an Zahn 27 bekommen. Nachdem der Patient im Programm aufgerufen wurde, tippt die Behandlungsassistenz „27 mod“ ein. Die hinterlegte Leistungskette fragt dann ab, ob folgende Leistungen erbracht wurden:

  • Ä1
  • Vipr
  • 0080
  • 0090 (danach Menge und Name des Anästhetikums)
  • CP
  • P
  • bMF (verschiedene Auswahlmöglichkeiten zum Präparieren und Füllen)
  • Kofferdam
  • Material (Amalgam oder Kunststoff wird verschiedenfarbig im Schema angezeigt)

Da an Zahn 27 noch eine Exzision durchgeführt und wegen Überempfindlichkeit nach der Füllung bukkal fluoridiert wurde, müssen diese Leistungen manuell eingetragen werden.

 

Zusammengefasst müssen Sie also zur Digitalisierung der Dokumentation Folgendes wissen:

 

  • Für eine elektronische Dokumentation gelten die gleichen Anforderungen wie bei der Dokumentation auf Papier.
  • Sie dürfen auf das QM zurückgreifen.
  • Leistungsketten müssen eingepflegt und geprüft werden.
  • Mitarbeiter in der Behandlungsassistenz benötigen regelmäßige Schulungen.
  • Die Abrechnung geht schneller, Aufwand und Portokosten gehen zurück.

 

PRAXISHINWEIS | Da auch die Quartalsabrechnung oder Zahnersatzabrechnung digital durchgeführt wird, kann viel Zeit eingespart werden. Nach Quartalsabschluss muss kein Strich mehr gezogen und keine Karten müssen mehr wegsortiert werden. Die Kosten für das Einschreiben und der Weg zum Postamt entfallen weitgehend, da die meisten relevanten Daten online übermittelt werden. Nur bei wenigen Kostenträgern muss noch ein Papiernachweis erbracht werden.

 

Weiterführende Hinweise

  • In Teil 3 wird es um die „Digitalisierung der Kommunikation“ und die Auswirkungen auf die Zahnarztpraxis gehen.
Quelle: Ausgabe 04 / 2017 | Seite 2 | ID 44476913