· Nachricht · Außerordentliche Kündigung
Beleidigung auf dem Bau führt nicht immer zur Kündigung
| Zur Frage, ob die Bezeichnung des Chefs einer kleinen Baufirma mit nicht mehr als zehn ArbN als „Arschloch“ durch einen Bauarbeiter im Rahmen eines Streitgesprächs ausreicht, um eine außerordentliche, fristlose Kündigung zu rechtfertigen (für den vorliegenden Einzelfall verneint). |
Hierzu äußerte sich das LAG Köln (4.7.19, 7 Sa 38/19, Abruf-Nr. 212048). Es fehle ein wichtiger Grund im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB. Zwar habe der ArbN seine Pflichten gegenüber dem ArbG mehrfach schwerwiegend verletzt, z. B. durch die Bezeichnung des Chefs als „Arschloch“ und durch unentschuldigtes Fernbleiben. Berücksichtige man die Umstände des Einzelfalls und wäge die Interessen beider Vertragsteile gegeneinander ab, könne das Verhalten des ArbN eine fristlose Kündigung noch nicht rechtfertigen:
- Von erheblicher Bedeutung sei, dass das Arbeitsverhältnis bereits seit knapp elf Jahren Bestand beanstandungsfrei verlaufen sei.
- Des Weiteren sei zu berücksichtigen, dass sich die verbale Entgleisung in einer emotionalisierten Gesamtsituation ereignete. Der Geschäftsführer des ArbG habe zuvor umfassend, wiederholend und nachhaltig seine Kritik daran geäußert, dass der ArbN im Zeitpunkt seines Erscheinens auf der Baustelle noch nicht mit der Arbeit begonnen habe.
- Bei dem ArbN handele es sich um einen einfachen Bauarbeiter ohne herausgehobenen Bildungshintergrund, eher einen „Mann der Tat“ als des differenzierten und abwägenden Wortes.
- Ebenso sei zu berücksichtigen, dass im sozialen Umfeld der Baubranche ein rauerer Umgangston gepflegt werde und eher zu erwarten sei als z. B. unter Bankangestellten. Dies bedeute nicht, dass auf dem Bau Beleidigungen akzeptabel wären und folgenlos blieben. Jedoch sei bei der Gewichtung der Schwere eines Verstoßes die anzunehmende niedrigere Hemmschwelle im branchentypischen Berufsumfeld mildernd einzukalkulieren.