· Fachbeitrag · Arbeitgeberleistungen
Das ist bei der steuerfreien Überlassung eines Jobtickets und bei der Bezuschussung zu beachten
von Dipl.-Finanzwirt, M.A. (Taxation), Daniel Denker, Oldenburg und Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de
| Unternehmen überlassen Arbeitnehmern, die mit Bus oder Bahn zur Arbeit fahren, häufig ein Jobticket für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder bezuschussen Fahrkarten, die der Arbeitnehmer gekauft hat. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Jobticket oder der Barzuschuss des Arbeitgebers lohnsteuer- und sozialversicherungsfrei bleiben. LGP erläutert nachfolgend, worauf es ankommt und was Unternehmen in der Praxis wissen müssen. |
Die Steuerbegünstigung nach § 3 Nr. 15 EStG
Seit dem 01.01.2019 sind zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährte Arbeitgeberleistungen
- a) für Fahrten des Arbeitnehmers mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte sowie Fahrten zu einem Sammelpunkt oder einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet und
- b) für alle Fahrten des Arbeitnehmers im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei. Hier sind auch Privatfahrten begünstigt.
Wichtig | Die Steuerfreiheit der Arbeitgeberleistungen nach § 3 Nr. 15 EStG führt auch zur Sozialversicherungsfreiheit (§ 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SvEV).
Begünstigte Arbeitgeberleistungen
Arbeitgeber können nach § 3 Nr. 15 EStG Arbeitnehmern kostenlos oder vergünstigt Fahrberechtigungen (Sachbezüge) überlassen oder einen Barzuschuss (Barlohn) zu einer vom Arbeitnehmer erworbenen Fahrberechtigung leisten. Begünstigt sind
- Einzel-/Mehrfahrtenfahrscheine,
- Zeitkarten (z. B. Monats-, Jahrestickets, BahnCard 100),
- allgemeine Freifahrberechtigungen und Freifahrberechtigungen für bestimmte Tage (z. B. „Feinstaubticket“ bei Smogalarm) oder
- Ermäßigungskarten (z. B. BahnCard 25, BahnCard 50).
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Wichtig | Die nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfreien Arbeitgeberleistungen mindern den als Entfernungspauschale abziehbaren Betrag (§ 3 Nr. 15 S. 3 EStG).
Mitnahme anderer Personen oder Übertragbarkeit
Die Möglichkeit der Mitnahme von anderen Personen oder die Übertragbarkeit der Fahrberechtigung auf andere Personen schließt die Steuerbefreiung nicht aus (BMF, Schreiben vom 15.08.2019, Az. IV C 5 ‒ S 2342/19/10007 :001, Rz. 6, Abruf-Nr. 210780).
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Ein Arbeitnehmer erhält von seinem Arbeitgeber für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte ein Jobticket. Enthalten sind Mitnahmemöglichkeiten Montag bis Freitag ab 19:00 Uhr, an Wochenenden und gesetzlichen Feiertagen rund um die Uhr von bis zu fünf Personen ‒ davon höchstens eine weitere Person ab 18 Jahren.
Ergebnis: Die Überlassung des Jobtickets ist steuer- und sozialversicherungsfrei. Die Möglichkeit, andere Personen mitzunehmen, ändert daran nichts. |
Zusätzlichkeitserfordernis für Arbeitgeberleistung
Die Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 15 EStG setzt voraus, dass die Arbeitgeberleistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird. Der Begriff „zusätzlich“ ist in § 8 Abs. 4 EStG definiert. Gehaltsumwandlungen sind nicht „zusätzlich“ in diesem Sinne und daher nicht lohnsteuerfrei.
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Eine Arbeitnehmerin verzichtet auf die bereits feststehende und tariflich geregelte Gehaltserhöhung in Höhe von 120 Euro monatlich und lässt sich stattdessen von ihrem Arbeitgeber ein Jobticket (im Sinne des § 3 Nr. 15 EStG) bezahlen.
