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  • · Fachbeitrag · Gesellschaftsrecht

    Nachfolge in Personengesellschaften: Regelungsbedürfnisse und Gestaltungstipps

    von RA Dr. Jochen Blöse, MBA, FA f. Handels- und Gesellschaftsrecht, Köln

    | Je nach Typus der Personengesellschaft führt der Tod eines Gesellschafters nach den gesetzlichen Bestimmungen zur Auflösung der Gesellschaft, zum Ausscheiden des Gesellschafters ohne Eintritt seiner Erben oder ‒ so beim Kommanditisten ‒ zur Fortsetzung der Gesellschaft mit den Erben. Diese Folgen sind natürlich nicht immer gewollt. Da jedoch eine weitgehende Gestaltungsfreiheit besteht, kann durch entsprechende gesellschaftsvertragliche Regelungen vorgesorgt werden. Einen „Baukasten“ mit Musterformulierungen für die gängigsten Fallkonstellationen haben wir für Sie vorbereitet. |

    1. Die gesetzliche Ausgangssituation

    Hinsichtlich der gesetzlich angeordneten Folgen des Todes eines Gesellschafters ist grundlegend zu unterscheiden zwischen der BGB-Gesellschaft und den Personenhandelsgesellschaften:

     

    • Bei der BGB-Gesellschaft ist der Tod eines Gesellschafters gem. § 727 Abs. 1 BGB ein Auflösungsgrund. Dies bedeutet, dass die Gesellschaft sich in eine solche in Abwicklung/Liquidiation ‒ oder wie es das Gesetz formuliert: in Auseinandersetzung ‒ wandelt (§ 730 Abs. 1 BGB). Dies hat weitreichende Konsequenzen:
      • Es sind die schwebenden Geschäfte zu beendigen (§ 730 Abs. 1 S. 1 BGB),
      • von Gesellschaftern überlassene Gegenstände sind an diese zurückzugeben (§ 732 BGB),
      • die Gesellschaftsschulden sind zu begleichen (§ 733 Abs. 1 BGB) und die Einlagen der Gesellschafter sind zurückzuerstatten (§ 733 Abs. 2 BGB).

     

    • Ist danach noch ein (Abwicklungs/Liquidations-)Überschuss vorhanden, ist dieser an die Gesellschafter auszukehren, wobei sich der Verteilungsschlüssel nach der relativen Beteiligung am Gewinn richtet (§ 734 BGB).

     

    • Anders ist die Lage bei den Personenhandelsgesellschaften: Verstirbt ein vollhaftender Gesellschafter, besteht die Gesellschaft weiter, der betreffende Gesellschafter scheidet aus und die Gesellschaft wird zwischen den überlebenden Gesellschaftern fortgesetzt (§ 105 Abs. 2 HGB i. V. m. § 738 Abs. 1 S. 1 HGB). Die Erben des Verstorbenen rücken also nicht in die Gesellschafterstellung ein, sie erhalten allerdings einen Abfindungsanspruch nach § 105 Abs. 2 HGB i. V. m. § 738 Abs. 1. S. 2 BGB.

     

    Beachten Sie | Diese oHG-rechtliche Situation gilt über § 161 Abs. 2 HGB in gleicher Weise für den Komplementär einer KG. Etwas anderes gilt für den Kommanditisten; verstirbt dieser, wird die Gesellschaft nach § 177 HGB mit dessen Erben fortgesetzt.

     

    • Beispiel 1

    Gesellschafter der X-KG sind die Komplementäre A und B sowie mit jeweils gleichen Anteilen die Kommanditisten C und D. A und C werden auf der gemeinsamen Rückfahrt von einem Kundengespräch Opfer eines Verkehrsunfalls und versterben beide. Dies führt dazu, dass A aus der Gesellschaft ausscheidet und seine Erben S1 und T1 einen Abfindungsanspruch gegen die X-KG haben. Die Erben des C, S2 und T2, hingegen treten im Wege der Sondernachfolge in die Gesellschaft ein. In welchem Verhältnis zueinander sie an dem Kommanditanteil des C beteiligt sind, richtet sich nach ihrer Erbquote.

     

    Beispiel 1 (Fortsetzung): C war an der X-KG mit einem Kommanditanteil von 100.000 EUR beteiligt. Er hat T2 testamentarisch zu ¾ und S2 zu ¼ zu Erben berufen. Daraus folgt, dass Gesellschafter der X-KG nunmehr B als Komplementär, D mit einem Kommanditanteil von 100.000 EUR, S2 mit einem Anteil von 25.000 EUR und T2 mit einem solchen von 75.000 EUR sind.

