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· Fachbeitrag · Altersversorgung

bAV: Änderungen bei versicherungsvertraglicher Lösung und neue PSV-Pflicht bei Pensionskassen

von Dr. Claudia Veh, KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, München

| Mit dem 7. SGB IV-ÄndG (Abruf-Nr. 216834 ) traten auch zwei wesentliche gesetzliche Änderungen in der betrieblichen Altersversorgung zum 24.06.2020 in Kraft. Eine Änderung betrifft die versicherungsvertragliche Lösung, die andere den Insolvenzschutz von Pensionskassen-Versorgungen. |

Vereinfachung bei der versicherungsvertraglichen Lösung

Die sog. versicherungsvertragliche oder versicherungsförmige Lösung ermöglicht dem Arbeitgeber, bei vorzeitigem Dienstaustritt des Arbeitnehmers dessen unverfallbare Ansprüche auf die Leistung zu begrenzen, die sich aus dem zum Ausscheiden beitragsfrei gestellten Direktversicherungs- oder Pensionskassenvertrag ergibt. Das hat den Vorteil, dass der Arbeitgeber nicht die zeitratierliche (m/n-tel) Berechnung zur Höhe der unverfallbaren Anwartschaften wählen muss (§ 2 Abs. 1 BetrAVG).

 

Bisherige Spielregeln für versicherungsvertragliche Lösung

Die Wahl der versicherungsförmigen Lösung oblag dem Arbeitgeber. Er musste sie allerdings spätestens drei Monate nach dem Ausscheiden des Arbeitnehmers diesem und dem Versicherer mitteilen. Und diese Option war an folgende drei Voraussetzungen geknüpft (sog. soziale Auflage):

 

  • Spätestens nach drei Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers ist das Bezugsrecht unwiderruflich und eine Abtretung oder Beleihung des Rechts aus dem Versicherungsvertrag durch den Arbeitgeber und Beitragsrückstände sind nicht vorhanden.

 

  • Vom Beginn der Versicherung, frühestens jedoch vom Beginn der Betriebszugehörigkeit an, sind nach dem Versicherungsvertrag die Überschussanteile nur zur Verbesserung der Versicherungsleistung zu verwenden.

 

  • Der ausgeschiedene Arbeitnehmer hat nach dem Versicherungsvertrag das Recht zur Fortsetzung der Versicherung mit eigenen Beiträgen.

 

Das Urteil des BAG vom 19.05.2016 (Az. 3 AZR 794/14, Abruf-Nr. 187958) hatte die Anforderungen an die Wahl verschärft: So musste der Arbeitgeber sowohl den Arbeitnehmer als auch den Versicherer in jedem Einzelfall im zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Dienstaustritt über die Wahl der versicherungsförmigen Lösung informieren. Es genügte nicht, beim Versicherer die Information zu hinterlegen, dass man generell bei vorzeitigem Dienstaustritt die versicherungsförmige Lösung wählt. Weiter musste der Arbeitnehmer Zugang zu den Versicherungsdaten haben, um seine Entscheidung über die private Fortführung auch wohldurchdacht treffen zu können. Das BAG hatte hierdurch die Praxis deutlich erschwert. Schließlich musste auch alles dokumentiert und, um den Nachweis über die Wahl der versicherungsförmigen Lösung und die gegebenen Informationen entsprechend führen zu können, in den Personalakten für 30 Jahre aufbewahrt werden (Verjährungsfrist gemäß § 18a S. 1 BetrAVG).

 

Versicherungsförmige Lösung wird künftig Standardlösung

Der Gesetzgeber hat hier nachjustiert. Künftig stellt die versicherungsförmige Lösung den Standardfall dar. Das explizite Verlangen dieser Regelung durch den Arbeitgeber entfällt. Gestrichen wurden

  • „auf Verlangen des Arbeitgebers“ in § 2 Abs. 2 S. 2 BetrAVG und
  • „Der Arbeitgeber kann sein Verlangen nach S. 2 nur innerhalb von drei Monaten seit dem Ausscheiden des Arbeitnehmers diesem und dem Versicherer mitteilen“ in § 2 Abs. 2 S. 3 BetrAVG.

 

Unangetastet bleiben jedoch die sozialen Auflagen, sodass bei einem Verstoß gegen diese, z. B. durch ein Überschussverwendungssystem, bei dem die Überschüsse mit den künftigen Beiträgen verrechnet werden, diese Lösung nach wie vor ausscheidet. Das hat zur Folge, dass dann der Arbeitgeber die ratierliche Ermittlung der unverfallbaren Anwartschaften wählen muss.

Insolvenzschutz für Pensionskassen-Versorgungen

Künftig wird der Pensions-Sicherungs-Verein (PSV) für den Teil einer Pensionskassenversorgung eintreten, den der Arbeitgeber im Rahmen der Subsidiärhaftung aufgrund Insolvenz nicht mehr erbringen kann. Erfasst sind auch bestehende Anwartschaften und laufende Leistungen, jedoch nur für den Fall künftiger Arbeitgeberinsolvenzen. Primär ist also nach wie vor der Arbeitgeber in der Leistungspflicht, wenn eine Pensionskasse ihre Leistungen senken muss. Kann er dieser Verpflichtung aufgrund eigener Insolvenz jedoch nicht mehr nachkommen, tritt der PSV ein. Dabei wird wie folgt unterschieden:

 

  • Von der Neuregelung des PSV-Schutzes ausgenommen sind Pensionskassen, die dem Sicherungsfonds Protektor angehören oder die auf tarifvertraglicher Grundlage als gemeinsame Einrichtung agieren, wie auch Pensionskassen, die die Zusatzversorgung im öffentlichen Dienst abdecken.

