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· Fachbeitrag · Barrierefreiheit

Mandanten bei Umbaumaßnahmen richtig beraten

von Rechtsanwaltsfachangestellter Christian Noe B.A., Leipzig

| Müssen ältere Menschen Wohnung oder Eigentum altersgerecht anpassen oder nach einem Unfall ihr Fahrzeug umrüsten, ist zuverlässiger Rat gefragt. Kosten sind im Blick zu behalten sowie gute Vorbereitung und sachkundige Unterstützung sicherzustellen. Dieser Beitrag zeigt, wie Sie Ihren Mandanten bei der Planung begleiten und auf verlässliche Hilfsangebote hinweisen. |

1. Wer berät konkret?

Ideen und Planungen zu Inklusion sowie der demografische Wandel verändern die Gestaltung von z.B. Behörden, Bibliotheken oder Krankenhäusern und sorgen für immer mehr barrierefreie Infrastruktur wie Aufzüge, Rampen oder sanitäre Anlagen. Dementsprechend existieren zahlreiche Beratungs- und Kontaktstellen als Ansprechpartner.

 

Checkliste /  Diese Anlaufstellen unterstützen

  • Wohnungsberatungsstellen und Behindertenbeauftragte der Städte (zu ermitteln über städtische Internetseiten oder durch Anruf beim Bürgerservice).
  • Der Barrierefrei Leben e.V. bietet Hilfsmittel- und Bauberatung und seit 2006 eine deutschlandweite kostenlose Wohnberatung per Internet für ältere und behinderte Menschen. Kompetente Spezialisten informieren zu Umbaumaßnahmen, Wohnraumhilfsmittel und Finanzierung, prüfen Baupläne und übernehmen eine „Lotsenfunktion“ (z.B. Empfehlung zuverlässiger Architekten und Handwerker).
  • „Einfach teilhaben“ ist das Webportal des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit Online-Beratung zu Wohnungsanpassung und -umbau, barrierefreie Wohnraumgestaltung und betreutes Wohnen. Eine Kontaktaufnahme für kostenlose Beratung ist via Infotelefon sowie Online-Formular möglich. Antworten werden auf Wunsch in Großdruck oder Punktschrift (Kurz-/Langschrift) dargestellt.
  • Kostenlose Flyer des Webportals für die Auslage in der Kanzlei sind bestellbar auf: www.bmas.de.
  • Einige Architektenkammern wie z.B. die bayerische Architektenkammer (www.byak.de) beraten zu barrierefreien Umbauten oder kooperieren mit den örtlichen Verbraucherzentralen.
  • Informationen zum Umbau von Pkw, Fördermöglichkeiten und eine Suchfunktion für ortsnahe Umrüstbetriebe sind auf dem Portal www.autoanpassung.de vorhanden. Umgerüstete Gebrauchtwagen und Hilfsmittel werden auf www.handicap-bazar.de angeboten.
  • Die noch junge Stiftung Barrierefreiheit mit Sitz in Berlin widmet sich speziell Technologien für eingeschränkte Menschen, damit diese Computer, digitale Medien und Kommunikationsmöglichkeiten nutzen können. In ihrem Testzentrum ist ein Raum vorhanden, in dem unterstützende Technologien erprobt werden können (www.stiftung-barrierefrei-kommunizieren.de).
  • Erfolgreiche Suchmaschinennutzung für regionale Hilfen: Kombinieren Sie Schlagworte wie z.B. „barrierefrei“, „Barrierefreiheit“ „Netzwerk“, „Landesarbeitsgemeinschaft“, „Förderprojekt“ in Verbindung mit Bundesland- oder Städtename.
 

Wichtig | Nutzt Ihr Mandant die öffentlichen Verkehrsmittel? Dann sollte frühzeitig recherchiert werden, wie nahe gelegene Haltestellen gestaltet sind und welche Hilfen beim Einstieg zur Verfügung stehen (z.B. Rampen in Bussen oder auch seniorengerechte Bushaltestellen mit erhöhten Bürgersteigen, die das Einsteigen insbesondere auch mit einem Rollator erleichtern). Hinweise zu barrierefreien Angeboten erfahren Sie meist direkt bei den Verkehrsverbünden oder landesrechtlichen Informationsseiten (in Nordrhein-Westfalen z.B. bei der Agentur Barrierefrei, www.ab-nrw.de).

 

In diesem Zusammenhang ist ebenso zu prüfen, ob Ihr Mandant als schwerbehinderter Mensch kostenlos reisen kann (auf Antrag Erteilung der Merkzeichen G, aG, H, Gl und Bl im Schwerbehindertenausweis). Wichtig auch: Der Mandant kann zur Unterstützung eine Begleitperson im Nahverkehr kostenlos mitnehmen, wenn zusätzlich das Merkzeichen „B“ erteilt wird.

