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08.02.2013 · IWW-Abrufnummer 130447

Oberlandesgericht Koblenz: Urteil vom 23.07.2012 – 5 U 1242/11

Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


Aktenzeichen: 5 U 1242/11
2 O 308/09 LG Mainz
Oberlandesgericht Koblenz
Hinweis nach § 522 Abs. 2 S. 2 ZPO
In dem Rechtsstreit
XXX
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach, den Richter am Oberlandesgericht Weller und den Richter am Oberlandesgericht Goebel am 19.06.2012 beschlossen:
1. Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Beklagten und Widerklägerin vom 19.10.2011 gegen das Urteil des Landgerichtes Mainz vom 14.09.2011 einstimmig gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Beklagte und Widerklägerin erhält Gelegenheit, zu den Hinweisen des Senates bis zum 12.07.2012 Stellung zu nehmen. Die Rücknahme der Berufung wird empfohlen.
Gründe
I.
Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Vergütung für eine zahnärztliche Tätigkeit, während die Beklagte die Behandlung für fehlerhaft erachtet und widerklagend immateriellen Schadensersatz sowie die Feststellung der künftigen materiellen und immateriellen Schadensersatzpflicht verlangt. In der Berufungsinstanz wird widerklagend statt der Feststellung nunmehr Leistung vermeintlicher Nachbehandlungskosten verlangt.
Die Klägerin ist Fachärztin für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie und betreibt eine Zahnarztpraxis in …[Z]. Die Beklagte begab sich auf Anraten ihres behandelnden Zahnarztes, des Zeugen Dr. ...[A], im Zeitraum vom 04.12.2003 bis zum 15.08.2005 in die Behandlung der Klägerin. Sie benötigte Ersatz für eine alte Brücke und strebte einen festsitzenden Zahnersatz an. Der Zeuge nannte der Beklagten die Möglichkeit einer Implantateinsetzung. Die Nachbehandlung sollte durch ihn erfolgen. Die Beklagte unterschrieb am 08.09.2004 die Einwilligung und füllte den Anamnesebogen aus (Bl. 67 GA). Der Inhalt des Aufklärungsgespräches ist streitig. Am 04.11.2004 wurden der Beklagten alle drei an der alten Brücke beteiligten Zähne gezogen. Im Rahmen der Behandlung wurde der Kiefer operativ eröffnet, der Kieferhöhlenboden angehoben und Knochenersatzmaterial eingebracht (Sinuslift). Mit Datum vom 17.06.2005 führte die Klägerin erneut einen Sinuslift zur fachgerechten Einsetzung der Implantate durch und kontrollierte danach die Entwicklung des Eingriffs. Einen letzten Kontrolltermin nahm die Beklagte nicht mehr wahr, worauf die Klägerin am 15.08.2005 ihre Leistungen mit 2.298,22 € abrechnete (Bl. 12 GA). Ein Ausgleich erfolgte trotz dreier Mahnungen, für die die Klägerin weitere 15 EUR verlangt, nicht.
Die Klägerin trägt vor, sie habe die Beklagte über die verschiedenen Behandlungsalternativen, die Unterschiede in der Behandlung bei ihr und dem Zeugen Dr. ...[A] sowie über den Eingriff, dessen Verlauf und mögliche Komplikationen ausführlich, ordnungsgemäß und mehrfach aufgeklärt. Das Ziehen der drei Zähne sei medizinisch notwendig gewesen. Die Schädigung sei so groß gewesen, dass ein Erhalt ausgeschlossen gewesen sei. Der Beklagten seien zwei Implantate im rechten Oberkiefer eingesetzt worden. Die Eingriffe und der sich anschließende Heilungsprozess seien ohne Komplikationen verlaufen. Der Beklagten seien keine, über das im Rahmen der Behandlung unvermeidliche Maß hinaus, Schmerzen zugefügt worden. Die Behandlung sei abgeschlossen. Die Beklagte habe trotz ausführlicher Aufklärung über den weiteren Ablauf des Vorgehens grundlos die Behandlung abgebrochen und dadurch selbst die endgültige Sanierung verhindert. Nachbehandlungskosten würden nicht entstehen. Die in Rechnung gestellten Positionen seien notwendig und angemessen.
