· Fachbeitrag · Verordnung
Neues zur Verordnung von Krankenbeförderung durch die Zahnarztpraxis
von Caroline-Kristina Havers, Fachwirtin für zahnärztliches Praxismanagement sowie Marketing im Sozial- und Gesundheitswesen, Dortmund
| Die Patientin Hertha Meier lässt sich durch ein Krankentransportunternehmen zu ihrem Zahnarzttermin bringen. An der Anmeldung bittet der Fahrer die Mitarbeiterin der Zahnarztpraxis um das Ausstellen einer Krankenbeförderung für eine Hin- und Rückfahrt mit einem Liegendmietwagen. Nun herrscht in der Zahnarztpraxis große Verunsicherung darüber, ob der Zahnarzt die Krankenbeförderung überhaupt ausstellen darf. Die gute Nachricht: Sie dürfen, sofern Sie sich an bestimmte Voraussetzungen halten. Welche das sind und was in diesem Zusammenhang neu ist, erfahren Sie in diesem Beitrag. |
Das sind die Änderungen zur Verordnung in 2019
Die „Krankentransport-Richtlinie“ des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) gemäß § 92 Abs. 1 Satz 2 Nummer 12 SGB V regelt die Verordnung von Krankenfahrten, Krankentransporten und Rettungsfahrten u. a. durch Vertragsärzte und Vertragszahnärzte.
Neu seit dem 01.01.2019 ‒ die „Genehmigungsfiktion“ für Fahrkosten
Durch das Pflegepersonal-Stärkungsgesetz (PpSG) ist zu Beginn des Jahres 2019 eine Änderung des § 60 SGB V zu Fahrkosten in Kraft getreten, die auch Auswirkungen auf die Verordnung von Krankenfahrten durch Zahnärzte hat. Bestimmte Personengruppen mit erheblichen gesundheitlichen oder sonstigen Einschränkungen dürfen nun durch den Zahnarzt eine Verordnung erhalten, ohne dass dafür eine vorherige Genehmigung erforderlich ist.
Demnach darf die Verordnung seit dem 01.01.2019 ohne vorherige Genehmigung durch die Krankenkasse in folgenden Fällen ausgestellt werden:
- Versicherte mit einem Schwerbehindertenausweis mit dem Merkzeichen „aG“ (außergewöhnliche Gehbehinderung), „Bl“ (Blindheit) oder „H“ (Hilflosigkeit)
- Versicherte, die gemäß SGB XI in den Pflegegrad 3, 4 oder 5 eingestuft sind; bei Einstufung in den Pflegegrad 3 muss zusätzlich eine dauerhafte Beeinträchtigung der Mobilität festgestellt werden
- Versicherte, die bis zum 31.12.2016 aufgrund der Einstufung in die Pflegestufe 2 einen Anspruch auf Fahrtkostenübernahme hatten, haben Bestandsschutz. Solange diese Patienten mindestens in den Pflegegrad 3 eingestuft sind, bedarf es für sie keiner gesonderten Feststellung einer dauerhaften Mobilitätsbeeinträchtigung.
Krankenfahrten von Versicherten, die in ihrer Mobilität beeinträchtigt sind und einer ambulanten Behandlung über einen längeren Zeitraum bedürfen, bleiben weiterhin genehmigungspflichtig. Dasselbe gilt für Krankenfahrten von Versicherten, die kein Merkzeichen „aG“, „Bl“, oder „H“ sowie keine Einstufung in den Pflegegrad 3 (mit dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung), 4 oder 5 besitzen.
Die neue Genehmigungsfiktion für Krankenfahrten macht eine Überarbeitung der Krankentransport-Richtlinie sowie des Musters 4 für die Verordnung notwendig. Die des Musters 4 ist zum 01.04.2019 erfolgt.
Neues Muster 4 „Verordnung einer Krankenbeförderung“ seit dem 01.04.2019
Verordnet wird die Beförderung seit dem 01.04. 2019 auf dem neuen Muster 4 „Verordnung einer Krankenbeförderung“. Dieses ist ab dem 01.04.2019 anzuwenden. Die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen stellen das neue Formular jeweils zu Verfügung. Es ist nach wie vor blau-rot, jetzt aber nicht mehr im Querformat. Wie bisher ist es bei Kassen- als auch bei Privatpatienten anzuwenden. Leider ist es nach wie vor auf den vertragsärztlichen Bereich zugeschnitten, muss aber dennoch von den Zahnärzten wie bisher mitgenutzt werden.
Auf dem neuen Muster 4 wurde bei „Dauerhafte Mobilitätseinschränkung“ der Text zum Ankreuzfeld von Pflegestufen auf die Pflegegrade angepasst. Er lautet nun: „Merkzeichen ‚aG‘, ‚Bl‘, ‚H‘, Pflegegrad 3 mit dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung, Pflegegrad 4 oder 5“. In diesen Fällen sollen auch Vertragszahnärzte dort ihr Kreuz setzen und die Krankenkassen die entsprechende Verordnung ohne vorherige Genehmigung akzeptieren, obwohl das Ankreuzfeld zu den Merkzeichen jetzt bei „Genehmigungspflichtige Fahrten zu ambulanten Behandlungen“ einsortiert ist. Diese Verfahrensweise gilt übergangsweise, bis der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) die Krankentransport-Richtlinie an die gesetzlichen Änderungen angepasst hat.
