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· Fachbeitrag · Abschlüsse und Steuererklärungen 2020

Abschlüsse und Steuererklärungen ‒ Teil 1: die Highlights aus dem betrieblichen Bereich

von StB Patrick Lerbs, Dipl.-Finw. (FH), freier Mitarbeiter in der Kanzlei Kittl und Partner mbB, Deggendorf

| Das Jahr 2020 war geprägt durch ein neuartiges Virus, das zum 1.3.20 die Welt veränderte. Neben der medizinischen Bekämpfung von „Corona“ musste die Regierung auch die wirtschaftlichen Einbußen durch den Lockdown ausgleichen. In kürzester Zeit wurden zwei Corona-Steuerhilfegesetze auf den Weg gebracht. Des Weiteren wurden staatliche Unterstützungen geschaffen (Corona-Soforthilfe, Überbrückungshilfe I ‒ III, November- und Dezemberhilfe), die ‒ als sog. Fixkostenzuschüsse ausgestaltet ‒ im betrieblichen Bereich als Betriebseinnahmen zu versteuern sind. Doch dies ist nur die Spitze des Eisbergs, was es als Steuerberater für das abgelaufene Jahr bei den Abschlüssen und Steuererklärungen zu beachten gilt. |

1. Zwei allgemeine „Knackpunkte“ vorab

1.1 Anlage Corona-Hilfe (neu)

Bund und Länder leisten aufgrund diverser Rechtsgrundlagen

  • Soforthilfen des Bundes für kleine Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der Freien Berufe zur Milderung der finanziellen Notlagen,
  • Überbrückungshilfen des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen, Soloselbstständige und Angehörige der Freien Berufe, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Krise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen müssen oder mussten, oder
  • andere Soforthilfen, Überbrückungshilfen oder vergleichbare Billigkeitsleistungen anlässlich der Coronakrise

 

Da für diese Zuschüsse regelmäßig keine Steuerbefreiung greift, wirken sie sich gewinnerhöhend aus. Die Corona-Zuschüsse sind bei Ermittlung des Gewinns nach § 4 Abs. 1 EStG ggf. i. V. m. § 5 EStG (E-Bilanz) oder nach § 4 Abs. 3 EStG (Anlage EÜR) als steuerpflichtige Betriebseinnahmen zu erfassen. Bei Gewinnermittlung nach § 13a EStG sind sie mit dem Grundbetrag abgegolten.

 

Um spätere Rückfragen der Finanzverwaltung zu vermeiden, wird empfohlen, die Corona-Zuschüsse wie folgt in der Gewinnermittlung zu erfassen:

 

  • Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG steht für die Erfassung der Zahlungen in der Anlage EÜR die Zeile 15 zur Verfügung; bei umsatzsteuerlichen Kleinunternehmern sind die Zahlungen in der Zeile 11 (und Zeile 12) der Anlage EÜR zu erfassen. Sollte der Unternehmer bereits erhaltene Corona-Zuschüsse zurückzahlen müssen, handelt es sich um Betriebsausgaben, die in Zeile 66 einzutragen sind.

 

  • Bei Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 1 EStG ggf. i. V. m. § 5 EStG sollten die Erträge in der E-Bilanz unter der nachfolgenden Taxonomie-Position erfasst werden:

 

    • „Sonstige betriebliche Erträge (GKV), Zuschüsse und Zulagen, sonstige Zuschüsse und Zulagen“ bzw.
    • in der Oberposition (Mussfeld) „sonstige betriebliche Erträge (GKV), Zuschüsse und Zulagen“

 

MERKE | Im Rahmen der Übermittlung der E-Bilanz gibt es für die Corona-Soforthilfe keinen gesonderten Ausweis. Die Taxonomie-Version 6.3, die für das Wirtschaftsjahr 2020 zur Übermittlung vorgesehen ist, ist veröffentlicht und wird nicht mehr geändert. Auch die nachfolgende Taxonomie-Version 6.4 wurde bereits finalisiert. Im SKR 03 kann für die erhaltenen Zuschüsse das Konto #2709, für Rückzahlungen das Konto #2309 verwendet werden, im SKR 04 für die erhaltenen Zuschüsse das Konto #4839, für die Rückzahlungen das Konto #6969.

 

Die auszahlenden Stellen sind gesetzlich verpflichtet, die geleisteten Beträge elektronisch an die Finanzverwaltung zu übermitteln. Damit ein möglichst reibungsloser Abgleich (Auswertung von Kontrollmitteilungen) erfolgen kann, wurden für die Steuererklärung die neue Anlage Corona-Hilfe sowie weitere Prüfkennzahlen in der Anlage EÜR sowie die Hinweise auf die Abgabepflicht in den Anlagen G, S und L aufgenommen. So kann später keiner behaupten, er habe nicht gewusst, dass die Corona-Zuschüsse zu versteuern sind.

 

1.2 Neue Taxonomie bei E-Bilanz für 2020 beachten (Version: 6.3)

Das BMF hat mit Schreiben vom 2.7.19 das aktualisierte Datenschema der Taxonomie (Version 6.3) als amtlich vorgeschriebenen Datensatz nach § 5b EStG veröffentlicht. Die einzelnen Änderungen in den Taxonomien ergeben sich aus dem unter www.esteuer.de eingestellten Änderungsnachweis.

