· Fachbeitrag · Arbeitsrecht
Vergütungspflicht von Überstunden
von RA Martin Brilla, FA für Verwaltungsrecht, Aachen
| Jährlich leisten die deutschen Arbeitnehmer etwa 1,4 Mrd. unvergütete Überstunden. Das Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) stellte in seiner Studie fest, dass von den durchschnittlich 12,3 Überstunden je Arbeitnehmer pro Monat im Durchschnitt nur 6,9 Stunden vollständig bezahlt oder mit Freizeit ausgeglichen werden. Eine solche Handhabung ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen rechtlich zulässig. |
1. Was sind Überstunden?
Wie lang die Arbeitszeit ist, richtet sich nach dem Arbeitsvertrag. Allerdings wird dort die Arbeitszeit häufig nicht festgelegt, sondern auf die im Tarifvertrag bestimmte oder die betriebliche, also die in einer Betriebsvereinbarung geregelte oder betriebsübliche Arbeitszeit Bezug genommen.
Überstunden entstehen nach der Rechtsprechung, wenn ein Arbeitnehmer über die für sein Beschäftigungsverhältnis geltende Arbeitszeit hinaus arbeitet (BAG 8.11.89, 5 AZR 642/88, DB 90, 889). Dies ist regelmäßig nicht deckungsgleich mit dem Begriff der Mehrarbeit, womit sowohl in Tarifverträgen als auch in der betrieblichen Praxis häufig die Überschreitung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit gemeint ist. Derselbe Begriff wird wiederum in § 3 ArbZG für jede die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit überschreitende Arbeitszeit verwendet. Aber auch im Übrigen ist die gesetzliche Terminologie nicht einheitlich (vgl. § 17 Abs. 3 BBiG, § 4 Abs. 1a S. 1 EFZG, § 11 Abs. 1 BUrlG, § 21 Abs. 2 JArbSchG, § 8 Abs. 1 MuSchG, § 124 SGB IX).
Ob und in welchem Umfang Überstunden zu leisten sind, ist nicht gesetzlich geregelt. Maßgeblich sind vielmehr Arbeitsverträge, Betriebsvereinbarungen und Tarifverträge. Während viele Arbeitsverträge keine ausdrücklichen Bestimmungen enthalten, sind diesbezügliche Betriebsvereinbarungen (insbesondere in einer Arbeitszeitordnung, zur Wirksamkeit: BAG 3.6.03, 1 AZR 349/02, DB 04, 385) oder tarifvertragliche Regelungen nicht selten.
Sofern keine ausdrückliche Regelung besteht, hängt eine Verpflichtung des Arbeitnehmers zur Leistung von Überstunden von der Übung im Betrieb ab. Gibt es eine derartige Übung nicht, muss der Arbeitnehmer Überstunden wohl (nur) insoweit leisten, als sie erforderlich sind, um die von ihm vertraglich übernommene Aufgabe (einschließlich der üblichen Vertretungen) zu erledigen.
2. Wichtige Sonderregelungen
Werdende und stillende Mütter dürfen nicht mit Mehrarbeit beschäftigt werden (§ 8 Abs. 1 MuSchG).
Schwerbehinderte sind auf ihr Verlangen hin von Mehrarbeit freizustellen (§ 124 SGB IX). Dabei gilt als Mehrarbeit jede über 8 Stunden werktäglich hinausgehende Arbeitszeit (BAG 3.12.02, 9 AZR 462/01, DB 04, 1621).
Jugendliche (Personen, die 15, aber noch nicht 18 Jahre alt sind) dürfen nicht mehr als 8 Stunden täglich und nicht mehr als 40 Stunden wöchentlich beschäftigt werden (§ 8 Abs. 1 JArbSchG).
Bei Auszubildenden ist eine über die vereinbarte regelmäßige tägliche Ausbildungszeit hinausgehende Beschäftigung besonders zu vergüten oder durch entsprechende Freizeit auszugleichen (§ 17 Abs. 3 BBiG).