So setzen Sie die Verordnung in der Zahnarztpraxis um
Voraussetzung für die Verordnung von Beförderungsleistungen ist, dass die Fahrt im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse zwingend medizinisch notwendig ist. Fahrten zum Abstimmen von Terminen, Erfragen von Befunden, Abholen von Verordnungen o. ä. sind keine Krankenkassenleistung und dürfen daher nicht verordnet werden.
Patientendaten einholen
Um die Verordnung einer Krankenbeförderung korrekt ausstellen zu können, benötigen Sie zunächst vom Patienten die Information darüber, in welchen Pflegegrad er eingestuft wurde bzw. ob er einen Schwerbehindertenausweis besitzt. Dies können Sie z. B. auch in Ihrem Anamnesebogen abfragen.
PRAXISTIPP | Lassen Sie sich das Schreiben der Krankenkrasse über die Einstufung in den Pflegegrad bzw. den Behindertenausweis vorlegen und machen Sie für eventuelle spätere Rückfragen eine Kopie für Ihre Karteikartendokumentation. |
Sobald ein Patient eine Verordnung für die Krankenbeförderung benötigt bzw. der Fahrdienst danach verlangt, fragen Sie nach dem Beförderungsmittel, ob eine medizinisch-technische Ausstattung oder Betreuung erforderlich war und danach, welcher Beförderungsweg genutzt worden ist. Es gibt Fahrdienste, die für die Hin- und Rückfahrt jeweils gesonderte Verordnungen benötigen ‒ vor allem dann, wenn die Fahrten durch unterschiedliche Fahrer getätigt worden sind. In der Regel reicht aber eine Verordnung für die Hin- und Rückfahrt.
Ist eine Verordnung nicht genehmigungspflichtig, kann sie dem Patienten bzw. dem Fahrdienst sofort ausgehändigt werden. In Fällen, die eine Genehmigung notwendig macht, ist Rücksprache mit der Krankenkasse zu halten ‒ z. B. bei kurzfristiger Planung, weil der Patient durch den Fahrdienst ohne Termin mit Schmerzen in die Praxis gebracht wird.
PRAXISTIPP | Bei akuten Fällen können Sie erfahrungsgemäß telefonisch den Fall schildern und anschließend die Verordnung per Fax zur Krankenkasse senden. Die Verordnung erhalten Sie dann gestempelt und unterschrieben per Fax zurück. Ist eine Planung möglich, senden Sie das Muster 4 rechtzeitig für die Genehmigung zur Krankenkasse bzw. geben es dem Patienten oder einer Bezugsperson frühzeitig für die Krankenkasse mit. |
Durch Ihre Praxissoftware sind Sie in der Lage, die Verordnung auszudrucken. Die Daten der Gesundheitskarte und der Praxisstempel werden automatisch eingefügt.
Tipps zum Ausfüllen des neuen Musters 4
Die Verordnung einer Krankenbeförderung zu einer geplanten Zahnbehandlung durch eine Zahnarztpraxis verlangt auf dem neuen Muster 4 u. a. folgende Angaben:
- ein Kreuz bei Hinfahrt und/oder Rückfahrt
- unter „Genehmigungspflichtige Fahrten zu ambulanten Behandlungen“ bei „d) dauerhafte Mobilitätsbeeinträchtigung“ ein Kreuz bei „Merkzeichen ‚aG‘, ‚Bl‘, ‚H‘, Pflegegrad 3 mit dauerhafter Mobilitätsbeeinträchtigung, Pflegegrad 4 oder 5“ (dennoch ist diese Verordnung seit dem 01.01.2019 genehmigungsfrei, wenn sie ein Zahnarzt vornimmt)
- Eintrag von Datum und Intervall bei „2. Behandlungstag/Behandlungsfrequenz“, z. B. bei langfristiger Behandlung „2 x pro Woche“ und Behandlungsstätte (Name und Ort der Zahnarztpraxis)
- bei „3. Art der Beförderung“ ein Kreuz bei Beförderungsmittel wie „Taxi/Mietwagen“ oder „KTW“ (Krankentransportwagen); wird „KTW“ angekreuzt, ist eine Begründung in dem entsprechenden Freifeld im neuen Muster 4 erforderlich, z. B. „Blutungsgefahr“
- Eintrag im Freifeld bei „Sonstiges“, wenn z. B. keine Genehmigungsmöglichkeit bestand, da die Behandlung umgehend erfolgen musste, oder wenn der Patient einen Rollator besitzt, keine Treppen steigen kann etc.
- Unterschrift des Zahnarztes (nicht vergessen (!) ‒ die Unterschrift durch eine Mitarbeiterin ist nicht zulässig)
Weiterführender Hinweis
- Viele KZVen, so z. B. Westfalen-Lippe, haben Ende März/Anfang April umfassende Informationen zur Verordnung von Krankenfahrten durch Zahnärzte sowie zum neuen Muster 4 mit Ausfüllhinweisen an die Zahnarztpraxen verschickt. Beachten Sie diese Hinweise, um auch eventuelle regionale Besonderheiten berücksichtigen zu können.