· Fachbeitrag · Vorbereitende Maßnahmen
Erstellung eines Letter of Intent (LoI) ‒ Begriffsbestimmung, Zielsetzung und Inhalte
von Dipl. Kfm. Manfred Rinderer, zert. Berater für Unternehmensnachfolge, con|cess M + A Partner Bonn/Gerolstein
| Im Vorfeld von Unternehmenskäufen ist es empfehlenswert, zwischen den potenziellen Vertragspartnern einen Letter of Intent (LoI) zu formulieren. Einerseits werden damit die Ernsthaftigkeit der Gespräche und der Wille zum Abschluss des Vertrags dokumentiert, andererseits soll kein Anspruch auf diesen entstehen. Stattdessen muss ein Abbruch der Verhandlungen möglich bleiben. In diesem Zusammenhang gibt es regelmäßig Unsicherheit darüber, welche Punkte aufgenommen werden sollten und welchen rechtsverbindlichen Charakter ein LoI für die jeweiligen Parteien hat. |
1. Begriffsbestimmung und Arten des LoI
Ein Letter of Intent (LoI) ist ein Begriff aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis und steht für eine einseitige oder zweiseitige Vereinbarung, mit welcher die Verhandlungsparteien ‒ beim Unternehmenskauf also Verkäufer und Kaufinteressent ‒ ihre ernsthafte, aber dennoch unverbindliche Absicht zur Durchführung der Transaktion festhalten wollen. Unverbindlich bedeutet in diesem Zusammenhang, dass kein Rechtsanspruch auf Abschluss des Vertrags besteht.
Streng genommen ist unter einem LoI eine einseitige Fixierung der Verhandlungsposition des Absenders zu verstehen. In der Praxis wird der LoI aber oft als von beiden Parteien zu unterzeichnendes Dokument verwendet.
Eine Vereinbarung zwischen mehreren Verhandlungspartnern bezeichnet man als ein Memorandum of Understanding (MoU) bzw. Letter of Understanding, wobei diese Bezeichnungen oftmals synonym verwendet werden. Wenn solche Vereinbarungen zwischen den Unternehmensspitzen auf den jeweiligen Verhandlungsseiten getroffen werden, erfolgt das zumeist unter dem Begriff Heads of Agreement.
Obwohl die Verwendung der o. g. Bezeichnungen nicht stringent vorgenommen wird, haben alle gemein, dass sie ein angestrebtes Rechtsgeschäft lediglich vorbereiten.
2. Abgrenzung zum Vorvertrag
Wie oben bereits dargestellt, ist das Wesensmerkmal eines LoI, dass er eine reine Absichtserklärung darstellt, die keine Bindungswirkung entfaltet. Der LoI ist also von einem Vorvertrag zu unterscheiden, der die Parteien zum Abschluss des Hauptvertrags verpflichtet. In einem Vorvertrag sind bereits die wesentlichen Vertragsbestandteile des späteren Hauptvertrags geregelt. Die Durchführung des Hauptvertrags ist in diesem Fall im Gegensatz zum LoI oder MoU einklagbar. Sinnvoll kann der Abschluss eines Vorvertrags beispielsweise sein, wenn dem Hauptvertrag noch tatsächliche oder rechtliche Hindernisse entgegenstehen (z. B. ausstehende Prüfungsergebnisse oder noch nicht erteilte Zulassungen). Die Verpflichtung zum Abschluss des Hauptvertrags kann in einem solchen Fall im Vorvertrag unter die Bedingung gestellt werden, dass ein bestimmtes Ereignis eintritt bzw. das Hindernis wegfällt.
3. Zielsetzung
Mit der Formulierung eines LoI wird in der Regel ein wesentlicher Schritt im Rahmen der Verhandlungen markiert und der Beginn der Due Diligence (Detailprüfung) und Vertragsverhandlungen eingeleitet bzw. vorbereitet.
Die Motivation für diesen Schritt ist darin begründet, dass man sich zwar aufgrund der Komplexität eines Unternehmenskaufs in einem so frühen Stadium noch nicht auf verbindliche Detailregelungen festlegen möchte, dass aber dennoch ein gewisses Vertrauen dokumentiert und ein ernsthaftes Interesse bekundet werden soll.