Ergebnis: Die zweckgebundene Leistung wird „schädlicherweise“ anstelle einer bereits vereinbarten Erhöhung des Arbeitslohns gewährt. Die Überlassung des Jobtickets in Höhe von 120 Euro monatlich ist steuer- und beitragspflichtig. |
Wichtig | In den Fällen einer Gehaltsumwandlung ist die gesamte Zuwendung des Jobtickets mit den individuellen Lohnsteuerabzugsmerkmalen des Arbeitnehmers zu versteuern. Alternativ hat der Arbeitgeber seit 2020 die Möglichkeit, das Jobticket mit einem Pauschalsteuersatz von 25 Prozent abzurechnen (§ 40 Abs. 2 Nr. 7 EStG); eine Anrechnung auf die Entfernungspauschale nach § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 EStG unterbleibt dann.
Begünstigte öffentliche Verkehrsmittel
Bei den Verkehrsmitteln unterscheidet man zwischen Personenfernverkehr (öffentliche Verkehrsmittel im Linienverkehr) und solchen im ÖPNV.
Öffentliche Verkehrsmittel im Personenfernverkehr
Zum Personenfernverkehr gehören Fernzüge der Deutschen Bahn (ICE, IC, EC), Fernbusse auf festgelegten Linien oder Routen und mit festgelegten Haltepunkten, vergleichbare Hochgeschwindigkeitszüge und schnellfahrende Fernzüge anderer Anbieter (z. B. TGV, Thalys).
Öffentliche Verkehrsmittel im Personennahverkehr
Zum ÖPNV gehört die allgemein zugängliche Beförderung von Personen im Linienverkehr, die überwiegend dazu bestimmt ist, die Verkehrsnachfrage im Stadt-, Vorort- oder Regionalverkehr zu befriedigen. Aus Vereinfachungsgründen rechnet die Finanzverwaltung alle öffentlichen Verkehrsmittel, die nicht Personenfernverkehr im obigen Sinne sind, zum ÖPNV.
Auch Taxen können zum ÖPNV gehören. Das gilt dann, wenn sie ausnahmsweise im Linienverkehr nach Maßgabe der genehmigten Nahverkehrspläne eingesetzt werden (z. B. zur Verdichtung, Ergänzung oder zum Ersatz anderer öffentlicher Verkehrsmittel) und von der Fahrkarte umfasst sind oder gegen einen geringen Aufpreis genutzt werden dürfen.
Nicht zum ÖPNV gezählt und daher nicht begünstigt sind insbesondere für konkrete Anlässe speziell gemietete bzw. gecharterte Busse oder Bahnen, Taxen im Gelegenheitsverkehr, die nicht auf konzessionierten Linien oder Routen fahren sowie der Luftverkehr. Insoweit können hier aber die monatliche 44-Euro-Freigrenze nach § 8 Abs. 2 S. 11 EStG sowie ggf. der sog. jährliche Rabattfreibetrag von 1.080 Euro nach § 8 Abs. 3 EStG genutzt werden.
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Ein Arbeitgeber erstattet einem Arbeitnehmer die Kosten für ein Taxi, das der Arbeitnehmer gerufen hatte, um nach Hause zu fahren, nachdem er spätabends noch Überstunden geleistet hatte.
Ergebnis: Die Erstattung der Taxikosten ist steuer- und sozialversicherungspflichtig. Taxen im Gelegenheitsverkehr sind nicht nach § 3 Nr. 15 EStG begünstigt. |
Wichtig | (Allgemein zugängliche) Mobilitätsoptionen, wie z. B. Car-, Bike- oder Scootersharing sind nicht begünstigt. Denn nur die „Beförderung von Personen“ wird als ÖPNV angesehen.
Begünstigter Personenkreis
Hinsichtlich des begünstigten Personenkreises sind zwei Alternativen zu unterscheiden (BMF, Schreiben vom 15.08.2019, Rz. 4):
- Die Steuerfreiheit für Fahrberechtigungen im Personenfernverkehr kommt für Arbeitnehmer in einem aktiven Beschäftigungsverhältnis in Betracht sowie für Leiharbeitnehmer, die beim Entleiher beschäftigt sind.
- Von der Steuerfreiheit für Fahrberechtigungen für den öffentlichen Personennahverkehr können alle Arbeitnehmer (auch Ruheständler) oder Leiharbeitnehmer profitieren.