Die Beklagte ist dem in erster Instanz umfassend entgegengetreten. Die Behandlung sei nicht abgeschlossen. Das Aufsetzen des Zahnersatzes und somit des Aufbauteils sei nicht durchgeführt worden. Die operative Eröffnung des Kiefers und der Stifteinsatz seien mangelhaft erfolgt, ihr seien Weichteilverletzungen und starke Schmerzen zugefügt worden. Die Klägerin habe statt einem drei Zähne gezogen, ohne dass die Notwendigkeit dieser Maßnahme nachgewiesen sei. Auch sei diesbezüglich eine Verlaufsaufklärung versäumt worden. Die Operationsdauer sei ungewöhnlich lang gewesen, von der Dauer der Nachbehandlung sei auf ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen zu schließen. Die Klägerin sei ihren Aufklärungs- und Beratungspflichten nicht, beziehungsweise nicht in dem notwendigen Umfang nachgekommen. Sie sei über die Risiken des Eingriffs und die unterschiedlichen Behandlungsalternativen nicht aufgeklärt worden. Auch seien nicht alle im Aufklärungsbogen enthaltenen Fragen erörtert worden. Die Abrechnung der Klägerin sei übersetzt und die Behandlung in Teilen nicht nach den Vorschriften der GOÄ und GOZ abgerechnet worden. Es sei nach den Eingriffen zu Entzündungen gekommen. Die Behandlung durch die Klägerin sei weitgehend wertlos, was bereits bei Beginn der Behandlung vorhersehbar gewesen sei. Es müsse mit Nachbehandlungskosten von 16.548,76 € gerechnet werden (Bl. 190 ff. GA). Die Beklagte hielt vor diesem Hintergrund den Zahlungsanspruch für unbegründet und begehrte ihrerseits widerklagend immateriellen Schadensersatz in Höhe von zumindest 2.500 EUR sowie die Feststellung der künftigen Schadensersatzpflicht.
Das Landgericht hat ein Sachverständigengutachten nebst Ergänzungsgutachten eingeholt, einen Zeugen vernommen sowie die Parteien und den Sachverständigen zur Erläuterung seines Gutachtens angehört. Danach hat es der Klage weitgehend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen. Bei einzelnen Abrechnungsziffern hat das Landgericht Abzüge gemacht und insoweit einen begründeten Honoraranspruch von lediglich 2.143,85 gesehen, dem die Mahnkosten von 15,00 EUR zuzuschlagen seien. Die Widerklage hat es abgewiesen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei weder ein Aufklärungsdefizit noch ein Behandlungsfehler feststellbar. Schon der Zeuge ...[A] habe die Beklagte umfangreich aufgeklärt, insbesondere verschiedene Behandlungsalternativen mit ihr besprochen. Auch die Klägerin habe mit der Beklagten ein längeres Gespräch geführt, in dessen Verlauf die Beklagte auch viele Fragen gestellt habe.