 

Ergebnisverteilung bei Personengesellschaften: Das Betriebsvermögen am Schluss des Wirtschaftsjahres i. S. d. § 4 Abs. 1 S. 1 EStG ermittelt sich bekanntlich nach dem Betriebsvermögen am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahres zuzüglich oder abzüglich eines Steuerbilanzgewinns oder -verlusts, abzüglich Entnahmen und zuzüglich Einlagen. Ein von der Mitunternehmerschaft erzielter Steuerbilanzgewinn erhöht demnach in einem ersten Schritt stets das steuerliche Eigenkapital und damit die Kapitalanteile der Mitunternehmer entsprechend dem ihnen zuzurechnenden Anteil am Steuerbilanzgewinn. Ist der Gewinnanteil des Mitunternehmers vollständig oder teilweise auf einem als Fremdkapital einzustufenden Gesellschafterkonto zu erfassen (vgl. zur steuerlichen Einordnung von Kapitalkonten der Gesellschafter BMF 30.5.97, IV B 2 - S 2241a- 51/93, BStBl I 1997,627), ist insoweit in einem zweiten Schritt eine Entnahme zu berücksichtigen, die dann zu einer Minderung seines Kapitalanteils führt.

 

Beachten Sie | Ab der Version 6.3 greift eine ERiC-Regel, durch die E-Bilanzen einer Mitunternehmerschaft als fehlerhaft zurückgewiesen werden, sofern Gewinnanteile eines Mitunternehmers unmittelbar auf einem steuerlich als Fremdkapital zu beurteilenden Gesellschafterkonto erfasst werden. Da entnahmefähige Gewinnanteile, soweit und solange sie nicht entnommen werden, i. d. R. eine dem Sonder-BV I zuzuordnende Forderung des jeweiligen Mitunternehmers darstellen, ist im Sonderbereich des jeweiligen Mitunternehmers in diesem Fall korrespondierend eine Einlage zu erfassen. Zur innerbilanziellen Abbildung steht ab dieser Version 6.3 die neue Taxonomie-Position „Forderungen gegen Gesellschaft/Gesamthand“ für Zwecke der Übermittlung einer Sonderbilanz zur Verfügung.

2. Aktuelles aus dem Bereich des Anlagevermögens

2.1 Wiedereinführung der degressiven AfA

Bei beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die nach dem 31.12.19 und vor dem 1.1.22 angeschafft oder hergestellt worden sind, kann der Steuerpflichtige statt der AfA in gleichen Jahresbeträgen die AfA in fallenden Jahresbeträgen bemessen. Der dabei anzuwendende Prozentsatz darf höchstens das Zweieinhalbfache (2,5) des bei der AfA in gleichen Jahresraten in Betracht kommenden Prozentsatzes betragen und 25 % nicht übersteigen.

 

PRAXISTIPP | Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung sind neben der degressiven AfA nicht zulässig. Ein Übergang von degressiver AfA zur linearen AfA ist zulässig (der umgekehrte Fall nicht). Sonderabschreibungen nach § 7g Abs. 5 EStG (20 %) können neben der degressiven AfA in Anspruch genommen werden.

 

Degressive AfA nicht in der Handelsbilanz: Im Regelfall ist davon auszugehen, dass eine handelsbilanzielle Anwendung der geometrisch-degressiven AfA gemäß § 7 Abs. 2 EStG nicht zulässig ist, sodass wegen der beschleunigten steuerlichen AfA im handelsrechtlichen Jahresabschluss zu versteuernde temporäre Differenzen entstehen, die bei der Bilanzierung latenter Steuern zu berücksichtigen sind (Fachlicher Hinweis des IDW, Stand 28.1.21).

 

2.2 Änderung beim Investitionsabzugsbetrag § 7g EStG

Verlängerung der Investitionsfrist: Bei nach dem 31.12.16 und vor dem 1.1.18 endenden Wirtschaftsjahren beanspruchten Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG endet die Investitionsfrist erst zum Ende des vierten auf das Wirtschaftsjahr des Abzugs folgenden Wirtschaftsjahres (§ 52 Abs. 16 EStG).

 

PRAXISTIPP | Wer im VZ 2017 einen IAB abgezogen und bis zum 31.12.20 nicht investiert hat (bedingt durch die Coronakrise), muss bei der Erstellung des Jahresabschlusses zum 31.12.20/EÜR 2020 den IAB nicht rückabwickeln, sondern kann die Investition noch bis zum 31.12.21 nachholen.

 

Erhöhung des Abzugs- und Hinzurechnungsbetrags: Nach § 7g Abs. 1 S. 1 EStG kann der IAB i. H. v. bis zu 50 % (bisher: 40 %) der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten abgezogen werden. Die Änderung ist erstmals für Investitionsabzugsbeträge anzuwenden, die in nach dem 31.12.19 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen werden.