3. Vergütungspflicht für Überstunden?
Regelt der Arbeitsvertrag die Vergütung von Überstunden nicht, richtet sich dies nach § 612 Abs. 1 BGB. Nach dieser Vorschrift gilt eine Vergütung als stillschweigend vereinbart, wenn die Dienstleistung den Umständen nach nur gegen eine Vergütung zu erwarten ist. Insofern gibt es keinen allgemeinen Rechtsgrundsatz, dass jegliche Mehrarbeitszeit oder überhaupt jede dienstliche Anwesenheit, die über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht, zu vergüten ist: „Die Vergütungserwartung ist stets anhand eines objektiven Maßstabs unter Berücksichtigung der Verkehrssitte, der Art, des Umfangs und der Dauer der Dienstleistung sowie der Stellung der Beteiligten zueinander festzustellen, ohne dass es auf deren persönliche Meinung ankommt“ (BAG 22.2.12, 5 AZR 765/10, DB 12, 1932).
Somit kann sich eine objektive Vergütungserwartung beispielsweise daraus ergeben, dass die im betreffenden Wirtschaftsbereich geltenden Tarifverträge für vergleichbare Arbeiten eine Vergütung von Überstunden vorsehen. Dementsprechend dürfte in weiten Teilen des Arbeitslebens eine objektive Vergütungserwartung anzunehmen sein.
Keine objektive Vergütungserwartung besteht hingegen, wenn
- wie bei leitenden Angestellten und Chefärzten Dienste höherer Art geschuldet sind (BAG 22.2.12, 5 AZR 765/10, DB 12, 1932) oder
- arbeitszeitbezogene und arbeitszeitunabhängig vergütete Arbeitsleistungen zeitlich verschränkt sind (Beispiel: ein Büroleiter, der während seiner Arbeitszeit seiner Tätigkeit als Versicherungsvertreter nachgehen darf) und nicht besondere Umstände oder eine entsprechende Verkehrssitte hinzutreten (BAG 21.9.11, 5 AZR 629/10, NZA 12, 145) oder
- insgesamt eine deutlich herausgehobene Vergütung gezahlt wird (BAG 17.8.11, 5 AZR 406/10, DB 11, 2550).
Eine Vergütung ist nach dem BAG regelmäßig dann deutlich herausgehoben, wenn das Entgelt die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung überschreitet (BAG 22.2.12, 5 AZR 765/10, DB 12, 32).
4. Überstundenklauseln
In der Regel legt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer einen vorformulierten Vertrag vor, der Allgemeine Geschäftsbedingungen (§ 305 Abs. 1 S. 1 BGB) darstellt.
Allerdings findet bei einer Klausel, die ausschließlich die Vergütung von Überstunden regelt, keine Inhaltskontrolle statt. Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unterfallen nur dann der uneingeschränkten Inhaltskontrolle, wenn durch sie von Rechtsvorschriften abweichende oder diese ergänzende Regelungen vereinbart werden (§ 307 Abs. 3 S. 1 BGB). Dies ist bei Klauseln, die (nur) den Umfang der von den Parteien geschuldeten Vertragsleistung - im Arbeitsverhältnis vor allem Arbeitsleistung und Arbeitsentgelt - festlegen, nicht der Fall (BAG 16.5.12, 5 AZR 331/11, NZA 12, 908).
Nach dem BAG ist eine Klausel zur Regelung einer pauschalen Vergütung von Überstunden nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen: „Der Arbeitnehmer muss bereits bei Vertragsschluss erkennen können, was ggf. ‚auf ihn zukommt‘ und welche Leistungen er für die vereinbarte Vergütung maximal erbringen muss“ (BAG 17.8.11, 5 AZR 406/10, DB 11, 2550).
Wichtig | Je nach Formulierung muss die Klausel darüber hinaus eine Begrenzung auf die gesetzlich zulässige Arbeitszeit enthalten; die gesetzliche Begrenzung durch das Arbeitszeitgesetz allein genügt nicht (BAG 17.8.11, a. a.O.).