Darüber hinaus hat ein LoI auch eine verhandlungstaktische Funktion, die nicht zu gering bewertet werden sollte. Dinge, die in einem LoI bereits formuliert sind, werden im weiteren Verlauf der Verhandlungen von einer Partei nicht so einfach „wegzudiskutieren“ sein.
Auch wenn bei einem LoI die rechtliche Unverbindlichkeit hervorgehoben wird und auch deren Wesenskern darstellt, werden beide Parteien darauf achten, zumindest einige Vereinbarungen als rechtlich verbindlich zu kennzeichnen (s. 4.4), ohne damit aber den Rahmen einer Absichtserklärung zu sprengen und damit den Charakter eines Vorvertrags zu begründen.
4. Inhalt
Der LoI fasst den Stand der Verhandlungen zusammen und deklariert die grundsätzliche Bereitschaft einer Zusammenarbeit. Im LoI sollten daher das geplante Vorhaben erläutert und die bisherigen Gesprächsergebnisse konkretisiert werden.
4.1 Darlegung der Kauf-/Verkaufsabsicht und Verhandlungsparteien
Dieser Teil beinhaltet die Erklärung der Einzelperson oder der Gesellschaft, die daran interessiert ist, das Unternehmen X von Verkäufer VKI zu erwerben. Üblicherweise wird hier ebenfalls kurz die Transaktionsform dargestellt, z. B. 100 %-Übernahme der Anteile gegen Barzahlung des vollen Kaufpreises oder eine Abschlagszahlung in Höhe von x und anschließend weitere Teilzahlungen, die an gewisse Bedingungen geknüpft sein können. Die Transaktionsform wird dann in einem späteren Teil des LoI näher ausgeführt.
Ebenso werden in diesem Abschnitt die Verhandlungsparteien und das Verhandlungsobjekt konkretisiert.
Beispielhaft für eine GmbH, die verkauft werden soll, beinhaltet das neben dem Namen der Gesellschaft, dem Hinweis zum Handelsregistereintrag beim zuständigen Amtsgericht und der Angabe der HRB-Nr. auch die Auflistung der Geschäftsführer und der Gesellschafter. Ebenso werden die Höhe der Stammeinlage und die Anteilsverteilung bei den Gesellschaftern dokumentiert.
4.2 Kaufpreis und Zahlungsmodalitäten
In diesem Abschnitt wird festgehalten, was im Vorfeld zu den möglichen Kaufpreismodalitäten besprochen wurde.
Der Kaufinteressent erläutert hier sein mögliches Kaufpreisangebot, die Bedingungen, die diesem Preis zugrunde liegen und wie dieser dann letztendlich entrichtet werden soll.
In der einfachsten Form könnte eine solche Formulierung wie folgt aussehen:
Musterformulierung / Festlegung der Kaufpreismodalitäten |
Der KI hat die Absicht, von den VKI insgesamt 100 % der Geschäftsanteile an der Gesellschaft X-GmbH zu erwerben. Der Kaufpreis beträgt unter der Annahme, dass zum Jahresende 31.12.XX ein Umsatz/EBIT von mindestens y Mio. EUR erzielt wird, x Mio. EUR und wird in bar geleistet. |
Solche einfachen Zahlungsmodalitäten sind bei Unternehmenskäufen aber eher die Ausnahme als die Regel. Vielmehr trifft man häufig auf komplexere Gestaltungen, bei denen der Kaufpreis nicht sofort in voller Höhe bezahlt wird, sondern Teile davon erst bei Erreichung von gewissen Ergebnissen in der Zukunft (sog. Earn Out Zahlungen) ausgezahlt oder in Form von sogenannten Verkäuferdarlehen verzinslich „gestundet“ werden.
Ebenso können hier auch Bedingungen formuliert werden, die Voraussetzung sind für die Wirksamkeit des Anteilskauf- und Übertragungsvertrags. Hierunter fällt z. B. die notarielle Beurkundung des Vertrags, ggf. die Zustimmung des Kartellamts bzw. Nichtuntersagung bei bestimmten Branchen oder einer gewissen Marktbedeutung des Unternehmens.