 

Die beweglichen Wirtschaftsgüter, für welche der IAB in Anspruch genommen wurde, ist im Jahr der Anschaffung oder Herstellung sowie im Folgejahr zu mindestens 90 % in einer inländischen Betriebsstätte zu nutzen. Unschädlich ab 2020 ist es, wenn der Unternehmer das Wirtschaftsgut an fremde Dritte vermietet (neu).

 

Einheitliche Gewinngrenze: Die größenabhängigen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des IAB und die Sonderabschreibung sind vereinheitlicht worden. Die Gewinngrenze beträgt nunmehr 200.000 EUR (bisher: 100.000 EUR) und gilt einheitlich für Einnahmenüberschussrechner, Bilanzierer sowie Land- und Forstwirtschaft. Ebenso gilt diese Grenze ‒ unabhängig von der Zahl der Gesellschafter ‒ für Kapital- und Personengesellschaften. Der maßgebliche Gewinn ist ohne Berücksichtigung der abgezogenen Investitionsabzugsbeträge zu ermitteln. Infolgedessen kann ein Investitionsabzugsbetrag nur dann beansprucht werden, wenn sich der Gewinn ohne dessen Berücksichtigung auf höchsten 200.000 EUR beläuft (§ 7g Abs. 1 Nr. 1b EStG).

 

  • Rechtsprechung und anhängige Verfahren zum § 7g EStG

Nachweis der fast ausschließlichen betrieblichen Nutzung: Investitionsabzugsbeträge für die Anschaffung von Kraftfahrzeugen sind nach § 7g Abs. 4 EStG rückgängig zu machen, wenn der Steuerpflichtige nicht nachgewiesen hat, dass er die angeschafften Fahrzeuge ausschließlich oder fast ausschließlich betrieblich genutzt hat (FG Münster 10.7.19, 7 K 2862/17 E, Rev. BFH VIII R 24/19). In dem Revisionsverfahren hat der BFH zu klären, auf welche Art und Weise der Nachweis zu erbringen ist. Die Finanzverwaltung geht aktuell davon aus, dass der Nachweis nur durch Führen eines ordnungsgemäßen Fahrtenbuchs möglich ist.

 

Investitionsabzugsbetrag und Betriebsaufgabe: Zu Unrecht ist die Beklagte davon ausgegangen, dass die Klägerin den im Jahr 2014 angeschafften VW Sharan nicht auf Dauer in dem gesetzlich vorgesehenen Umfang i. S. v. § 7g Abs. 4 S. 1 EStG betrieblich genutzt hat. Nach Auffassung des FG Thüringen stellt die Betriebsaufgabe im Folgejahr keine Verletzung der Verbleibensvoraussetzung dar. Auch ein Rumpfwirtschaftsjahr stellt ein vollgültiges Wirtschaftsjahr dar ‒ gegen Finanzverwaltung (FG Thüringen 10.4.19, 4 K 442/17, Rev. BFH: X R 30/19).

 

2.3 Neue Sonderabschreibung für Elektronutzfahrzeuge und elektrisch betriebene Lastenfahrräder

Nach § 7c EStG (neu) besteht die Möglichkeit einer Sonderabschreibung für Elektronutzfahrzeuge und elektrisch betriebene Lastenfahrräder für Anschaffungen nach dem 31.12.19 bis zum 31.12.30. Danach kann im Jahr der Anschaffung eines neuen Fahrzeugs, das zum Anlagevermögen gehört, neben der regulären AfA eine Sonderabschreibung i. H. v. 50 % der Anschaffungskosten in Anspruch genommen werden.

 

PRAXISTIPP | Die Sonder-AfA kann nur in Anspruch genommen werden, wenn der Steuerpflichtige die dieser Abschreibung zugrunde liegenden Anschaffungskosten sowie die Angaben zu den in den § 7c Abs. 1 bis 3 EStG enthaltenen Voraussetzungen nach amtlich vorgeschriebenen Datensätzen durch Datenfernübertragung übermittelt. Eine technische Übermittlung ist für 2020 aktuell aber noch nicht möglich. Sowohl in der Anlage EÜR als auch in der Taxonomie für die E-Bilanz befinden sich derzeit keine Hinweise auf die Möglichkeit der elektronischen Übermittlung.

 

2.4 Verlängerung Reinvestitionsfrist (§ 6b EStG)

Die Fristen verlängern sich jeweils um ein Jahr, wenn die Rücklage am Schluss des nach dem 29.2.20 und vor dem 1.1.21 endenden Wirtschaftsjahres aufzulösen wäre (§52 Abs. 14 EStG).

 

2.5 Verlängerung Frist Rücklage für Ersatzbeschaffung (R 6.6 EStR)

Die in R 6.6 Abs. 4 S. 3 bis 6, Abs. 5 S. 5 und 6 sowie Abs. 7 S. 3 und 4 EStR geregelten Fristen für die Ersatzbeschaffung oder Reparatur bei Beschädigung verlängern sich ebenfalls jeweils um ein Jahr, wenn die genannten Fristen ansonsten in einem nach dem 29.2.20 und vor dem 1.1.21 endenden Wirtschaftsjahr ablaufen würden (BMF 13.1.21, IV C 6 - S 2138/19/10002 :003).