Dem tritt die Beklagte mit ihrer Berufung entgegen, mit der sie das Ziel der Klageabweisung weiterverfolgt und zugleich die bisherige Feststellungklage auf eine Leistungsklage umstellt. Die Ausführungen des Sachverständigen zur notwendigen Tiefe der Implantate seien widersprüchlich. Unstreitig sei die Wartedauer zwischen der Defektauffüllung und dem Einsatz der Implantate nicht eingehalten. Dies begründe einen Behandlungsfehler. Es sei rechtsfehlerhaft, die Einheilzeit nach dem 1. Sinuslift als irrelevant anzusehen. Vielmehr sei ein zweizeitiges Vorgehen angezeigt gewesen. Tatsächlich habe man nach dem Ablauf der Einheilzeit nicht nur ein Implantat eingesetzt, sondern nochmals einen Sinuslift aufgebaut. Es hätte deshalb erneut zugewartet werden müssen. Das Verhältnis zwischen Implantat und Kronenlänge von ¼ zu ¾ sei nicht ausreichend gewesen. Die Perforation der Kieferknochenhaut sei keine Komplikation, sondern ein Behandlungsfehler. Selbst wenn man von einer Komplikation ausgehe, hätte sich die Klägerin angesichts der Häufigkeit der Komplikation in 35 bis 50% aller Behandlungen darauf vorbereiten müssen. Das Herausfallen des Implantats sei nicht schicksalshaft gewesen, sondern auf ein behandlungsfehlerhaft in der Tiefe unzureichend verankertes Implantat zurückzuführen. Die bestehende Vorerkrankung (Atrophie) habe erst abschließend therapiert werden müssen, bevor ein Sinuslift habe eingebracht werden dürfen. Das Landgericht habe eine Vielzahl von vorgetragenen Aspekten bei der Beurteilung von Aufklärungsmängeln unberücksichtigt gelassen. Es sei lediglich der Aufklärungsbogen MKG 14, nicht aber der zusätzlich erforderliche Aufklärungsbogen MKG 10 eingesetzt worden. Die Aufklärung sei deshalb unvollständig geblieben (Bl. 490 GA). Wolle man davon ausgehen, dass bei der Einbringung des zweiten Sinusliftes eine Komplikation vorgelegen habe, hätte hierüber gesondert aufgeklärt werden müssen. Insbesondere wäre zu prüfen gewesen, ob das ursprüngliche Behandlungsziel noch erreichbar gewesen sei. Bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sich die Beklagte für einen Abbruch der Verhandlung entschieden. Die Klägerin habe die Beklagte über Behandlungsalternativen nicht aufgeklärt. In prozessualer Hinsicht sei zu beanstanden, dass die Behauptungen zur Widerklage nicht zum Gegenstand der Beweisaufnahme gemacht worden seien. So hätten die Nachbehandler ...[B] und ...[C] als sachverständige Zeugen vernommen und darauf fußend ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt werden müssen. Der beauftragte Sachverständige habe unzulässige eigene Ermittlungen angestellt. Diese Ergebnisse seien nicht verwertbar. Es sei auch zu Dokumentationsfehlern und einer Vielzahl kleinerer Behandlungsfehler gekommen. Die Beweiswürdigung des Landgerichtes sei unzureichend.
Die Beklagte beantragt,
1. das Urteil des Landgerichtes Mainz vom 17.08.2011 (2 O 308/09) aufzuheben.
2. die Klägerin zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 2.500 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem Rechtshängigkeit zu zahlen,
3. die Klägerin zu verurteilen, an sie 7.176,76 EUR zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
hilfsweise
festzustellen, dass die Klägerin verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der kieferchirurgischen Behandlung durch die Klägerin, namentlich der am 17.06.2005 durchgeführten Sinusliftoperation bereits entstanden sind oder künftig entstehen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen sind oder noch übergehen.
Die Klägerin ist dem entgegengetreten und beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beweisaufnahme in erster Instanz habe keinen Anhaltspunkt für einen Behandlungsfehler ergeben. Die Implantate seien tief genug im Knochen eingebracht worden. Der Sachverständige habe seine Beurteilung auf hinreichender Tatsachengrundlage getroffen. Die Klägerin habe es versäumt, eine umgehende Nachbehandlung zu veranlassen. Vielmehr ergebe sich aus den nunmehr vorgelegten Rechnungen, dass die Nachbehandlung erst mehr als 3 ½ Jahre nach der Beendigung der Behandlung durch die Klägerin erfolgt sei. Dies sei die Ursache dafür, dass die eingesetzten Implantate herausgefallen seien. Es habe unabhängig voneinander eine zweifache umfassende Aufklärung stattgefunden. Die vorgelegten Rechnungen als Grundlage der umgestellten Anträge belegten, dass es sich nicht um Nachbehandlungskosten, sondern Kosten einer Erstbehandlung handele.
