· Fachbeitrag · Buchführung
Wann sind Einnahmen im Verein ein durchlaufender Posten?
| Einer der häufigsten Fehler, den Vereine bei den Steuern begehen, ist, dass sie Einnahmen als „durchlaufende Posten“ falsch behandeln. Seien Sie deshalb bei diesem Thema wachsam. Denn Fehler können Sie sogar die Gemeinnützigkeit kosten. |
Musterfall zeigt Fehlerquellen auf
Der nachfolgende Fall, der fast in jedem Verein schon einmal vorgekommen sein dürfte, zeigt die Fehlerquellen und -tatbestände. Zahlungen von Mitgliedern werden ohne Aufschläge an Dritte „durchgereicht“. Schließlich geht es nicht um Gewinnerzielung, sondern darum, Leistungen für die Gemeinschaft möglichst günstig zu erbringen.
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Ein Sportverein veranstaltet jährlich eine 3-tägige Freizeitreise (ohne sportlichen Zweck). Er bucht auf seinen Namen Unterkunft und Busunternehmen und legt die Kosten auf die teilnehmenden Mitglieder um. Weil diese Beiträge nur kostendeckend sind, behandelt er sie ‒ ohne Rücksicht auf eventuelle ertrag- und umsatzsteuerliche Folgen ‒ als durchlaufenden Posten. Das ist falsch. Die Reise ist nämlich ‒ erstens ‒ ein steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, zweitens sind die „Teilnehmerumlagen“ umsatzsteuerbare Entgelte und ‒ drittens ‒ verstößt der Verein gegen das buchhalterische Saldierungsverbot, weil er Einnahmen und Ausgaben (auch wenn sie sich neutralisieren) nicht erfasst. |
Was ist ein durchlaufender Posten?
Der Begriff „durchlaufender Posten“ kommt aus dem Umsatzsteuerrecht. Er liegt vor (Abschn. 10.4 UStAE), wenn
- der Unternehmer (Verein), der die Beträge vereinnahmt und verauslagt,
- lediglich die Funktion einer Mittelsperson ausübt,
- ohne selbst einen Anspruch auf den Betrag gegen den Leistenden zu haben und auch nicht zur Zahlung an den Empfänger verpflichtet zu sein.
Dabei kommt es nicht auf die wirtschaftliche Betrachtungsweise an ‒ ob also die Kosten nur durchgereicht werden. Entscheidend ist die rechtliche Sicht. Ein durchlaufender Posten liegt nur vor, wenn zwischen Zahlungsverpflichtetem und -empfänger unmittelbare Rechtsbeziehungen bestehen.
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Im Beispiel liegt also kein durchlaufender Posten vor, weil Bus und Unterkunft vom Verein gebucht wurden ‒ nicht im Namen und auf Rechnung der Mitglieder. |
Die ertragsteuerliche Behandlung
Nach § 4 Abs. 3 S. 2 EStG sind durchlaufende Posten keine Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben. Sie werden in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung deswegen nicht erfasst.
Anders sieht es aus, wenn die Zahlungen nicht in fremden Namen und auf fremde Rechnung eingenommen werden. Dann handelt es sich um Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben. Da beide gleich hoch sind, hat das keine Auswirkung auf den erzielten Jahresüberschuss- oder Fehlbetrag.
Fallen die Einnahmen in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb, weil es sich um keine Zweckveranstaltung handelt, erhöhen sich die Einnahmen, die bei der Ermittlung der Umsatzfreigrenze von 35.000 Euro berücksichtigt werden müssen. Im ungünstigsten Fall führt das dazu, dass nur deswegen die Freigrenze überschritten wird ‒ und die hier erzielten Überschüsse bzw. Gewinne körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig werden.
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Im Beispiel liegt kein Zweckbetrieb vor, weil die Reise keinen sportlichen Hintergrund hat. Die Einnahmen, die der Verein in Form der Teilnehmergebühren der Mitglieder erzielt, erhöhen zwar den Gewinn des Vereins nicht, weil ihnen Ausgaben in gleicher Höhe gegenüberstehen. Der Verein muss aber die Einnahmen auf die Umsatzfreigrenze des § 64 Abs. 3 AO anrechnen. |
Fehlen die Voraussetzungen, um Zahlungen als durchlaufende Posten zu behandeln, liegt meist ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) vor. Definitionsgemäß ist das eine selbstständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder andere wirtschaftliche Vorteile erzielt werden und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, ist nicht erforderlich (BFH, Urteil vom 15.10.1997, Az. I R 2/97). Ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb kann also auch dann vorliegen, wenn Kosten lediglich umgelegt werden.