3. Teilwertabschreibungen auf Umlaufvermögen

Bei Vermögensgegenständen des Umlaufvermögens sind Abschreibungen vorzunehmen, um diese mit einem niedrigeren Wert anzusetzen, der sich aus einem Börsen- oder Marktpreis am Abschlussstichtag ergibt bzw. der den Vermögensgegenständen am Abschlussstichtag beizulegen ist (§ 253 Abs. 4 HGB). Im Steuerrecht besteht ein Wahlrecht zur Abschreibung, wenn es sich um eine dauernde Wertminderung handelt (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 2 EStG). Damit hat eine Teilwertabschreibung zu erfolgen (Maßgeblichkeit der Handelsbilanz zur Steuerbilanz), wenn eine dauernde Wertminderung vorliegt.

 

MERKE | Aufgrund der noch länger anhaltenden Coronapandemie sind Liquiditätsengpässe bei Kunden/Geschäftspartnern nicht auszuschließen. Hier hat eine konkrete Überprüfung der Werthaltigkeit der Forderungen (Debitoren) zum 31.12.20 zu erfolgen. Weiterhin sollte die pauschale Wertberichtigung für Forderungen (bisher: 0,5 % bis 1 %) aufgrund der Coronapandemie nach oben korrigiert werden.

 

4. Rückstellungen

Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums: Das BMF hat mit Schreiben vom 27.2.20 die Tabelle zur Höhe des Teilwerts nach dem Pauschalwertverfahren bei Verpflichtung zur Leistung einer Jubiläumszuwendung neu gefasst. Für die Bewertung von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich eines Dienstjubiläums kann neben dem Teilwertverfahren auch ein sog. Pauschalwertverfahren angewendet werden. Die Anlage dieses Schreibens ist spätestens der pauschalen Bewertung von Rückstellungen für Zuwendungen anlässlich von Dienstjubiläen am Ende der Wirtschaftsjahre zugrunde zu legen, die nach dem 29.6.20 enden (BMF 27.2.20).

 

Verpflichtung zur Nachbetreuung bei Versicherungsvertretern: Eine Rückstellung wegen Erfüllungsrückstand ist zu bilden, wenn ein Versicherungsvertreter die Abschlussprovision nicht nur für die Vermittlung der Versicherung, sondern auch für die weitere Betreuung des Versicherungsvertrags erhält. Ein Erfüllungsrückstand setzt jedoch voraus, dass der Steuerpflichtige zur Betreuung der Versicherungen rechtlich ‒ vertraglich oder gesetzlich ‒ verpflichtet ist. Leistungen, die ohne Rechtspflicht erbracht werden, sind für die Bemessung der Rückstellung irrelevant (BFH 25.7.19, IV R 49/16).

 

Pensionsrückstellung bei Entgeltumwandlung: Der Ansatz einer Pensionsrückstellung setzt eine Entgeltumwandlung i. S. v. § 1 Abs. 2 BetrAVG voraus. Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn eine GmbH ihrem Alleingesellschafter-Geschäftsführer eine Versorgungszusage aus Entgeltumwandlung gewährt, da der Alleingesellschafter-Geschäftsführer der GmbH kein Arbeitnehmer i. S. d. § 17 Abs. 1 S. 1 oder 2 BetrAVG ist (BFH 27.5.20, XI R 9/19).

5. Aktuelles bei den Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben

5.1 Schätzung beruflich veranlasster Aufwendungen für eine Firmenfeier

Bestehen nach Ausschöpfung der im Einzelfall angezeigten Ermittlungsmaßnahmen keine gewichtigen Zweifel daran, dass ein abgrenzbarer Teil von Aufwendungen beruflich veranlasst ist, bereitet seine Quantifizierung aber Schwierigkeiten, so ist dieser Anteil unter Berücksichtigung aller maßgeblichen Umstände zu schätzen (BFH 21.3.19, VIII B 129/18). Dies gilt auch, wenn im Rahmen eines Kanzleifests (sog. Herrenabend) Mandanten, potenzielle Neu-Mandanten und Geschäftsfreunde eingeladen werden, sich aber weder abschließend beurteilen lässt, welche der eingeladenen Personen auf der Feier tatsächlich erschienen sind, noch abschließend beurteilt werden kann, bei welchem Gast von einer überwiegend beruflich veranlassten Einladung auszugehen ist.

 

5.2 Regelmäßig wiederkehrende Ausgaben und Zuordnung zum Vorjahr

Eine binnen zehn Tagen nach Ablauf des Kalenderjahres gezahlte USt-Vorauszahlung für den Dezember des Vorjahres ist auch dann gem. § 11 Abs. 2 S. 2 EStG den Betriebsausgaben dieses Vorjahres zuzuordnen, wenn ihre Fälligkeit infolge der gewährten Dauerfristverlängerung erst nach Ablauf des 10-Tageszeitraums eintreten konnte (FG Düsseldorf 9.12.19, 3 K 240/18 E, Rev. BFH: VIII R 1/20).