     

    2. Typische Regelungsbedürfnisse

    Häufig ist gewollt, dass die Gesellschaft in ihrem Bestand unabhängig vom Tod einzelner Gesellschafter sein soll. Nach der vorstehend geschilderten Gesetzeslage müssen hierzu bei der BGB-Gesellschaft Vorkehrungen getroffen werden. Bei den Personenhandelsgesellschaften besteht hingegen keine Regelungsnotwendigkeit, da der Tod eines Gesellschafters bei diesen nicht zur Auflösung führt. Ist allerdings gewollt, dass die Abkömmlinge der Gesellschafter in die Gesellschafterstellung von Mutter oder Vater einrücken, bedarf es auch für die Vollhafter insoweit einer gesellschaftsvertraglichen Regelung.

     

    Neben der Sicherung des Bestands der Gesellschaft gibt es ein weiteres vielfach anzutreffendes Regelungsziel: Es soll die Zersplitterung von Anteilen vermieden werden.

     

    • Beispiel 1 (Abwandlung)

    C hat nicht zwei, sondern vier Kinder, die jeweils zu ¼ zu Erben berufen sind. Nach der gesetzlichen Regelung bedeutet dies, dass jedes Kind einen Kommanditanteil von 25.000 EUR erhält. Das Stimmgewicht jedes Kindes ist also nicht mehr wie zu Cs Lebzeiten genauso hoch wie das des D, sondern beträgt nur noch ¼ im Verhältnis zu D. Dies führt dazu, dass die Erben des C sich entweder bei der Stimmabgabe jeweils verständigen müssen oder der Einfluss des D in der Gesellschaft wächst.

     

    3. Typische Vertragsgestaltungen

    3.1 GbR

    Die vorstehend beschriebenen Bedürfnisse der Gesellschafter lassen sich durch gesellschaftsvertragliche Regelungen erfüllen.

     

    • Beispiel 2

    A, B und C sind Gesellschafter der ABC-GbR. Sie sind der Meinung, dass die Gesellschaft auch dann fortbestehen soll, wenn einer von ihnen verstirbt. Ihre Abkömmlinge wollen sie aber nicht mit einer Gesellschafterstellung belasten.

     

    Für einen solchen Fall ist es zweckmäßig, eine Fortsetzungsklausel in den Gesellschaftsvertrag aufzunehmen. Diese kann lauten:

     

    Musterformulierung 1 / Fortsetzungsklausel

    „Beim Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft zwischen den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt.“ Klarstellend kann hier noch ergänzt werden:

    „Beim Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft unter Ausschluss der Erben zwischen den verbleibenden Gesellschaftern fortgesetzt.“

     

    Diese Regelung führt dazu, dass die Erben des verstorbenen Gesellschafters einen Abfindungsanspruch nach § 738 Abs. 1 S. 2 BGB gegen die Gesellschaft haben. Ist dies nicht gewünscht, weil Liquidität und Vermögen der Gesellschaft geschont werden sollen, muss der Abfindungsanspruch ausgeschlossen werden. Da es sich bei § 738 Abs. 1 S. 2 BGB um nachgiebiges Recht handelt, ist dies ‒ jedenfalls bei den hier besprochenen Fällen des Ausscheidens eines Gesellschafters durch Tod ‒ mit folgender Klausel möglich:

     

    Musterformulierung 2 /

    „Ein Abfindungsanspruch steht dem versterbenden Gesellschafter bzw. dessen Erben nicht zu.“

     

    Eine solche Klausel führt nach h. M. auch nicht zu Pflichteilsergänzungsansprüchen der Erben nach § 2325 BGB (s. z. B. BGH 26.3.81, NJW 1981, 1956 und Palandt-Weidlich, BGB, § 2325 Rz. 15).

     

    • Beispiel 2 (Abwandlung)

    A, B und C sind sich bei Gründung der Gesellschaft noch nicht sicher, ob sie beim Versterben eines von ihnen die Gesellschaft fortsetzen wollen.

     

    Für einen solchen Fall bietet es sich an, keinen Automatismus, sondern eine Gestaltungsmöglichkeit durch Fortsetzungsbeschluss vorzusehen:

     

    Musterformulierung 3 /

    „Die Gesellschaft wird beim Tode eines Gesellschafters gem. § 727 Abs. 1 BGB aufgelöst. Die verbleibenden Gesellschafter können jedoch innerhalb von vier Wochen nach Kenntnis vom Tode des Gesellschafters die Fortsetzung der Gesellschaft beschließen. Für die Wahrung der Frist ist auf den Zeitpunkt abzustellen, zu dem der letzte Gesellschafter Kenntnis erhält. Der Beschluss bedarf der Zustimmung aller verbleibenden Gesellschafter.“

     

    Wollen die Gesellschafter, dass die Gesellschaft mit ihren Erben fortgesetzt wird, bedarf auch das einer vertraglichen Regelung. Entsprechende Bestimmungen nennt man Nachfolgeklauseln, wobei zwischen der einfachen und der qualifizierten Nachfolgeklausel zu unterscheiden ist.