Ein häufiges Problem ist deshalb die fehlende Transparenz von Überstundenklauseln: Zwar führt die Auslegungsbedürftigkeit einer Allgemeinen Geschäftsbedingung nicht automatisch zu ihrer Intransparenz. „Lässt sich aber eine Klausel unschwer so formulieren, dass das Gewollte klar zu erkennen ist, führt eine Formulierung, bei der das Gewollte allenfalls durch eine umfassende Auslegung ermittelbar ist, zu vermeidbaren Unklarheiten“ (BAG 17.8.11, a.a.O.). Vermeidbare Unklarheiten und Spielräume sind jedoch zu vermeiden; ansonsten scheitern sie an der Transparenzkontrolle der Gerichte.
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„Durch die zu zahlende Bruttovergütung ist eine etwaig notwendig werdende Über- oder Mehrarbeit abgegolten.“ |
Zwar meinte der Arbeitgeber, diese Klausel könne dahingehend ausgelegt werden, dass mit der vereinbarten Vergütung (nur) bis zu 8 Überstunden wöchentlich abgegolten sind. Das BAG (17.8.11, a.a.O.) war jedoch anderer Auffassung: „Wäre eine Einschränkung des Umfangs der Abgeltungsklausel auf bis zu 8 Stunden wöchentlich gewollt gewesen, so hätte die Beklagte das unschwer im Klauseltext durch die Aufnahme dieser Zahl oder zumindest mit einem ausdrücklichen Hinweis auf das Arbeitszeitgesetz und eine danach zulässige wöchentliche Höchstarbeitszeit formulieren können.“
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§ 3 Vergütung Die Vertragspartner sind sich darüber einig, dass eventuelle Mehrarbeit mit dem Gehalt pauschal abgegolten ist.
§ 4 Arbeitszeit
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Die Pauschalabgeltung von Überstunden in § 3 i.V.m. § 4 Nr. 3 des Arbeitsvertrags ist mangels hinreichender Transparenz unwirksam, denn im Arbeitsvertrag waren weder der Umfang der davon erfassten Überstunden noch die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sind, erfasst (BAG 16.5.12, 5 AZR 347/11, DB 12, 1752).
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4. Arbeitszeit
4.1. Die wöchentliche Arbeitszeit beträgt 42 Arbeitsstunden. … 4.3. Der Arbeitnehmer ist bei betrieblicher Erfordernis auch zu Mehrarbeit sowie Sonntags- und Feiertagsarbeit verpflichtet. 4.4. Der Arbeitnehmer erhält für die Über- und Mehrarbeit keine weitergehende Vergütung. … |
Diese Regelung des Arbeitsvertrags ist nicht so klar und verständlich, wie dies erforderlich ist: Schon die Voraussetzungen, unter denen Überstunden zu leisten sein sollen, sind nur vage umschrieben; die Bedingung „betrieblicher Erfordernis“ wird nicht näher konkretisiert. Auch der mögliche Umfang der geschuldeten Über- und Mehrarbeit ist nicht geregelt, sodass die Arbeit, die vom Arbeitnehmer ohne eine weitere Vergütung zu leisten ist, weder bestimmt noch bestimmbar ist.
Nicht zuletzt wurde bemängelt, dass weder der Klausel selbst noch den übrigen arbeitsvertraglichen Bestimmungen eine Begrenzung auf die zulässige Höchstarbeitszeit gemäß § 3 ArbZG zu entnehmen ist. Die Verwendung des Begriffspaares „Über- und Mehrarbeit“ deutet vielmehr darauf hin, dass die Klausel auch eine Überschreitung der gesetzlichen Höchstarbeitszeit erfassen soll (BAG 22.2.12, 5 AZR 765/10, DB 12, 1932).
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Ein schriftlicher Arbeitsvertrag existiert nicht. Beim Einstellungsgespräch wurde dem Arbeitnehmer vom Personalleiter gesagt, bei der vereinbarten Vergütung seien die ersten 20 Überstunden im Monat „mit drin“. |
Diese Pauschalabrede zur Überstundenvergütung ist wirksamer Bestandteil des (mündlichen) Arbeitsvertrags geworden. Dass kein schriftlicher Arbeitsvertrag besteht, ist unproblematisch: „Auch eine mündliche oder durch betriebliche Übung begründete Vertragsbedingung, die der Arbeitgeber für eine Vielzahl von Arbeitsverhältnissen verwendet, ist eine Allgemeine Geschäftsbedingung“ (BAG 16.5.12, 5 AZR 331/11, DB 12, 1990).