 

PRAXISTIPP | Das Verfahren kann gerade für 2020 von Bedeutung sein, da der 10.1.21 ein Sonntag gewesen ist und damit die Fälligkeit nach § 108 Abs. 3 AO auf den 11.1.21 (außerhalb des 10-Tageszeitraumes) verschoben wurde. Nach Auffassung des FG Düsseldorf (gegen Finanzverwaltung) lässt sich das zusätzliche Erfordernis der Fälligkeit innerhalb dieses Zeitraums nicht durch eine den Gesetzeswortlaut einschränkende Auslegung rechtfertigen. Der BFH hat diese Frage in seiner letzten Entscheidung vom 27.6.18, X R 44/16 (BStBl II 2018, 781) noch ausdrücklich offengelassen, da es im Streitfall hierauf nicht ankam.

 

5.3 Nicht abziehbare Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG

Keine Kürzung um Investitionszulage/keine Hinzurechnung nicht abziehbarer Betriebsausgaben: Für Zwecke der Berechnung nicht abziehbarer Schuldzinsen nach § 4 Abs. 4a EStG ist der bilanzielle Gewinn nicht um eine steuerfreie Investitionszulage zu kürzen, da sich diese positiv auf die Kapitalkontenentwicklung auswirkt. Nicht abziehbare Betriebsausgaben i. S. d. § 4 Abs. 5 S. 1 EStG sind demgegenüber dem Gewinn für Zwecke der Berechnung der nicht abziehbaren Schuldzinsen nicht hinzuzurechnen (BFH 3.12.19, X R 6/18; gegen BMF 2.11.18).

 

Umsetzung durch die Finanzverwaltung: Außerbilanzielle Korrekturen bleiben bei der Ermittlung des Gewinns für die Anwendung des § 4 Abs. 4a EStG außer Ansatz. Dies sind u. a. auch

  • nicht abzugsfähige Gewerbesteuer samt Nebenleistung (§ 4 Abs. 5b EStG)
  • nach § 4d Abs. 3, § 4e Abs. 3 oder nach § 4f EStG verteilte Betriebsausgabe
  • Verteilung des Übergangsgewinns aus dem Wechsel der Gewinnermittlungsart nach R 4.6 Abs. 1 S. 2 EStR (BMF 18.1.21, IV C 6 - S 2144/19/10003 :004)

 

Umsetzung in den Steuerformularen (Anlage SZ): In Zeile 5 sind nunmehr auch in Anspruch genommene Investitionsabzugsbeträge einzutragen. Hierzu wurde diese um den Zusatz „sowie Investitionsabzugsbeträge nach § 7g Abs. 1 EStG“ ergänzt. In der neuen Zeile 6 sind Hinzurechnungen für nicht abziehbare Betriebsausgaben, Hinzurechnungsbeträge nach § 7g Abs. 2 S. 1 EStG und Gewinnzuschläge nach § 6c i. V. m. § 6b Abs. 7 und 10 ESTG einzutragen.

 

Beachten Sie | Die neue Auffassung ist in allen offenen Fällen anzuwenden. Auf Antrag des Steuerpflichtigen können außerbilanzielle Hinzurechnungen nach Rz. 8 S. 4 des BMF-Schreibens in der Fassung vom 2.11.18 (BStBl I 18, 1207) letztmals für Wirtschaftsjahre berücksichtigt werden, die vor dem 1.1.21 begonnen haben. Dieser Antrag ist bei einer Mitunternehmerschaft einvernehmlich von allen Mitunternehmern zu stellen. Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn bereits durchgeführte Berechnungen der Gewinne und Verluste unverändert fortgeschrieben werden und hierfür die Änderung der Rz. 8 hinsichtlich der außerbilanziellen Kürzungen und Hinzurechnungen unberücksichtigt bleibt.

 

5.4 Pauschbeträge für Sachentnahmen

Das BMF hat die für das Kalenderjahr 2020 geltenden Pauschbeträge für unentgeltliche Wertabgaben (Sachentnahmen) mit Schreiben vom 27.8.20 (IV A 4 - S 1547/19/10001 :001; BStBl I 20, 867) unter Berücksichtigung der befristeten Anwendung des ermäßigten Steuersatzes der Umsatzsteuer für Restaurant- und Verpflegungsdienstleistungen neu bekannt gemacht.

 

PRAXISTIPP | Werden Betriebe nachweislich aufgrund einer landesrechtlichen Verordnung, einer kommunalen Allgemeinverfügung oder einer behördlichen Anweisung vollständig wegen der Coronapandemie geschlossen, kann in diesen Fällen ein zeitanteiliger Ansatz der Pauschbeträge erfolgen. Der Pauschbetrag für das 1. Halbjahr 2020 und für das 2. Halbjahr 2020 stellt jeweils einen Halbjahreswert für eine Person dar.

 

5.5 Private Kfz-Nutzung

Dienstwagenbesteuerung bei E-Autos (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 EStG): Bei der privaten Nutzung eines betrieblichen Kraftfahrzeugs, das keine Co²-Emission je gefahrenen km hat (reine Elektrofahrzeuge inkl. Brennstoffzellenfahrzeuge), ist nur ein Viertel der Bemessungsgrundlage (Bruttolistenpreis), bei Anwendung der Fahrtenbuchmethode nur ein Viertel der Anschaffungskosten oder vergleichbarer Aufwendungen, anzusetzen. Zur Steigerung der Nachfrage zwecks Förderung einer nachhaltigen Mobilität wurde der bestehende Höchstbetrag von 40.000 EUR auf 60.000 EUR angehoben. Die Neuregelung gilt bereits ab dem 1.1.20 für die Bewertung der privaten Nutzung dieser Kraftfahrzeuge, die nach dem 31.12.18 angeschafft, geleast oder erstmalig zur privaten Nutzung überlassen wurden (§52 Abs. 12 EStG).