2. Hausarzt und Kliniken einbeziehen

Unbedingt sind Haus- oder behandelnde Ärzte in die Planungen einzubeziehen, denn Unfallfolgen oder Krankheitsverläufe sind für Laien oft kaum einzuschätzen. Mitunter werden teure Umbauten vorgenommen, die nach nur ein oder zwei Jahren nicht mehr ausreichend sind, da sich der körperliche Zustand verändert oder Krankheiten weiter vorangeschritten sind. Prognosen und Erfahrungswerte von Ärzten und Reha-Medizinern helfen, den Bedarf im Wohnumfeld langfristig abzuschätzen. Erörtern Sie ferner mit Architekten, ob bestimmte Umbauten vergleichsweise einfach oder mit wenig Aufwand zu späteren Zeitpunkten anzupassen sind.

 

Nach Auskunft des Barrierefrei leben e.V. beziehen sich die meisten Anfragen auf den Aus- und Umbau von Bädern. Gerade hierzu werden Sie dort erfahrenen Rat erhalten. Der Online-Badplaner in 3D-Perspektive auf www.einfach-teilhaben.de unterstützt anschaulich Umbaupläne.

 

Beachten Sie | Nehmen Sie Ihren Mandanten gezielt Ängste vor hohen Ausgaben oder umfangreichen Baumaßnahmen. Eine Wohnungsanpassung bedeutet nicht zwangsläufig Umbau. Häufig genügen überschaubare bauliche Veränderungen wie Haltegriffe, Rollrampen oder spezielle Sitzvorrichtungen. Und dank eines steigenden Bedarfs treibt auch die Industrie innovative Ideen und bezahlbare Lösungsansätze voran.

 

Checkliste /  Hierauf ist der Mandant hinzuweisen

  • Kein voreiliger Beginn von Baumaßnahmen, sofern Finanzierungsfragen ungeklärt sind. Baupläne/Kostenvoranschläge stets durch unabhängige Dritte kontrollieren lassen (z.B. Bauherrenschutzbund, Empfohlenen Architekten).
  • Schadenersatzzahlungen (aus Verkehrsunfall) oder die Auszahlung von Versicherungssummen können verzögert fließen, gerichtliche Auseinandersetzungen über Anspruch und Höhe sich über Monate/Jahre hinziehen. Dies ist mit dem Prozessbevollmächtigten zu besprechen.
  • Fördermöglichkeiten: Regelmäßig legen Bund und Länder neue Förderprojekte auf und es werden neue Kreditarten angeboten. Prüfen Sie aktuell vor einem geplanten Vorhaben, welche landes- und bundesrechtlichen Förderprogramme existieren (www.bundesregierung.de).
  • Kontakte zu Senioren, die Umbauten planen oder durchführen ließen. Diese lassen sich im lokalen Umfeld herstellen (Sozialverbände, Diakonien, Selbsthilfegruppen, Seniorenveranstaltungen, VHS). Fragen Sie bei örtlichen Vereinen, Diakonien und Beratungsstellen oder Pflegestammtischen nach.
 

 

Checkliste / Barrierefreiheit: In drei Stufen richtig beraten

Bedarfsermittlung
Planung
Zukunft

Wie wohnt der Mandant zurzeit?

Zweigleisig prüfen: Förderprogramme des Landes und Bundes

Welche Kosten fallen für Wartung und Pflege der Umbauten/Lösungen an?

Welche Einschränkungen liegen vor?

KfW-Kredit?

Funktion erklären, aktiv gemeinsam ausprobieren

Einbezug Hausarzt und Kliniken:

Enge Abstimmung mit Wohnungsberatungsstelle

Prüfen, ob Wartungs- und Termine einzuhalten sind

Mit welchem Krankheitsverlauf ist zu rechnen?

Dann ergänzend Organisation, wie Barrierefrei Leben e.V.

Einschätzung von Verwandten und Freunden einholen:

Anpassung und Umbauten schätzen lassen (Bauzeit)

Was wünscht der Mandant?

Baupläne/Architektenplanung durch unabhängigen Dritten sichten lassen

Bestehen Ängste (Wohnungsverlust, Umzug ins Heim, Pflegebedürftigkeit)?

Baubeginn/-auftrag erst dann, wenn Finanzierung geklärt ist, Förderanträge oder Kredite bewilligt wurden

Welche Tätigkeiten fallen ihm schwer/sind nur noch aufwendig möglich?

Mietwohnung: Vor Umbau Umzug in Erdgeschosswohnung überlegen, wenn Haus ohne Aufzug ausgestattet

 

 

Quelle: Ausgabe 09 / 2014 | Seite 166 | ID 42915068