· Fachbeitrag · Altersversorgung
Keine Erdienbarkeit nötig bei Entgeltumwandlung eines GGf und Wechsel des Durchführungswegs
von Dr. Claudia Veh, SLPM Schweizer Leben PensionsManagement GmbH, Garching
| Das Kriterium der Erdienbarkeit für die steuerliche Anerkennung einer Versorgungszusage eines Gesellschafter-Geschäftsführers (GGf) gilt nicht bei Entgeltumwandlung. Wird lediglich der Durchführungsweg für den Future Service einer Pensionszusage auf eine Unterstützungskasse gewechselt, so löst allein diese Änderung keine erneute Erdienbarkeitsprüfung aus. Das hat der BFH klargestellt. |
Erdienbarkeitskriterium aus Sicht der Finanzverwaltung
Die Finanzverwaltung fordert bei über Entgeltumwandlung finanzierten Pensionszusagen des GGf die Einhaltung des Erdienbarkeitskriteriums (OFD Hannover, Verfügung vom 15.08.2014, Az. S 2742 ‒ 259 ‒ St 241, Abruf-Nr. 196121):
- Zwischen Zusagedatum und frühestmöglichem Bezug der bAV müssen mindestens 10 Jahre liegen; bei nichtbeherrschenden GGf sind es alternativ 3 Jahre, sofern die Dienstzeit insgesamt mindestens 12 Jahre umfasst.
- Eine Entgeltumwandlung mit steuerlicher Anerkennung ist nach Vollendung des 60. Lebensjahres nicht mehr möglich.
BFH: Kein Erdienbarkeitskriterium bei Entgeltumwandlung
Das Erdienbarkeitserfordernis gilt nicht bei Pensionszusagen, die über Entgeltumwandlung finanziert werden, entschied der BFH (Urteil vom 07.03.2018, Az. I R 89/15, Abruf-Nr. 201982):
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In einem Unternehmen bestand für den beherrschenden GGf, der seit Juli 1992 im Unternehmen tätig war, seit Oktober 1994 eine arbeitgeberfinanzierte Pensionszusage. Diese war zunächst gehaltsabhängig und später als Festbetragszusage ausgestaltet. Im Juni 2010 wurde der erdiente Teil der Zusage wertgleich in eine Kapitalzusage umgewandelt. Für den noch nicht erdienten Teil wurde der Durchführungsweg zu einer rückgedeckten Unterstützungskasse gewechselt. Im August 2010 wurde eine weitere Unterstützungskassenversorgung eingerichtet, die der GGf über eine Gehaltsumwandlung finanzierte. Der umgewandelte Betrag belief sich auf 2.070 Euro monatlich. |
Ein Betriebsprüfer behandelte die Entgeltumwandlung wegen eines Verstoßes gegen das Erdienbarkeitskriterium als verdeckte Gewinnausschüttung (vGA). Nicht so das FG Thüringen und der BFH. Der BFH bestätigt zwar die Grundsätze der Erdienbarkeit. Wenn aber aufgrund der Gegebenheiten des Einzelfalls anderweitig sichergestellt ist, dass mit der Zusage die künftige Arbeitsleistung des Geschäftsführers abgegolten werden soll, ist eine erdienbare Zusage auch dann anzunehmen, wenn die Erdienbarkeitsfrist nicht eingehalten werden kann.
Der BFH vertritt die Meinung, dass die Indizwirkung der fehlenden Erdienbarkeit für die außerbetriebliche Veranlassung einer Versorgungszusage regelmäßig entkräftet ist, wenn bestehende Gehaltsansprüche des GGf zugunsten seiner Altersversorgung umgewandelt werden. Allerdings müsse die Entgeltumwandlungsvereinbarung als solche den Anforderungen des formellen Fremdvergleichs genügen.
PRAXISTIPP | Entscheidend im Urteilsfall war, dass es im Zusammenhang mit der Versorgungszusage nicht zu „unüblichen Gehaltsveränderungen“ gekommen war und das verbleibende Gehalt zur Deckung des laufenden Lebensunterhalts ausreichend war. Anders wäre es, wenn z. B. das Gehalt im Vorfeld der Entgeltumwandlung sprunghaft angehoben, das komplette Gehalt mit der Folge einer „Nur-Pension“ umgewandelt wird oder die Versorgungszusage mit besonderen Risiko- und Kostensteigerungen für das Unternehmen verbunden ist. In diesen Fällen können auch durch Entgeltumwandlung finanzierte Versorgungszusagen durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst sein. |
Keine Erdienbarkeit bei Wechsel des Durchführungswegs
Der BFH stellt weiter klar, dass eine Prüfung der Erdienbarkeit der Versorgungszusage nicht angezeigt ist, wenn eine bereits bestehende Zusage ohne finanzielle Mehrbelastung für das Unternehmen geändert wird.
Im BFH-Fall wurde die Unterstützungskassenversorgung im Zuge der Änderung des Durchführungswegs für den Future Service der ursprünglichen Pensionszusage eingerichtet. Mit dem Wechsel des Durchführungswegs für den Future Service der Zusage im Juni 2010 war keine Zusageerhöhung und damit kein finanzieller Mehraufwand für das Unternehmen verbunden. Der alleinige Wechsel des Durchführungswegs ohne Zusageerhöhung löst keine Prüfung der Erdienbarkeitsfristen aus, so der BFH.
Anders ist es, wenn mit dem Wechsel des Durchführungswegs auch eine Zusageerhöhung verbunden ist. Die Folge ist, dass nicht nur das steuerrechtlich maßgebliche Rechtsregime für die Zusage gewechselt wird, sondern zugleich ein Lebenssachverhalt verwirklicht wird, der als Neuzusage qualifiziert wird und nach den allgemeinen Grundsätzen eine Erdienbarkeitsprüfung auslöst (BFH, Urteil vom 20.07.2016, Az. I R 33/15, Abruf-Nr. 189533).
PRAXISTIPP | Nach dem BFH-Urteil gelten die Kriterien für die steuerliche Anerkennung nicht nur für die Pensionszusage, sondern auch für die mittelbaren Durchführungswege. Bislang war es in der Praxis strittig, ob z. B. beim Abschluss einer Direktversicherung die Probezeit von 2 bis 3 Jahren ab Diensteintritt bzw. 5 Jahren nach Unternehmensgründung abgewartet werden oder die Erdienbarkeitsfrist eingehalten werden muss. Dies scheint nach Sicht des BFH nicht generell auszuschließen zu sein, zumindest wenn der Arbeitgeber die bAV finanziert. |