 

Widerlegung Anscheinsbeweis bei der privaten Kfz-Nutzung: Die allgemeine Lebenserfahrung spricht auch dann für eine private Nutzung eines betrieblichen Fahrzeugs, wenn dem Steuerpflichtigen zwar für die private Fahrten ein Fahrzeug zur Verfügung steht, aber dieses Fahrzeug dem betrieblichen Fahrzeug in Status und Gebrauchswert nicht vergleichbar ist. Allerdings ist unter diesen Umständen der für eine private Nutzung sprechende Anscheinsbeweis umso leichter zu erschüttern, je geringer die Unterschiede zwischen den Fahrzeugen ausfallen. In diesem Zusammenhang können Umstände wie Motorleistung (PS), Hubraum, Höchstgeschwindigkeit und Ausstattung Berücksichtigung finden (FG Niedersachsen 19.2.20, 9 K 104/19).

 

Ermittlung Veräußerungsgewinn eines teilweise privat genutzten Pkw: Wird ein zum Betriebsvermögen gehörendes, jedoch teilweise privat genutztes Kfz veräußert, erhöht der gesamte Unterschiedsbetrag zwischen Buchwert und Veräußerungserlös den Gewinn i. S. d. §§ 4 und 5 EStG. Der Umstand, dass die tatsächlich für das Fahrzeug in Anspruch genommene AfA infolge der Besteuerung der Nutzungsentnahme bei wirtschaftlicher Betrachtung teilweise neutralisiert wird, rechtfertigt weder eine lediglich anteilige Berücksichtigung des Veräußerungserlöses noch eine gewinnmindernde Korrektur des Veräußerungsgewinns in Höhe der auf die private Nutzung entfallenden AfA (BFH 16.6.20, VIII R 9/18, BStBl II 20, 845).

 

5.6 Implementierung einer TSE

Aus Vereinfachungsgründen wird es nicht beanstandet, wenn die Kosten für die nachträgliche erstmalige Ausrüstung bestehender Kassen oder Kassensysteme mit einer TSE und die Kosten für die erstmalige Implementierung der einheitlichen digitalen Schnittstelle eines bestehenden elektronischen Aufzeichnungssystems in voller Höhe sofort als Betriebsausgaben abgezogen werden (BMF 21.8.20, IV A 4 - S 0316-a/19/10006 :007).

6. Änderungen in der Gewerbesteuer

6.1 Halbierung der Hinzurechnung bei Elektrofahrzeugen

Dem Gewinn aus Gewerbebetrieb ist ein Viertel der Summe aus einem Fünftel der Miet- und Pachtzinsen (einschließlich Leasingraten) hinzuzurechnen für die Benutzung von beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen. Eine Hinzurechnung ist nur zur Hälfte vorzunehmen bei:

 

  • a) Fahrzeugen mit Antrieb ausschließlich durch Elektromotoren, die ganz oder überwiegend aus mechanischen oder elektrochemischen Energiespeichern oder aus emissionsfrei betriebenen Energiewandlern gespeist werden (Elektrofahrzeuge)

 

  • b) extern aufladbaren Hybridelektrofahrzeugen, für die sich aus der Übereinstimmungsbescheinigung nach Anhang IX der Richtlinie 2007/46/EG oder aus der Übereinstimmungsbescheinigung nach Art. 38 der Verordnung (EU) Nr. 168/2013 ergibt, dass das Fahrzeug eine Kohlendioxidemission von höchstens 50 g je gefahrenen km hat oder die Reichweite des Fahrzeugs unter ausschließlicher Nutzung der elektrischen Antriebsmaschine mindestens 80 km beträgt

 

 

Beachten Sie | Die Halbierung der Hinzurechnung bei Elektrofahrzeugen ist nur auf Entgelte anzuwenden, die auf Verträgen beruhen, die nach dem 31.12.19 abgeschlossen worden sind. Dabei ist bei Verträgen, die vor dem 1.1.25 abgeschlossen werden, statt einer Reichweite von 80 km eine Reichweite von 60 km ausreichend. Letztmalig findet eine Anwendung für den Erhebungszeitraum 2030 statt (§ 36 Abs. 4 GewStG). Die Gesetzesänderung findet sich auch in dem GewSt-Erklärungsvordruck in den neuen Zeilen 44a und 51a wieder.

 

6.2 Erhöhung Hinzurechnungsfreibetrag

Der Freibetrag für die Hinzurechnungstatbestände des § 8 Nr. 1 GewStG ist von 100.000 EUR auf 200.000 EUR erhöht worden. Die Erhöhung ist am 1.7.20 in Kraft getreten.