Fahrten Wohnung ‒ Arbeit im Personenfernverkehr begünstigt
Arbeitgeberleistungen, die zur Nutzung des Personenfernverkehrs berechtigen, sind nach § 3 Nr. 15 EStG nur steuerfrei, soweit sie auf Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte/Sammelpunkt/weiträumigen Tätigkeitsgebiet entfallen. Privatfahrten sind nicht begünstigt. So der Grundsatz.
Fahrberechtigung für Strecke Wohnung ‒ erste Tätigkeitsstätte & Co.
Die Finanzverwaltung lässt für den Personenfernverkehr aus Vereinfachungsgründen Folgendes zu: Gilt die Fahrtberechtigung für den Personenfernverkehr nur für die Strecke Wohnung ‒ erste Tätigkeitsstätte bzw. zu einem Sammelpunkt oder einem weiträumigen Tätigkeitsgebiet, geht die Finanzverwaltung davon aus, dass die Arbeitgeberleistung nur für die Fahrten Wohnung und erste Tätigkeitsstätte erfolgt. Sie kann somit in voller Höhe nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei bleiben. Die tatsächliche Nutzung der Fahrberechtigung auch zu privaten Fahrten ist dann unbeachtlich (BMF, Schreiben vom 15.08.2019, Rz. 12).
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Ein Arbeitnehmer wohnt in Mannheim und arbeitet in Düsseldorf. Sein Arbeitgeber überlässt ihm eine BahnCard 100, 2. Klasse für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte Mannheim und Düsseldorf; damit ist er auch zur Nutzung von Fernzügen (ICE/IC/EC) berechtigt. Der Arbeitnehmer nutzt die BahnCard 100 für eine Privatfahrt mit dem ICE nach Düsseldorf am Wochenende. Ergebnis: Der geldwerte Vorteil aus der Überlassung der BahnCard 100 ist beim Arbeitnehmer steuerfrei (§ 3 Nr. 15 S. 2 EStG). Dass der Arbeitnehmer die BahnCard für die Privatfahrt auf seiner Arbeitsstrecke nutzt, ist unbeachtlich. |
Fahrberechtigung über beruflichen Anteil hinaus
Gilt die Fahrkarte für den Personenfernverkehr für eine längere Strecke als die Strecke Wohnung und erste Tätigkeitsstätte/Sammelpunkt/weiträumiges Tätigkeitsgebiet, kann aus Vereinfachungsgründen der Teil der Fahrkarte nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei bleiben, der auf die Strecke Wohnung ‒ erste Tätigkeitsstätte/Sammelpunkt/weiträumiges Tätigkeitsgebiet entfällt. Für die Vergleichsberechnung ist der reguläre Verkaufspreis anzusetzen (BMF, Schreiben vom 15.08.2019, Rz. 13).
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Der Arbeitnehmer wohnt in Mannheim und pendelt jeden Tag zu seiner ersten Tätigkeitsstätte am Frankfurter Flughafen. Da er nach der Arbeit häufig Freunde in der Frankfurter Innenstadt besucht, kauft er für 354 Euro eine Monatskarte für die Bahn, 2. Klasse für die Strecke Mannheim-Frankfurt/Hauptbahnhof, die ihn auch zur Nutzung von Fernzügen (ICE/IC/EC) berechtigt. Eine vergleichbare Monatskarte zum Frankfurter Flughafen kostet 339 Euro.
Ergebnis: Der Arbeitgeber kann die Fahrkarte insoweit steuerfrei erstatten, als der reguläre Fahrpreis auf die Strecke Wohnung ‒ erste Tätigkeitsstätte Frankfurter Flughafen entfällt (339 Euro). |
Wichtig | Berechtigt die Fahrkarte des Arbeitnehmers nur zur Nutzung von Zügen des ÖPNV, ist diese Vergleichsberechnung nicht erforderlich. Denn bei Nutzung des ÖPNV können alle Fahrten steuerfrei erstattet werden.
Aufzeichnungs- und Nachweispflichten
Der Arbeitgeber hat die steuerfreien Leistungen nach § 4 Abs. 2 Nr. 4 LStDV im Lohnkonto aufzuzeichnen und nach § 41b Abs. 1 S. 2 Nr. 6 EStG in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung zu bescheinigen.
