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Höhe des Behinderungsgrads bei unterlassener Behandlung
| Eine stärker behindernde Störung mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit kann auch bei aktuell fehlender psychiatrischer/psychologischer Behandlung bestehen, wenn die Unterlassung oder der Abbruch der Behandlung krankheitsbedingt erfolgt. |
Das ergibt sich aus einer Entscheidung des SG Stuttgart (4.1.19, S 6 SB 2994/17, Abruf-Nr. 211734). Dort hatte der Kläger beantragt, bei ihm einen Grad der Behinderung von wenigstens 50 festzustellen. Umstritten war vor allem die Bewertung einer depressiven Störung. Die Beklagte hatte auf die Rechtsprechung das LSG Baden-Württemberg verwiesen. Danach könne bei fehlender Behandlung einer psychischen Erkrankung nicht davon ausgegangen werden, dass diese einen höheren GdB als 20 rechtfertige (17.12.10, L 8 SB 1549/10).
Das sei nach Ansicht des SG zwar korrekt. Allerdings sei immer darauf zu achten, ob die Erkrankung behandlungsbedürftig sei und ob das Unterlassen der Behandlung krankheitsbedingt erfolge. Hiervon ist die Kammer im vorliegenden Fall aufgrund der sich insoweit ergänzenden und deshalb umfassend schlüssig und nachvollziehbaren Angaben der behandelnden Ärztin und des Gutachters zur Persönlichkeitsstruktur und zur Erkrankung des Klägers überzeugt gewesen. Die psychische Erkrankung sei durch die fehlende Therapie und das Weglassen der Medikation derart verschlechtert, dass der gerichtlich bestellte Sachverständige einen sofortigen stationären Aufenthalt in einer psychiatrischen Fachklinik für erforderlich gehalten habe.
MERKE | Ein Rückschluss, dass das Fehlen der therapeutischen Bemühungen Ausdruck eines fehlenden Leidensdrucks seien, kann bei einer gutachterlich festgestellten Dissimulation, Selbstanklage und Scham für das Bedürfnis ärztlicher Hilfe nicht gezogen werden. |