II.
Der Senat ist nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand einstimmig der Überzeugung, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. § 522 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 3 ZPO erfordern keine Entscheidung durch Urteil nach mündlicher Verhandlung. Eine solche ist auch nicht nach § 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO geboten. Von ihr sind keine neuen Erkenntnisse zu erwarten.
Das Landgericht hat der Klage im tenorierten Umfang zu Recht stattgegeben und die Widerklage mit zutreffenden Erwägungen abgewiesen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird auf die Entscheidung des Landgerichts Bezug genommen. Die dagegen erhobenen Angriffe der Berufung überzeugen den Senat nicht. Hierzu Folgendes:
1.
Der Senat geht davon aus, dass die Beklagte mit dem Berufungsantrag zu 1) (Bl. 501 GA) nicht nur die Aufhebung des angefochtenen Urteils erstrebt, sondern zugleich die Abweisung der Klage (so auch die Begründung, Bl. 483 GA).
2.
Der Senat schließt sich der Auffassung des Landgerichtes, die Behandlung sei fehlerfrei erfolgt, nach dem dokumentierten Ergebnis der Beweisaufnahme an. Daher ist der zuerkannte Vergütungsanspruch der Klägerin gerechtfertigt, ohne dass es der Auseinandersetzung bedarf, ob und in welchem Umfang dieser im Dienstvertragsrecht überhaupt wegen angeblicher Behandlungsfehler in Zweifel gezogen werden kann. Mangels Behandlungs- und/oder Aufklärungsfehler der Klägerin kann die Widerklage keinen Erfolg haben. Die dagegen gerichteten Angriffe gehen fehl.
a)
Dass eine Indikation für die Entfernung der Zähne 15, 16 und 17 vorlag, wird mit der Berufung nicht mehr angegriffen.
b.)
Die Klägerin hat ausdrücklich den Wunsch nach einem festsitzenden Zahnersatz geäußert. Das steht aufgrund des Tatbestandes des erstinstanzlichen Urteils mit Bindungswirkung fest (§ 529 ZPO). Die genannten Zähne waren nicht geeignet, einen solchen Zahnersatz zu tragen, so dass eine Indikation für den Einbau von Implantaten gegeben war (Bl. 320 GA). Da der vorhandene Knochenaufbau hierfür nicht ausreichte, war die Sinuslift-Operation in ihrer externen Variante indiziert (Bl. 386 GA). Gegenüber den Darlegungen des Sachverständigen erhebt die Beklagte mit der Berufung keine substantiierten Einwendungen.
c.)
Die Sinuslift-Operation wurde als externe Variante (Bl. 386 GA) behandlungsfehlerfrei durchgeführt. Dies steht auf Grundlage der Feststellungen des Sachverständigen Dr. ...[D] fest. Zunächst fand am 4. November 2004 eine Operation zum Knochenaufbau ohne Implantation statt. Im Anschluss daran ergab sich eine Wartezeit von 7 ½ Monaten. Nach dieser Frist betrug die Knochenhöhe mehr als 4 mm (Bl. 305 GA), die es ermöglichte, am 17.06.2005 eine ergänzende Verstärkung des Knochenaufbaus mit simultaner Implementation vorzunehmen (Bl. 305 GA).