 

6.3 Anhebung des Ermäßigungsfaktors § 35 EStG

Der Ermäßigungsfaktor wird auf das Vierfache des Gewerbesteuermessbetrags erhöht (§ 35 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 und 2 EStG). Die Erhöhung für 2020 trägt den in den letzten Jahren gestiegenen Gewerbesteuerhebesätzen Rechnung. Bis zu einem Hebesatz von 420 % können damit im Einzelfall Personenunternehmer durch die Steuerermäßigung nach § 35 EStG vollständig von der Gewerbesteuer entlastet werden.

 

6.4 Ausgewählte Rechtsprechung aus dem Bereich der Gewerbesteuer

Schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen: Eine der erweiterten Kürzung des Gewerbeertrags entgegenstehende schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass diese einer von mehreren auf dem vermieteten Grundstück ausgeübten gewerblichen Tätigkeiten dienen. Eine schädliche Mitvermietung von Betriebsvorrichtungen wird nicht dadurch ausgeschlossen, dass dies in einem Mietvertrag vereinbart wurde, an den die den Mietvertrag übernehmende Kapitalgesellschaft über den streitigen Erhebungszeitraum hinaus gebunden ist (BFH 18.12.19, III R 36/17, BStBl II 20, 405).

 

Betriebsaufspaltung: Die erweiterte Grundstückskürzung gem. § 9 Nr. 1 S. 2 GewStG ist für das Besitzunternehmen zu versagen. Grund hierfür ist, dass das Besitzunternehmen aufgrund der personellen und sachlichen Verflechtung zum Betriebsunternehmen am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr teilnimmt, wodurch die vermögensverwaltende Tätigkeit hin zu einer gewerblichen Tätigkeit überschritten wird (FG Köln 17.10.19, 6 K 832/16, Rev. BFH: IV R 31/19).

 

Ruhender Gewerbebetrieb: Der vortragsfähige Gewerbeverlust i. S. d. § 10a GewStG geht unter, wenn zum Schluss des Erhebungszeitraums zwar eine die einkommensteuerliche Existenz des Betriebs unberührt lassende Betriebsunterbrechung („ruhender Gewerbebetrieb“) gegeben ist, gewerbesteuerrechtlich hiermit aber die werbende Tätigkeit nicht nur vorübergehend unterbrochen bzw. eine andersartige werbende Tätigkeit aufgenommen wird. Es entfällt die für die Verlustfeststellung erforderliche Unternehmensidentität (BFH 30.10.19, IV R 59/16, BStBl II 20, 147).

 

Unterjähriger Wegfall der Unternehmensidentität: Fällt die Unternehmensidentität und damit die sachliche Gewerbesteuerpflicht während des Kalenderjahres weg, ist der Gewerbesteuermessbetrag für einen abgekürzten Erhebungszeitraum festzusetzen. War auf den 31.12. des Vorjahres ein vortragsfähiger Fehlbetrag nach § 19a GewSt festgestellt, kann dieser ‒ vorausgesetzt, die Unternehmeridentität ist nicht (ggf. teilweise) weggefallen ‒ im Folgejahr nur noch mit einem positiven Gewerbeertrag des bisherigen Betriebs verrechnet werden. Soweit er dazu nicht genutzt werden kann, fällt er weg. Er kann selbst bei bestehender Unternehmeridentität wegen Wegfall der Unternehmensidentität nicht mehr zur Verrechnung mit einem positiven Gewerbeertrag des neuen Betriebs genutzt werden (BFH 19.12.19, IV R 8/17, BStBl II 20, 401).

7. Kurze Übersicht „Umsatzsteuer“

7.1 Verschärfungen bei den innergemeinschaftlichen Lieferungen

Abgabe ZM: Steuerfrei sind die innergemeinschaftlichen Lieferungen (§ 6a UStG); dies gilt nicht, wenn der Unternehmer seiner Pflicht zur Abgabe der Zusammenfassenden Meldung (§ 18a UStG) nicht nachgekommen ist oder soweit er diese im Hinblick auf die jeweilige Lieferung unrichtig oder unvollständig abgegeben hat (§ 4 Nr. 1b UStG).

 

Verwendung USt-ID: Weiterhin wurden zum 1.1.20 Verschärfungen in Bezug auf die Abnehmereigenschaft eingeführt. Die Verwendung einer dem leistenden Unternehmer erteilten gültigen USt-ID durch den Leistungsempfänger ist eine zusätzliche materiell-rechtliche Voraussetzung für das Vorliegen einer innergemeinschaftlichen Lieferung.

 

Gelangensvermutung: Für die Zwecke der Anwendung der Steuerbefreiung für innergemeinschaftliche Lieferungen wird vermutet, dass der Gegenstand der Lieferung in das übrige Gemeinschaftsgebiet befördert oder versendet wurde, wenn entsprechende Voraussetzungen erfüllt sind. Das Finanzamt kann eine bestehende Vermutung widerlegen (§ 17a UStDV).

 

PRAXISTIPP | Die Finanzverwaltung hat mit einem ausführlichen Schreiben vom 9.10.20 (BStBl I 20, 1038) zu den gesetzlichen Verschärfungen (ZM, Berichtigung einer ZM, Verwendung USt-ID und Gelangensvermutung, Wahlrecht bei Belegnachweis) Stellung genommen.

