04.02.2008 | Bilanzsteuerrecht
Ertragsteuerliche Konsequenzen der Verwertung von Bodenschätzen
Die ertragsteuerliche Behandlung der Verwertung von Bodenschätzen (z.B. Kies, Torf, Sand) beschäftigt schon seit vielen Jahren die Gerichte. In der Hauptsache geht es um die Frage, welcher Einkunftsart die erzielten Einkünfte zuzuordnen sind. Der folgende Beitrag gibt einen Überblick über die derzeitige Rechtslage mit Hinweisen für die Gestaltungsberatung.
1. Ausbeute oder Verwertung des Bodenschatzes
Die Steuerfolgen des Abbaus eines im Rahmen eines land- und forstwirtschaftlichen Grund- und Bodens entdeckten Bodenschatzes hängen davon ab, wie der Eigentümer über den Bodenschatz verfügt.
1.1 Ausbeute im Rahmen eines landwirtschaftlichen Nebenbetriebes
Die Ausbeute von Substanzvorkommen ist immer dann als land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb zu qualifizieren, wenn die gewonnene Substanz ausschließlich im eigenen L+F-Hauptbetrieb Verwendung findet (so Leimgärtner, Besteuerung der Landwirte, Stand Sept. 2006, Rz. 42). Die Gewinne sind dann entsprechend als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 13 EStG zu versteuern.
1.2 Ausbeute im Rahmen eines eigenen gewerblichen Abbauunternehmens
Die Ausbeutung der Substanzvorkommen ist dann nicht mehr als land- und forstwirtschaftlicher Nebenbetrieb anzusehen, sondern als eigenständiger Gewerbebetrieb, wenn die Merkmale gemäß § 15 Abs. 2 EStG erfüllt sind. Danach wird durch Ausbeutung von Bodenschätzen regelmäßig dann ein Gewerbetrieb begründet, wenn über den Rahmen eines Nebenbetriebs hinaus laufend eine Veräußerung der abgebauten Bodenschätze an Dritte stattfindet. In diesem Fall sind die Bodenschätze als notwendiges Betriebsvermögen des Abbauunternehmens zu behandeln und der Gewinn nach § 15 EStG zu versteuern. Zum notwendigen Betriebsvermögen gehört auch der Grund und Boden, wenn er sich im Eigentum des gewerbetreibenden Landwirts befindet (vgl. Leimgärtner, a.a.O., Rz. 43). Die Überführung des Grund- und Bodens von dem LuF-Betrieb in den Betrieb des Abbauunternehmens erfolgt dann gemäß § 6 Abs. 5 EStG zum Buchwert. Der Bodenschatz ist dagegen nach der Entscheidung des Großen Senates des BFH vom 4.12.06 (BStBl II 07, 508) als materielles Wirtschaftsgut zum Teilwert in das Betriebsvermögen einzulegen (§ 6 Abs. 1 Nr. 5 EStG). Eine Abschreibung für Substanzverringerung ist nicht möglich.
1.3 Verwertung durch Verpachtung
Überlässt ein Landwirt ein zu seinem LuF-Betriebsvermögen gehörendes Grundstück mit einem im Privatvermögen befindlichen Bodenschatz entgeltlich zur Nutzung (Ausbeutung) an Dritte (in der Regel Abbauunter-nehmen), so sind die Nutzungsentgelte als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (§ 21 EStG) zu versteuern. Sofern keine ausdrückliche Entnahmehandlung des Landwirts erfolgt, wird dadurch aber die Betriebsvermögenseigenschaft des Grund und Bodens nicht berührt (BFH, BStBl II 90, 317). Dies ist Folge der rechtlich selbstständigen Beurteilung der beiden Wirtschaftsgüter „Grund und Boden“ und „Bodenschatz“. Alles das, was der Abbauunternehmer für die Ausbeutung bezahlt, führt zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung. Wird jedoch ein Entgelt dafür gezahlt, dass der Landwirt die im Betriebsvermögen befindlichen Flächen nicht nutzen kann (sogenannte Oberflächenentschädigung), führt dies zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft (BFH, BStBl II 94, 840). Ist in einem Ausbeutevertrag vereinbart worden, dass das Nutzungsentgelt nicht laufend, z.B. nach Fördermenge, sondern ganz oder teilweise als Einmalzahlung erfolgt, so könnte der Einmalbetrag gemäß § 11 Abs. 1S. 3 EStG zumindest auf 5 Jahre verteilt werden (nach Leimgärtner, a.a.O., Rz. 53unter Berufung auf Verf. der OFD Münster 28.12.82, S 2233 – 43 – St 11 - 31: Verteilung auf die Laufzeit des Nutzungsvertrags, höchstens 10 Jahre).