Dieser äußere Sachverhalt ist unstreitig. Dass dieses Vorgehen dem fachärztlichen Standard entsprach, hat der Sachverständige für den Senat nachvollziehbar erläutert. Er hat unter Bezugnahme auf die einschlägige Literatur belegt (Bl. 314 GA), dass Studien eine Einheilzeit von 4 bis 6 Monaten beim Sinuslift als ausreichend erachten. Die vorgelegte Herstellerinformation hat dies im Jahre 2008 nachvollzogen. Der Sachverständige hat sich also nicht nur auf die Aussage eines Mitarbeiters des Herstellers von Cerasorb M bezogen. Vielmehr hat er dargelegt, dass selbst der Hersteller für das Material unterschiedliche Einheilzeiten in verschiedenen Quellen im Jahre 2004/2005 nannte und sich aus der vom Hersteller selbst zitierten Literatur lediglich eine Einheilzeit von 6 Monaten ergab (Bl. 316 GA). Selbst zur damals noch aktuellen Herstelleranweisung ergab sich danach nur eine geringe Unterschreitung. Mit dem Sachverständigen ist der Senat der Auffassung, dass die empfohlene Einheilzeit lediglich eine Orientierungshilfe darstellt und vor dem zweiten Behandlungsschritt konkret zu beurteilen ist, ob mit der Behandlung fortgefahren werden kann (Bl. 315/316 GA). Entsprechend wurde vorgegangen. Dass die konkret eingehaltene Wartezeit ausreichend war, leitete Sachverständige zuletzt aus der geringen Menge des eingesetzten Materials ab (Bl. 316 GA). In der Implementation nach nur 7 ½ Monaten ist somit kein Behandlungsfehler zu sehen. Der Einwand der Beklagten, der spätere Ausfall des ersten Implantates belege die verfrühte Einsetzung, überzeugt nicht.
Die Beklagte verkennt den medizinischen Sachverhalt, wenn sie meint, dass am 17.06.2005 zwar eine weitere Verstärkung des Knochenaufbaus hätte stattfinden dürfen, dann aber eine erneute Einheilzeit abzuwarten gewesen wäre. Hierbei übersieht sie, dass die Knochenaufbaumaßnahme am 17.6.2005 lediglich ergänzenden Charakter hatte und ein Zuwarten mit der Implementation nicht erforderlich war, weil die durch die erste Operation erreichte Knochenhöhe bereits 4 mm betrug (Bl. 305 GA).
Selbst wenn man dies aber anders sehen wollte, muss die Berufung mit diesem Einwand scheitern. Es ist der Beklagten nicht gelungen, nachzuweisen, dass der Verlust der beiden Implantate auf die Nichteinhaltung der Wartezeit zurückgeht. Der Sachverständige hat den Ausfall aufgrund der ihm vorliegenden Informationen als schicksalshaft bezeichnet, da die Klägerin die Implementation fachgerecht vorgenommen hat. Der Beweis des Gegenteils hätte der Beklagten oblegen; er ist nicht geführt.
Dieser Problematik brauchte das Landgericht auch nicht weiter nachzugehen, weil zum Zeitpunkt der sachverständigen Begutachtung nicht nur die Implantate bereits entfernt waren, sondern auch eine neue Versorgung der Prothetik erfolgt war. Beweiserleichterungen kommen der Klägerin nicht zu Gute. Dies macht die Berufung auch nicht geltend. Es wäre der Beklagten möglich gewesen, ein selbständiges Beweisverfahren durchzuführen oder aber dem Ausgangsgericht anzuzeigen, dass eine kurzfristige Begutachtung erforderlich ist, da weitere Behandlungsmaßnahmen anstehen. Stattdessen hat die Beklagte die Einwände erstmals nach der Weiterbehandlung erhoben. Es kann schon deshalb dahinstehen, ob ihr Vortrag aufgrund der Darlegungen des Sachverständigen überhaupt erheblich ist.
d.)
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Implantate die notwendige Tiefe im Knochenbau erreichten. Der Sachverständige hat dies schon in seinem Ausgangsgutachten als wahrscheinlich bezeichnet, ohne dem Gericht eine hinreichende Sicherheit vermitteln zu können. In der mündlichen Verhandlung hat er eine ausreichende Tiefe auf der Grundlage einer geänderten Beweisgrundlage (digitale Bilder) ausdrücklich attestiert (Bl. 386 GA).
