· Fachbeitrag · Bundessozialgericht
Zahnimplantate: Gesetzliche Krankenkasse muss nur in besonderen Ausnahmefällen zahlen
von RA, Fachanwalt für MedR und Zahnarzt Dr. Stefan Droste, LL. M., Kanzlei am Ärztehaus; kanzlei-am-aerztehaus.de
| Ein wichtiges Thema gerade für Senioren: Ein gesetzlich versicherter Patient hat nur dann Anspruch auf Versorgung mit Zahnimplantaten, wenn die medizinische Gesamtbehandlung ein Behandlungsziel hat, das über die bloße Wiederherstellung der Kaufunktion hinausgeht. So urteilte jüngst das BSG (16.8.21, B 1 KR 8/21 R; Abruf-Nr. 225186 , Terminbericht Nr. 23/21). |
1. Der Fall
Eine Patientin klagte gegen ihre gesetzliche Krankenkasse. Im Oberkiefer hatte sie ein prothetisch unzulängliches Restgebiss. Sie hatte mehrmals erfolglos die Versorgung mit Zahnimplantaten beantragt. Schließlich legte sie hierzu einen Befundbericht des Universitätsklinikums Münster vor. Diesem war zu entnehmen, dass eine Schleimhautveränderung im Oberkiefer vorliegt, die nur schwer von einem hoch differenzierten Plattenepithelkarzinom abzugrenzen sei. Jedenfalls sei eine prothetische Versorgung mit Implantaten indiziert, um eine entzündliche Irritation der Mundschleimhaut zu verhindern.
2. Die Entscheidung
Wie schon die Vorinstanzen entschied auch das BSG, dass in diesem Fall keine Pflicht der Krankenkasse zur Übernahme der Implantationskosten besteht. Für die Versorgung mit Zahnimplantaten verlange § 28 Abs. 2 S. 9 SGB V eine Gesamtbehandlung im Sinne eines über die bloße Wiederherstellung der Kaufunktion hinausgehenden Behandlungsziels. Die implantologischen Leistungen erfolgten im vorliegenden Fall ausschließlich zur Sanierung des Restgebisses im Oberkiefer. Es verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, dass Versicherte nur bei einer aus human- und zahnmedizinischen Bestandteilen bestehenden Gesamtbehandlung in der gesetzlichen Krankenversicherung Anspruch auf implantologische Leistungen haben.
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Nach § 28 Abs. 2 SGB V gehören implantologische Leistungen nicht zur zahnärztlichen Behandlung und dürfen von den Krankenkassen nicht bezuschusst werden ‒ es sei denn, es liegen seltene vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) in Richtlinien festzulegende Ausnahmeindikationen für besonders schwere Fälle vor. Die Ausnahmeindikationen gehen aus der sog. „Behandlungsrichtlinie“ des G-BA hervor (Kapitel B. VII.). Grundvoraussetzung ist, dass eine konventionelle prothetische Versorgung ohne Implantate nicht möglich ist. Dies kann besonders bei schwerwiegenden Umständen bejaht werden, die eine rekonstruktive Therapie erfordern ‒ wie etwa bei Tumorleiden, Osteopathien, angeborenen Fehlbildungen, genetischen Nichtanlagen von Zähnen und Unfällen. |
FAZIT | Implantationen als Kassenleistung sind ein absoluter Ausnahmefall, über den im Einzelfall zu entscheiden ist. Die Krankenkassen beauftragen vor einer Entscheidung entsprechende Gutachter. |