 

Ohne Abfrage der USt-ID kein Vertrauensschutz: Die Nichtabfrage der USt-ID des Empfängers zeitnah zur ersten innergemeinschaftlichen Lieferung und darauf folgend in regelmäßigen Abständen während der laufenden Lieferbeziehungen kann nach den Umständen des Einzelfalls eine Sorgfaltspflichtverletzung darstellen, die Vertrauensschutz nach § 6a Abs. 4 UStG ausschließt (BFH 11.3.20, XI R 38/18).

 

7.2 Sonstige Änderungen und gerichtliche Entscheidungen

Anhebung Kleinbetragsgrenze (§ 19 UStG): Die für Umsätze i. S. d. § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG geschuldete Umsatzsteuer wird von Unternehmen, die im Inland oder in den in § 1 Abs. 3 UStG bezeichneten Gebieten ansässig sind, nicht erhoben, wenn der in § 19 Abs. 1 S. 2 UStG bezeichnete Umsatz zuzüglich der darauf entfallenden Steuer im vorangegangenen Kalenderjahr 22.000 EUR (bisher: 17.500 EUR) nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 EUR voraussichtlich nicht übersteigen wird (§ 19 Abs. 1 S. 1 UStG). Die Anhebung der Betragsgrenze ist am 1.1.20 in Kraft getreten. Durch die Bezugnahme der Grenze auf das Vorjahr konnten Kleinunternehmer bereits 2019 bis zu 22.000 EUR Einnahmen erzielen, ohne ihren Status als Kleinunternehmer zu verlieren.

 

PRAXISTIPP | Hat ein Unternehmer im Jahr 2019 nicht mehr als 22.000 EUR Umsatz (zuzüglich Steuer) erzielt, ist er zu Beginn des Jahres 2020 nicht von einer Überschreitung der Betragsgrenze von 50.000 EUR ausgegangen und hat er nicht auf die Anwendung des § 19 Abs. 1 UStG verzichtet, sind im Vordruckmuster UST 2 A die Zeilen 33 und 34 (Kennzahl 238 und 239) auszufüllen.

Bei Aufnahme der unternehmerischen Tätigkeit im Laufe des Kalenderjahres ist der tatsächliche Gesamtumsatz in einen Jahresumsatz umzurechnen und in Zeile 34 einzutragen; in Zeile 33 ist in diesem Fall eine 0 einzutragen. Für die Anwendung der Kleinunternehmerregelung kommt es in diesem Fall nur darauf an, ob der Gesamtumsatz voraussichtlich die Grenze von 22.000 EUR nicht überschreiten wird (BMF 1.7.20, USt 2 E Anleitung zur USt-Erklärung 2020).

 

Umsatzgrenze bei Kleinunternehmer: Liefert der Unternehmer Gegenstände, für die er den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 1a UStG nicht in Anspruch nehmen konnte, sind diese Lieferungen in die Bemessung des Gesamtumsatzes nach § 19 Abs. 3 Nr. 3 i. V. m. § 4 Nr. 28 UStG nicht einzubeziehen. Dies gilt auch, wenn das Unternehmen erst durch die Veräußerungstätigkeit entsteht (BFH 26.9.19, V R 27/19).

 

Anhebung Umsatzgrenze bei der IST-Versteuerung: Das Finanzamt kann auf Antrag gestatten, dass ein Unternehmer, dessen Gesamtumsatz (§ 19 Abs. 3 UStG) im vorangegangenen Kalenderjahr nicht mehr als 600.000 EUR (bisher: 500.000 EUR) betragen hat, die Steuer nicht nach vereinbarten Entgelten (§ 16 Abs. 1 S. 1 UStG), sondern nach vereinnahmten Entgelten berechnet (§ 20 S. 1 UStG). Damit wurden die Umsatzgrenzen an die Umsatzgrenzen für die steuerliche Buchführungspflicht nach § 141 AO angepasst.

 

Gutscheinrichtlinie wurde veröffentlicht: Mit Gesetz vom 11.4.18 wurden durch Einführung des § 3 Abs. 13 bis 15 UStG mit Wirkung zum 1.1.19 Regelungen der MwStSystRL in nationales Recht umgesetzt. Die Begriffe „Einzweckgutscheine und Mehrzweckgutscheine“ sind im deutschen Umsatzsteuerrecht geboren. Da beide Arten der Gutscheine umsatzsteuerlich unterschiedlich behandelt werden (Steuersatz, Bemessungsgrundlage, Bestimmung des Leistungsorts), hat das BMF in einem lang ersehnten Schreiben am 2.11.20 ausführlich Stellung genommen.

 

PRAXISTIPP | Da sich die Finanzverwaltung sehr lange Zeit gelassen hat mit ihrer Stellungnahme, wurde eine Übergangsregelung aufgenommen. Es wird ‒ auch für Zwecke des Vorsteuerabzugs ‒ nicht beanstandet, wenn ab dem 1.1.19 und vor dem 2.2.21 ausgestellte Gutscheine von den Beteiligten nicht entsprechend den Vorgaben des BMF vom 2.11.20 behandelt worden sind.

 
Quelle: Seite 102 | ID 47131518