Es ist einem Sachverständigen nicht nur unbenommen, sondern Teil seiner Pflichten, in der Anhörung nach § 411 Abs. 3 ZPO, seine bisherigen Ausführungen vor dem Hintergrund der Fragen und Vorhalte der Parteien kritisch zu prüfen. Dass er sodann in der mündlichen Verhandlung seine ursprüngliche Auffassung, die Tiefe der Implantate sei wegen der Kontrastschwäche der vorliegenden Abdrucke der Bildgebung nicht hinreichend sicher feststellbar (Bl. 305/306 GA), nach nochmaliger Prüfung, insbesondere auf der Grundlage einer besseren bzw. erstmals zugänglichen Bildgebung revidiert hat (Bl. 386 GA), ist nicht zu beanstanden.
Mit der Behauptung, es handele sich um reine Vermutungen, kann die Beklagte nicht durchdringen, weil die Aussage auf der erneuten Prüfung des Bildmaterials beruht. Dass die Feststellung schwierig ist, zieht seine Aussage nicht in Zweifel.
Eine auf gleicher Tatsachengrundlage beruhende, von dieser Einschätzung abweichende schriftliche Stellungnahme eines Privatgutachters, die das Landgericht hätte berücksichtigen können, liegt nicht vor. Auch im Berufungsverfahren ist eine solche nicht vorgelegt worden.
e)
Anders als die Beklagte mehrfach vorgetragen hat, ist die Komplikation in Form der Perforation der Kieferknochenhaut in der Dokumentation mit einem querlaufenden Septum in der Kiefernhöhle benannt. Dies erklärt, weshalb es bei der Ablösung der Schneiderschen Membran vom knöchernen Untergrund zu einem kleinen Riss gekommen ist (Bl. 305 GA). Da sich der festgestellte Sachverhalt hieraus ohne weiteres erklären lässt, gehen die Angriffe der Beklagten fehl.
Die Beklagte übersieht, dass der Sachverständige erläutert hat, dass die ordnungsgemäße präoperative Bildgebung ein oder mehrere Septen nicht erkennen ließ. Selbst wenn man Septen – im Wissen um die spätere Dokumentation – auf der Bildgebung nachträglich erahne, hindere dies die Sinusliftoperation jedenfalls nicht (Bl. 388). Das gewählte Vorgehen stellte ein Standardverfahren dar (Bl. 387 GA). Die Komplikation wäre nur bei einem gänzlichen Verzicht auf das indizierte Sinusliftverfahren zu vermeiden gewesen.
3.
Der Senat sieht keine Mängel in der Aufklärung.
a)
Eine Delegation der Aufklärung von der Klägerin auf den Zeugen ...[A] liegt nicht vor. Nach dem Ergebnis der Anhörung der Parteien hat die Klägerin die Beklagte genügend aufgeklärt. Die Klägerin hat dies nachvollziehbar dargestellt, die Beklagte hat das nicht bestritten, sondern sich lediglich nicht erinnern können. Nach den Angaben der Klägerin hat die Beklagte - bei einer angenommenen Länge des Aufklärungsgespräches von 15 – 30 Minuten - sogar noch eine Vielzahl von Fragen gestellt. Durchgreifende Gründe den Bekundungen der Klägerin nicht zu folgen, sieht der Senat nicht.
b)
Es liegt kein Verstoß gegen die Verpflichtung zur Alternativaufklärung vor. Die Beklagte hat unstreitig eine feste Prothese verlangt, nachdem sie bereits von dem Zeugen ...[A] über Alternativen aufgeklärt worden war. Ist die Patientin aber bereits nach entsprechender Beratung festgelegt, so bedarf es keiner Alternativaufklärung mehr, wenn die entsprechende Wahl – wie vorliegend - zugleich auch indiziert ist. Dies gilt insbesondere für die Alternative einer Versorgung mit herausnehmbarem Kombinationszahnersatz (Bl. 352/353 GA).
c.)
