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· Fachbeitrag · Arbeitgeberleistungen

Neue Spielregeln für Job-Tickets: Diese Gestaltungsmöglichkeiten haben Arbeitgeber jetzt

von StB Dipl.-Finw. (FH) Susanne Weber, WTS Steuerberatungsges. mbH, München

| Arbeitgeber können Arbeitnehmern für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte unterschiedliche Leistungen gewähren, je nachdem welches Verkehrsmittel der Arbeitnehmer nutzt. Bei Job-Tickets wurden mit dem Jahressteuergesetz 2019 die lohnsteuerlich begünstigten Gestaltungsmöglichkeiten durch eine neue Pauschalierungsmöglichkeit erweitert. LGP zeigt, wie sich die Möglichkeiten geschickt nutzen lassen. |

Arbeitgeberleistungen für Fahrten Wohnung‒Tätigkeitsstätte

Grundsätzlich gehört die Erstattung der Aufwendungen für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte zum steuerpflichtigen Arbeitslohn. Seit 01.01.2019 können Erstattungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei bleiben. Mit dem Jahressteuergesetz 2019 hat der Gesetzgeber zusätzlich eine neue Möglichkeit der Pauschalversteuerung eröffnet.

 

Steuerfreie Erstattung nach § 3 Nr. 15 EStG

Seit dem 01.01.2019 sind Arbeitgeberleistungen steuerfrei (§ 3 Nr. 15 EStG), die zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn

  • für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und
  • für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr

gezahlt werden. Begünstigt sind sowohl Bar- als auch Sachzuwendungen.

 

Die steuerfreien Leistungen mindern die Entfernungspauschale, die der Arbeitnehmer in seiner Einkommensteuererklärung als Werbungskosten geltend machen kann. Sie müssen daher auf der Lohnsteuerbescheinigung in Zeile 17 angegeben werden. Das gilt auch, wenn der Arbeitnehmer die vom Arbeitgeber steuerfrei erstattete bzw. zur Verfügung gestellte Fahrkarte ausschließlich für Privatfahrten genutzt hat.

 

  • Beispiel

Der Arbeitnehmer erhält als Incentive eine Monatskarte für den öffentlichen Nahverkehr im Wert von 62 Euro. Die nutzt er nur für Privatfahrten. Für dienst-liche Fahrten und Fahrten Wohnung/erste Tätigkeitsstätte braucht er die Fahrkarte nicht.

 

Ergebnis: Auch wenn der Arbeitnehmer die Fahrkarte nicht für die Fahrt Wohnung/erste Tätigkeitsstätte nutzt, muss der Betrag von 62 Euro in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigung angegeben werden. Die Entfernungspauschale des Arbeitnehmers mindert sich um 744 Euro (12 Monate x 62 Euro).

 

Bei Jahrestickets müssen die Kosten für die Anrechnung auf die Entfernungspauschale und die Bescheinigung in der Lohnsteuerbescheinigung gleichmäßig auf die Gültigkeitsdauer der Fahrkarte verteilt werden.

 

  • Beispiel

Der Arbeitgeber überlässt dem Arbeitnehmer am 01.07.2019 eine Jahreskarte für den örtlichen Verkehrsverbund (ÖPNV), die er zum Preis von 630 Euro erworben hat. Das Ticket ist bis zum 30.06.2020 gültig.

 

Ergebnis: Das überlassene Jahresticket im Wert von 630 Euro kann als Fahrkarte des ÖPNV im Jahr 2019 in voller Höhe steuerfrei nach § 3 Nr. 15 EStG bleiben. Für die Anrechnung auf die Entfernungspauschale muss der Wert aber anteilig auf den Gültigkeitszeitraum der Fahrkarte von zwölf Monaten verteilt werden. Er entfällt mit je 315 Euro auf das Jahr 2019 und das Jahr 2020. Das muss entsprechend in Zeile 17 der Lohnsteuerbescheinigungen 2019 und 2020 angegeben werden.

 

Wichtig | Um den Prozess zu vereinfachen, könnte der Arbeitgeber u. E. die Kostenerstattung so ausgestalten, dass er monatlich 1/12 der Kosten der Jahresfahrkarte steuerfrei erstattet und die Erstattungen entsprechend in der Lohnsteuerbescheinigung bescheinigt.

 

PRAXISTIPP | Die Anrechnung der steuerfrei erstatteten Aufwendungen auf die Entfernungspauschale kann für Arbeitnehmer nachteilig sein, bei denen die Werbungskosten den Arbeitnehmerpauschbetrag von 1.000 Euro jährlich übersteigen oder die die vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte oder erstattete Fahrkarte überwiegend für private Fahrten nutzen. In diesen Fällen ist aus Arbeitnehmersicht die Wahl der Pauschalversteuerung mit 25 Prozent ohne Anrechnung auf die Entfernungspauschale vorteilhaft.