Die Klausel ist auch nicht überraschend im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB, denn sie ist nicht ungewöhnlich: „Dass Arbeitgeber versuchen, Überstunden pauschal abzugelten, ist im Arbeitsleben weit verbreitet“. Sie ist transparent, denn sie ist klar und verständlich: „Aus der Formulierung ‚mit drin‘ ergibt sich - nicht nur im bayerischen Sprachraum - unmissverständlich, dass mit der Monatsvergütung neben der Normalarbeitszeit bis zu zwanzig Überstunden abgegolten sind. Durch die hinreichend bestimmte Quantifizierung weiß der Arbeitnehmer, ‚was auf ihn zukommt‘: Er muss für die vereinbarte Vergütung ggf. bis zu zwanzig Überstunden monatlich ohne zusätzliche Vergütung leisten“ (BAG, a.a.O.).
Auf den ersten Blick überraschend erscheint die Feststellung, wonach die Tatsache, dass die Klausel keine Angaben zu den Voraussetzungen macht, unter denen der Arbeitgeber Überstunden anordnen darf, ihrer Transparenz nicht entgegensteht: „Anordnungsbefugnis und Vergütung von Überstunden sind unterschiedliche Regelungsgegenstände. Ob Überstunden überhaupt angeordnet werden dürfen, ist für die Frage ihrer Vergütung unerheblich“ (BAG, a.a.O.).
In jedem Fall ist die Grenze der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) zu beachten: „Kann ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung festgestellt werden, weil der Wert der Leistung (mindestens) doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung, gestattet dies den tatsächlichen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten (BAG 16.5.12, 5 AZR 268/11, NZA 12, 974). Allerdings ist für eine Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB nichts ersichtlich, wenn dem Arbeitnehmer nach Berücksichtigung von Aufwendungen ein Einkommen von mehr als 100.000 EUR jährlich verbleibt (BAG 16.2.12, 8 AZR 242/11, DB 12, 1876).
Wichtig | Die Unwirksamkeit einer Klausel zur Pauschalabgeltung von Überstunden führt nicht automatisch zu einer Vergütungspflicht. Der Arbeitsvertrag enthält dann nur keine - weder eine positive noch eine negative - Regelung zur Vergütung von Überstunden (BAG 17.8.11, 5 AZR 406/10, DB 11, 2550).
PRAXISHINWEIS | Aus diesem Grund sind selbst unwirksame Regelungen zur Pauschalabgeltung von Überstunden in Formulararbeitsverträgen aus Arbeitgebersicht vorteilhaft, denn sie werden viele Arbeitnehmer von der Geltendmachung einer Überstundenvergütung abhalten. |
5. Ausschlussfristen
Darüber hinaus stellen die in Arbeitsverträgen häufig enthaltenen Ausschlussfristen ein wichtiges Verteidigungsmittel gegen Vergütungsnachforderungen für Überstunden dar. Insofern ist jedoch zu beachten, dass Ausschlussfristen wenigstens 3 Monate lang sein müssen, um Nachforderungen wirksam zu beschränken (BAG, 28.9.05, 5 AZR 52/05, DB 06, 1959). Außerdem dürfen auch insofern keine Unklarheiten bestehen:
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„Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und solche, die mit dem Arbeitsverhältnis in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich erhoben werden. Anderenfalls erlöschen sie. Für Ansprüche aus unerlaubter Handlung verbleibt es bei der gesetzlichen Regelung.“ |
Vorliegend war nicht geregelt, wann die Drei-Monats-Frist zu laufen beginnen sollte. Insofern bestehen mehrere Möglichkeiten: Häufig wird als Beginn einer Verfallfrist die Fälligkeit des Anspruchs bestimmt, um auf diese Weise schnell für Klarheit zu sorgen. Es gibt aber auch andere Anknüpfungspunkte: das Entstehen des Anspruchs, die Erteilung einer Abrechnung, die Ablehnung durch den Gegner oder die (tatsächliche oder rechtliche) Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Somit kann die insoweit lückenhafte Regelung des Arbeitsvertrags nicht eindeutig ausgelegt werden. Die verbleibenden Zweifel gehen zulasten des Arbeitgebers als Klauselverwender; die Unklarheit führt gemäß § 307 Abs. 1 S. 2, S. 1 BGB zur Unwirksamkeit der gesamten Vertragsbestimmung (LAG Hamm 1.6.12, 13 Sa 1850/11; anhängig beim BAG unter 5 AZN 1628/12).
