· Fachbeitrag · Fristlose Kündigung
Wer zur Entsorgung vorgesehenes Eigentum des ArbG für sich verwertet, riskiert die Kündigung
von Assessorin jur. Petra Wronewitz, Bonn
| Keine Nachsicht zeigte ein Arbeitgeber mit einem Mitarbeiter, der eigentlich für die Entsorgung vorgesehene geringwertige Güter für sich verwendete. Er kündigte diesem Mitarbeiter fristlos. Das LAG Berlin-Brandenburg bestätigte die Entscheidung der ersten Instanz. |
Sachverhalt
Seit 2016 war der Arbeitnehmer bei dem IT-Dienstleister des Landes Brandenburg beschäftigt. Zu seinen Aufgaben gehörte unter anderem die datenschutzkonforme Entsorgung von IT-Geräten. Dabei sind beispielsweise Festplatten auszubauen und diese Hardware dann an ein entsprechendes Spezialunternehmen zu übergeben. Der Mitarbeiter ging zeitgleich einer genehmigten Nebentätigkeit als IT-Berater im Umfang von drei bis vier Stunden wöchentlich nach. Gegenstand seiner Beratungsleistung war die Nutzer- und Hardwarebetreuung außerhalb des öffentlichen Dienstes. Sein Beratungsunternehmen firmierte unter it-service-… und war unter diesem Namen bei der Plattform C als gewerblicher Verkäufer angemeldet.
Aus den von seinem Arbeitgeber zur Entsorgung bestimmten Geräten entfernte der Mitarbeiter ‒ nach ordnungsgemäßem Ausbau der Festplatten ‒ zwei Netzteile sowie ein DVD-Laufwerk/Brenner. Diese Hardware bot er unter seinem C-Account it-service-… zu einem Verkaufswert von insgesamt etwa 40 EUR zum Verkauf an.
Als der Arbeitgeber das erfuhr, lud er den Mitarbeiter zu einem Personalgespräch, in dem dieser einräumte, die zur Entsorgung bestimmte Hardware auf seinem Account zu verkaufen. Unter Einhaltung aller Formalien kündigte der Arbeitgeber daraufhin das Arbeitsverhältnis außerordentlich sowie hilfsweise ordentlich zum 30.6.19.
Gegen diese Kündigung wehrte sich der Arbeitnehmer. Er argumentierte, dass er keinen Pflichtverstoß begangen habe, indem er die beiden Netzteile und das DVD-Laufwerk aus der zu entsorgenden Hardware entnommen und nachfolgend zum Verkauf angeboten habe. Er sei nicht ausdrücklich von seinem Vorgesetzten darauf hingewiesen worden, dass der private Verkauf von ausgemusterten Hardware-Komponenten unzulässig sei. Diese Hardware sei doch herrenlos gewesen, denn schließlich habe der Arbeitgeber das Eigentum daran aufgegeben. Er habe als neuer Eigentümer die Gegenstände an sich genommen und habe damit entsprechend verfahren können. Im Falle der Erteilung einer Abmahnung hätte er sein Verhalten sofort geändert und nicht wiederholt.
Entscheidungsgründe
Das LAG Berlin-Brandenburg (28.4.21, 23 Sa 1629/20, Abruf-Nr. 224254) folgte dieser Argumentation nicht. Vielmehr sah es in dem unerlaubten Ausbau von Hardware-Komponenten und deren eigennützigem Verkauf eine schwerwiegende schuldhafte Pflichtverletzung. Das Vorgehen sei ein massiver Vertrauensbruch wegen des Eingriffs in das Eigentum des Arbeitgebers zum Zwecke der eigenen Bereicherung. Dieses Handeln des Mitarbeiters rechtfertige eine außerordentliche Kündigung.
Bei dem Ausbau der Hardware-Komponenten aus den zu entsorgenden Geräten während der Arbeitszeit habe der Arbeitnehmer einen Arbeitszeitbetrug begangen. Zudem sei auch der gewerbsmäßige Verkauf von Hardware-Komponenten über C möglicherweise nicht durch die genehmigte IT-Beratung abgedeckt.
Beachten Sie | Diese beiden Umstände seien aber für sich kein Grund für eine außerordentliche Kündigung.
Hier kam besonders schwerwiegend hinzu, dass die ordnungsgemäße Entsorgung von Hardware zum Aufgabenkreis des Mitarbeiters gehörte. Gerade dabei hat er sich als unzuverlässig erwiesen. Das wird es dem Arbeitgeber erschweren, künftig Vertrauen zu diesem Mitarbeiter zu haben.
Relevanz für die Praxis
Diebstahl und andere Straftaten liefern dem Arbeitgeber in den meisten Fällen einen außerordentlichen Kündigungsgrund, selbst wenn es sich lediglich um geringwertige Sachen handelt.
Das liegt darin begründet, dass in der Regel ein schwerer Vertrauensbruch anzunehmen ist, denn der Arbeitgeber kann sich einfach nicht mehr sicher sein, dass sich der Arbeitnehmer künftig korrekt verhalten wird.
Der Arbeitgeber muss jedoch im Falle einer außerordentlichen Kündigung immer eine Interessenabwägung vornehmen. Gründe, die für den Verbleib des Mitarbeiters im Arbeitsverhältnis sprechen, können sein:
- vorheriges langjähriges beanstandungsfreies Verhalten,
- Einsicht in sein Fehlverhalten,
- keine oder nur eine geringe Wiederholungsgefahr,
- widersprüchliche Handhabung ähnlich gelagerter Sachverhalte durch den Arbeitgeber,
- lange Dauer des Arbeitsverhältnisses.
MERKE | Besonders ältere Arbeitnehmer mit einem langjährigen Arbeitsverhältnis sollten im Hinblick auf die Begehung von Straftaten nicht auf diese lange Betriebszugehörigkeit bauen. Auch hier kann es Umstände geben, die die Interessenabwägung zu ihren Ungunsten ausfallen lassen. |