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· Nachricht · Prozessrecht

Hält sich der Gutachter an seinen Auftrag, ist er nicht befangen

| Soll ein Gutachter alle Gesundheitsstörungen bezüglich eines Arbeitsunfalls werten, muss er keine Erkrankungen unerwähnt lassen ‒ auch wenn diese zwischen den Parteien bereits durch einen Vergleich geregelt sind. Er darf auch schon in der Vergangenheit Gutachten für die beklagte Partei in anderen Verfahren angefertigt haben. Dies rechtfertigt nicht gleich eine Besorgnis der Befangenheit, so das LSG Baden-Württemberg (24.10.19, L 6 U 1582/19, Abruf-Nr. 213600 ). |

 

Befangenheitsanträge gegen Gutachter sind nicht selten und werden stets im Einzelfall geprüft. In sozialgerichtlichen Verfahren kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen abgelehnt werden, die auch zur Ablehnung eines Richters berechtigen. Gerechtfertigt ist dies aber nur, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen dessen Unparteilichkeit zu rechtfertigen. Es liegt kein Grund vor, nur weil der Gutachter schon in früheren Verfahren für die Beklagte Gutachten erstellt hat und er früher einen Briefkopf verwendete, der den Begriff „Gutachteninstitut“ enthielt. Der Gutachter darf den Beklagten durchaus auch in einem berufsbezogenen Rahmen kennen (SR 19, 110).

 

Der Kläger bemängelte auch, dass der Gutachter zu einer Gesundheitsstörung Angaben machte, die als Unfallfolge bereits mit einem zwischen den Beteiligten geschlossenen Vergleichsvertrag geregelt wurde. Dies genügte dem LSG allerdings nicht. Gemäß dem gerichtlichen Gutachtensauftrag sollte aus medizinischer Sicht der Zusammenhang sämtlicher Gesundheitsstörungen mit dem Arbeitsunfall aus 2012 gewertet werden. Dem Gutachter wurde nicht aufgegeben, bestimmte Erkrankungen etwa aufgrund der rechtlichen Kategorie der Bindungswirkung eines Verwaltungshandelns nicht zu prüfen. Insoweit lässt sich nicht ableiten, dass der Gutachter gegenüber dem Kläger voreingenommen war.

 

Weiterführende Hinweise

  • Befangenheit eines Gutachters wird stets im Einzelfall geprüft, SR 19, 110
  • Gutachter darf sich angemessen gegen Kritik wehren, ohne gleich als befangen zu gelten, SR 18, 7
Quelle: Ausgabe 02 / 2020 | Seite 21 | ID 46228475