· Fachbeitrag · Altersversorgung
Bezugsrecht aus betrieblicher Altersversorgung im Insolvenzfall des Arbeitgebers
von Dr. Claudia Veh, SLPM Schweizer Leben Pensionsmanagement, Garching bei München
| Der BGH hatte sich mit der Frage zu befassen, welche Auswirkungen eine Insolvenz des Arbeitgebers mit Zustimmungsvorbehalt auf nachträgliche Einziehungsermächtigungen bzw. Forderungsabtretungen seitens des Unternehmens hat und welche Rolle dabei das Bezugsrecht spielt. Um das Ergebnis vorwegzunehmen: Der Insolvenzverwalter ging leer aus bei seinem Versuch, vom Lebensversicherer die erneute Zahlung des Barwerts aus der Direktversicherung und der Ablaufleistung aus der Rückdeckungsversicherung zu erlangen. |
Direkt- und Rückdeckungsversicherung in der Insolvenz
In einer GmbH existierte für den Geschäftsführer eine betriebliche Altersversorgung (bAV) in den Durchführungswegen Direktversicherung und Direktzusage. Zur Finanzierung der Direktzusage war bei einem Lebensversicherer eine Rückdeckungsversicherung in Form einer Kapitalversicherung abgeschlossen, die an den Versorgungsberechtigten verpfändet worden war.
Daneben bestand eine Direktversicherung in Form einer Rentenversicherung mit Kapitalwahlrecht mit Ablauf zum 1. Februar 2012, aus der der Geschäftsführer unter dem Vorbehalt der Unverfallbarkeit unwiderruflich bezugsberechtigt war. Zu dieser Versicherung hatte der Geschäftsführer dem Lebensversicherer am 24. Januar 2012 mitgeteilt, dass er die Kapitaloption ausübt.
Insolvenz der GmbH ab Januar 2012 bekannt
Am 16. Januar 2012 war im amtlichen Internetportal die Insolvenz der Firma öffentlich bekannt gegeben worden. Hier wurde der GmbH auch ein Zustimmungsvorbehalt auferlegt, und der Insolvenzverwalter ermächtigt, Forderungen der GmbH einzuziehen.
Bei einem Zustimmungsvorbehalt handelt es sich um eine Maßnahme des Insolvenzgerichts zur Sicherung der Insolvenzmasse im Eröffnungsverfahren. Der Schuldner, hier die GmbH, darf Rechtsgeschäfte nur noch mit der Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters abschließen und steht insoweit unter dessen Aufsicht, ohne jedoch die allgemeine Verfügungsbefugnis über sein Vermögen zu verlieren.
Lebensversicherer ohne Kenntnis der Insolvenz
Am 7. Februar 2012 entrichtete der Lebensversicherer den kapitalisierten Barwert aus der Direktversicherung auf Anweisung der GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer, an die Tochter des Geschäftsführers sowie am 27. April 2012 die Ablaufleistung aus der Rückdeckungsversicherung, nicht wie bei einer Rückdeckungsversicherung üblich an die GmbH, sondern direkt an den Geschäftsführer. Der Lebensversicherer hatte keine Kenntnis von der Insolvenz sowie dem Zustimmungsvorbehalt.
BGH verneint Anspruch des Insolvenzverwalters
Der Insolvenzverwalter forderte nun vom Lebensversicherer die erneute Zahlung der beiden Beträge und klagte, nachdem er in den Vorinstanzen keinen Erfolg hatte, vor dem BGH. Auch hier scheiterte er (BGH, Urteil vom 9.10.2014, Az. IX ZR 41/14, Abruf-Nr. 172723).
Die versicherungsvertragsrechtlichen Regelungen
Wem das Bezugsrecht aus einer Direktversicherung im Insolvenzfall der Firma zusteht, richtet sich allein nach den versicherungsvertragsrechtlichen Regelungen. Zu unterscheiden ist wie folgt:
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Widerrufliches Bezugsrecht |
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Unwiderrufliches Bezugsrecht |
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Eingeschränkt unwider-rufliches Bezugsrecht |
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Rückdeckungsversicherung |
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Widerrufsvorbehalte haben sich nicht realisiert
Im vorliegenden Fall war der Geschäftsführer aus der Direktversicherung eingeschränkt unwiderruflich bezugsberechtigt. Die Widerruflichkeit des Bezugsrechts solle gelten, wenn der Versicherte
- vor Eintritt der bei Abschluss des Vertrags gültigen gesetzlichen Unverfallbarkeitsbedingungen ausscheidet oder
- Handlungen begeht, die den Arbeitgeber berechtigen, die Versicherungsansprüche zu mindern oder zu entziehen.
Diese Vorbehalte haben sich jedoch im Urteilsfall nicht realisiert. Da der Insolvenzverwalter vor Eintritt des Versicherungsfalls nicht widerrufen oder die Versicherung gekündigt hat, hat das Lebensversicherungsunternehmen richtigerweise an den Bezugsberechtigten (bzw. dessen Tochter) ausgezahlt.
Bei Rückdeckungsversicherung Bezugsrecht beim Geschäftsführer
Bei der Rückdeckungsversicherung sah der BGH das Bezugsrecht ebenfalls beim Geschäftsführer. Auch hier war das Bezugsrecht nicht vom Insolvenzverwalter widerrufen bzw. die Versicherung gekündigt worden. Damit hat sich auch hier die Rechtsstellung des Geschäftsführers bei Eintritt des Versicherungsfalls erstarkt.
In beiden Fällen lag das Bezugsrecht aus Sicht des BGH beim Geschäftsführer. Er hatte ein Aussonderungsrecht. Bei ihm lag auch die Verfügungsgewalt. Er konnte bestimmen, dass die Leistung aus der Direktversicherung an seine Tochter gezahlt werden soll. Der Zustimmungsvorbehalt lief damit in Bezug auf die beiden Versicherungen ins Leere.
PRAXISHINWEISE |
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