· Fachbeitrag · Arbeitnehmerüberlassung
Fremdpersonaleinsatz: Fallstricke und Gestaltung
von Rechtsanwältin Dr. Viktoria Winstel, Osborne Clarke, Köln
| Die Politik diskutiert zur Durchsetzung gesundheitsschützender Maßnahmen im fleischverarbeitenden Gewerbe aktuell ein Verbot von Werkverträgen in der Fleischindustrie. Ein Grund, das Thema Fremdpersonal grundsätzlich zu beleuchten. LGP erläutert Formen des Fremdpersonaleinsatzes in Unternehmen, mögliche Fallstricke und die rechtssichere Gestaltung. |
Formen des Fremdpersonaleinsatzes
Unternehmen haben vielfältige Gründe, neben den eigenen (Stamm-)Arbeitnehmern auch Fremdpersonal einzusetzen. Sie können bspw. eine kurze Auftragsspitze bewältigen oder sich der besonderen Expertise eines Dritten bedienen wollen. Ein solcher Einsatz kann rechtlich in verschiedene Formen gegossen werden: Zunächst kann er als Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit) durchgeführt werden, aber auch als Werkvertrag bei Vereinbarung eines bestimmten Ergebnisses als Erfolg oder ‒ insbesondere bei höherwertigen Tätigkeiten ‒ als Dienstvertrag. Die rechtlichen Voraussetzungen und Anforderungen wie auch die Risiken unterscheiden sich erheblich.
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Arbeitnehmerüberlassung | Dienst- und Werkverträge |
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Wichtig | Hier zeigt sich der Unterschied eines Fremdpersonaleinsatzes auf Grundlage von Dienst- oder Werkverträgen gegenüber der Arbeitnehmerüberlassung: Das Kundenunternehmen besitzt kein Weisungsrecht gegenüber Dienstleistern oder Werkunternehmern bzw. deren eingesetzten Ressourcen ‒ und eine Eingliederung ist zu vermeiden. |
Rechtliche Fallstricke beim Fremdpersonaleinsatz
Bei der Gestaltung und Durchführung eines Fremdpersonaleinsatzes lauern zahlreiche Fallstricke. In diesem Zusammenhang fallen häufig die Schlagworte „verdeckte Arbeitnehmerüberlassung“ und „Scheinselbstständigkeit“.
Verdeckte Arbeitnehmerüberlassung liegt insbesondere vor, wenn zum Schein eine andere vertragliche Konstruktion gewählt wird, tatsächlich aber von den Parteien eine Arbeitnehmerüberlassung „gelebt“ wird (z. B. Weisungen, Eingliederung des Fremdpersonals beim Kunden). Dies führt dazu, dass das Arbeitsverhältnis des Leiharbeitnehmers auf den Entleiher übergeht. Der Leiharbeitnehmer kann aber erklären, dass er an seinem ursprünglichen Arbeitsverhältnis festhält (§ 9 Abs. 1 Nr. 1a AÜG). Verstöße gegen die übrigen Vorgaben des AÜG können den Verlust der Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung und empfindliche Geldbußen von bis zu 500.000 Euro nach sich ziehen (§ 16 AÜG). Auch Geld- und Freiheitsstrafen kommen in Betracht.
Die Scheinselbstständigkeit bezeichnet den Fall, dass nur zum Schein Selbstständigen-Verträge (Dienst- oder Werkverträge) abgeschlossen werden ‒ meist, um die Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zu vermeiden. Die tatsächliche Durchführung jedoch zeigt, dass der Betreffende wie ein Arbeitnehmer tätig wird, also Weisungen unterliegt und auch in die (End-)Kundenorganisation eingegliedert wird. Hier drohen die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen zzgl. Säumniszuschlägen. Diese müssen Arbeitgeber häufig allein aufbringen, da sie vom Arbeitslohn des Arbeitnehmers nicht mehr abziehbar sind (vgl. § 28g S. 2 und 3 SGB IV). Daneben steht auch im Raum eine Strafbarkeit wegen Vorenthaltens und Veruntreuens von Arbeitsentgelt (§ 266a StGB).
In Dreieckskonstellationen tritt zur Scheinselbstständigkeit häufig die verdeckte Arbeitnehmerüberlassung hinzu, was das Risiko noch steigert.
Verträge rechtssicher gestalten
Umso wichtiger ist es vor diesem Hintergrund, Verträge für den Einsatz von Fremdpersonal rechtssicher zu gestalten. Aufgrund der Vielzahl der Konstellationen können hier nur Anhaltspunkte gegeben werden.
PRAXISTIPPS |
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