Die Aufklärung hat nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung „im Großen und Ganzen“ zu erfolgen. Diesen Anforderungen hat die Klägerin nach der Prüfung des Senates genügt. Ist die persönliche Aufklärung umfassend, kommt es nicht darauf an, welche schriftlichen Aufklärungsbögen genutzt wurden.
Die Beklagte verwechselt den Aspekt der Delegation der Aufklärung mit der Frage, welche Umstände der Behandlung noch aufklärungsbedürftig sind. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der Beklagten nach der Aufklärung durch den Zeugen ...[A] die Behandlungsalternativen bekannt waren (436 GA) und sie sich bereits vor der Konsultation der Klägerin unstreitig für einen festen Zahnersatz und eine schnelle Versorgung entschieden hatte.
Gegen die Würdigung der Angaben der Parteien in ihrer persönlichen Anhörung durch das Landgericht, hat der Senat nach intensiver Prüfung keine Einwände. Die Klägerin konnte sich an verschiedene Aspekte der Aufklärung erinnern und die Lücken dadurch schließen, dass sie auf ihre durchgängige Praxis verwies. Anhaltspunkte dem keinen Glauben zu schenken, hat der Senat nicht. Insbesondere ergeben sich solche Aspekte nicht aus der Aussage der Beklagten, die keine wesentliche Erinnerung an die Aufklärung hatte, mithin nicht ausschließen konnte, dass die Aufklärung wie von der Klägerin ausgeführt vonstatten gegangen ist.
4.
Verfahrensfehler des Landgerichtes sieht der Senat nicht. Das Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere das schriftliche Gutachten des Sachverständigen und seine Ausführungen anlässlich der Erläuterung seines Gutachtens, trägt die Entscheidung. Ob jede einzelne Aussage des Sachverständigen auf einer konkreten Beweisfrage im ursprünglichen Beweisbeschluss des Amtsgerichtes, den sich das Landgericht durch dessen Ausführung zu Eigen gemacht hat, beruht, bleibt unerheblich. Die Beklagte ist nicht beschwert, weil die objektiv erheblichen Fragen durch den Sachverständigen beantwortet wurden.
Bereits das Amtsgericht hatte die Beklagte nach der Zustellung der Widerklage darauf hingewiesen, dass es aufgrund der Widerklage keine Notwendigkeit zur Ergänzung des Beweisbeschlusses sah (Bl. 129 GA). Dem hat die Beklagte in der gesetzten Frist nicht widersprochen. Das war konsequent, weil sie in der Begründung der Widerklage zum Anspruchsgrund selbst keine Ausführungen machte, sondern auf die vorherigen Ausführungen verwies (Bl. 113/114 GA)
Die Voraussetzungen für eine erneute Begutachtung nach § 412 ZPO liegen nicht vor. Obgleich sich die Beklagte sachverständig beraten ließ, zeigt ihr Vorbringen nicht auf, weshalb die Einholung eines weiteren Gutachtens erforderlich sein sollte. Ein schriftliches Privatgutachten, hat sie nicht vorgelegt.
Anhaltspunkte für eine Parteilichkeit des Sachverständigen Dr. ...[D] sieht der Senat nicht. Den schriftlichen und mündlichen Aussagen des Sachverständigen lässt sich ein Entlastungseifer nicht entnehmen. Seine Aussagen beruhen auf der umfassenden Auswertung der Krankenunterlagen, seiner nicht in Zweifel gezogenen Erfahrung und der Heranziehung der zum Behandlungszeitpunkt maßgeblichen wissenschaftlichen Literatur.
Eine Vernehmung der im Jahre 2009 und 2010 behandelnden Ärzte als sachverständige Zeugen bedurfte es nicht. Es steht nicht im Streit, dass die Implantate, nachdem die Beklagte über 4 Jahre die Behandlung nicht fortgesetzt hat, keinen sachgemäßen Sitz mehr hatten und entfernt wurden. Entscheidend ist, ob dies auf eine fehlerhafte Implementation zurückgeht. Das hat der Sachverständige auf der Grundlage eines sachgerechten Einbaus bei hinreichender Tiefe der Implantate (s.o.) verneint. Der Vortrag der Klägerin, dass die Implantate über 4 Jahre nicht sachgerecht versorgt waren, ist im erstinstanzlichen Verfahren von der Beklagten nicht bestritten worden. Sie hat sich zu der Behauptung, dass in der Zwischenzeit keine Überkronung stattgefunden hat, nicht geäußert.
