· Fachbeitrag · Fahrtauglichkeit
Nicht bestandene Fahrprobe führt zur Entziehung der Fahrerlaubnis
von RA Detlef Burhoff, RiOLG a.D., Münster
Ein hohes Alter eines Fahrerlaubnisinhabers ist für sich genommen noch kein Grund, die Fahreignung anzuzweifeln. Allerdings führt eine nicht bestandene praktische Fahrprobe, die ein geeignetes Mittel zur Überprüfung der Kraftfahreignung ist, zu der Verneinung dieser Kraftfahreignung (VG Düsseldorf 4.3.15, 4 L 484/15, Abruf-Nr. 144652). |
Sachverhalt
Der 94-jährige Antragsteller beschädigte selbst seinen PKW. Auf einem Parkplatz legte er beim Rückwärts-Ausparken den Vorwärtsgang seines Automatikgetriebes ein und rutschte dann mit seinem Fuß vom Bremspedal ab, sodass der PKW schnell beschleunigte und vorwärts gegen einen drei Meter entfernten Baum fuhr. Dadurch wurde die gesamte Front des PKW stark eingedrückt, sodass er nicht mehr fahrbereit war. Die Ehefrau des Antragstellers wurde als Beifahrerin bei dem Zusammenstoß leicht am rechten Schienbein verletzt. Der Antragsteller hat angegeben, dass er „die Pedale verwechselt habe“. Die Fahrerlaubnisbehörde hat nach diesem Vorfall ein Eignungsgutachten durch den TÜV angefordert. Nachdem es bei der 30-minütigen Fahrprobe zu mehreren Fahrfehlern gekommen ist, hat die Fahrerlaubnisbehörde dem Antragsteller die Fahrerlaubnis entzogen, ihn zur Abgabe des Führerscheins aufgefordert und die sofortige Vollziehung angeordnet. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO hatte keinen Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die in der Hauptsache erhobene Klage wird voraussichtlich erfolglos bleiben. Die Ordnungsverfügung findet ihre Rechtsgrundlage in § 3 Abs. 1 S. 1 StVG. Danach hat die Fahrerlaubnisbehörde die Fahrerlaubnis zu entziehen, wenn sich ihr Inhaber als ungeeignet oder nicht befähigt zum Führen von Kraftfahrzeugen erweist. Nach dem angeforderten Eignungsgutachten zeigen die in der 30-minütigen Fahrprobe festgestellten Verhaltensweisen des Antragstellers, dass eine ausreichende Beherrschung des Kraftfahrzeuges im Straßenverkehr nicht gegeben ist. Im Gutachten wurden die einzelnen Fehlverhalten angegeben, wie z.B.:
- dreimaliges Nichtbeachten der Regelung „Rechts vor Links“ und
- zweimaliges Nichtbeachten der zulässigen Höchstgeschwindigkeit.
Der Gutachter hat die einzelnen Verkehrsverstöße detailliert beschrieben und ausgeführt, dass der Antragsteller bei einer Rechts-vor-links-Situation trotz fehlender Sicht auf den Querverkehr keine Reaktion gezeigt habe. Im Bereich eines Fußgängerüberwegs sowie einer Baustelle sei er deutlich zu schnell gefahren. Beim Auffahren auf die Autobahn sei er zögerlich und unsicher gewesen. Der Gutachter führt unter der Rubrik „Orientierende Beobachtung“ aus, dass der Antragsteller Verkehrssituationen oder Verkehrsschilder nicht wahrnehme und dass sein Orientierungsverhalten eingeschränkt sei. Auch habe er sich bei einem Links-Abbiege-Vorgang so auf dem Fahrstreifen des Gegenverkehrs eingeordnet, dass der begleitende Fahrlehrer aufgrund des nahenden Gegenverkehrs habe eingreifen und das Fahrzeug wieder auf die rechte Fahrbahnseite habe lenken müssen. Zudem sei eine Beobachtung des rückwärtigen Verkehrs durch den linken Außenspiegel und den Innenspiegel nur ansatzweise zu erkennen gewesen. Zwar ist ein hohes Alter eines Fahrerlaubnisinhabers für sich genommen noch kein Grund, die Fahreignung anzuzweifeln. Allerdings führt eine nicht bestandene praktische Fahrprobe, die ein geeignetes Mittel zur Überprüfung der Kraftfahreignung ist, zu der Verneinung dieser Kraftfahreignung.
Praxishinweis
Angesichts der doch recht massiven Fahrfehler war hier die Fahrerlaubnis nicht mehr zu retten. In vergleichbaren Fällen kann allenfalls noch versucht werden, gegebenenfalls durch ein Gutachten des Hausarztes das negative Ergebnis der Fahrprobe zu widerlegen und so gegebenenfalls zu erreichen, dass die Einholung eines amtsärztliches Gutachtens angeordnet wird. Das war hier aber auch nicht (mehr) möglich, da auch der Hausarzt Bedenken gegen die weitere Fahreignung des Antragstellers geäußert hatte.