Einnahmen bleiben ertragsteuerneutral, wenn die Nachhaltigkeit fehlt. Das wird nur selten der Fall sein. Eine Tätigkeit ist nämlich schon dann nachhaltig, wenn sie auf Wiederholung angelegt ist. Als nachhaltig gelten auch Veranstaltungen, die jährlich oder nur alle 2 Jahre durchgeführt werden. Eine organisatorische Verselbstständigung oder ein bestimmter Umfang ist für die Bewertung als wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb nicht erforderlich (FG Düsseldorf, Urteil vom 10.07.2012, Az. 6 K 218/10 K, Abruf-Nr. 123612).
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Da der Verein die Reise jährlich durchführt, steht die Nachhaltigkeit nicht in Frage. Die Reise wird vom Verein auch selbstständig durchgeführt. Es liegt ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb vor. |
Die umsatzsteuerliche Behandlung
Durchlaufende Posten gehören nicht zum Entgelt (§ 10 Abs. 1 S. 6 UStG). Wer durchlaufende Posten vereinnahmt oder verausgabt, erbringt selbst keine Leistung. Eine Leistung setzt voraus, dass zwischen dem Zahlungsverpflichteten und dem -empfänger eine Rechtsbeziehung (Vertrag) besteht (BFH, Urteil vom 24.02.1966, Az. V 135/63). Das setzt insbesondere auch voraus, dass der Zahlende und der Zahlungsempfänger jeweils den Namen des anderen und die Höhe des gezahlten Betrags erfahren (BFH, Urteil vom 11.08.1966, Az. V 13/64, BFH, Urteil vom 03.07.2014, Az. V R 1/14, Abruf-Nr. 143104).
Es muss also für alle Beteiligten klar sein, wer welche Leistung erbringt und welches Entgelt erhält.
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Bei den Teilnehmerbeiträgen handelt es sich ‒ wie so oft ‒ nicht um durchlaufende Posten, weil es zwischen dem Bus- bzw. Hotelunternehmer und den Mitgliedern keine Rechtsbeziehung gibt. Der Verein muss die Zahlungen also der Umsatzsteuer unterwerfen (soweit er nicht Kleinunternehmer ist). Er kann aber im Gegenzug die Vorsteuer aus den Rechnungen von Hotel und Busunternehmen geltend machen. Umsatzsteuerlich ergibt sich also ein Nullsaldo. |
Die buchhalterische Behandlung
Der Unternehmer (Verein) muss die in fremdem Namen und für fremde Rechnung vereinnahmten Beträge in seiner Buchführung als durchlaufende Posten behandelt haben. Tut er das nicht, handelt es sich um steuerbare Entgelte, auch wenn tatsächlich durchlaufende Posten vorlagen.
Verein hat Wahlrecht
Der Verein hat also ein Wahlrecht. Er kann die im fremden Namen und für fremde Rechnung verauslagten Beträge als Teil der Besteuerungsgrundlage erfassen oder nicht. Werden die Beträge nicht als durchlaufende Posten gebucht, fallen sie in die Bemessungsgrundlage für seine Leistung (BFH, Urteil vom 03.07.2014, Az. V R 1/14, Abruf-Nr. 143104). Voraussetzung ist aber immer, dass tatsächlich ein durchlaufender Posten vorliegt. Ist das nicht der Fall, hat der Verein keine Wahl und muss die Zahlungen als Betriebseinnahme bzw. -ausgabe behandeln.
Wie oben erwähnt, sind durchlaufende Posten keine Betriebseinnahmen bzw. Betriebsausgaben. Sie müssen also in der Einnahmen-Überschuss-Rechnung nicht erfasst werden § 4 Abs. 3 S. 2 EStG).
Saldierungsverbot beachten
Liegen bei den Zahlungen von Mitgliedern oder Teilnehmern keine durchlaufenden Posten vor, müssen Einnahmen und Ausgaben getrennt erfasst werden. Eine Verrechnung würde gegen das buchhalterische Saldierungsverbot verstoßen.
Zwar entstehen keine ertragsteuerlichen Folgen. Das Finanzamt könnte aber bei solchen Mängeln schlimmstenfalls die Buchhaltung verwerfen. Neben einer Schätzung der Besteuerungsgrundlagen führt das bei einem gemeinnützigen Verein regelmäßig zu einem Entzug der Gemeinnützigkeit, weil kein ausreichender Nachweis der zweckgebundenen Mittelverwendung vorliegt.
PRAXISTIPP | In der Regel wird das Finanzamt auf die vermeintlichen durchlaufenden Posten nicht aufmerksam werden, wenn sie in der Buchhaltung gar nicht erfasst wurden. Verbucht der Verein aber die Zahlungen als Kasseneinnahmen und zahlt die Rechnungen über sein Bankkonto, entsteht ein Beleggang, der auch in der Buchhaltung abgebildet werden muss ‒ entweder als durchlaufender Posten oder als ertrag- und umsatzsteuerbare Einnahme. |
Belege zu durchlaufenden Posten
Durchlaufende Posten sind für den Verein weder Betriebseinnahmen noch -ausgaben. Es handelt sich um Gelder, die für einen anderen verauslagt worden sind. Die Originalbelege werden in der Regel an den Dritten weitergegeben, für den diese Ausgaben getätigt worden sind. Dieser setzt die Ausgaben direkt in seiner Buchhaltung an. Voraussetzung dafür ist, dass es sich entweder um Kleinbetragsrechnungen unter 250 Euro handelt oder um Rechnungen, die direkt auf den Namen des anderen Unternehmers ausgestellt sind.