2. Nutzung durch Veräußerung
Nutzt der Landwirt die Bodenschätze durch Veräußerung, sind verschiedene Sachverhalte zu unterscheiden.
2.1 Veräußerung eines Grundstücks mit Bodenschatz
Hat sich ein Bodenschatz im Privatvermögen zu einem Wirtschaftsgut konkretisiert, z.B. durch Erteilung einer behördlichen Abbaugenehmigung, und wird das Grundstück mit dem im Privatvermögen befindlichen Bodenschatz veräußert, unterliegt der auf das Substanzvorkommen entfallende Kaufpreis nicht der Einkommensbesteuerung, soweit nicht ausnahmsweise §§ 22, 23 EStG zur Anwendung kommen (BFH 4.9.98, IV R 88/96, BStBl II 98, 657; so Felsmann, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, Rz. A 1174; Leimgärtner, a.a.O., § 13 Rz. 49). Steuergestalterisch eröffnet dies die Möglichkeit, durch geschickte Verteilung einen höheren Anteil des Gesamtkaufpreises dem Bodenschatz zuzurechnen und damit der Ertragsbesteuerung zu entziehen (zu den Gefahren eines gewerblichen Bodenschatzhandels bei einer Vielzahl von Veräußerungen von Grundstücken mit Bodenschätzen siehe unten 2.3.)
Praxishinweis: In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Vereinbarung einer Rückübertragung oder deren Möglichkeit nach Beendigung der Ausbeute (im Unterschied zur Vereinbarung eines Vorkaufsrechts) einer Qualifizierung als Kaufvertrag entgegen stehen könnte (so jedenfalls Leimgärtner, a.a.O., § 13 Rz. 49, 50). Für diesen Fall wären dann ggf. wieder Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzunehmen.
2.2 Veräußerung eines Bodenschatzes ohne Grund und Boden
Vorsicht ist ebenfalls geboten, wenn im Kaufvertrag lediglich die Veräußerung einer bestimmten Menge des unter der Ackerkrume liegenden Bodenschatzes vereinbart wird, ohne dass der Grund und Boden mitveräußert wird. Diese Gestaltung sollte man, sofern man die (nicht steuerbare) Veräußerung des privaten Bodenschatzes erreichen will, gut durchdenken und ggf. durch eine verbindliche Zusage von der Finanzverwaltung absichern lassen. Die Annahme einer Veräußerung setzt nämlich voraus, dass es sich um einen einmaligen Liefervorgang einer fest begrenzten Menge des Bodenschatzes handelt, die Ausbeutung innerhalb weniger Tage erfolgt und der Erwerber keine weiteren Nebenpflichten wie z.B. die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands zu erfüllen hat (BFH, BStBl II 94, 846).
Strittig ist in diesem Zusammenhang die Länge des unschädlichen Abbauzeitraumes. Immerhin hat das Niedersächsische FG im Urteil vom 22.4.98 (EFG 99, 775, bestätigt durch BFH/NV 03, 1175) noch einen Kaufvertrag für den Fall angenommen, dass sich die vereinbarte Ausbeute des Bodenschatzes über einen Zeitraum von 8 Monaten erstreckt. Folgende Gefahr besteht aus steuerlicher Sicht: Erfolgt keine Qualifizierung als Kaufvertrag, sind die Einkünfte regelmäßig als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung zu qualifizieren (so Leimgärtner, a.a.O., § 13 Rz. 51).
2.3 Gewerblicher Bodenschatzhandel
Besonders kritisch ist aus steuerberatender Sicht die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Landwirt durch eine Vielzahl von Verkäufen von Grundstücken mit Bodenschätzen zu einem gewerblichen Bodenschatzhändler wird. Diese Frage ist deshalb so bedeutsam, weil sie darüber entscheidet, ob die auf den Bodenschatz entfallenden Veräußerungserlöse insgesamt einkommensteuerpflichtig oder insgesamt nicht steuerbar sind. Folgende Fallkonstellation ist dabei in der Praxis häufig anzutreffen.
Beispiel |
Ein Landwirt entdeckt unter der Ackerkrume seines seit Jahrzehnten zum L+F-Betrieb gehörenden Grundvermögens ein großes Kiesvorkommen. Nachdem er Abbaugenehmigungen eingeholt hat, veräußert er seinen Grundbesitz in mehreren Tranchen an verschiedene Abbauunternehmer. Die Erwerber zahlen gesonderte Entgelte für den Grund und Boden sowie für das Kiesvorkommen. |
Im vorgenannten Beispiel ist unstreitig, dass der auf den Grund und Boden entfallende Veräußerungsgewinn nach § 13 EStG zu versteuern ist. Auf den einzelnen Vorgang bezogen, wäre auch unproblematisch, dass das auf den Bodenschatz entfallende Entgelt nicht steuerbar ist. Fraglich ist, ob sich an dieser Beurteilung etwas ändert, wenn die Veräußerungen planmäßig, in einer gewissen Häufigkeit und über einen überschaubaren Zeitraum erfolgen.