 

  • Alle anderen Pensionskassen unterfallen ab 2021 der PSV-Sicherungspflicht. Dies betrifft damit vor allem regulierte Pensionskassen.

 

  • Wichtig | Der PSV-Schutz ist unterschiedlich geregelt für Insolvenzen vor dem 01.01.2022 und nach dem 31.12.2021.

 

Insolvenzen nach dem 31.12.2021: Voller Insolvenzschutz

Zur Finanzierung dieses Insolvenzschutzes bezahlen künftig die Arbeitgeber Beiträge, die über die betroffenen Pensionskassen ihre bAV durchführen.

 

Die Beitragsbemessung wird pauschal erfolgen, ähnlich dem Verfahren bei Unterstützungskassen, und künftig gleich für Pensionskassen und -fonds.

 

  • Pauschale Beitragsbemessung für den PSV-Beitrag

Gesetzlich unverfallbare

Anwartschaften

  • Ist eine Altersrente zugesagt, liegt der Beitragsbemessung die jährlich zugesagte Altersrente zugrunde.
  • Ist ausschließlich eine Invaliden- oder Witwenrente zugesagt, beträgt die Beitragsbemessungsgrundlage 25 Prozent dieses Werts.
  • Bei Kapitalzahlungen gelten zehn Prozent des Kapitals als jährliche Versorgungsleistung.

Laufende Leistungen

  • Bei lebenslang laufenden Versorgungsleitungen beträgt die Bemessungsgrundlage 20 Prozent des nach Anlage 1, Spalte 2 zu § 4d Abs. 1 EStG berechneten Deckungskapitals. Für einen 65-jährigen Mann mit einer laufenden Altersrente in Höhe von 1.000 Euro monatlich wären dies 20 Prozent von 12 x 1.000 Euro x 11 = 20 Prozent von 132.000 Euro, also 26.400 Euro.
 

 

Wichtig | Bei Pensionsfondszusagen besteht in den Beitragsjahren 2020 bis 2022 noch die Möglichkeit, die Meldung nach der bisherigen Verfahrensweise (20 Prozent des Teilwerts nach § 6a EStG) vorzunehmen.

 

Die durch die Gesetzesänderung hinzu gekommenen beitragspflichtigen Unternehmen müssen sich am Ausgleichsfonds beteiligen. Die Zielgröße liegt bei neun Promille der Beitragsbemessungsgrundlage. Um die Beitragszahler nicht zu sehr zu belasten, erfolgt eine Streckung über fünf Jahre: 2021 wird der Beitrag, der sich auf Basis des Beitragssatzes in Höhe von drei Promille ergibt, in den Ausgleichsfonds fließen. In den Jahren von 2022 bis 2025 erhöht sich der „reguläre“ Beitrag um je 1,5 Promille.

 

Um die künftigen Beitragszahler zu identifizieren, wird die BaFin auf Anfrage des PSV diesem die betroffenen Pensionskassen mitteilen. Vermutlich werden diese Pensionskassen dann wiederum vom PSV aufgefordert, ihm die Arbeitgeber mit gesetzlich unverfallbaren Anwartschaften bzw. laufenden Leistungen mitzuteilen. Im Insolvenzfall wird die BaFin in jedem Einzelfall entscheiden, ob das Vermögen der Pensionskasse im Wege des § 9 BetrAVG auf den PSV übertragen wird. Dies soll auch für Pensionsfonds gelten, wobei bei der nicht-versicherungsförmigen Variante das Vermögen immer auf den PSV übergehen soll.

 

In dem Fall, in dem das Vermögen in der Pensionskasse bleibt (z. B. um den Bestand insgesamt zu sichern), kann der PSV der Pensionskasse Mittel zur Verfügung stellen, damit diese die Leistung weiter ungekürzt erbringen kann.

 

Insolvenzen bis zum 31.12.2021: eingeschränkter PSV-Schutz

Bei Insolvenzen, die bis zum 31.12.2021 eintreten, greift ein eingeschränkter PSV-Schutz. Auf Antrag des Rentners prüft der PSV, ob die Voraussetzungen aus der EuGH-Rechtsprechung vorliegen: Die Kürzung muss mehr als 50 Prozent betragen, oder der Rentner muss mit seinen Einkünften aufgrund der Kürzung unterhalb die von Eurostat für Deutschland ermittelte Armutsgefährdungsschwelle sinken. Der Rentner muss sämtliche Unterlagen beibringen, die der PSV zur Klärung der Sachlage benötigt.

 

Liegen die Voraussetzungen vor, werden die Renten übernommen, aber nicht rückwirkend. Die Kosten trägt der Bund.

Quelle: Seite 18 | ID 46697223