     

    • Beispiel 3

    Die Gesellschafter A, B und C haben ein, zwei bzw. drei Kinder und wollen, dass diese beim Tode eines von ihnen die Gesellschafterstellung des Verstorbenen übernehmen. Dieser Regelungswille kann mit einer einfachen Nachfolgeklausel umgesetzt werden:

     

     

    Musterformulierung 4 /

    „Beim Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft mit dessen Erben fortgesetzt. Die Gesellschafterstellung des verstorbenen Gesellschafters geht auf dessen Erben zu den ihren Erbteilen entsprechenden Anteilen über.“

     

     

    Ist der verstorbene Gesellschafter zu einem Drittel an der Gesellschaft beteiligt und hat er zwei Erben, die jeweils zu ½ zu Erben berufen sind, so treten diese mit jeweils 1/6 Anteil in die Gesellschaft ein. Mitunter wollen die Gesellschafter eine Aufblähung des Gesellschafterkreises durch den Eintritt aller Erben aber verhindern. Dies kann mit einer qualifizierten Nachfolgeklausel erreicht werden.

     

    • Beispiel 3 (Abwandlung)

    Eine einfache Nachfolgeklausel würde nach dem Tod aller ursprünglichen Gesellschafter dazu führen, dass die Gesellschaft sechs statt drei Gesellschafter hat. Bei der Formulierung des Gesellschaftsvertrags ist es gemeinsame Auffassung von A, B und C, dass dies nicht wünschenswert ist, sondern die Zahl der Gesellschafter begrenzt werden soll. Dies kann durch eine qualifizierte Nachfolgeklausel erfolgen:

     

    Musterformulierung 5 /

    „Beim Tod eines Gesellschafters wird die Gesellschaft mit einem (zwei oder eine andere gewünschte Anzahl) Erben fortgesetzt. Die Gesellschafter haben den/die zur Nachfolge in den Gesellschaftsanteil vorgesehenen Erben durch letztwillige Verfügung zu bestimmen.“

     

    Beachten Sie | Hier zeigt sich, dass es vielfach unbedingt notwendig ist, gesellschaftsvertragliche Regelungen erbrechtlich parallel umzusetzen. Dies gilt nicht nur für die Bestimmung des nachfolgenden Erben, sondern auch hinsichtlich der Bestimmung der Erbquoten.

     

    • Beispiel 4

    Alleinige Erben des Gesellschafters B sind dessen zwei Kinder S1 und T1. Das Vermögen des B besteht aus seiner Beteiligung an der ABC-GbR sowie einer Immobilie. Der GbR-Anteil hat einen Wert von 700.000 EUR, die Immobilie einen solchen von 300.000 EUR. Die Erbquoten der beiden Kinder betragen ohne abweichende Regelung in einer letztwilligen Verfügung jeweils 1/2.

     

    Bei einem Gesamtnachlasswert von 1 Mio. EUR beträgt der Wert des jeweiligen Anteils daran also 500.000 EUR. Soll nun aber S1 alleine den GbR-Anteil erhalten ‒ was erbrechtlich durch Teilungsanordnung oder Vermächtnis gestaltet werden kann ‒, so beträgt der Wert des ihm zugewiesenen Anteils am Nachlass 850.000 EUR, nämlich der volle Wert des GbR-Anteils und der hälftige Wert der Immobilie. Dies führt zu einem erbrechtlichen Ausgleichsanspruch von T1 gegen S1.

     

    GESTALTUNGSTIPP | Soll dies vermieden werden sind die Erbquoten nach Maßgabe der Wertverhältnisse im Nachlass zu bestimmen ‒ also 70 % zu 30 % ‒ und vorzusehen, z. B. durch Teilungsanordnung, dass T1 die Immobilie erhält.