PRAXISTIPP | Wenn Ihr Verein Gelder verauslagt hat, empfiehlt VB, diese dem Dritten in einer Aufstellung aufzulisten und die Originalbelege beizufügen. Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, können Sie eine Kopie von der Aufstellung und den Originalbelegen für sich machen. Diese Aufstellung ist keine Rechnung und Sie dürfen auf gar keinen Fall Umsatzsteuer berechnen. Denn Sie haben ja keine Leistung erbracht, sondern nur für einen Dritten Gelder verauslagt. |
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Schon an der anderweitigen Behandlung der Belege zeigt sich, dass kein durchlaufender Posten vorliegt. Die Rechnungen lauten auf den Verein und nicht auf die Mitglieder. |
Einzelfälle zu durchlaufenden Posten
Damit Sie bei der Frage „durchlaufender Posten ja oder nein?“ noch sicherer werden, werden noch Spezialfälle untersucht, die im Verein oft vorkommen.
Versicherungsvermittlung
Bei Zahlungen von Mitgliedern für Gruppenversicherungsverträge, wie sie vielfach von Verbänden angeboten werden, handelt es sich meist um keine durchlaufenden Posten. Mit der Vermittlung von Versicherungsschutz erzielt der Verein Einkünfte aus Gewerbebetrieb (FG Berlin, Urteil vom 11.09.2001, Az. 8 K 8516/97, Abruf-Nr. 101725). Es handelt sich hier regelmäßig um Einnahmen des steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebs (BFH, Urteil vom 15.10.1997, Az. I R 2/97).
Etwas anderes gilt nur, wenn der Verein die Versicherung lediglich vermittelt und die Versicherungsgesellschaft direkt mit den Mitgliedern abrechnet.
Eintrittsgelder als durchlaufender Posten?
Nicht selten versuchen Vereine bei Veranstaltungen, die Unternehmereigenschaft zu umgehen, indem sie Eintrittsgelder direkt an den Künstler weiterreichen. Ein durchlaufender Posten liegt hier aber nur vor, wenn für die Besucher klar ist, dass das Eintrittsgeld in voller Höhe an den Künstler geht. Das sollte also durch entsprechende Hinweise deutlich gemacht werden.
Verbandsbeiträge
Verbandsbeiträge sind nur dann ein durchlaufender Posten, wenn ein Rechtsverhältnis mit dem Verband besteht. Das würde bedeuten, dass die Mitglieder zugleich Verbandsmitglieder sind.
Ist das (wie meist) nicht der Fall, sind die Verbandsbeiträge Einnahmen und Ausgaben des ideellen Bereichs. Das hat aber nur buchhalterische Bedeutung. Ertrag- und umsatzsteuerliche Folgen gibt es nicht.
Spenden für andere Organisationen
Sammelt ein gemeinnütziger Verein Spenden für andere Einrichtungen, kann das ein durchlaufender Posten sein, wenn für den Spender ersichtlich ist, wer die Spenden letztlich erhält. Die Zuwendungsbestätigung muss dann aber vom Letztempfänger ausgestellt werden.
PRAXISTIPP | In der Regel ist das aber kein Problem, weil auch eine sogenannte teilweise Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO möglich ist. Der Verein kann die Spenden also in seinem Namen vereinnahmen und dann weiterreichen. Das Volumen muss bei einer teilweisen Mittelweitergabe aber kleiner sein als die Hälfte des eigenen Vereinsvermögens. |
Mehraufwandsentschädigung beim ALG II
Zahlt ein Verein als „Arbeitsgelegenheit“ eine Mehraufwandsentschädigung (zusätzlich zum Arbeitslosengeld II), die er von den gesetzlichen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Zahlungsverpflichtete) erhält, an den Zahlungsempfänger weiter, ist dieser Betrag für die Arbeitsgelegenheit ein durchlaufender Posten (FinMin Nordrhein-Westfalen, Schreiben vom 22.04.2005, Az. S 7100 ‒ 214 ‒ V 2).
Durchlaufende Spenden von Unternehmen
Bei bestimmten Formen der Spendenakquise wird bei Warenlieferungen von Unternehmen mit dem Kaufpreis eine Spende für gemeinnützige Zwecke vereinnahmt. Bei entsprechender Kennzeichnung durch die eingeschalteten Unternehmen ist das ein durchlaufender Posten. Dazu muss dem Käufer die Höhe des Spendenbetrags und der Name des Spendenempfängers ‒ z. B. durch deutlich sichtbaren Aufdruck auf der Ware oder durch Hinweisschilder in den Verkaufsräumen ‒ mitgeteilt werden.