· Fachbeitrag · Arbeitnehmerdarlehen
Arbeitnehmer gewährt Arbeitgeber Darlehen: Wann sind die Darlehenszinsen Arbeitslohn?
von Dipl.-Finanzwirt Marvin Gummels, Hage, www.steuer-webinar.de und Dipl.-Finanzwirt Jan-Philipp Muche, Hameln
| Im Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber werden immer wieder Darlehen gewährt. Im Fokus der Finanzverwaltung steht dann der Zins: Wird ein dem Arbeitgeber gewährtes Darlehen überaus hoch verzinst oder verlangt der Arbeitgeber bei einem Darlehen an den Arbeitnehmer einen sehr niedrigen Zins, kann ein verdeckter Lohnbestandteil entstehen. Wird dies bei einer Lohnsteueraußenprüfung aufgedeckt, kommt es zur Haftung. LGP stellt die Grundsätze in einer zweiteiligen Serie vor. Im ersten Teil geht es um die Fälle, in denen der Arbeitnehmer das Darlehen gewährt. |
Arbeitnehmer gewährt dem Arbeitgeber ein Darlehen
Benötigt der Arbeitgeber Fremdkapital, kommt es immer mehr in Mode, die eigenen Arbeitnehmer mit ins Boot zu nehmen. Denn gewähren diese dem Arbeitgeber ein Darlehen, werden sie einerseits deutlich stärker ans Unternehmen gebunden. Andererseits profitieren sie durch die vereinbarte Verzinsung von dem Unternehmenserfolg. Nicht selten werden von Arbeitnehmern gewährte Darlehen daher höher verzinst, als der Arbeitgeber für das Fremdkapital bei einer Bank zahlen bzw. der Arbeitnehmer anderweitig für sein Vermögen erhalten würde (sonst würde er das Geld ja dort anlegen).
Steuerliche Einordung des Darlehens
Die grundsätzliche steuerliche Einordnung entsprechender Darlehensverhältnisse ist einfach.
Zinsen sind beim Arbeitnehmer Kapitalertrag
Zunächst stellen die vom Arbeitgeber zu zahlenden Zinsen bei ihm eine Betriebsausgabe dar. Sie unterliegen daneben der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung nach § 8 Nr. 1 Buchst. a) GewStG. Parallel erhält der Arbeitnehmer die Zinsgutschrift. Bei dieser handelt es sich regelmäßig um Einkünfte aus Kapitalvermögen i. S. v. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG und nicht um Arbeitslohn. Das gilt selbst dann, wenn das Darlehen zur Absicherung des Arbeitsplatzes gewährt wurde.
Ist der Arbeitgeber kein Kreditinstitut, ist er nicht zum Einbehalt von Kapitalertragsteuern verpflichtet. Damit kommen die Zinsen brutto wie netto beim Arbeitnehmer an. Letzterer muss die Zinsen mangels Steuerabzug nach § 32d Abs. 3 EStG in seiner privaten Einkommensteuererklärung angeben. Die Besteuerung erfolgt mit der pauschalen Abgeltungsteuer von 25 Prozent (§ 32d Abs. 1 EStG). Soweit noch nicht anderweitig genutzt, kann der Arbeitnehmer den Sparer-Pauschbetrag von 801 Euro (bei Verheirateten 1.602 Euro) abziehen.
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Arbeitnehmer A gewährt seinem Arbeitgeber ein Darlehen in Höhe von 10.000 Euro. Dieses wird jährlich mit üblichen drei Prozent verzinst.
Lösung: Während der Arbeitgeber die Zinsen von jährlich 300 Euro als Aufwand geltend machen kann, muss der Arbeitnehmer diese in seiner Steuererklärung verpflichtend angeben. Die Besteuerung erfolgt mit 25 Prozent (75 Euro). |
„Überzins“ als Lohnbestandteil
Sollte der Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer jedoch einen besonders hohen Zins gewähren, kann es sich in der überhöhten Höhe um einen verdeckten Lohnbestandteil handeln. Der Arbeitgeber gewährt dem Arbeitnehmer den erhöhten Zins nämlich nicht aufgrund der Kapitalüberlassung, sondern aufgrund der Tatsache, dass es sich bei dem Darlehensgeber um einen seiner Arbeitnehmer handelt. Und diese Tatsache wird durch den erhöhten Zins als Form einer verdeckten Entlohnung honoriert (= Arbeitslohn).