Fahrberechtigung über mindestens zwei Kalenderjahre
Bei Fahrberechtigungen mit einem Gültigkeitszeitraum, der sich über zwei oder mehr Kalenderjahre erstreckt, gelten die Leistungen in dem Kalenderjahr als zugeflossen, in dem die Arbeitgeberleistung erbracht wird. Für die Anrechnung auf die Entfernungspauschale ist der Wert der Fahrberechtigung anteilig auf den Gültigkeitszeitraum zu verteilen und entsprechend zu bescheinigen (BMF, Schreiben vom 15.08.2019, Rz. 29, 39).
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Der Arbeitgeber überlässt dem Arbeitnehmer eine Jahresfahrkarte für den örtlichen Verkehrsverbund (ÖPNV), die er zum Preis von 630 Euro erworben hat. Das Ticket ist vom 01.07.2021 bis zum 30.06.2022 gültig.
Ergebnis: Das überlassene Jahresticket im Wert von 630 Euro ist als Fahrkarte des ÖPNV im Jahr 2021 in voller Höhe steuerfrei nach § 3 Nr. 15 EStG. Für die Anrechnung auf die Entfernungspauschale muss der Wert aber anteilig auf den Gültigkeitszeitraum der Fahrkarte von zwölf Monaten verteilt werden. Folglich entfallen 315 Euro auf das Jahr 2021 und 315 Euro auf das Jahr 2022. Das muss entsprechend in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung 2021 und 2022 angegeben werden (BMF, Schreiben vom 15.08.2019, Rz. 30). |
Nachweis bei Barzuschuss an Arbeitnehmer
Zahlt der Arbeitgeber einen Zuschuss zu den vom Arbeitnehmer selbst erworbenen Fahrberechtigungen, muss er als Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung die Fahrausweise oder entsprechende Belege zum Lohnkonto aufbewahren. Das gilt z. B.
- für Rechnungen über den Erwerb eines Fahrausweises oder
- eine Bestätigung des Verkehrsträgers über den Bezug eines Jobtickets.
Der Zuschuss darf dabei die Aufwendungen des Arbeitnehmers inkl. Umsatzsteuer für die entsprechenden Fahrberechtigungen nicht übersteigen.
Nachweise bei Fahrberechtigung für den Personennahverkehr
Der Beleg für die erworbenen Fahrberechtigungen für den Personennahverkehr ist im Lohnkonto aufzubewahren. Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr überlässt, die nur zur Nutzung für die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte/Sammelpunkt/weiträumigen Tätigkeitsgebiet berechtigt.
Nachweise bei Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr
Überlässt oder bezuschusst der Arbeitgeber eine Fahrberechtigung für den Personenfernverkehr, die über die Strecke zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte/Sammelpunkt/weiträumigen Tätigkeitsgebiet hinausgeht oder auch zu Fahrten nach § 3 Nr. 13/16 EStG genutzt wird, gilt: Der Nachweis für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 3 Nr. 15 EStG oder der Nachweis zu der von ihm durchgeführten Prognoseberechnung (prognostizierte Voll- bzw. Teilamortisierung) ist neben dem Beleg für die erworbene Fahrberechtigung ebenfalls zum Lohnkonto des jeweiligen Arbeitnehmers aufzubewahren. Entsprechendes gilt in den Fällen des Verzichts auf eine Amortisationsprognose.
Nutzungsverzicht des Arbeitnehmers
Erklärt ein Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber, auf die Fahrberechtigung gänzlich zu verzichten, indem er die Fahrberechtigung nicht annimmt oder zurückgibt, ist von einer Kürzung der Entfernungspauschale abzusehen. Der Nachweis des Nutzungsverzichts ist zum Lohnkonto aufzubewahren.
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Der Arbeitgeber schließt mit einem regionalen Verkehrsträger einen Vertrag, wonach alle 150 Arbeitnehmer seines Unternehmens ein Jahresticket für den regionalen Verkehrsverbund erhalten. Ein Arbeitnehmer verzichtet darauf, weil er lieber mit dem Fahrrad fährt.
Ergebnis: Der Nutzungsverzicht hat zur Folge, dass bei dem Arbeitnehmer die Entfernungspauschale nicht gekürzt wird. Entsprechend erfolgt kein Ausweis in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung. |
Weiterführender Hinweis
- Beitrag „Überlassung von Fahrberechtigungen im Personenfernverkehr lohnsteuerlich richtig behandeln“ in LGP 7/2021