 

Die beiden Pauschalierungsmöglichkeiten

Ist die Arbeitgeberleistung nicht steuerfrei (weil sie nicht für die begünstigten Verkehrsmittel oder nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gezahlt wird), kann der Arbeitgeber diese pauschal versteuern.

 

Allgemeines zur Pauschalierung der Lohnsteuer

Macht der Arbeitgeber von der Pauschalierung Gebrauch, wird er zum Schuldner der Lohnsteuer. Der pauschal besteuerte Arbeitslohn ist nicht im Bruttoarbeitslohn lt. Zeile 3 der Lohnsteuerbescheinigung enthalten, und die pauschale Lohnsteuer kann nicht auf die Einkommensteuerschuld des Arbeitnehmers angerechnet werden.

 

Die im Gesetz festgelegten pauschalen Steuersätze sind Nettosteuersätze, d. h. es ist bereits berücksichtigt, dass der Arbeitgeber die anfallende Lohnsteuer übernimmt. Trotzdem kann der Arbeitgeber mittels arbeitsrechtlicher Vereinbarung die Pauschalsteuer auf den Arbeitnehmer abwälzen (d. h. von seinem Nettogehalt einbehalten), sodass er selbst nicht belastet ist. Aber auch in diesen Fällen bleibt der Arbeitgeber im Verhältnis zum Finanzamt Schuldner der Lohnsteuer, und der pauschalbesteuerte Arbeitslohn und die pauschale Lohnsteuer bleiben bei der Einkommensteuerveranlagung außer Ansatz.

 

Die nachfolgend angesprochenen Pauschalierungen führen zur Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung. Nach Auffassung der GKV-Spitzenverbände gilt dies jedoch nur, wenn die Pauschalierung bis zum 28.02. des Folgejahrs durch den Arbeitgeber erfolgt ist (Besprechung des GKV-Spitzenverbandes, der Deutschen Rentenversicherung Bund und der Bundesagentur für Arbeit über Fragen des gemeinsamen Beitragseinzugs am 20.04.2016, Tz. 5, Abruf-Nr. 213516).

 

Pauschalversteuerung mit 15 Prozent

Die Pauschalversteuerung mit einem Steuersatz von 15 Prozent gilt für folgende Leistungen (§ 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 1 EStG):

 

  • Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.
  • Zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn geleistete Bar-Zuschüsse für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte.

 

Der Höhe nach ist die Pauschalierung begrenzt auf den Betrag, den der Arbeitnehmer in seiner Steuererklärung als Werbungskosten geltend machen könnte, d. h. die Entfernungspauschale, die in Höhe von 0,30 Euro je Entfernungskilometer geltend gemacht werden darf.

 

PRAXISTIPP | Nutzt der Arbeitnehmer öffentliche Verkehrsmittel, die nicht im Linienverkehr fahren und die auch nicht zum öffentlichen Personennahverkehr gehören, können die tatsächlichen Aufwendungen pauschal versteuert werden. Das gilt auch, wenn sie die Entfernungspauschale übersteigen (§ 9 Abs. 2 S. 2 EStG). Darunter fallen u. E. Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte mit einem Taxi.

 

 

  • Beispiel

Aufgrund von Überstunden bezahlt der Arbeitgeber einer Arbeitnehmerin die Fahrt vom Büro nach Hause mit einem Taxi, weil spätabends die öffentlichen Verkehrsmittel nur noch in großen Zeitabständen fahren.

 

Ergebnis: Der erstattete Betrag kann mit 15 Prozent pauschal versteuert werden. Dieser Betrag ist auf die Entfernungspauschale anzurechnen und muss daher in der Lohnsteuerbescheinigung in Zeile 18 angegeben werden.

 

Die pauschal versteuerten Leistungen mindern die Entfernungspauschale, die der Arbeitnehmer als Werbungskosten abziehen kann. Sie müssen daher auf der Lohnsteuerbescheinigung in Zeile 18 angegeben werden.

 

Die Pauschalierung mit 15 Prozent gilt z. B. für den geldwerten Vorteil aus der Nutzung eines Dienstwagens für die Fahrten zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte oder für Barzuschüsse zu den Fahrten, wenn der Arbeitnehmer den eigenen Pkw für diese Fahrten nutzt. Ohne weitere Nachweise darf der Arbeitgeber davon ausgehen, dass monatlich an 15 Tagen solche Fahrten durchgeführt werden, also 180 Fahrten pro Kalenderjahr.

 

  • Beispiel

Der Arbeitgeber zahlt allen Arbeitnehmern einen Fahrtkostenzuschuss von 50 Euro monatlich zusätzlich zum normalen Gehalt. Arbeitnehmer A nutzt seinen eigenen Pkw für die Fahrt zur Arbeit, die einfache Entfernung beträgt 20 Kilometer.

