· Fachbeitrag · Plattformen für Unternehmenskäufe und -verkäufe
Perfect Match ‒ oder, was taugen Unternehmensplattformen?
von Alexandra Buba, M. A., freie Wirtschaftsjournalistin, Nürnberg
| Plattformen für das Treffen von Unternehmensverkäufern und potenziellen Nachfolgern gibt es einige ‒ allerdings unterscheiden sie sich stark im Umfang des Angebots und hinsichtlich etwaiger nachgelagerter Interessen der Betreiber. Als die beiden größten und wichtigsten deutschen Börsen gelten „DUB“ und „nexxt-change“. |
1. Der eigene Familiennachwuchs als Nachfolger?
Das Prinzip Familien-Dynastie gilt noch immer als das Ideal der Nachfolge im Mittelstand, das erfolgreiche Patriarchen vorleben: Ob Dirk Roßmann, Erich Sixt oder Günther Fielmann ‒ sie alle sehen vollkommen selbstverständlich nur ihre eigenen Söhne als denkbare Fortführer ihres Lebenswerks an. Doch die mittelständische Realität sieht längst anders aus. Immer mehr Unternehmer finden in ihren Kindern nicht die geborenen Nachfolger. Die Sprösslinge haben eigene Pläne oder andere Fähigkeiten ‒ und die Firma droht zu verwaisen.
Es bleibt nur die Suche nach Investoren, einem Nachfolger von außen. Einzelgründer bevorzugt, heißt es dann. Der Weg führt nicht selten über Unternehmensplattformen. Ähnlich wie die externe Nachfolge als solche verlieren auch diese langsam das Geschmäckle. „Genauso wie Dating-Portale heute etwas völlig Normales sind, gelten auch wir endlich seit ein paar Jahren nicht mehr als Reste-Rampe. Eine Vielzahl von Unternehmen wird über Nachfolgeportale verkauft“, sagt Nicolas Rädecke, Geschäftsführender Gesellschafter der Deutschen Unternehmerbörse DUB.de.
2. DUB und nexxt-change sind Platzhirsche
Die Plattform DUB, die Nicolas Rädecke vertritt, stellt nach eigenen Angaben gemeinsam mit dem Handelsblatt den reichweitenstärksten unabhängigen Marktplatz für den Unternehmenskauf und -verkauf in Deutschland. „Wir sind in Google an Nummer eins gelistet“, sagt Rädecke zum Beleg für diese Aussage. Das Umsatzvolumen der veröffentlichten Inserate der seit 2011 existierenden Börse wächst stetig und betrug bezogen auf die im ersten Halbjahr 2019 veröffentlichten Angebote 1,64 Mrd. EUR. „Verglichen mit dem ersten Halbjahr 2018 ‒ damals waren rund 962 Mio. EUR neu auf der Unternehmensbörse zu finden ‒ ist das ein Anstieg von rund 70 %“, erklärt er. Aktuell finden sich rund 900 Inserate auf der Plattform.
Konstante Nutzerzahlen verzeichnet dagegen die mit Abstand größte deutsche Plattform für Unternehmensnachfolgen: die 2006 mit öffentlichem Geld gestartete nexxt-change.de. Das vom Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und der Kreditanstalt für Wiederaufbau KfW finanzierte Projekt verweist auf über 16.000 erfolgreiche Kontaktanbahnungen seit seiner Gründung. 20 % aller Anbahnungen führten zum Abschluss, sodass die Gesamtzahl der Erstkontakte deutlich höher liegt. Mit aktuell knapp 8.400 Inseraten und durchschnittlich 100.000 Besuchern pro Monat werde die Plattform konstant sehr gut genutzt, vermeldet nexxt-change. Der Erfolg der öffentlich finanzierten Plattform basiert nicht zuletzt auf der großen Anzahl von regionalen Partnern wie den IHKs sowie Volksbanken und Sparkassen.
3. Geschlossene Plattformen und Angebote von Beratern
Neben den beiden unabhängigen Unternehmensbörsen hat sich eine Reihe von kleineren Angeboten etabliert, die in der Regel an Beratungsunternehmen oder -netzwerke gebunden sind. Dazu zählen Concess, K.E.R.N. oder EUROCONSIL. Ihnen gemeinsam ist, dass sie das Spektrum der jeweiligen Kundschaft abbilden und dadurch im Vergleich zu DUB oder nexxt-change ein deutlich reduziertes Angebot aufweisen. Zudem sind oftmals nicht alle Unternehmensangebote öffentlich einsehbar. Das führt gegebenermaßen zu einer geringeren Reichweite.
Dennoch hat auch dieses Konzept seine Vorteile. „Berater können bei uns in einem geschützten Bereich die von ihnen betreuten Unternehmen vorstellen“, erklärt Marian Gerster, Head of Marketing der Carl Finance GmbH. Das Unternehmen bietet neben der eigenen Beratungsleistung ein weiteres Netzwerk an Beratern an und will bewusst für Unternehmen mit und ohne eigenen Berater offen sein. Daher offeriert es ein Partnerprogramm, das auch Steuerberater anspricht (https://www.carlfinance.de/partnerprogramm). Auf dem deutschen Markt ist das Unternehmen nach eigenen Angaben trotz seines erst kurzen Bestehens bereits eines der größten seiner Art.
Wofür sich Unternehmer und Berater letztlich entscheiden, hängt von der Ausgangssituation und der Zielsetzung ab. Fakt bleibt jedoch auch: Angesichts der Tatsache, dass allein bis Ende 2020 laut KfW rund 227.000 Inhaber anstreben, ihr Unternehmen in die Hände eines Nachfolgers zu legen ‒ das sind rund 6 % aller KMU ‒, führen sämtliche Unternehmensbörsen mit vielleicht insgesamt 10.000 oder 15.000 Inseraten derzeit immer noch ein Nischendasein.
Übersicht / Die wichtigsten Plattformen für die Praxis im Überblick |
1. Carl Finance
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2. Concess
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3. DUB.de
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4. EUROCONSIL
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5. HSC
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6. K.E.R.N ‒ Die Nachfolgespezialisten
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7. nexxt-change
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4. Warum nexxt-change nicht nur der größte, sondern auch der wertvollste Anbieter für den Mittelstand ist
nexxt-change ist das größte Portal. Diese Unternehmensbörse arbeitet mit mehr als 800 Regionalpartnern zusammen. Das Unternehmen unterstützt beim Formulieren der Anzeige und sortiert ungeeignete Interessenten vorab aus. 80 % der angebotenen Unternehmen haben maximal zehn Beschäftigte und 85 % der Unternehmen erzielen einen Umsatz von höchstens 500.000 EUR.
Weitere Details zur Struktur:
- 29 % der Unternehmen gehören zum Handwerk, 21 % sind dem Handel zuzuordnen, 18 % sind Dienstleister und 10 % sind im Verarbeitenden Gewerbe aktiv.
- Rund 18 % der zur Übergabe anstehenden Unternehmen sind international aktiv.
- Im Durchschnitt sind die Unternehmen 26 Jahre alt. Der Median liegt bei 21 Jahren. Jedes zehnte Unternehmen ist mindestens 50 Jahre alt.
- Die Mehrheit agiert als Einzelunternehmen (56 %), ein weiteres Drittel als GmbH (33 %).