Maßgebend für die Ermittlung, ob es sich noch um einen normalen oder um einen überhöhten Zins und damit anteilig nicht um einen Kapitalertrag, sondern um Arbeitslohn handelt, ist der Zins, den der Arbeitgeber für ein vergleichbares Darlehen (Höhe des Darlehens, Laufzeit, Sicherheiten etc.) bei einem fremden Dritten (z. B. Bank) hätte zahlen müssen.
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Arbeitnehmer A gewährt seinem Arbeitgeber ein Darlehen in Höhe von 100.000 Euro. Dieses ist mit einer betrieblichen Immobilie besichert und wird mit jährlich 7,5 Prozent verzinst (7.500 Euro). Der Arbeitgeber hätte bei seiner Bank ein identisches Darlehen zu einem Effektivzins von 2,5 Prozent (2.500 Euro) erhalten.
Lösung: Die Zinsen von 7.500 Euro jährlich sind beim Arbeitgeber als Betriebsausgabe abzugsfähig. Beim Arbeitnehmer handelt es sich in Höhe des üblichen Zinses von 2,5 Prozent (= 2.500 Euro) um Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Diese unterliegen der Abgeltungsteuer von 25 Prozent. Der übersteigende Zins in Höhe von fünf Prozent (= 5.000 Euro) stellt verdeckten Arbeitslohn und damit Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit dar. Dieser Betrag unterliegt dem individuellen Steuersatz des Arbeitnehmers. |
Wichtig | Wird einem Arbeitnehmer solch ein „Überzins“ gewährt und handelt es sich deshalb um Arbeitslohn, unterliegt die „Zinszahlung“ in dieser Höhe dem Lohnsteuerabzug; und auch Sozialabgaben fallen an. Wird der „Überzins“ daher erst im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung festgestellt, kommt es zu einer Lohnsteuerhaftung des Arbeitgebers nach § 42d EStG.
„Überzins“ von bis zu einem Prozent unschädlich
Die Finanzverwaltung lässt eine Vereinfachung zu: Übersteigt der vereinbarte Zins den üblichen Zins um nicht mehr als ein Prozent, handelt es sich um einen üblichen Zins und damit beim Arbeitnehmer um einen Kapitalertrag (analog BMF, Schreiben vom 02.03.1990, Az. IV B 6 ‒ S 2332 ‒ 23/90, BStBl. 1990 I, 141). Wird diese Grenze allerdings überschritten, handelt es sich bei dem „Überzins“ in voller Höhe um Arbeitslohn. Bei dem einen Prozent handelt es sich folglich um eine Freigrenze, nicht um einen Freibetrag.
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Arbeitnehmer A gewährt seinem Arbeitgeber ein Darlehen. Dieses wird mit 3,5 Prozent (Variante a) und vier Prozent (Variante b) verzinst. Üblich wäre ein Zinssatz von 2,5 Prozent (Bank).
Lösung:
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Sonderfall: Arbeitnehmer ist Gesellschafter-Geschäftsführer
Sollte es sich bei dem Arbeitnehmer um einen Gesellschafter-Geschäftsführer (GGf) handeln, gilt grundsätzlich Identisches: Die Darlehenszinsen sind
- beim Arbeitgeber als Betriebsausgabe abzugsfähig und
- beim GGf als Zinsertrag steuerpflichtig (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG).
Abgeltungsteuersatz oder persönlicher Steuersatz
Die Besteuerung beim GGf erfolgt dabei ebenfalls mit dem pauschalen Steuersatz von 25 Prozent (§ 32d Abs. 1 EStG) innerhalb der persönlichen Einkommensteuererklärung. Der Sparer-Pauschbetrag kann in Abzug gebracht werden. Ist der Gesellschafter jedoch zu mindestens zehn Prozent an der Gesellschaft beteiligt, greift die Sonderregelung des § 32d Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) EStG. Die Zinsen unterliegen dann dem persönlichen Steuersatz von bis zu 45 Prozent.
