· Fachbeitrag · Erbschaft- und Schenkungsteuer
Schenkungsteuerlich begünstigte Übertragung eines Besitzunternehmens
von Prof. Dr. Alexander Kratzsch, Bünde
| Nach § 13b Abs. 1 Nr. 2 ErbStG a.F. gehört zum begünstigten Vermögen vorbehaltlich § 13b Abs. 2 ErbStG a.F. inländisches Betriebsvermögen (§§ 95 bis 97 BewG) beim Erwerb eines ganzen Gewerbebetriebs. Es ist keine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte anzunehmen, wenn der Erblasser oder Schenker das Besitzunternehmen und die Betriebskapitalgesellschaft faktisch beherrscht. Fraglich ist, ob ein Einfluss auf die kaufmännische oder technische Betriebsführung ohne Möglichkeit der Erlangung einer Stimmenmehrheit hierfür ausreicht (BFH 23.2.21, II R 26/18, Abruf-Nr. 223756 ). |
Sachverhalt
Der Kläger erbte im Jahr 2012 den Betrieb seines Vaters. Der Betrieb war ursprünglich ein Autohaus und wurde auf einem Betriebsgrundstück in Z betrieben.
Ende 1984 gründete der Kläger eine GmbH. Gegenstand des Unternehmens ist u. a. der Handel mit sowie die Reparatur von Kraftfahrzeugen. Gesellschafter und alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist der Kläger. Das Betriebsgrundstück wurde mit Wirkung zum 1.1.85 mit sämtlichen Betriebsräumen von dem Betrieb an die GmbH zu deren Betrieb als Autohaus ‒ inklusive der darin befindlichen Maschinen und sonstigen Einrichtungsgegenstände ‒ verpachtet. Dem Erblasser wurde hinsichtlich der GmbH eine Einzelprokura erteilt. Sie erlosch mit dessen Tod im Jahr 2012.
Im November 1997 erteilte der Erblasser dem Kläger eine frei widerrufliche Generalvollmacht. Dadurch wurde der Kläger von § 181 BGB befreit und berechtigt, sämtliche geschäftliche Entscheidungen allein zu treffen. Ab dem Jahr 1999 wurde die Ausstellungsfläche der GmbH erweitert. Die Verträge und der Schriftwechsel weisen als Bauherrn den Erblasser auf. Die Verträge mit den die Erweiterung ausführenden Unternehmen wurden vom Kläger abgeschlossen und die Erklärungen über eine Bauabnahme ebenfalls von ihm abgegeben.
Der Erblasser meldete sein Gewerbe am 19.6.00 zum 1.1.85 um und gab als neu ausgeübte Tätigkeit „Vermietung und Verpachtung“ an. Im Jahr 2012 wurde das Gewerbe wegen vollständiger Aufgabe abgemeldet. Das FA dagegen stellte den Wert des Betriebsvermögens mit 695.217 EUR fest. Die Summe der gemeinen Werte des Verwaltungsvermögens wurde mit 611.250 EUR festgestellt. Die hiergegen gerichtete Klage hatte in allen Instanzen keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Revision war erfolglos. Da das Grundstück dem Verwaltungsvermögen i. S. d. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 1 ErbStG a.F. zuzurechnen war, lag keine begünstigte Übertragung vor. Ein Rückausnahmetatbestand nach § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. a, Buchst. b Doppelbuchst. aa oder Buchst. c ErbStG a.F. war nicht erfüllt.
Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte liegt zwar nicht vor, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebskapitalgesellschaft faktisch beherrscht. Dazu ist nach Auffassung des BFH allerdings eine Einwirkung des Erblassers oder Schenkers mit den Mitteln des Gesellschaftsrechts auf die zur Beherrschung führenden Stimmrechte notwendig. Ein Einfluss nur auf die kaufmännische oder technische Betriebsführung ohne Möglichkeit der Erlangung einer Stimmenmehrheit reiche dagegen nicht aus.
Eine Nutzungsüberlassung an Dritte sei außerdem nicht anzunehmen, wenn die Nutzungsüberlassung im Rahmen der Verpachtung eines ganzen Betriebs erfolgt, die beim Verpächter zu Gewinneinkünften führt, und der Verpächter des Betriebs im Zusammenhang mit einer unbefristeten Verpachtung den Pächter durch eine letztwillige oder rechtsgeschäftliche Verfügung als Erben eingesetzt hat (§ 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. b Doppelbuchst. aa ErbStG a.F.). Wird ein Grundstück an eine Kapitalgesellschaft verpachtet, liege eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte allerdings auch dann vor, wenn Erwerber des Betriebsvermögens der Gesellschafter der Kapitalgesellschaft sei.
Erläuterungen
Die Begünstigung nach den §§ 13a und 13b ErbStG wird nicht für das zum Betriebsvermögen gehörende sog. Verwaltungsvermögen gewährt. Darunter fällt u. a. auch die Nutzungsüberlassung von Grundstücken an Dritte. Eine steuerschädliche Nutzungsüberlassung an Dritte liegt nicht vor, wenn der Erblasser oder Schenker sowohl das Besitzunternehmen als auch die Betriebskapitalgesellschaft beherrscht und damit die Voraussetzungen einer Betriebsaufspaltung erfüllt werden (§ 13b Abs. 4 Nr. 1 S. 2 Buchst. a Alternative 1 ErbStG n.F.).
Eine faktische Beherrschung reicht nach Auffassung des BFH nicht unter denselben Voraussetzungen wie im Ertragsteuerrecht aus, damit eine steuerschädliche Überlassung an Dritte zu verneinen ist. § 13b Abs. 2 S. 2 Nr. 1 S. 2 Buchst. a Alternative 1 ErbStG a.F. erfordert vielmehr, dass der Erblasser oder Schenker sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen allein oder zusammen mit anderen Gesellschaftern einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen entfalten kann. Es genügt daher nicht, dass Erwerber die Betriebsgesellschaft tatsächlich beherrschen und zudem in der Lage sind, auch in dem Besitzunternehmen hinsichtlich des zur wesentlichen Betriebsgrundlage bestehenden Miet- oder Pachtverhältnisses ihren Willen faktisch durchzusetzen.