4.3 Due Diligence
Einem Unternehmenserwerb geht eine detaillierte Überprüfung der wirtschaftlichen, finanziellen, technischen und rechtlichen Verhältnisse der Gesellschaft durch die Käuferseite voraus. Im LoI wird deshalb formuliert, dass Voraussetzung für den erfolgreichen Abschluss des Vertrags eine zufriedenstellende Due Diligence für den Käufer ist. Auch die endgültige Höhe des Kaufpreises wird davon abhängig gemacht.
Ebenso werden der Zeitraum, den die Prüfung in Anspruch nehmen soll, die Art der Bereitstellung der Unterlagen (z. B. Einsicht vor Ort, Bereitstellung in einem elektronischen Datenraum) und die zur Einsicht berechtigten Personen festgelegt.
4.4 Vertraulichkeit, Zeitrahmen und Exklusivität
Im Rahmen eines solchen Verhandlungs-, Prüfungs- und Analyseprozesses kommt es zum Austausch sensibler Informationen, weshalb es unerlässlich ist, dass die Verhandlungsparteien eine gegenseitige Geheimhaltungsverpflichtung vereinbaren. Auch sollte der Zeitraum, den die Due Diligence in Anspruch nehmen soll und bis zu dem die anschließenden Vertragsverhandlungen abgeschlossen werden sollen, festgelegt werden. Gerade für die Verkäuferseite ist dieser Aspekt sehr relevant, da sich Kaufinteressenten aufgrund der Kosten einer Due Diligence und der Vertragsverhandlungen Exklusivität zusichern lassen, der Verkäufer also keine Gespräche oder Verhandlungen über den Verkauf der Gesellschaft mit Dritten führen darf.
Für die Verletzung solcher Vertraulichkeits- und Exklusivitätsvereinbarungen werden häufig Vertragsstrafen festgelegt.
Geheimhaltungs- und Exklusivitätsvereinbarungen werden ‒ im Gegensatz zu den übrigen Punkten im LoI ‒ üblicherweise als explizit rechtlich verbindliche Klauseln formuliert.
4.5 Weitere Regelungen
Ergänzende und zusätzliche Regelungen im LoI, wie Regelungen zu Kosten (i. S. v. „Jede Partei trägt ihre eigenen Kosten selbst“), Abwerbungsverbote, Salvatorische Klauseln sowie Gerichtsstand sollten ebenfalls aufgenommen werden.
FAZIT | Unternehmenstransaktionen sind i. d. R. komplexe und zeitaufwendige Prozesse. Auch wenn ein LoI keinen Rechtsanspruch auf den Abschluss eines Vertrags sichert, ist er doch ein sinnvolles Instrument, den Verhandlungsstand zu dokumentieren und den weiteren Verhandlungsprozess zeitlich und organisatorisch zu strukturieren. Die beiderseitige Interessensbekundung der Verhandlungsparteien, einen Abschluss herbeiführen zu wollen, schafft Vertrauen und ist auch aus verhandlungstaktischen Gründen nicht zu unterschätzen. |
Zum Autor | Manfred Rinderer verfügt über mehr als 25 Jahre operative Berufserfahrung aus verschiedenen nationalen und internationalen Führungspositionen in verschiedenen Branchen im Industrie- und Dienstleistungssektor. Als Experte in den Bereichen Strategie, Marketing und Vertrieb baute er vorwiegend in mittelständischen und inhabergeführten Unternehmen bestehende Märkte aus, erschloss neue Vermarktungspotenziale, richtete Unternehmen neu aus, initiierte und begleitete Fusionen sowie Kooperationen. Seit 2007 berät er zusätzlich als Business Coach, stieg 2015 bei con|cess M & A Partner ein und gründete die MR-U.N.i.K.u.M GmbH & Co. KG.
Weiterführende Hinweise
- „Verkauf von Unternehmen: Ablauf, Verträge und Zahlungen“ von RA und Datenschutzbeauftragte Anna Rehfeldt, LL.M. unter Abruf-Nr. 46510193
- „Nachfolgeberatung: Die Königsdisziplin für Steuer- und Unternehmensberater“ von Dipl.-Sozialwirt Erhard Stammberger, Oldenburg (Oldb) unter Abruf-Nr. 46086716