Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Nachricht · Einkommensteuer

    Generationennachfolge-Verbund bei Nacherbschaft

    | Wiederkehrende Leistungen und Zahlungen, die der Erblasser durch letztwillige Verfügung einem Vorerben zugunsten eines zum Generationennachfolge-Verbund gehörenden Nacherben für die Dauer der Vorerbschaft auferlegt und die aus dem übergegangenen Vermögen zu erbringen sind, können dem Rechtsinstitut der Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen zuzuordnen sein (BFH 16.6.21, X R 30/20). | 

    Sachverhalt

    Der Steuerpflichtige war zunächst mit seinem Vater Miteigentümer eines vermieteten Mehrfamilienhauses. Der Vater war an der Grundstücksgemeinschaft zu 75 %, der Steuerpflichtige zu 25 % beteiligt. Der Vater verstarb im Jahr 1989. Testamentarische Alleinerbin wurde die Stiefmutter des Steuerpflichtigen, allerdings als nicht befreite Vorerbin. Als Nacherben nach dem Tod der Stiefmutter bestimmte der Vater den Steuerpflichtigen. Der Vater beschwerte die Stiefmutter mit dem Vermächtnis, dem Steuerpflichtigen „in der Zeit der Vorerbschaft“ 25 % der Einnahmen aus dem vererbten Grund- und Wertpapiervermögen zukommen zu lassen. Der Steuerpflichtige setzte die Grundstücksgemeinschaft nach dem Tod des Vaters mit der Stiefmutter fort. Entsprechend der testamentarischen Anordnung bezog er in den Streitjahren Einnahmen aus der Vermietung des Mehrfamilienhauses.

     

    Nachdem das FA von dem Vermächtnis erstmals im Jahr 2016 Kenntnis erlangt hatte, ging es von einer Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen aus und besteuerte die Zahlungen der Stiefmutter für die Streitjahre als sonstige Einkünfte.

     

    Entscheidung

    So entschied nun auch der BFH. Die Vermächtniszahlungen erfüllen für die Stiefmutter die Voraussetzungen eines Sonderausgabenabzugs. Es handelt sich um auf besonderen Verpflichtungsgründen beruhende Renten und dauernde Lasten i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG in der bis zum 31.12.07 geltenden Fassung (EStG 2007).

     

    Die durch letztwillige Verfügung des Vaters zugunsten des Steuerpflichtigen angeordneten Zahlungen sind dem durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geprägten Sonderrechtsinstitut einer Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen vergleichbar.

     

    Erläuterung

    Von einer Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen wurden und werden grundsätzlich Leistungen erfasst, die anlässlich einer Betriebs- oder sonst begünstigten Vermögensübergabe im Wege der vorweggenommenen Erbfolge vom Vermögensübergeber vorbehalten worden sind. Solche nach § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 1 EStG 2007 als Sonderausgaben abzugsfähigen Leistungen unterscheiden sich von ‒ steuerrechtlich grundsätzlich nicht berücksichtigungsfähigen ‒ Unterhaltsleistungen gemäß § 12 Nr. 1 EStG durch ihre Charakterisierung als vorbehaltene Vermögenserträge. Sie enthalten deshalb auch keine Zuwendungen des Vermögensübernehmers aufgrund freiwillig begründeter Rechtspflicht i. S. v. § 12 Nr. 2 EStG.

     

    Einer zu Lebzeiten erfolgten Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen stellt der BFH den Fall gleich, dass die Versorgungsleistungen ihren Entstehungsgrund in einer letztwilligen Verfügung haben. Hierfür wird vorausgesetzt, dass sich der Vermögensübergeber Versorgungsleistungen für solche Personen vorbehält, die ihm gegenüber erb- oder pflichtteilsberechtigt sind, d. h. insbesondere der überlebende Ehepartner und Kinder.

     

    Im Streitfall war das FG zu Recht davon ausgegangen, dass die Anordnungen des Vaters in dessen letztwilliger Verfügung als Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen i. S. v. § 10 Abs. 1 Nr. 1a EStG 2007 anzusehen sind.

     

    Der Vater hatte nach Maßgabe der zum Zeitpunkt des Erbfalls im Jahr 1989 geltenden Rechtslage begünstigtes Vermögen, nämlich einen Miteigentumsanteil an einer Immobilie, auf seine zweite Ehefrau übertragen. Der Ehefrau und Stiefmutter war der Miteigentumsanteil an der vermieteten Immobilie mit Eintritt des Erbfalls auch zivil- und steuerrechtlich zuzurechnen. Trotz der in §§ 2113 bis 2115 BGB geregelten Beschränkungen ist der Vorerbe vollwertiger Erbe und wird Eigentümer des Nachlasses, ihm gebühren die Nutzungen hieraus.

     

    Die von der Stiefmutter erbrachten Zahlungen stellen sich zudem als Leistungen dar, die sich der Vater als Vermögensübergeber und Erblasser zugunsten des Steuerpflichtigen als einer ihm gegenüber erb- bzw. pflichtteilsberechtigten Person aus dem der Stiefmutter übertragenen Miteigentumsanteil an der Immobilie vorbehalten hat. Die Zahlungen treten jedenfalls für die Zeit der Vorerbschaft der Stiefmutter an die Stelle erbrechtlicher Ansprüche des Steuerpflichtigen auf das Vermögen.

     

    Der Zuordnung der Zahlungen der Stiefmutter zu Versorgungsleistungen steht nicht der Umstand entgegen, dass diese vom Steuerpflichtigen bei typisierender Betrachtung der zivilrechtlichen Ausgangslage nicht lebenslang, sondern lediglich für die zeitlich ungewisse Dauer der Vorerbschaft bezogen werden sollen.

     

    Das FG hatte zudem zutreffend entschieden, dass die Zahlungen der Stiefmutter als abänderbare dauernde Last und nicht als gleichbleibende ‒ nur mit dem Ertragsanteil in Ansatz zu bringende ‒ Leibrente gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a S. 2 EStG2007 zu berücksichtigen sind.

    Quelle: ID 47971410