PRAXISHINWEIS | Derartige Auseinandersetzungen entstehen häufig nach arbeitgeberseitigen Kündigungen. Deshalb sollte noch vor dem Ausspruch der Kündigung geprüft werden, ob in jüngster Vergangenheit Überstunden angefallen sind, die im Hinblick auf vertragliche Ausschlussfristen zeitnah verfallen. In einem solchen Fall kann ein Aufschieben der Kündigung wirtschaftlich vorteilhaft sein. |
6. Darlegungs- und Beweislast
Gemäß dem Grundsatz „Ohne Arbeit kein Lohn“ muss der Arbeitnehmer darlegen und erforderlichenfalls beweisen, dass er Arbeit verrichtet hat oder zumindest ein Tatbestand vorlag, der eine Vergütungspflicht ohne Arbeit regelt. Dafür kann es ausreichen, wenn er vorträgt, er habe sich zur rechten Zeit am rechten Ort bereitgehalten, um Arbeitsanweisungen des Arbeitgebers zu befolgen. Denn der Arbeitgeber kann und muss die konkret zu leistende Arbeit regelmäßig durch Weisungen bestimmen (§ 106 GewO).
Im Streitfall muss der Arbeitnehmer im Einzelnen darlegen,
- an welchen Tagen er zu welchen Zeiten über die übliche Arbeitszeit hinaus gearbeitet hat,
- von welcher Normalarbeitszeit er ausgeht,
- dass er tatsächlich gearbeitet und welche Tätigkeit er konkret ausgeführt hat.
Der Anspruch setzt allerdings voraus, dass diese Mehrarbeit vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt oder geduldet wurde oder jedenfalls zur Erledigung der geschuldeten Arbeit erforderlich war (BAG 3.11.04, 5 AZR 648/03, NZA 05, 895).
Der Arbeitgeber muss auf den Vortrag des Arbeitnehmers im Rahmen einer gestuften Darlegungslast substanziiert erwidern: Er muss im Einzelnen vortragen, welche Arbeiten er dem Arbeitnehmer zugewiesen hat und ob dieser den Weisungen nachgekommen ist. Ansonsten - wenn er also nichts vorträgt oder sich nicht substanziiert einlässt - gelten die vom Arbeitnehmer vorgetragenen Arbeitsstunden als zugestanden. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitnehmer behauptet, er habe die geschuldete Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet.
All dies ist jedoch nicht vollkommen schematisch zu verstehen: Diese Grundsätze bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe (BAG 16.5.12, 5 AZR 347/11, DB 12, 1752).
7. Fazit
Viele der in Arbeitsverträgen enthaltenen Überstundenklauseln dürften den Anforderungen des BAG nicht genügen. Sie sollten insbesondere darauf überprüft werden, ob sie transparent genug sind und den Erfordernissen einer zeitlichen Obergrenze ausdrücklich Rechnung tragen.
PRAXISHINWEIS | Die Zahl der maximal zu leistenden Überstunden muss konkret benannt werden. |
Bei leitenden Angestellten sollte vorsorglich vereinbart werden, dass diese dem Arbeitgeber ihre gesamte Arbeitskraft zur Verfügung zu stellen haben; eine feste Wochenarbeitszeit nebst Überstundenabgeltungsklausel wäre dort fehl am Platze.
In jedem Fall sollte man im Streitfall darauf achten, ob im Arbeitsvertrag Verfallfristen vereinbart wurden oder sich solche aus einschlägigen Tarifverträgen ergeben.