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang die Beurteilung des ungeschriebenen Tatbestandsmerkmals des § 15 Abs. 2 EStG – das Überschreiten der Grenze von der privaten Vermögensverwaltung zum Gewerbebetrieb. Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird diese Grenze überschritten, wenn die Ausnutzung substanzieller Vermögenswerte durch Umschichtung gegenüber der Nutzung von Vermögen im Sinne einer Fruchtziehung aus zu erhaltenden Substanzwerten entscheidend in den Vordergrund tritt (z.B. BFH BStBl II 95, 617 und BFH BStBl II 01, 809 zum Handel mit Beteiligungen als Gewerbebetrieb).
Ob und unter welchen Voraussetzungen der planmäßige Verkauf von Boden-schätzen zu einem Gewerbebetrieb führt, ist umstritten. Felsmann (ESt der Land- und Forstwirte, a.a.O.) und diesem folgend auch die Finanzverwaltung vertreten hierzu die Auffassung, dass die planmäßige Veräußerung mehrerer Grundstücke oder Grundstücksteile mit Bodenschätzen in separaten Geschäften an einen oder mehrere Substanzverwertungsunternehmen innerhalb eines überschaubaren Zeitraums von 5 bis 10 Jahren zu einem gewerblichen Bodenschatzhandel führt (siehe Rz. A 1234a). Danach können Bodenschätze auch Gegenstand eines händlertypischen Umschlags sein. Die nachhaltige Veräußerung von Bodenschätzen an einen oder mehrere Abnehmer könne sich wegen der wiederholten Ausnutzung gleichartiger Marktchancen als gewerbliche Betätigung darstellen.
Als erstes Steuergericht hatte sich das Niedersächsische FG kürzlich im Urteil vom 28.2.07 (StE 07, 371, Rev. BFH: X R 10/07) mit dieser Streitfrage zu befassen. Unter Zugrundelegung der Rechtsprechung des BFH zur Abgrenzung land- und forstwirtschaftlicher Hilfsgeschäfte vom gewerblichen Grundstückshandel ist der 12. Senat zu der Überzeugung gelangt, dass ohne weitere Aktivitäten, die über die Beantragung der Abbaugenehmigungen hinausgehen, allein mehrere Veräußerungen von seit Jahrzehnten im Eigentum stehenden Grundstücken mit privaten Bodenschätzen die Grenze zur privaten Vermögensverwaltung selbst dann nicht überschreiten, wenn die Veräußerungen an mehrere Abbauunternehmen erfolgen.
Bei der Abgrenzung „Hilfsgeschäft/Gewerbebetrieb“ ist der BFH jedenfalls der Auffassung, dass auch mehrere Veräußerungen von Grundstücken an verschiedene Erwerber nach vorheriger Parzellierung allein nicht zu gewerblichen Einkünften führen. Erst wenn der Landwirt eine über die Parzellierung und Veräußerung hinausgehende Aktivität entfaltet, insbesondere die Aufstellung eines Bebauungsplans betreibt oder sich aktiv an der Erschließung des bisher landwirtschaftlich genutzten Areals als Baugelände beteiligt, sind die Grundstücksveräußerungen Gegenstand eines selbstständigen, gewerblichen Grundstückshandels. Der Landwirt erfüllt dann die Tatbestandsvoraussetzungen des § 15 Abs. 2 EStG, bezogen auf die Grundstücke seines Anlagevermögens, die erst durch seinen Einsatz als zum Verkauf bestimmte Waren (Umlaufvermögen) einen höheren Wert erlangen (BStBl II 05, 817; BStBl II 06, 166).
Überträgt man diese Rechtsprechung nun auf wiederholte Veräußerungen von Grundstücken mit Bodenschätzen an verschiedene Abbauunternehmen, so kann auch hier nur dann der Bereich der privaten Vermögensverwaltung überschritten sein, wenn man annimmt, dass die vorherige Einholung einer Abbaugenehmigung den Bodenschatz zu einem Wirtschaftsgut anderer Marktgängigkeit gemacht hat und hierin eine die reine Vermögensverwaltung überschreitende Tätigkeit zu sehen ist. Hiergegen spricht aber, dass das Wirtschaftsgut „Bodenschatz“ erstmals durch die Erteilung der Abbaugenehmigung entsteht. Diese Streitfrage bleibt gleichwohl offen, bis der BFH in dem Revisionsverfahren X R 10/07 eine Klärung herbeiführt. Der steuerliche Berater sollte auf jeden Fall seine Mandanten auf diese Gefahren hinweisen.