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· Fachbeitrag · Rehabilitation

Mandant soll in Reha ‒ aber bestätigt das Gutachten dies klar genug?

| Immer wieder gibt es Konflikte mit Krankenkassen, die verlangen, dass der Mandant eine Reha-Maßnahme antritt. Allerdings muss hierzu ein schlüssig verfasstes Gutachten vorliegen, dass auch für das Gericht verständlich ist. So das LSG Baden-Württemberg, das sich in kürzester Zeit zweimal mit Reha-Aufforderungen auseinandergesetzt hat (2.3.21, L 11 KR 1388/20, Abruf-Nr. 222423 ). |

 

Sachverhalt

Der Kläger bezog längere Zeit Krankengeld. Die Krankenkasse forderte ihn auf, einen Reha-Antrag zu stellen. Das Gutachten des Medizinischen Dienstes (MDK) dokumentierte u. a. einen schweren Krankheitsverlauf. Der Kläger fürchtete eine Rückforderung von Krankengeld und klagte. Das SG entschied, dass die Aufforderung zum Reha-Antrag rechtens war. Dagegen sah das LSG erhebliche Mängel im Gutachten und gab der Berufung des Klägers statt. Der Krankenkassenbescheid verletze ihn in seinen Rechten.

 

Entscheidungsgründe

Zwar können Krankenkassen gem. § 51 Abs. 1 SGB V einem Versicherten eine zehnwöchige Frist setzen, innerhalb der er einen Reha-Antrag oder Antrag zur Teilhabe am Arbeitsleben stellen soll (SR 21, 00). Jedoch muss zwingend ein ärztliches Gutachten erläutern, inwieweit die Erwerbsfähigkeit des Versicherten erheblich gefährdet oder gemindert ist. Es muss qualitativen Anforderungen genügen, jedenfalls summarisch die erhobenen Befunde wiedergeben. Es hat klarzustellen, welche Leistungseinschränkungen die festgestellten Gesundheitsstörungen zur Folge haben und wie lange diese voraussichtlich dauern werden. Das Gutachten muss aus sich heraus verständlich und auch für eine gerichtliche Überprüfung nachvollziehbar sein.

 

Hier nannte das Gutachten jedoch keine Diagnosen. Es führte lediglich aus, dass ein „zweifellos … schwerer Krankheitsverlauf“ bestünde. Das Gutachten ergab auch keine Hinweise darauf, welchen konkreten Prüfungsmaßstab der MDK angenommen hat und aus welchen Gründen die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 SGB V erfüllt sein sollen. Das Gutachten muss inhaltlich die erhobenen Befunde und medizinischen Gesichtspunkte enthalten und eine eigene medizinische Würdigung vornehmen. Es darf sich nicht darauf beschränken, dass die gefährdete Erwerbsfähigkeit anerkannt und wie hier von der Beigeladenen (Rentenversicherung) auch „nicht bestritten“ wird.

 

PRAXISTIPP | Schon im Februar entschied das LSG zur Frage, wann die Aufforderung zu einer Reha-Maßnahme zulässig ist. Dort hatte es sich aber mit der Ermessensfrage beschäftigt (2.2.21, L KR 578/20). Ein Anwalt muss daher auf zwei Ebenen prüfen, ob die Krankenkasse zulässig zu einer Reha aufgefordert hat: Sie muss mit ihrem Ermessen korrekt umgegangen sein und zudem muss das notwendige Gutachten inhaltlich die notwendigen Voraussetzungen erfüllen.

 
Quelle: Ausgabe 06 / 2021 | Seite 104 | ID 47381966