 

Ergebnis: Der Arbeitgeber kann den Zuschuss mit 15 Prozent pauschal versteuern, da er die Entfernungspauschale von 90 Euro im Monat nicht übersteigt (0,30 Euro x 20 Entfernungskilometer x 15 Tage). Der pauschal versteuerte Betrag muss in der Lohnsteuerbescheinigung in Zeile 18 bescheinigt werden. A kann noch 40 Euro je Monat als Werbungskosten geltend machen.

 

Die neue Pauschalversteuerung mit 25 Prozent

Rückwirkend zum 01.01.2019 kann der Arbeitgeber die neue Pauschalierungsmöglichkeit mit 25 Prozent für folgende Leistungen nutzen, die dem Grunde nach unter die Steuerbefreiung des § 3 Nr. 15 EStG fallen. Der Arbeitgeber kann Bar- und Sachbezüge

  • für die Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Linienverkehr (ohne Luftverkehr) zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte und
  • für Fahrten im öffentlichen Personennahverkehr

pauschal mit 25 Prozent versteuern (§ 40 Abs. 2 S. 2 Nr. 2 EStG). Die Pauschalierung muss (je Arbeitnehmer) einheitlich für das gesamte Kalenderjahr angewendet werden.

 

Wichtig | Die Pauschalierungsmöglichkeit besteht auch, wenn die Leistungen nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn gewährt werden, also auch in Gehaltsumwandlungsfällen (dazu nachfolgend mehr).

 

Die mit 25 Prozent pauschal besteuerten Leistungen werden nicht auf die Entfernungspauschale angerechnet. Sie müssen deshalb auch nicht in der Lohnsteuerbescheinigung des Arbeitnehmers angegeben werden.

 

  • Beispiel

Der Arbeitgeber zahlt allen Arbeitnehmern, die eine Fahrkarte für den öffent- lichen Personennahverkehr vorlegen, zusätzlich zum Gehalt einen Fahrtkostenzuschuss bis zu 50 Euro monatlich, maximal die Kosten der Fahrkarte.

 

Ergebnis: Der Erstattungen können nach § 3 Nr. 15 EStG steuerfrei bleiben. Sie mindern aber bei der Einkommensteuerveranlagung der Arbeitnehmer die abziehbare Entfernungspauschale und müssen daher in der Lohnsteuerbescheinigung angegeben werden. Alternativ kann der Arbeitgeber den Zuschuss mit 25 Prozent pauschal versteuern und muss dann nichts in die Lohnsteuerbescheinigung eintragen.

 

Wichtig | Die Pauschalierung mit 25 Prozent kommt auch für die in § 3 Nr. 15 EStG genannten Bezüge in Frage, die mittels Gehaltsumwandlung und nicht zusätzlich erbracht werden.

 

  • Beispiel

Der Arbeitgeber vereinbart mit seinem Arbeitnehmer im Jahr 2019 (Jahresgehalt 50.000 Euro, Steuerklasse 1, keine Konfession), den monatlichen Bruttoarbeitslohn um 55 Euro abzusenken und ihm im Gegenzug eine Fahrkarte für den ÖPNV für 55 Euro monatlich zu erstatten. Der Arbeitgeber versteuert die Kostenerstattung für die Fahrkarte mit dem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent.

 

Ergebnis: Da die Kostenerstattung für den ÖPNV dem Grunde nach unter § 3 Nr. 15 EStG fällt, kann die Pauschalversteuerung mit 25 Prozent gewählt werden. Vor der Gehaltsumwandlung betrug die Lohnsteuer des Arbeitnehmers monatlich 744,58 Euro, der Soli 40,95 Euro. Nach der Gehaltsumwandlung beträgt die Lohnsteuer monatlich: 729,66 Euro, der Soli 40,13 Euro. Die Differenz also 14,92 Euro Lohnsteuer und 0,82 Euro Soli. Die Pauschalsteuer für die Fahrkarte beträgt 25 Prozent von 55 Euro, also 13,75 Euro Lohnsteuer und 0,76 Euro Soli. Selbst wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Pauschalsteuer weiterbelastet, zahlt dieser eine etwas geringere Lohnsteuer als vor der Gehaltsumwandlung. Und er kann auch weiterhin die Kosten der Fahrkarte in seiner Steuererklärung als Werbungskosten ansetzen. Hinzu kommt im vorliegenden Fall auch noch die Ersparnis in der Sozialversicherung, die aufgrund der geringeren Beiträge aber auch zu geringeren Leistungen führt.

 

 

PRAXISTIPP | Die neue Pauschalierungsmöglichkeit mit 25 Prozent für die Kosten für öffentliche Verkehrsmittel in Gehaltsumwandlungsfällen ist durchaus eine Möglichkeit zur Steueroptimierung, wenn der Grenzsteuersatz des Arbeitnehmers 25 Prozent übersteigt.

 
Quelle: Seite 22 | ID 46300402