Verdeckte Gewinnausschüttung bei nicht fremdüblichem Zins
Sollte der vereinbarte Zinssatz jedoch unangemessen hoch und nicht fremdüblich sein, ist in dem übersteigenden Betrag kein verdeckter Lohnbestandteil, sondern eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) i. S. v. § 8 Abs. 3 S. 2 EStG zu sehen. Die Folge:
- In dieser Höhe ergeben sich beim Arbeitgeber keine Betriebsausgaben, der Betrag der überhöhten Verzinsung ist dem Gewinn für steuerliche Zwecke wieder hinzuzurechnen.
- Beim GGf handelt es sich nun nicht mehr um einen Zinsertrag (§ 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG), sondern um eine Gewinnausschüttung (§ 20 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG). Diese unterliegt der pauschalen Besteuerung zu 25 Prozent, sofern der GGf keinen Antrag nach § 32d Abs. 2 Nr. 3 EStG zur Besteuerung mit dem individuellen Steuersatz unter Berücksichtigung des Teileinkünfteverfahrens gestellt hat. In diesem Fall bleiben 40 Prozent der Zinsen steuerfrei (§ 3 Nr. 40 Buchst. d) EStG).
Wichtig | Die Annahme von Arbeitslohn scheidet regelmäßig aus, weil die Finanzierung der Gesellschaft und der vereinbarte ‒ unüblich hohe ‒ Zins nicht durch das Anstellungs-, sondern durch das Gesellschaftsverhältnis geprägt ist.
Verlust des Darlehens (Insolvenz des Arbeitgebers)
Fällt das vom Arbeitnehmer gewährte Darlehen z. B. aufgrund einer Insolvenz des Arbeitgebers aus, kann der Arbeitnehmer den Verlust steuerlich geltend machen. Es kommen zwei Abzugsmöglichkeiten in Frage:
Der Regelfall
Es handelt sich regelmäßig um Verluste aus Kapitalvermögen, die mit positiven anderen Kapitaleinkünften zu verrechnen sind. Allerdings gestattet der Gesetzgeber lediglich eine Verlustverrechnung von maximal 20.000 Euro jährlich (§ 20 Abs. 6 S. 6 EStG). Übersteigende Beträge sind in künftige Jahre vorzutragen und in diesen mit positiven Kapitaleinkünften zu verrechnen (maximal 20.000 Euro pro Jahr).
Der Ausnahmefall
Im Ausnahmefall kann ein verlorenes Darlehen aber auch als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zulässig sein. Das setzt voraus, dass der Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlusts aus beruflichen Gründen (z. B. Sicherung des Arbeitsplatzes) bewusst auf sich genommen hat und die Nutzung des Kapitals zur Erzielung von Kapitalerträgen nicht im Vordergrund stand (BFH, Urteil vom 05.04.2006, Az. IX R 111/00, Abruf-Nr. 062062).
Ob dieser Ausnahmefall vorliegt, ist nach den Gesamtumständen des Einzelfalls zu ermitteln. Ein gewichtiges Indiz kann dabei sein, dass eine Bank zu identischen Konditionen kein Darlehen gewährt hätte (BFH, Urteil vom 07.05.1993, Az. VI R 38/91, Abruf-Nr. 228002).
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Arbeitnehmer A gewährt seinem in Schieflage geratenen Arbeitgeber ein Darlehen von 100.000 Euro. Damit können kurzfristige Verbindlichkeiten beglichen und die Insolvenz abgewandt werden. A behält zudem seinen Arbeitsplatz. Eine Bank hätte das Darlehen nicht gewährt. Kurz darauf wird ersichtlich, dass das Unternehmen weiterhin zahlungsunfähig ist und meldet Insolvenz an.
Lösung: Das Darlehen wurde aus beruflichen Gründen zur Sicherung des Arbeitsplatzes gewährt. Der Verlust ist als Werbungskosten abzugsfähig. |