III.
Aufgrund der vorstehenden Ausführungen bietet die Berufung offensichtlich keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Auch unter Berücksichtigung des neu gefassten § 522 Abs. 2 ZPO ist eine mündliche Verhandlung aus den eingangs genannten Gründen nicht geboten. Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 S. 1, Nr. 2 und 3 ZPO liegen nicht vor.
Der Beklagten wird aus Kostengründen – auch wenn sie über eine Rechtsschutzversicherung verfügt - empfohlen, aus den vorstehenden Hinweisen die angezeigten prozessualen Konsequenzen zu ziehen und die Berufung zurückzunehmen.
Der Senat beabsichtigt, den Streitwert wie folgt festzusetzen:
Beantragte Klageabweisung: 2.143,85 EUR
Immaterieller Schadensersatz: 2.500,00 EUR
Zahlungsantrag: 7.176,76 EUR
_____________
Gesamt 11.820,61 EUR
Die Mahnkosten von 15,00 EUR bleiben nach § 4 Abs. 2 ZPO außer Betracht.

Beschluss
In dem Rechtsstreit
xxx
hat der 5. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Koblenz durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht Kaltenbach, den Richter am Oberlandesgericht Weller und den Richter am Oberlandesgericht Goebel am 23.07.2012 beschlossen:
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 14.09.2011, Aktenzeichen 2 O 308/09, wird zurückgewiesen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Mainz ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 11.820,61 € festgesetzt.
Gründe:
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Mainz vom 14.09.2011, Aktenzeichen 2 O 308/09, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ist nicht geboten. Die ergänzende Stellungnahme der Beklagten vom 11.07.2012 lässt nicht erkennen, worin der neue Erkenntniswert einer mündlichen Verhandlung liegen sollte.
Zur Begründung wird auf den Hinweis des Senats vom 19.06.2012 Bezug genommen. Die Stellungnahme der Beklagten vom 11.07.2012 gibt nach erneuter Prüfung keinen Anlass für eine abweichende Beurteilung der Sach- und Streitfragen. Im Einzelnen:
1.
Die Beklagte greift die Feststellung des Senates, dass das eingeholte Sachverständigengutachtachten alle objektiv erheblichen Fragen beantwortet, nicht an. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht aufgrund der ihm nun vorliegenden Bildgebung eine eindeutige Aussage zur hinreichenden Tiefe der Implantate getroffen (Bl. 386 GA). Dass Herr Prof. Dr. Dr. ...[E] - auf welcher Grundlage auch immer - eine abweichende Einschätzung mitgeteilt haben soll, bleibt demgegenüber unerheblich. Dem hierauf gestützten Beweisantrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens ist das Landgericht mit dem in der mündlichen Verhandlung nach Befragung des Sachverständigen festgestellten Ergebnis nachgegangen.
2.
Warum die die Beklagte in den Jahren 2009 und 2010 behandelnden Ärzte nicht zu vernehmen waren, hat der Senat begründet (Bl. 549 GA). Hiermit setzt sich die Beklagte in ihrer Stellungnahme nicht auseinander.
3.
Die ergänzende Stellungnahme zeigt die Voraussetzungen des § 412 ZPO weiterhin nicht auf. Der Sachverständige Dr. …[D] hat die Krankenunterlagen unter Heranziehung der wissenschaftlichen Literatur und in Ausschöpfung seiner Erfahrung ausgewertet. Welche besseren Erkenntnisse ein anderer Sachverständiger haben soll, wird nicht deutlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.