     

    Beachten Sie | Wissen muss man dabei noch, dass durch die gewählte Gestaltung nicht in Pflichtteilsansprüche eingegriffen wird. Der Pflichtteilsanspruch beträgt die Hälfte des Wertes des gesetzlichen Erbteils (§ 2303 Abs. 1 S. 2 BGB). Im vorliegenden Beispiel macht dies 250.000 EUR aus und wäre also bei einer Zuwendung der Immobilie unproblematisch. Würde der Wert der Immobilie allerdings nur 200.000 EUR und der Wert des Gesamtnachlasses also 900.000 EUR betragen, beliefe sich der Pflichtteil auf 225.000 EUR. Er wäre also höher als der Wert der Immobilie. Dies führt zu einem Zusatzpflichtteilsanspruch von T1 nach § 2305 BGB.

     

    3.2 oHG

    Aufgrund der abweichenden gesetzlichen Ausgangssituation decken sich die Regelungsnotwendigkeiten in der oHG nur teilweise mit denen in der GbR. So bedarf es einer Fortsetzungsklausel nicht, da die oHG durch den Tod eines Gesellschafters nicht aufgelöst wird. Nachfolgeklauseln können hingegen auch bei der oHG zur Anwendung kommen. Die flankierend notwendigen erbrechtlichen Maßnahmen entsprechen denen bei der BGB-Gesellschaft.

     

    3.3 KG

    Bei der KG unterscheidet sich die Situation für die Komplementäre nicht von der der oHG-Gesellschafter. Für die Kommanditisten besteht eine Regelungsnotwendigkeit dann, wenn eine Zersplitterung des Kommanditanteils, wie in Beispiel 1 (Abwandlung) angesprochen, vermieden werden soll oder von der durch das Gesetz vorgegebenen Vererblichkeit des Anteils ganz abgewichen werden soll.

     

    Um ersteres zu erreichen, kann eine qualifizierte Nachfolgeklausel vorgesehen werden. Dabei wird häufig eine von der oben genannten Formulierung leicht abweichende Fassung eingesetzt:

     

    Musterformulierung 6 /

    „Beim Tod eines Kommanditisten wird die Gesellschaft lediglich mit einem (zwei oder eine andere gewünschte Anzahl) Erben fortgesetzt. Die Kommanditisten haben den/die zur Nachfolge in den Kommanditanteil vorgesehenen Erben durch letztwillige Verfügung zu bestimmen.“

     

    Soll der Kommanditanteil entgegen der gesetzlichen Regelung nicht vererblich sein, so kann dies wie folgt geregelt werden:

     

    Musterformulierung 7 /

    „Die Kommanditisten scheiden durch Tod aus der Gesellschaft aus. Ihren Erben steht als Abfindung das zu, was der verstorbene Kommanditist erhalten hätte, wenn er lebzeitig aus der Gesellschaft ausgeschieden wäre.“

     

    3.4 Alle Gesellschaften

    Für alle Personengesellschaften kommt schließlich eine Gestaltungsvariante in Betracht, durch die keine Nachfolge ohne Zutun des Nachfolgers stattfindet, sondern diesem einen Anspruch auf Erwerb der Gesellschafterstellung eingeräumt wird. Durch eine solche Eintrittsklausel können nicht nur Erben, sondern auch Mitgesellschafter oder Dritte begünstigt werden. Ein Formulierungsbeispiel:

     

    Musterformulierung 8 /

    „Beim Tod eines Gesellschafters erhalten dessen Erben/die Mitgesellschafter/ein (zu benennender) Dritter das Recht, in die Gesellschaft in einem der Beteiligung des Verstorbenen entsprechenden Umfang einzutreten. Der/Die Eintretenden haben seinen/ihren Eintritt innerhalb von zwei Monaten seit dem Tode des Gesellschafters zu erklären. Bis zur Eintrittserklärung halten die übrigen Gesellschafter den Anteil des Verstorbenen treuhänderisch. Sie sind zur unentgeltlichen Übertragung an den Eintretenden verpflichtet.“

     

    Diese Gestaltungsvariante kann mit einem Abfindungsausschluss für den Fall verbunden werden, dass ein Eintritt nicht erfolgt.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Heinz-Willi Kamps/Jens Stenert, Das Unternehmertestament im Mittelstand: Überlegungen für die steuerliche Beratung, DB 19, 930
    • Thomas Carle, Abfindungsklauseln im Gesellschafts- und Erbschafsteuerrecht, KÖSDI 2018, Nr. 10, 20949-20959
    • Maximilian von Proff, Die Erbfolge in Beteiligungen an Personengesellschaften ‒ Funktionsweise und Gestaltungsmöglichkeiten, DStR 17, 2555
    • Yvonne Gallus, Unternehmensnachfolge ‒ Wechselwirkungen von Testament und Gesellschaftsvertrag, ErbStB 17, 112
    Quelle: ID 46020720